Besucherbindung im Freien Theater - Relationship Marketing in Non-Profit-Organisationen

Analyse und Strategien am Beispiel des theaterzentrum deutschlandsberg


Bachelorarbeit, 2012

54 Seiten, Note: 1,0


Leseprobe


Inhaltsverzeichnis

Abbildungs- und Tabellenverzeichnis

1 Einleitung
1.1 Problemstellung
1.2 Ziel der Arbeit
1.3 Methodisches Vorgehen

2 Besucherbindung im Freien Theater
2.1 Relationship Marketing im Non-Profit-Bereich
2.1.1 Grundlagen des Relationship Marketing
2.1.2 Grundlagen des Non-Profit-Marketing
2.1.3 Merkmale der Non-Profit-Organisation
2.1.4 Non-Profit Relationship Marketing
2.2 Der Besucher als Kunde
2.2.1 Grundlagen der Kundenorientierung
2.2.2 Besuchertypen
2.2.3 Besucherorientierung im Kulturbetrieb
2.3 Instrumente der Besucherbindung
2.3.1 Traditionelle Instrumente
2.3.1.1 Das Abonnementsystem
2.3.1.2 Die Besucherorganisation
2.3.1.3 Der Förderverein
2.3.2 Innovative Instrumente
2.3.2.1 Die Besucherkarte
2.3.2.2 Der Besucherclub
2.3.2.3 Memberships
2.4 Theater als Non-Profit-Organisation
2.4.1 Der Kulturbetrieb
2.4.2 Das Kulturprodukt
2.4.2.1 Kern- und Zusatzleistungen
2.4.2.2 Kern- und Zusatznutzen
2.4.2.3 Besonderheiten des Kulturprodukts
2.4.3 Der Kulturnutzer

3 Besucherbindung am theaterzentrum deutschlandsberg
3.1 Das theaterzentrum deutschlandsberg
3.1.1 Information und Geschichte
3.1.2 Ziele
3.1.3 Mission Statement
3.1.4 Komparative Konkurrenzvorteile
3.1.4.1 Kinder und Jugend
3.1.4.2 tz_dramawerkstatt
3.1.4.3 Stadttheater in der Provinz
3.2 Analyse und Status quo der Besucherbindung am theaterzentrum deutschlandsberg
3.2.1 AboCard
3.2.2 tz_Sammelpass 5+1
3.3 Dimensionen eines Besucherbindungsprogramms
3.3.1 Bezugsobjekt
3.3.2 Zielgruppen
3.3.3 Arten der Kundenbindung
3.3.4 Besucherbindungsinstrumente
3.3.5 Zeitrahmen
3.3.6 Kooperationen
3.4 Strategien und Maßnahmen der Besucherorientierung
3.4.1 Gästebuch
3.4.2 Besucherbefragung
3.4.3 tz_Sammelpass
3.4.4 tz_FamilyCard
3.4.5 tz_Doppel
3.4.6 Taxi-Service
3.4.7 Geburstagswünsche

4 Fazit
4.1 Ergebnisse
4.2 Maßnahmen
4.3 Zukünftige Entwicklungen

Literaturverzeichnis

Abbildungs- und Tabellenverzeichnis

Abbildungsverzeichnis

Abbildung 1: Leistungsprogramm von Theatern

Abbildung 2: Nutzen-Dimensionen von Theaterleistungen

Abbildung 3: Theaterbesuche

Abbildung 4: Logo des theaterzentrum deutschlandsberg

Abbildung 5: Besucherbefragungskarte (eigener Entwurf)

Abbildung 6: Besuch

Abbildung 7: Aufmerksamkeit

Abbildung 8: Zufriedenheit insgesamt

Abbildung 9: Besucherfrequenz

Abbildung 10: Zufriedenheit Produktion

Tabellenverzeichnis

Tabelle 1: Bindungsstrategien

Tabelle 2: Systematisierung der Besucherbindungsinstrumente

Tabelle 3: Besuch

Tabelle 4: Aufmerksamkeit

Tabelle 5: Zufriedenheit insgesamt

Tabelle 6: Besucherfrequenz

Tabelle 7: Zufriedenheit Produktion

Tabelle 8: Kreuztabelle Besuch / Zufriedenheit insgesamt

Tabelle 9: Kreuztabelle Besuch / Zufriedenheit Produktion

1 Einleitung

1.1 Problemstellung

In Zeiten immer geringer werdender Kulturbudgets und zugleich steigender Angebote im Kultur- und Freizeitbereich wird es – nicht nur – für Non-Profit-Kulturbetriebe zunehmend schwierig, Publikum zu gewinnen und dieses auch an die jeweilige Kulturinstitution zu binden.

Die Herausforderung besteht unter anderem darin, sich als Kulturbetrieb von der Masse an anderen Angeboten abzuheben sowie Besucherorientierung nicht nur als modernes „Schlagwort“ zu verstehen, sondern diese auch umzusetzen und zu verinnerlichen.

1.2 Ziel der Arbeit

Diese Arbeit hat zum Ziel, Instrumente und Strategien der Besucherorientierung bzw. -bindung unter Einbeziehung des Relationship Marketing in Non-Profit-Organisationen aufzuzeigen und deren mögliche Umsetzung insbesondere im Bereich der Freien Theater zu analysieren.

Aufgrund der chronischen Unterfinanzierung der Freien Szene wird besonderes Augenmerk auf Maßnahmen gelegt, die auch mit wenig finanziellem Aufwand zu realisieren sind und dennoch Wirkung zeigen können.

1.3 Methodisches Vorgehen

Ausgehend von den Grundlagen des Relationship Marketing, insbesondere bei Non-Profit-Organisationen, und über die Grundlagen der Kundenorientierung werden die verschiedenen Besuchertypen sowie traditionelle und innovative Instrumente der Besucherbindung erörtert. Des Weiteren wird auf das Theater als Non-Profit-Organisation mit seinen Kern- und Zusatzleistungen und den Besonderheiten eines Kulturbetriebes eingegangen. Zuletzt werden aktuelle Besucherbindungsmaßnahmen am konkreten Beispiel des Kulturvereins theaterzentrum deutschlandsberg analysiert sowie neue Strategien und Maßnahmen – speziell für einen Non-Profit-Kulturbetrieb – entwickelt. Abschließend werden auch die Ergebnisse der am theaterzentrum deutschlandsberg durchgeführten Besucherbefragung präsentiert.

2 Besucherbindung im Freien Theater

2.1 Relationship Marketing im Non-Profit-Bereich

2.1.1 Grundlagen des Relationship Marketing

Über Jahrzehnte hinweg wurden im Rahmen des traditionellen Marketing Konzepte und Methoden entwickelt, die auf einer ausschließlichen Transaktionsorientierung basieren. Sowohl die Ansätze des strategischen Marketing als auch die Instrumente des operativen Marketing (die 4 P: Product, Price, Promotion und Place) zielen danach auf das Initiieren von Transaktionen mit Kunden ab. Im Gegensatz dazu befasst sich das Relationship Marketing mit der Steuerung von Kundenbeziehungen:[1]

„Relationship Marketing umfasst sämtliche Maßnahmen der Analyse, Planung, Durchführung und Kontrolle, die der Initiierung, Stabilisierung, Intensivierung und Wiederaufnahme sowie gegebenenfalls der Beendigung von Geschäftsbeziehungen zu den Anspruchsgruppen – insbesondere zu den Kunden – des Unternehmens mit dem Ziel des gegenseitigen Nutzens dienen.“[2]

„Dem Konzept des Relationship Marketing liegt eine Anspruchsgruppenorientierung zugrunde, sein Gegenstand sind die Beziehungen eines Unternehmens zu seinen Anspruchsgruppen. Auch wenn sich Marketingaktivitäten auf unterschiedliche Anspruchsgruppen beziehen können [...], stellen die Kunden die zentrale Anspruchsgruppe dar.“[3]

2.1.2 Grundlagen des Non-Profit-Marketing

„Nonprofit-Marketing ist eine spezifische Denkhaltung. Sie konkretisiert sich in der Analyse, Planung, Umsetzung und Kontrolle sämtlicher interner und externer Aktivitäten, die durch eine Ausrichtung am Nutzen und den Erwartungen der Anspruchsgruppen (z.B. Leistungsempfänger, Kostenträger, Mitglieder, Spender, Öffentlichkeit) darauf abzielen, die finanziellen, mitarbeiterbezogenen und insbesondere aufgabenbezogenen Ziele der Nonprofit-Organisation zu erreichen.“[4]

2.1.3 Merkmale der Non-Profit-Organisation

Dass sich ein gewinnorientiertes Unternehmen von einer Nonprofit-Organisation unterscheidet, macht folgende Definition von Bruhn deutlich:

„Eine Nonprofit-Organisation ist eine nach rechtlichen Prinzipien gegründete Institution (privat, halb-staatlich, öffentlich), die durch ein Mindestmaß an formaler Selbstverwaltung, Entscheidungsautonomie und Freiwilligkeit gekennzeichnet ist und deren Organisationszweck primär in der Leistungserstellung im nicht-kommerziellen Sektor liegt.“[5]

Auch der nicht-kommerzielle Sektor verlangt in Bezug auf die Erwartungen der Anspruchsgruppen Analyse, Planung, Umsetzung und Kontrolle sämtlicher Aktivitäten, die darauf abzielen, insbesondere die aufgabenbezogenen Ziele der Nonprofit-Organisation zu erreichen.[6]

Natürlich muss auch der nicht profitorientierte (Kultur)betrieb bestimmte ökonomische Zielvorgaben (z. B. die Einhaltung des Jahresbudgets) berücksichtigen. Anders als bei der reinen Gewinnorientierung, lassen sich jedoch die vorrangig qualitativen Ziele einer Non-Profit-Organisation nur sehr schwer quantifizieren bzw. operationalisieren (d.h. mess- und damit kontrollierbar machen). Dies führt in öffentlich getragenen bzw. unterstützten Kulturbetrieben zu erheblichen Planungs-, Steuerungs- und vor allem Effizienz- und Kontrollproblemen.[7]

2.1.4 Non-Profit Relationship Marketing

Es gehört zum Kern der Sache, dass Non-Profit-Organisationen in einem komplexen Beziehungsgeflecht und meist auch in einem Abhängigkeitsverhältnis (Subventionsgeber, Förderer) zu unterschiedlichen Anspruchsgruppen stehen. Daher ist es für sie mehr als für andere Marktteilnehmer von zentraler Bedeutung, ein systematisches Beziehungsmanagement zu den relevanten Anspruchsgruppen zu etablieren. Das Relationship Marketing bietet gerade für Non-Profit-Organisationen neue Ansatzpunkte, die Instrumente des Marketing adäquat einzusetzen.[8]

2.2 Der Besucher als Kunde

2.2.1 Grundlagen der Kundenorientierung

Zunächst gilt es, eine Differenzierung der beiden Begriffe „Kundenbindung“ und „Kundenbindungsmanagement“ vorzunehmen:

„Kundenbindung umfasst sämtliche Maßnahmen eines Unternehmens, die darauf abzielen, sowohl die Verhaltensabsichten als auch das tatsächliche Verhalten eines Kunden gegenüber einem Anbieter oder dessen Leistungen positiv zu gestalten, um die Beziehung zu diesem Kunden für die Zukunft zu stabilisieren bzw. auszuweiten.“[9]

„Kundenbindungsmanagement ist die systematische Analyse, Planung, Durchführung sowie Kontrolle sämtlicher auf den aktuellen Kundenstamm gerichteten Maßnahmen mit dem Ziel, dass diese Kunden auch in Zukunft die Geschäftsbeziehung aufrechterhalten oder intensiver pflegen.“[10]

2.2.2 Besuchertypen

Um (mögliche) Besucher zielgerichtet anzusprechen, ist die Information, wie häufig sie Kulturangebote nutzen, von entscheidender Bedeutung. Klein unterscheidet hierbei fünf Gruppen:

- Nicht-Besucher

Darunter werden all jene verstanden, die auf gar keinen Fall und unter gar keinen wie auch immer günstig gestalteten Bedingungen entsprechende Kulturangebote nachfragen.

Dies sollte vom Kulturanbieter auch so akzeptiert und respektiert werden, nicht zuletzt auch, um die eigenen Ressourcen möglichst sinnvoll einzusetzen.

- Noch-nicht-Besucher/Potentielle Besucher

Diese sind Besucher, die gerne kommen würden, aber z. B. nicht auf die Veranstaltung aufmerksam wurden oder einen anderen Termin wahrnehmen wollen/müssen.

- Nicht-mehr-Besucher

Diese haben sich nach vorangegangenem Besuch von diesem Kulturangebot wieder abgewandt. Hierfür sind mehrere Gründe wie z. B. Umzug, Tod, Kosten, Ablehnung des künstlerischen Inhalts, Erreichbarkeit etc. denkbar.

- Erstbesucher

Im Gegensatz zum potentiellen Besucher, der sich vielleicht bereits Informationen über die Kultureinrichtung besorgt und diese eifrig studiert haben mag, ohne dann letztlich tatsächlich eine Veranstaltung zu besuchen, hat der Erstbesucher diesen entscheidenden Schritt bereits vollzogen. Diese Entscheidung gilt es zu stabilisieren, um ihn langfristig als Stammbesucher zu gewinnen.

- Stammbesucher

Darunter sind all jene zu verstehen, die treu und häufig die Angebote der Kulturinstitution nutzen und somit die stabile Basis der Nachfrage bilden. Die jeweilige Kultureinrichtung zieht direkten ökonomischen Nutzen aus der Besuchertreue.[11]

2.2.3 Besucherorientierung im Kulturbetrieb

Im Schnitt ist es drei Mal so günstig, bestehendes Publikum zu halten als neue Besucher zu gewinnen. Aufgrund dieser Tatsache machen Publikums-Bindungsmaßnahmen – in welcher Form auch immer – auf jeden Fall und für jeden Kulturbetrieb Sinn.[12]

Besucherbindung ist das Ergebnis eines freiwilligen Entscheidungsprozesses des Besuchers und sollte durch dessen Verbundenheit gegenüber der jeweiligen Kundeneinrichtung gekennzeichnet sein. Sie umfasst von Seiten des Kulturbetriebs alle Maßnahmen, die bisherigen und zukünftigen Verhaltensabsichten des Besuchers dem Kulturbetrieb gegenüber positiv zu gestalten, um die Beziehung zu diesem Kunden für die Zukunft zu stabilisieren bzw. noch auszuweiten. Grundvoraussetzung für eine langfristige Besucherbindung ist eine entsprechende Besucherorientierung sowie eine daraus resultierende Besucherzufriedenheit.[13]

Besucherorientierung bezeichnet die Übernahme des Konzepts der Kundenorientierung aus dem allgemeinen Marketing durch Kulturorganisationen.[14]

„Unter Besucherbindung versteht man alle Maßnahmen, die die Institution ergreift, um das Verhalten der Zielgruppe positiv zu beeinflussen, diese zu stabilisieren und auszuweiten. […] Hinsichtlich der Ursachen unterscheidet man situative (Erreichbarkeit, Standort), vertragliche (Mitgliedschaften, Abonnements) und psychologische (positive Einstellung gegenüber der Institution) Bindung. Ziel ist dabei, eine emotionale Bindung aufzubauen.“[15]

Die Vorteile stabiler und auf Vertrauen beruhender Beziehungen zwischen einem Kulturbetrieb und seinen Besuchern ergeben sich u.a. aus einem aktiveren Weiterempfehlungsverhalten und einer höheren Wiederbesuchswahrscheinlichkeit. Gelingt es dem Kulturbetrieb, durch entsprechende zielgruppenspezifische Maßnahmen die Erwartungen der Besucher zu erfüllen oder gar zu übertreffen, so kann davon ausgegangen werden, dass auf Seiten der Besucher Zufriedenheit und – in weiterer Folge – Besucherbindung entsteht. Zufriedene Besucher sind eher als andere bereit, wiederzukommen, ihren Familien-, Freundes- oder Kollegenkreis positiv zu beeinflussen, sich aktiv für „ihre“ Kultureinrichtung zu engagieren und sich weniger empfänglich für Wettbewerbsangebote zu zeigen.[16]

Bezüglich der Ursachen für die Bindung von Besuchern lässt sich zwischen zwei unterschiedlichen Strategien differenzieren:

Die Verbundenheitsstrategie strebt eine Bindung der Besucher von Kultureinrichtungen über psychologische Faktoren – vor allem Besucherzufriedenheit – an. Mit dieser Strategie wird eine freiwillige Bindung hergestellt, die auf eine vom Besucher wahrgenommene Vorteilhaftigkeit der Beziehung zu einer bestimmten Kultureinrichtung im Vergleich zur Nichtexistenz dieser Beziehung und/oder Beziehungen zu anderen Kultur- und Freizeiteinrichtungen zurückzuführen ist. Der Besucher ist in einem solchen Ausmaß mit dem Kulturbetrieb und den angebotenen Leistungen zufrieden, dass er gar nicht wechseln will.

Hingegen wird die Besucherbindung bei der Gebundenheitsstrategie durch den Aufbau von Wechselbarrieren realisiert. Die Gebundenheit bezeichnet einen Bindungszustand, der für einen bestimmten Zeitraum fixiert ist. Auch wenn der Besucher in diesen Zustand freiwillig eingetreten ist, so bleibt er innerhalb dieses Zeitraumes aufgrund von bestimmten Parametern in seiner Entscheidungsfreiheit im Hinblick auf die Nutzung der Leistungen eines bestimmten Kulturbetriebs eingeschränkt. Im Kulturbereich können diese Parameter insbesondere vertraglicher und ökonomischer Art sein (z. B. durch den Kauf von Abonnements und Jahreseintrittskarten).

Sollte es nicht gelingen, den Besucher emotional oder über den Aufbau von Wechselbarrieren an eine Kultureinrichtung zu binden, so wird der Besucher einen Anbieterwechsel in
Betracht ziehen und bei seinem nächsten Kulturbesuch – vorausgesetzt, es sind entsprechende Alternativen vorhanden und erreichbar – ggf. zu einem Mitbewerber abwandern.[17]

Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten

Tabelle 1: Bindungsstrategien[18]

2.3 Instrumente der Besucherbindung

Die Vorteile und Nutzeneffekte einer starken Besucherbindung waren und sind vor allem den großen Kultureinrichtungen schon seit Jahrzehnten bekannt. Klein unterscheidet zwischen traditionellen (z. B. Abonnements, Förderverein) und innovativen (z. B. Besucherkarte, Besucherclub) Besucherbindungsinstrumenten.

Neue Instrumente und Programme sollten allerdings nicht dazu verleiten, gänzlich auf herkömmliche (traditionelle) Besucherbindungsinstrumente und -programme zu verzichten. Allerdings gilt es, diese alten Instrumente den neuen Gegebenheiten anzupassen. Für jede Kultureinrichtung ist es wichtig, die für sie passenden und erfolgreichen Instrumente und Programme zu entwickeln und einzusetzen.[19]

Im Folgenden wird ein kurzer Überblick über traditionelle sowie innovative Be­sucherbindungsinstrumente und -programme gegeben.

2.3.1 Traditionelle Instrumente

Traditionelle Besucherbindungsinstrumente entstanden bereits im 19. Jahrhundert. Sie haben in der kulturellen und künstlerischen Entwicklung eine wichtige Rolle gespielt und spielen sie teilweise auch heute noch.[20]

2.3.1.1 Das Abonnementsystem

Das Abonnement beruht auf dem Anrecht auf einen festen Sitzplatz im Theater. Es stellt somit einen Vertrag auf Abnahme einer Reihe gleicher oder einander ähnlicher Leistungen zu niedrigerem, in der Regel im Voraus zu zahlenden Preis dar. Der klassische Abonnent weiß daher zu Spielzeitbeginn genau, an welchem Tag er welches Stück im Laufe der Saison sehen wird.

So gesehen saßen bereits die Senatoren und Patrizier im Dionysos-Theater in Athen auf Abonnementplätzen. Ebenso gab es diese Plätze für Bevorzugte in Form der fürstlichen Mittellogen im italienischen Theater der Renaissancezeit.

Die jeweiligen Vor- und Nachteile dieses Instruments sind sowohl aus der Sicht der Kulturorganisation als auch aus der Sicht der Zuschauer jeweils unterschiedlich zu beurteilen. Seitens des Theaters liegen die Vorteile vor allem in einer langfristigen Planungs- und auch Finanzierungssicherheit. Zu Spielzeitbeginn weiß die Theaterleitung, mit wie vielen festen Besuchern in welchen Vorstellungen gerechnet werden kann bzw. welche Aufführungen schlecht gebucht sind und folglich höhere Werbeanstrengungen erfordern. Damit in Zusammenhang steht eine entsprechende finanzielle Absicherung durch die in der Regel vorab zu entrichtenden Gebühren sowie eine gewisse kulturpolitische Legitimation durch einen starken Abonnentenstamm.[21]

Im Freien Theater bzw. in privatrechtlich-gemeinnützigen Kulturbetrieben (siehe 2.4.1) sieht die Situation freilich anders aus: Das Instrument des Abonnements kann hier nur schwer umgesetzt werden, da es schlichtweg nicht möglich ist, eine ganze Spielzeit im Vorhinein zu planen, sei es aufgrund der finanziellen Komponente (Unsicherheit über zukünftige Subventionen) oder auch aufgrund der Nichtexistenz eines fixen Ensembles.

Als Nachteile dieses Instruments sind die geringeren Einnahmen durch die teilweise recht hohen Ermäßigungen im Abonnement-Bereich zu nennen sowie das Risiko, auch künstlerisch wenig zufriedenstellende Produktionen weiter durch die Spielzeit „schleppen“ zu müssen.

Aus Sicht des Besuchers garantiert das Abonnement auch in ständig ausverkauften Häusern einen Platz. Dies spielt allerdings nur auf sog. Verkäufermärkten (d.h. wenn die Nachfrage das Angebot übersteigt und die Macht beim Verkäufer, in diesem Fall also beim Theater, liegt) eine wichtige Rolle: Die Metropolitan Opera in New York kann es sich beispielsweise leisten, ihre begehrten Abonnements ohne jede Ermäßigung zu verkaufen und nur, wenn der Käufer auch bereit ist, eine entsprechende Spende an das Haus zu geben, kann er sich seinen Sitzplatz aussuchen.

Allerdings gibt es aus Sicht des Abonnenten nicht nur Vorteile: Vor allem jüngere Menschen wollen sich nicht längerfristig durch ein Abonnement binden und sich nicht selbst dem Druck aussetzen, alle Vorstellungen des Abonnements auch wirklich in Anspruch nehmen zu müssen.

Interessanterweise ist aber auch gerade dieser „Zwang“ für viele Menschen, die unter Termindruck stehen, ein Argument für ein Abonnement.[22]

2.3.1.2 Die Besucherorganisation

Insbesondere im Theaterbereich sind Besucherorganisationen wichtige Kulturvermittler, die immer wieder neue Schichten von Theaterbesuchern erschließen. Neben dem Service der Vermittlung deutlich ermäßigter Theaterkarten, der Vor- und Nachbereitung von Theaterbesuchen, vereinseigenen Zeitschriften, Gesprächsrunden sowie Theaterreisen wird durch die Besucherorganisationen und auch in ihnen für ein breites Interesse am und um Verständnis für das Theater geworben.

Die Zusammenstellung von durchschnittlich zehn Vorstellungen für jedes Mitglied pro Spielzeit wird bei den meisten Besucherorganisationen (die grundsätzlich als Verein organisiert sind) von den Vorständen aus dem Spielplanangebot ausgewählt und verbindlich vorgegeben. Es gibt aber auch Wahlangebote, mit deren Hilfe sich die Mitglieder ihren eigenen Spielplan zusammenstellen können. Die dabei von den Theatern angebotenen Ermäßigungen sind angesichts der von den Besucherorganisationen erbrachten Werbe-, Service- und Vermittlungsleistung größer als beim Abonnement.[23]

2.3.1.3 Der Förderverein

Der traditionelle Förderverein ist eine Einrichtung, die selbst nicht unmittelbar kulturell tätig wird, sondern nur indirekt das kulturelle Handeln einer anderen Insti­tution fördern und unterstützen will.

In der Regel sind Aufgaben und Ziele von Fördervereinen die finanzielle Unterstützung einer Institution durch Beiträge und Spenden der Mitglieder, die Akquisition von Spenden Dritter, die ehrenamtliche Übernahme von Aufgaben, für die innerhalb der Kultureinrichtung kein Personal zur Verfügung steht, oder die Erledigung von Aufgaben, für die keine Strukturen vorhanden sind.[24]

Die vorrangige Zielsetzung von Fördervereinen beschränkt sich meist auf eine monetäre Unterstützung der Kultureinrichtung. Häufig wird versucht, finanziell potente Mitglieder aus Wirtschaft und Politik anzusprechen, die mit größeren Beiträgen die jeweilige Kultureinrichtung unterstützen. Die Mitglieder des Fördervereins erhalten dafür gewisse Gegenleistungen seitens der Kultureinrichtung.

Neben einer ganzen Reihe von positiven Besucherbindungseffekten (Ergänzung der Kulturfinanzierung, gesellschaftliche Verankerung von Kultur in einer Stadt) weisen herkömmliche Fördervereine auch Probleme auf, wie z. B. die Nicht-Inanspruchnahme des spezifischen Know-hows der Mitglieder. Viele herkömmliche Fördervereine schöpfen die nicht-finanziellen Potentiale ihrer Mitglieder nicht aus bzw. bieten diesen zu wenig Anreize für eine verstärkte Mitarbeit. Oft wird übersehen, dass das förderbereite Mitglied unter Umständen viel mehr als nur den Jahresbeitrag oder eine Spende beizusteuern hat, wie z. B. mögliche gute Kontakte zu anderen für die Kultureinrichtung wichtige Personen.[25]

[...]


[1] Vgl. Bruhn, M. (2009), S. 9 f.

[2] Vgl. Bruhn, M. (2009), S. 10

[3] Bruhn, M. (2009), S. 11

[4] Bruhn, M. (2005), S. 63

[5] Bruhn, M. (2005), S. 33

[6] Vgl. Bruhn, M. (2005), S. 63

[7] Vgl. Klein, A. (2011a), S. 76

[8] Vgl. Bruhn, M. (2005), S. 218

[9] Homburg, C./Bruhn, M. (2010), S. 8

[10] Homburg, C./Bruhn, M. (2010), S. 8

[11] Vgl. Klein, A. (2011a), S. 125 ff. / Reimann, M./Rockweiler, S. (2005), S. 79

[12] Vgl. Knava, I. (2009), S. 262

[13] Vgl. Heinrichs, W./Klein, A. (2001), S. 31

[14] Vgl. Heinrichs, W./Klein, A. (2001), S. 34

[15] Höhne, S. (2009), S. 136 f.

[16] Vgl. Günter, B./Hausmann, A. (2009), S. 46

[17] Vgl. Günter, B./Hausmann, A. (2009), S. 46 f.

[18] In Ahnlehnung an: Günter, B./Hausmann, A. (2009), S. 47 / Klein, A. (2008), S. 30

[19] Vgl. Klein, A. (2008), S. 147

[20] Vgl. Klein, A. (2008), S. 147

[21] Vgl. Klein, A. (2008), S. 146 f.

[22] Vgl. Klein, A. (2008), S. 147 ff.

[23] Vgl. Klein, A. (2008), S. 162 ff.

[24] Vgl. Klein, A. (2008), S. 171

[25] Vgl. Klein, A. (2008), S. 175 ff.

Ende der Leseprobe aus 54 Seiten

Details

Titel
Besucherbindung im Freien Theater - Relationship Marketing in Non-Profit-Organisationen
Untertitel
Analyse und Strategien am Beispiel des theaterzentrum deutschlandsberg
Hochschule
Hochschule Mittweida (FH)
Note
1,0
Autor
Jahr
2012
Seiten
54
Katalognummer
V211555
ISBN (eBook)
9783656397694
ISBN (Buch)
9783656398318
Dateigröße
1023 KB
Sprache
Deutsch
Schlagworte
Besucherbindung, Relationship Marketing, Freies Theater, Non-Profit-Organisationen
Arbeit zitieren
Gerd Wilfing (Autor:in), 2012, Besucherbindung im Freien Theater - Relationship Marketing in Non-Profit-Organisationen, München, GRIN Verlag, https://www.grin.com/document/211555

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