Ende des 19.Jahrhunderts stellten die Armenier eine Minderheit im Osmanischen Reich dar. Die Folgen hieraus waren zunächst "Schutzverträge“, Kopfsteuer, Diskriminierung und „Entautonomisierung“. Doch die Lebensbedingungen verschlechterten sich und schon bald sollte dieses Volk in Verbindung mit Massakern und dem Genozid in die Geschichte eingehen.
Inhaltsverzeichnis
1. Die Massaker zwischen 1894 und 1896/ 1897>
2. Der Völkermord zwischen 1915 und 1916
3. Die Rolle der Deutschen
4. Zusammenfassung
1. Die Massaker zwischen 1894 und 1896/ 1897
Die Armenier stellten neben den Griechen die stärkste Minderheit im Osmanischen Reich dar. Dies hat eine doppelte Begründung: zum Einen hoben sich die Armenier ethnisch von den Türken ab, zum Anderen taten sie dies aber auch religiös, indem sie als Christen in einem islamisch geprägten Staat lebten. Bislang war es für die Armenier möglich gewesen, in Frieden interkulturell zu agieren und zu leben, aber wachsender Nationalstolz und Praktizierung des „Osmanismus“ zerstörten dieses Verhältnis am Ende des 19. Jahrhunderts stetig.[1] Die Konsequenz hieraus war, dass die Armenier nicht nur ständigen Diskriminierungen und Entautonomisierungen ausgesetzt waren, sondern auch unter dem Status der Schutzbefohlenen eine Kopfsteuer an Moslems zahlen mussten. Hierbei kam verständlicherweise frühzeitig der Wunsch nach einem gleichberechtigten und autonomen Leben bei den Armeniern auf, was sich in Form von Aufständen widerspiegelte, wie beispielhaft bereits 1861 bei den Armeniern von Zeytun. Diese Erhebungen blieben jedoch erfolglos, ebenso wie die Unterstützungsversuche Europas in Form von Verträgen. Mit dem Pariser Vertrag von 1856 scheiterte der Versuch, sich Interventionsrechte bezüglich der Lebenssituation der Armenier im Osmanischen Reich zu sichern, und auch das Londoner Protokoll von 1877 zur Verbesserung der Lebensumstände der Armenier wurde von osmanischer Seite drastisch abgelehnt. Erst ein Jahr später, 1878, gab es einen Lichtblick für die Armenier, indem der Berliner Vertrag für die Armenier erwirkte, dass sie nun lokale Autonomie genießen durften und ihnen Schutz vor rekrutierten Kurden gewährt wurde.[2] In der Durchführung scheiterte dieser eigentliche Konsens jedoch schlichtweg und ab 1890 verschlechterten sich die Lebensbedingungen für die Armenier zunehmend. Sultan Abdülhamid II. verabschiedete die sogenannten „Hamidiye Regimenter“, ein Gesetz, das den Kurden erneute und wesentlich drastischere Raubzüge auf die Armenier gewährte, die nun auch nicht selten Massakrierungen mit sich brachten.[3]
Von den eigentlichen Massakern kann man jedoch erst ab 1894 sprechen, als sich die Situation zwischen den Türken und den Armeniern endgültig zugespitzt hatte: nachdem sich einige wohlhabende Armenier in der Stadt Sassun gegen eine zusätzliche Kopfsteuer an die Kurden gewehrt hatten und dieser nicht nachgekommen sind, fielen diese von Wut getrieben in die Stadt ein und töteten willkürlich Armenier. Jedoch war aufgrund einer Informationsblockade keine außenpolitische Hilfe zu erwarten, weil es sich bei der Stadt Sassun um ein Bergdorf ohne direkten Kontakt zur Außenwelt handelt. So waren die Armenier ein Jahr später bei einer Demonstration in Konstantinopel ganz auf sich gestellt und auch die dortige osmanische Gegendemonstration mit abermaligen Hetzen und Massakrierungen blieb weitläufig Konsequenzen los für die Türken. 1896 schlugen dann die Armenier mit der Hoffnung auf die endgültige Durchsetzung der Reformen weitaus drastischer zurück, indem sie die Osmanische Bank von Konstantinopel besetzten und Geiseln nahmen. Dieser Demonstrationsversuch war zwar insofern erfolgreich, als dass die Täter der Massaker das Land verließen und die Armenier nicht mehr um ihr Leben bangen mussten, aber letztendlich gingen die Massaker durch besagte Täter in anderen Ländern weiter und die Reformen wurden ebenfalls nicht durchgesetzt.[4] Auch wenn mit diesem Vorfall Abnahmen der Massaker zu vermerken sind, blieb die Situation weiterhin angespannt und bereits 1909 kam es zu einem erneuten Aufschwung. Während der Jahre 1894 und 1896 bzw. 1897 sind als Verluste und Konsequenzen neben 88243 getöteten Armeniern auch noch 568 zerstörte Kirchen und 77 zerstörte Klöster, sowie 646 konvertierte Dörfer, 546000 Notleidende und 328 in Moscheen umgewandelte Kirchen zu vermerken.[5]
[...]
[1] Vgl.: Haage, 2007: S. 254-255.
[2] Vgl.: Tamcke, 2006: S. 47-48.
[3] Vgl.: Haage, 2007: S. 255.
[4] Vgl.: Tamcke, 2006: S. 48-49.
[5] Vgl.: Tamcke, 2006: S. 49.
- Quote paper
- Jana Patricia Hemmelskamp (Author), 2011, Der Völkermord an den Armeniern im politischen Kontext, Munich, GRIN Verlag, https://www.grin.com/document/211729