Der ethische Diskurs hat immer noch, oder gerade heute wieder große Brisanz. Sei
es in gentechnologischen Bereichen, wo es um Fragen nach der technischen
Möglichkeit und der ethischen Verträglichkeit geht: was dürfen wir tun und was nicht,
selbst wenn wir es könnten?; oder wenn es um Wertekonflikte zwischen
Kulturauffassungen wie z.B. Demokratie und religiösem Extremismus geht. Es stellt
sich immer wieder die Frage, was ethische Werte sind und wie sie begründet werden
können. Begriffe wie Grundwerte, Wertewandel, Werteverfall und neue Werte sind
Schlagworte, die in der modernen Gesellschaft kursieren und kontrovers diskutiert
werden. Und das Problem ist so alt wie die Menschheit. Andere Kulturen haben
unterschiedliche, teilweise konträre Auffassungen und Vorstellungen von unseren
sittlichen Werten und deren Umsetzung in der Gesellschaft. Doch wessen Werte sind
die richtigeren oder besseren? Gibt es überhaupt objektive, unumstößliche gute oder
schlechte Werte? Oder sind sie alle subjektiv und haben sich im Laufe der Geschichte
entwickelt – geprägt durch Glauben, Wissensstand, Bedürfnissen und Vorstellungen
einer Gesellschaft? Dies würde bedeuten, dass Werte keinen Anspruch auf
Allgemeingültigkeit haben.
Mit der Säkularisierung der Kirche und der Entwicklung des Bürgertums, können
Werte heute auch nicht mehr dogmatisch religiös begründet werden. Es gibt keinen
einheitlichen Kanon mehr, wie man sittlich und moralisch zu handeln hätte. Die
Moraltheorien ab dem 18. Jahrhunderts1 gingen davon aus, dass Werte im
Allgemeinen, vor allem aber sittliche Werte, bloße Schattierungen im Bewusstsein
menschlicher Gefühle und Verlangen sind, somit auf historischer Entwicklung beruhen
und keinen objektiven und allgemeingültigen Grund oder Ursprung außerhalb des
Bewusstseins haben. Das wissenschaftliche, rationale Denken wird zum einzigen
Legitimierungsgrund für das Ethos, aus dem es selbst entstanden ist.2 Die skeptische
Philosophie vertritt zudem den Standpunkt, dass eine letzte Wahrheit zwar existieren,
jedoch vom Menschen niemals erkannt werden kann. [...]
1 Z.B. Kant, Hume, Hobbes und die englischen Sensualisten.
2 Vgl. Vucht Tijsen, S. 102
Inhaltsverzeichnis
- Einleitung
- Darstellung der These vom Ressentiment im Aufbau der Moralen
- Der Umsturz der Werte durch das Ressentiment
- Was bedeutet Ressentiment bei Scheler?
- Die Entstehung von Moralen durch Umwertung der Werte
- Kritik an einem einseitigen Rationalismus
- Christliche Liebe als höchster Wert
- Das Wesen der christlichen Liebe
- Moderne Wohlfahrtsorganisation ohne echte Liebe
- Der Selbstwert gegenüber dem Fortschritts- und Vergleichswert
- Christliche Liebe als höchster Wert
- Die Position des Glaubens in Schelers Wertverständnis
- Der Umsturz der Werte durch das Ressentiment
- Problem der Erkennbarkeit von wahren Werten
- Erleben des apriorischen Wertes bei Scheler
- Erkennbarkeit apriorischer Werte für alle Menschen?
- Fazit
Zielsetzung und Themenschwerpunkte
Diese Hausarbeit untersucht Max Schelers Kritik an der modernen Wertevorstellung, insbesondere im Kontext seines Werks „Das Ressentiment im Aufbau der Moralen“. Die Arbeit analysiert Schelers These vom Ressentiment als Motor des Wertewandels und seine Kritik an einem einseitigen Rationalismus. Sie beleuchtet zudem die Frage nach der Erkennbarkeit und dem Ursprung objektiver Werte.
- Schelers Kritik am modernen Rationalismus und seine Betonung der emotionalen Anthropologie
- Die Rolle des Ressentiments im Aufbau von Moralvorstellungen
- Schelers Konzept der materialen Wertethik und die Rangordnung der Werte
- Die Bedeutung der christlichen Liebe als höchster Wert
- Das Problem der Erkennbarkeit von wahren Werten
Zusammenfassung der Kapitel
Einleitung: Die Einleitung thematisiert die aktuelle Brisanz ethischer Diskurse in verschiedenen gesellschaftlichen Bereichen und stellt die Frage nach dem Ursprung und der Begründung ethischer Werte. Sie beleuchtet den historischen Wandel des Werteverständnisses, insbesondere die Abkehr von einer religiös begründeten Moral hin zu einem rationalistischen Ansatz. Der Fokus liegt auf der Problematik der Objektivität und Allgemeingültigkeit von Werten angesichts unterschiedlicher kultureller Perspektiven und des Einflusses von Glauben, Wissen und gesellschaftlichen Bedürfnissen.
Darstellung der These vom Ressentiment im Aufbau der Moralen: Dieses Kapitel präsentiert Schelers These vom Ressentiment als Triebkraft des Wertewandels. Es analysiert, wie Ressentiments zu einer Umwertung bestehender Werte führen und neue Moralvorstellungen prägen können. Scheler kritisiert dabei einen einseitigen Rationalismus, der die Bedeutung von Emotionen und dem emotionalen Erleben für die Moralbildung vernachlässigt. Die Bedeutung der christlichen Liebe als höchster Wert wird im Kontext der Kritik an modernen Wohlfahrtsorganisationen, die echte Liebe vermissen lassen, beleuchtet. Schließlich untersucht das Kapitel die Rolle des Glaubens im Schelerschen Wertverständnis und den Unterschied zwischen Selbstwert und Fortschritts-/Vergleichswerten.
Problem der Erkennbarkeit von wahren Werten: Dieses Kapitel befasst sich mit der Frage, wie wahre Werte erkannt werden können. Es erläutert Schelers Konzept des apriorischen Wert-Erlebens und diskutiert die Problematik der Allgemeingültigkeit dieser Werteerfahrung. Es wird untersucht, ob apriorische Werte für alle Menschen erkennbar sind oder ob es kulturelle und individuelle Unterschiede in der Wahrnehmung von Werten gibt. Die Diskussion um die Objektivität von Werten wird fortgeführt und vertieft.
Schlüsselwörter
Max Scheler, Ressentiment, Wertethik, materiale Wertethik, christliche Liebe, Rationalismus, Apriorische Werte, Wertewandel, Moral, Objektivität von Werten.
Häufig gestellte Fragen zu: Max Schelers Kritik am modernen Rationalismus und seine Wertethik
Was ist der Hauptfokus dieser Hausarbeit?
Die Hausarbeit analysiert Max Schelers Kritik an der modernen Wertevorstellung, insbesondere im Kontext seines Werks „Das Ressentiment im Aufbau der Moralen“. Sie untersucht Schelers These vom Ressentiment als Motor des Wertewandels und seine Kritik an einem einseitigen Rationalismus. Ein weiterer Schwerpunkt liegt auf der Frage nach der Erkennbarkeit und dem Ursprung objektiver Werte.
Welche zentralen Themen werden behandelt?
Die Arbeit behandelt Schelers Kritik am modernen Rationalismus und seine Betonung der emotionalen Anthropologie, die Rolle des Ressentiments im Aufbau von Moralvorstellungen, Schelers Konzept der materialen Wertethik und die Rangordnung der Werte, die Bedeutung der christlichen Liebe als höchster Wert und das Problem der Erkennbarkeit von wahren Werten.
Was ist Schelers These vom Ressentiment?
Scheler sieht Ressentiment als Triebkraft des Wertewandels. Ressentiments führen zu einer Umwertung bestehender Werte und prägen neue Moralvorstellungen. Scheler kritisiert einen einseitigen Rationalismus, der die Bedeutung von Emotionen und dem emotionalen Erleben für die Moralbildung vernachlässigt.
Welche Rolle spielt die christliche Liebe in Schelers Philosophie?
Scheler betrachtet die christliche Liebe als höchsten Wert. Diese wird im Kontext der Kritik an modernen Wohlfahrtsorganisationen beleuchtet, denen Scheler echte Liebe abspricht. Die Arbeit untersucht die Bedeutung der christlichen Liebe im Kontext seines Wertverständnisses.
Wie beschreibt Scheler die Erkennbarkeit von Werten?
Die Arbeit befasst sich mit der Frage, wie wahre Werte erkannt werden können. Sie erläutert Schelers Konzept des apriorischen Wert-Erlebens und diskutiert die Problematik der Allgemeingültigkeit dieser Werteerfahrung. Es wird untersucht, ob apriorische Werte für alle Menschen erkennbar sind oder ob kulturelle und individuelle Unterschiede bestehen.
Welche Kapitel umfasst die Hausarbeit?
Die Hausarbeit beinhaltet eine Einleitung, ein Kapitel zur Darstellung der These vom Ressentiment im Aufbau der Moralen, ein Kapitel zum Problem der Erkennbarkeit von wahren Werten und ein Fazit. Jedes Kapitel wird in der Zusammenfassung der Kapitel detailliert beschrieben.
Welche Schlüsselwörter beschreiben den Inhalt?
Schlüsselwörter sind: Max Scheler, Ressentiment, Wertethik, materiale Wertethik, christliche Liebe, Rationalismus, apriorische Werte, Wertewandel, Moral, Objektivität von Werten.
Was ist das Ziel der Arbeit?
Die Arbeit zielt darauf ab, Schelers Kritik am modernen Rationalismus und seine Wertethik zu untersuchen und zu analysieren. Sie beleuchtet die Rolle des Ressentiments im Wertewandel und die Problematik der Erkennbarkeit objektiver Werte.
- Arbeit zitieren
- Tanja Zwillsperger (Autor:in), 2003, Schelers Kritik an der modernen Wertevorstellung, München, GRIN Verlag, https://www.grin.com/document/21329