Leseprobe
Inhaltsverzeichnis
1. Einleitung
2. Die bildenden Künste unter Ludwig XIV.
3. Die Selbstdarstellung Ludwigs XIV. mit den Mitteln der Kunst
4. Das Staatsportrait von Hyacinthe Rigaud
5. Der Gemäldezyklus im Spiegelsaal von Schloss Versailles
6. Fazit
7. Literaturverzeichnis
Anhang:
Abbildungsverzeichnis
1. Einleitung
Ludwig XIV., auch bekannt als „der Sonnenkönig“, gilt als einer der außergewöhnlichsten und herausragenden Monarchen der Geschichte. Seine Herrschaft repräsentiert den Höhepunkt der absolutistischen Monarchie in Europa. Im Jahre 1643 folgte er im Alter von vier Jahren seinem Vater, dem unumschränkten Alleinherrscher Ludwig XIII. auf den Thron, den er 72 Jahre lang innehatte. Zunächst führte Kardinal Mazarin als Leitender Minister die Staatsgeschäfte, nach dessen Tod übte Ludwig XIV. die Regierungsgeschäfte selbstständig aus, was den Beginn seiner Alleinherrschaft einleitete.
Unter der Regentschaft Ludwigs XIV. erlebte Frankreich einen einschneidenden und folgenreichen Wandel, der sowohl politische als auch kulturelle und wirtschaftliche Maßstäbe setzte. Auch die Kunst war von diesem Wandel betroffen: In nie zuvor dagewesener Weise zentralisierte Ludwig XIV. die Künste im absolutistischen Frankreich und stellte sie in die Dienste des Hofes und der Verherrlichung seiner Person. Die folgende Ausarbeitung beschäftigt sich mit der Funktion der Künste unter Ludwig XIV. und mit der Frage, wie sich der König während seiner Herrschaft mit den Mitteln der Kunst hat darstellen lassen und in welcher Weise er die Kunst nutzte, um politische und propagandistische Aussagen zu formulieren und seine Herrschaft und Taten zu legitimieren und glorifizieren.
Die Hausarbeit geht daher zu Beginn auf die Stellung und die Funktion der Künste im ludovizianischen Frankreich ein und leitet darauf aufbauend zu verschiedenen Mitteln, Medien und Intentionen der Selbstinszenierung Ludwigs mit den Mitteln der Kunst über. Im Folgenden wird die propagandistische Selbstinszenierung des Königs anhand von aussagekräftigen und bekannten Werken der Kunst untersucht, der Fokus liegt hier auf dem von Rigaud angefertigtem Staatsportrait und dem Gemäldezyklus Le Bruns im Spiegelsaal von Versailles. Zum Teil stützen sich die dort angeführten Sachverhalte und Analyseergebnisse auf die Thesen des Kunsthistorikers Hendrik Ziegler, die jedoch durch eigene Beobachtungen ergänzt und unterstützt werden. Betrachtet werden insbesondere die gewählte Komposition sowie der bewusst übersteigerte Einbezug von Herrschaftsinsignien und Allegorien, die der Selbstdarstellung und der Verherrlichung des Königs dienten.
2. Die bildenden Künste unter Ludwig XIV.
Wie viele französische Könige vor ihm engagierte sich auch Ludwig XIV. umfassend als Förderer der Künste; zahlreiche Quellen sehen ihn als größten Kunstförderer aller Zeiten und Begründer eines bis dahin noch nie dagewesenen Mäzenatentums.
Da im Zeitalter des Absolutismus das politische System alle anderen Subsysteme, auch das der Kunst, dominierte[1], hatten die Künste unter Ludwig XIV. primär zwei Aufgaben zu erfüllen: „Dem höfischen Leben unüberbietbaren Glanz zu verleihen und den Ruhm des Königs weit über die Grenzen des Landes hinauszutragen.[2] “ Um die gesamte Kunstlandschaft in diesem Sinne steuern, beeinflussen und instrumentalisieren zu können, wurde das Kunstsystem institutionalisiert, zentralistisch organisiert und vollständig auf den König ausgerichtet. In Frankreich entstanden zahlreiche Königliche Akademien, die die verschiedensten künstlerischen Gebiete wie Malerei, Skulptur und Bauten fokussierten. Diese Gelehrtengesellschaften bildeten begabte Künstler handwerklich aus und förderten sie; zugleich stellten diese ihr Können in den Dienst des Königs und dessen Verherrlichung[3]. Als bedeutendster Maler am Hofe Ludwigs XIV. galten Charles Le Brun, Hyacinthe Rigaud und Pierre Mignard, die den Stil des Königs eindrucksvoll prägten. Unter Ludwig XIV. stiegen die Einnahmen und das Ansehen der Künstler im Allgemeinen stark an, allerdings führte dies auch zu einem erbitterten Wettstreit um Ansehen und die Gunst des Königs[4].
Die durch die Vereinnahmung der Kunst durch Ludwig XIV. zum größten Teil systematisch produzierten Werke dienten primär der Glorifizierung des Königs und seiner Taten und sollten dessen Ansehen im eigenen Land verbreiten, aber auch weit über die Staatsgrenzen hinaustragen. Die Kunst im ludovizianischen Zeitalter wurde allerdings nicht nur zur schon benannten Herausstellung von Ruhm und Allmacht gegenüber seinen Untertanen und Höflingen eingesetzt, sondern fungierte des Weiteren als effizientes und zielgerichtetes Medium, um politische Interessen einem ausländischen Publikum zu artikulieren[5].
3. Die Selbstdarstellung Ludwigs mit den Mitteln der Kunst
Da unter Ludwig XIV. „ausnahmslos alle Künste in den Dienst seiner Herrschaft und der Glorifizierung seiner Person[6] “ gestellt und dementsprechend gesteuert und kontrolliert wurden, entstand ein einmaliger „Personenkult[7] “, der das Bild des Königs auf eindrucksvolle Weise inszenierte, formte und verbreitete Die künstlerischen Mittel, die der Selbstinszenierung des Königs dienten, waren vielfältig: Sie existierten als idealisierte Gemälde, monumentale Denkmäler bis hin zu Teppichzyklen und Medaillen und reichten von der frühen Kindheit Ludwigs bis hin ins hohe Alter. Schon früh ließ Ludwig XIV. mit der Hilfe seiner Berater und Minister eine in hohem Maße auf seine Person zugeschnittene Ikonographie entwickeln[8], um seine Selbstdarstellungsstrategie zu perfektionieren und seinen Ruhm zu vermehren. Nicht nur die Taten und Leistungen Ludwigs werden durch die Mittel der Kunst eindrucksvoll visualisiert und heroisiert, sondern auch dessen Omnipotenz als Monarch wurde durch allegorische Darstellungen herausgearbeitet: Auf zahlreichen Gemälden wie dem Gemäldezyklus in Versailles sieht man Ludwig flankiert von antiken Göttern wie Herkules oder Apoll; oft wird die Person des Königs auch direkt mit diesen Göttern und Helden der klassischen Mythologie gleichgesetzt. Dies ist beispielsweise bei Joseph Werners Gemälde „Louis XIV als Apoll mit Streitwagen“ (Abb.1) der Fall, in dem Ludwig XIV., umgeben von einem Glorienschein wie bei Christusdarstellungen, als Sonnengott Apollo dargestellt wird und auf einer mit Pferden bespannten Quadriga und von Engeln flankiert einzuschweben scheint. Somit kommt es zur Gleichsetzung Ludwigs mit den Göttern; „der König ist nicht mehr der von den Göttern erwählte sondern per se göttlich[9] “.
Diese Gleichsetzung des Königs mit dem antiken Gott des Lichtes spielt zum einen auf die von Ludwig übersteigert genutzte Sonnenikonografie an, auf die die Bezeichnung „Sonnenkönig“ zurückgeht, zum anderen symbolisiert sie die Göttlichkeit und übermenschliche Allmacht, mit der der König souverän die Geschicke seines Landes lenkt und Frankreich in eine neue, glorreiche Epoche führt. Auch die stark idealisierten Portraits wie das von Rigaud angefertigte Staatsportrait (Abb.2) zeugen von der Allmacht und Erhabenheit des Königs, wenngleich hier auf eine Gleichsetzung mit den Göttern verzichtet wurde und der Machtanspruch und die Verherrlichung durch Elemente wie die sorgsam ausgewählten Gegenstände, die Farbgebung und die Komposition zum Tragen kommen. Neben Gemälden wurden besonders auch Medaillen und Münzen genutzt, um den Machtanspruch des Königs zu visualisieren und zu verbreiten und gleichzeitig politische Botschaften zu transportieren. Ein Vorteil war hier die Tatsache, dass diese Medien stabil sowie leicht reproduzierbar und verbreitbar waren. Dies erkannte auch Ludwig XIV., der schon früh Medaillen und Münzen zu politisch-propagandistischen Mitteln einsetzte. Ein Beispiel hierfür ist das „Jeton mit der königlichen Sonnendevise“ (Abb.3) aus dem Jahr 1658. In Anspielung auf den Sonnenkönig, Ludwig XIV., sieht man eine Sonne, die den gesamten Globus zu überstrahlen scheint. Dieses Bild wird eingerahmt vom dem als Umschrift eingeprägten Sinnspruch des Königs, „NEC PLURIBUS IMPAR“, was Ziegler als „Denn nicht den übrigen ungleich[10] “ übersetzt. Zudem betont Ziegler, dass dieser Sinnspruch in Kombination mit dem gewählten eingängigem Bildmotiv verdeutlichen sollte, dass Ludwig, der zur Entstehung dieser Münze erst 20 Jahre alt war, anderen Hochadligen und Herrschern bereits ebenbürtig, wenn nicht gar überlegen sei und einer Sonne gleich über die Erde und über seine Untertanen erstrahle[11] und Frankreich zu neuem Ruhm und Glanz in der Welt führe. In den folgenden Jahren wurden zahlreiche weitere Medaillen und Münzen mit ähnlicher Thematik geprägt. Die hier zur Schau gestellte „königliche Sonnendevise[12] “, die Gleichsetzung Ludwigs mit dem höchsten, alles überstrahlenden Himmelsgestirn verbreitete sich durch das mobile Medium weit über die Landesgrenzen hinaus und wurde von den Feinden Frankreichs oft attackiert und in Form von Gegenmedaillen und Pamphleten kritisiert.
Die speziell bei Münzen, Medaillen und Grafiken verwendete Sonnenmetapher gehörte zu den am häufigsten eingesetzten Selbstdarstellungsmitteln des Königs und diente nicht nur der Verherrlichung und Erhöhung Ludwigs zum überweltlichen, gottesgleichen und allumfassenden Herrscher, sie wurde des Weiteren auch gezielt als politisches Instrument zur „zur Übermittlung konkreter, wenn auch durch künstlerische Gestaltung verbrämter Botschaften an die jeweilige Gegenseite[13] “ eingesetzt. So untermauerte Ludwig XIV. beispielsweise Frankreichs Anspruch auf das spanische Erbe durch einen zielgerichteten Einsatz der Sonnenikonographie; zu Gunsten tiefergehender Betrachtungen weiterer Selbstinszenierungsstrategien und künstlerischer Werke wird der Sachverhalt an dieser Stelle jedoch nicht weiter ausgeführt. Allerdings wird, wie auch bei den vorangegangenen Ausführungen deutlich, dass die unzähligen Gemälde, Münzen, Darstellungen und Statuen, die den König abbilden, zum einen dem Ausdruck und der Visualisierung königlicher Macht dienen, zugleich fungieren sie jedoch auch als gezielt eingesetztes Mittel zur Meinungsbildung, was die „politisch-propagandistischen Zwecke[14] “ betont, zu denen die Kunst unter Ludwig XIV. primär eingesetzt wurde.
4. Das Staatsportrait von Hyacinthe Rigaud
Zu dem bedeutendsten Repräsentationen Ludwigs XIV. zählen seine Portraits, die wie Stellvertreter des Königs behandelt wurden[15]. Das im Jahre1701 durch den Hofmaler und bedeutendsten Portraitmaler des Ancien Régime, Hyacinthe Rigaud, angefertigte „Bildnis Ludwigs des XIV.“ ( Abb.2) gilt bis heute als Inbegriff des absolutistischen Herrscherportraits und visualisiert eindrucksvoll das politische Gefüge sowie das Selbstverständnis Ludwigs XIV., der sich zu diesem Zeitpunkt auf dem Zenit seiner Macht befand. Ursprünglich war das Werk als Geschenk an den spanischen König Philipp V., einen Enkel Ludwigs XIV. in Auftrag gegeben worden, allerdings stieß es nach seiner Fertigstellung auf einen derart großen Zuspruch von Seiten des französischen Königs, dass es Frankreich nie verließ und Philipp V. eine Kopie überreicht wurde. Während der Herrschaft Ludwigs XIV. wurde das Portrait im Apollosaal von Schloss Versailles präsentiert und nahm bei Abwesenheit des Königs dessen Platz im Thronsaal ein.
[...]
[1] vgl: von Beyme, Klaus: Die Kunst der Macht und die Gegenmacht der Kunst, S. 53.
[2] Kossole, Manfred: Am Hofe Ludwigs XIV.Stuttgart 1990.
[3] Vgl. a.a.O., S.82.
[4] Vgl. a.a.O., S. 41.
[5] Ziegler, Hendrik: Der Sonnenkönig und seine Feinde, S. 13.
[6] Kossole, Manfred: Am Hofe Ludwigs XIV.Stuttgart 1990. S. 79.
[7] Ebd.
[8] Ziegler, Hendrik: Der Sonnenkönig und seine Feinde, S.12.
[9] http://www.bpb.de/gesellschaft/medien/bilder-in-geschichte-und-politik/73218/herrscherbilder?p=1
[10] Ziegler, Hendrik: Der Sonnenkönig und seine Feinde, S.23.
[11] Vgl. Ebd.
[12] Vgl. a.a.O., S.28.
[13] Ziegler, Hendrik: Der Sonnenkönig und seine Feinde, S.73.
[14] a.a.O., S.9.
[15] Vgl. von Beyme, Klaus: Die Kunst der Macht und die Gegenmacht der Kunst, S. 96.