In Harry G. Frankfurts Aufsatz „Willensfreiheit und der Begriff der Person“ beschäftigt sich der Philosoph nicht nur mit der Unterscheidung zwischen Handlungsfreiheit und Willensfreiheit, sondern auch mit der Frage, was die Person im Vergleich zu anderen Arten unterscheidet. Dabei wird die Person jedoch nicht mit dem Menschen gleichgesetzt. Dies macht stutzig, werden die Begriffe Person und Mensch doch häufig als eine Art von Synonymen verwendet. Frankfurts Aussage „...es ist genauso denkbar, daß einige Mitglieder der Spezies >Mensch< keine Personen sind“ (Seite 66) widerspricht dieser allgemeinen Auffassung, dass Mensch und Person gleichzusetzen sind. Aber wie kann es möglich sein, dass ein Mensch keine Person ist? Welche Begründung bietet Frankfurt für diese These? Und welche Rolle spielt die Vernunft, die seit der Aufklärung als eines der entscheidende Merkmale des Menschen im Vergleich zu Tieren angesehen wird, bei dieser Unterscheidung? Mit diesen Fragen soll sich das folgende Essay befassen, in welchem untersucht wird, ob ein Mensch nach Frankfurts Theorie wirklich keine Person sein kann.
Die Unterscheidung zwischen Menschen und Personen nach Harry Frankfurts Theorie
In Harry G. Frankfurts Aufsatz „Willensfreiheit und der Begriff der Person“ beschäftigt sich der Philosoph nicht nur mit der Unterscheidung zwischen Handlungsfreiheit und Willensfreiheit, sondern auch mit der Frage, was die Person im Vergleich zu anderen Arten unterscheidet. Dabei wird die Person jedoch nicht mit dem Menschen gleichgesetzt. Dies macht stutzig, werden die Begriffe Person und Mensch doch häufig als eine Art von Synonymen verwendet. Frankfurts Aussage „...es ist genauso denkbar, daß einige Mitglieder der Spezies >Mensch< keine Personen sind“ (Seite 66) widerspricht dieser allgemeinen Auffassung, dass Mensch und Person gleichzusetzen sind. Aber wie kann es möglich sein, dass ein Mensch keine Person ist? Welche Begründung bietet Frankfurt für diese These? Und welche Rolle spielt die Vernunft, die seit der Aufklärung als eines der entscheidende Merkmale des Menschen im Vergleich zu Tieren angesehen wird, bei dieser Unterscheidung? Mit diesen Fragen soll sich das folgende Essay befassen, in welchem untersucht wird, ob ein Mensch nach Frankfurts Theorie wirklich keine Person sein kann.
Die Auffassung, dass Tiere keine Personen sind, gilt als allgemeiner Konsens. Weder sind die triebgesteuerten Tiere vernünftig, noch spricht man ihnen eine Willensfreiheit zu (wobei auch viele Philosophen diese Eigenschaft den Personen absprechen). Ebenso akzeptabel scheint die Meinung welche Frankfurt vertritt, zu sein, dass auch menschliche Säuglinge und Kleinkinder noch keine echten Personen sind. Schließlich können auch Kinder noch nicht vernünftig handeln, des weiteren fehlt ihnen als signifikantes Merkmal das Selbstbewusstsein. Wie die Tiere handeln sie instinktiv. Beide Kategorien, also Tier und Kleinkind, zieht Frankfurt im Begriff des „Triebhaften“ zusammen, welches das Gegenstück zu dem Begriff der Person bilden soll. Doch vielleicht, so schreibt Frankfurt „gehören zu ihr (der Kategorie des Triebhaften) auch manche Erwachsene“. Diesen Punkt gilt es in diesem Essay kritisch zu beleuchten, doch bevor dies geschehen kann ist es notwendig, die Person und den Triebhaften nach Frankfurts Theorie zu entschlüsseln und aufzuzeigen, worin die entscheidenden Unterschiede bestehen:
Ein entscheidender Schritt, den Frankfurt in seiner Theorie geht, ist die Aufteilung in Wünsche erster sowie zweiter Stufe. Die erste Stufe beschreibt diejenigen Wünsche, die jemand hat oder nicht hat, z.B. der Wunsch in dieser Sekunde schlafen zu wollen. Dabei kann es jedoch weitere Wünsche erster Stufe geben, die diesem widersprechen, so etwa der Wunsch zu essen, was eben nicht gleichzeitig mit dem Schlafen möglich ist. Diese erste Stufe teilen sich sowohl die Person als auch der Triebhafte. Dies trifft auch auf einen Teil des Wunsches zweiter Stufe zu, nämlich wenn jemand einen bestimmten Wunsch haben möchte. Auch auf Kleinkinder oder Tiere kann dies zutreffen, im Gegensatz zu den so genannten „Volitionen zweiter Stufe“, die den zweiten Teil des Wunsches zweiter Stufe darstellen. Hierbei handelt es sich darum, dass jemand möchte, dass ein bestimmter Wunsch zu seinem Willen wird. Diese Volitionen zweiter Stufe sind für Frankfurt der entscheidende Punkt zur Unterscheidung zwischen der Person und dem Triebhaften. Dies liegt am Auftreten des Willens. Denn der Triebhafte kann zwar ebenso wie die Person Spielball seiner vielen verschiedenen Wünsche erster und zweiter Stufe sein, doch ist ihm dies im Bezug auf seinen Willen gleichgültig. Sein Wille ist dem Triebhaften absolut gleichgültig, was nicht bedeutet, dass ihm seine Wünsche gleichgültig sind. Auch der Triebhafte muss zwischen seinen verschiedenen Wünschen abwägen und sich immer wieder, möglicherweise auch mit der Hilfe der Vernunft, für das Eine und damit gegen das Andere entscheiden. Die Person hingegen blendet ihren Willen nicht aus, ist in diesem Sinne nicht willenlos. Sie möchte, dass etwas ihr Wille ist, auch wenn ihr das nicht immer gelingt. So kann sich ein Schüler fest vornehmen, dass es sein Wille ist, noch heute seine Schulaufgabe zu erledigen. Dies bedeutet nicht, dass dies auch zu seinem Willen wird. Vielleicht ist der Wunsch, draußen spielen zu gehen, doch größer, so dass er sich letzten Endes doch gegen die Schulaufgabe und damit gegen seine Volitionen zweiter Stufe entscheidet. Dies führt dazu, dass er vielleicht keine Willensfreiheit nach der Definition Frankfurts hat. Doch theoretisch wäre es ihm möglich gewesen, diese zu verwirklichen. Beim Beispiel des Schülers bleibend, wenn er etwa doch seine Schulaufgabe gemacht hätte. Der Triebhafte hingegen ist überhaupt nicht befähigt, willensfrei zu sein, da er niemals einen Willen sondern immer nur Wünsche hat.
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- Arbeit zitieren
- Martin Hamre (Autor:in), 2012, Die Unterscheidung zwischen Menschen und Personen nach Harry Frankfurt, München, GRIN Verlag, https://www.grin.com/document/213039