Die Binzer Seebrücke wurde erstmals 1902 erbaut und diente in erster Linie Ausflugsschiffen als Anlegestelle. Im Laufe der Jahre kam es mehrmals zur Zerstörung durch Unwetter und Eis. Auch Schiffsunglücke erlebte die Brücke in ihrer Geschichte. Dieses Buch dokumentiert das bewegte Schicksal des Urlaubermagnets.
Die Binzer Brücke und ihre wechselvolle Geschichte
Die Binzer Brücke ist im Jahre 1902 mit großem Aufwand aufgebaut worden.
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Die alte Binzer Brücke (n. Benthien, B. 1995, S. 51)
Dieser Bau machte sich aus zwei Gründen erforderlich. Zum Einen fand sich in den Badeorten ein derartiger Besucherstrom, dass für damalige Zeiten bequeme und günstige Transportmöglichkeiten genutzt werden mussten, um konkurrenzfähig zu bleiben. Andere Bäder, vor allem Sellin, waren in Fragen des Brückenbaus bereits weiter. Zum Anderen war das Ausbooten vom Schiff zu den relativ kurzen Stegen gefährlich. 1901 waren in Sellin 7 Menschen beim Anlanden ums Leben gekommen.
Auch diese Tatsache aktivierte die Gemeindevertretung, sich um einen Brückenbau zu bemühen. Sie hatten dabei die Unterstützung des Fürsten zu Putbus, der als Besitzer des Strandes ebenfalls großes Interesse bekundete. Wie groß das Interesse an einer erlebnisreichen Schiffsreise in die Ostseebäder war, ergib sich aus der Tatsache, dass in dem Umschlaghafen Stettin ein eigener „Rügenkai“ existierte, von dem aus die Bäderdampfer „Rugard“, „Freya“, „Frigga“, „Hertha“ oder Odin ihre vielgenutzte Reise zu den rügenschen Bädern antreten konnten.
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Vor der Hakenterrasse die Dampferder Braeunlich – Linie nach Rügen (GUDDEN – LÜDDEKE, 1993, S. 285)
Bisher gab es in Binz lediglich eine Brücke gegenüber dem „Seeschloß“, die von Herrn Subklew betrieben wurde und einen Steg der Aktiengesellschaft vor dem alten Kurhaus..Daher wurde am 6. Juni 1902 mit dem Bau der Binzer Brücke begonnen und der Bau am 5. August als beendet gemeldet. Die Brücke konnte dem Verkehr übergeben werden. Sie war mit Verkaufshalle und Restaurant errichtet worden und stand der Binzer Gemeinde ab 1903 zu Verfügung. Diese Brücke hatte von Anfang an ein schweres Schicksal zu erleiden. Schon 1903 wurde die Sicherheit der Brücke durch die Gemeindevertretung in Frage gestellt, und die Bauarbeiten mussten reklamiert werden. Noch härter traf es sie in der Silvesternacht von 1904 zu 1905. Sie fiel den Naturgewalten in einem schweren Sturm zum Opfer und erlitt irreparable Schäden.
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Binzer Brücke nach dem Silvestersturm 1904/1905 (Foto: H. Noack)
Das „Rügensche Kreis – und Anzeigeblatt“ vom 2. Januar 1905 schilderte die fürchterliche Situation in Binz entsetzt mit den Worten: „ Wüst und traurig sieht es an unserem Strande aus. Der Stolz, die große Landungsbrücke, liegt in Trümmern; alles fort, nichts steht mehr, nur noch einzelne Stämme von hunderten ragen aus dem Wasser hervor. Die Strandpromenade ist vielfach unterspült und besät mit Trümmern der Brücke und fortgeschwemmten Bäumen“.
Die Arbeiten zum unbedingt notwendigen Wiederaufbau dauerten fast zwei Jahre und wurden von der Greifswalder Baufirma August Spruth ausgeführt. 1906 konnte sie diesmal mit einer beachtlichen Länge von 560 m wieder in Betrieb genommen werden. Der Kostenaufwand belief sich auf etwa 100 000 Mark.
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Neue Brücke von 1906
Dem Brückenkopf war eine Packung aus gezangten Steinen vorgelagert, die als Wellenbrecher den Stürmen besseren Widerstand leisten sollte. Gezangte Steine waren Findlinge, die mittels langer Zangen und dem eigenen Bordgeschirr aus dem Wasser gefischt wurden und unmittelbar an der Küste zum Verkauf angeboten wurden. Sie waren billiger als die Importe aus Skandinavien. Ab 1906 wurde das Steinzangen wegen der Umweltbedenken verboten worden. Baumeister Spruth aus Greifswald ließ sich jedoch von dem Verbot nicht abhalten, am Granitzerort weiterhin zu zangen. Dabei kann man annehmen, dass die Behörden wegen der günstigen Kosten eher wegsahen Die neue Brücke besaß einen Brückenkopf mit einem komfortablen Restaurant, das lange Zeit von der Familie Callies bewirtschaftet wurde. Eine besondere Attraktion in dieser Restauration waren die Kaffeekonzerte, die von dem bekannten Virtuosen Zacharias sen. bestritten wurden. Später hat auch sein berühmten Sohn Helmut dort gelegentlich gastiert.
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- Citation du texte
- Prof. Dr. habil Horst Gehrke (Auteur), 2013, Die Seebrücke in Binz, Munich, GRIN Verlag, https://www.grin.com/document/212499