Leseprobe
Inhaltsangabe
1. Einleitung
2. Die Mathematik von den Anfängen bis Gauß
3. Über Carl Friedrich Gauß
4. Daniel Kehlmanns „Die Vermessung der Welt“ und Carl Friedrich Gauß
5. Vergleich: Errungenschaften Gauß Realität und Fiktion in Daniel Kehlmanns „Die Vermessung der Welt“
6. Bibliographie
1. Einleitung
Die Mathematik hatte immer schon einen besonderen Stellenwert in meinem Leben. Nicht nur weil mich das Fach interessiert, sondern auch weil wir uns tagein tagaus mit Mathematik beschäftigen. Ich war schon immer gut in Mathe. Dies fing schon in der Grundschule an und blieb bis zur Matura so. Auch meine Facharbeit für meine mündliche Maturaprüfung drehte sich um Zahlen und Mathematik. Ich entschloss mich deshalb dazu Mathematik zu studieren. Allerdings musste ich feststellen, dass es nun nicht mehr nur um Rätsellösen und aufregendes Nachdenken ging. Man musste sich in unvorstellbaren Dimensionen und in x-dimensionale Räume zurechtfinden. Diese Welt war nicht mehr die meine und deshalb schmiss ich nach drei Semestern das Mathestudium. Ich musste mich nun damit zurechtfinden, dass in mir kein außergewöhnliches Mathegenie steckte. Nichtsdestotrotz hat mein Interesse für das Fach nicht darunter gelitten. Mich faszinieren die Genies der Geschichte und die Entwicklung, die die Mathematik über Jahrtausende durchgemacht hat. Ich habe mich deshalb in dieser Arbeit mit der Geschichte der Mathematik und einem besonderen Genie auseinandergesetzt. Das Genie über das ich schreiben werde ist Carl Friedrich Gauß. Die Geschichte der Mathematik wird sich deshalb nur bis zu Gauß’ Lebzeiten beschränken. Die Geschichte der Mathematik ist deshalb wichtig, da jedes Zeitalter etwas zur Entwicklung der Mathematik beigetragen hat und jeder einzelne Beitrag für zukünftige Mathematiker von Bedeutung war.
Gauß war zwar ein Genie seines Faches, allerdings hätte er ohne die Errungenschaften seiner Vorgänger wahrscheinlich nicht all die Meilensteine setzen können, die er bereits von klein auf gesetzt hat.
Da mein Interesse für die Mathematik durch mein gescheitertes Studium nicht beeinflusst wurde hat mich das Buch Die Vermessung der Welt von Daniel Kehlmann sehr gefesselt und beeindruckt. In dieser Arbeit werde ich mich mit dem Roman auseinandersetzen und meinen Schwerpunkt auf das Leben von Gauß setzen. Im Buch lässt Daniel Kehlmann das Genie Gauß als wahren Meister seines Faches aufleben. Kehlmann ergänzt Gauß’ Leben und seine Charakterzüge in seinem Roman zugunsten der Unterhaltung und schafft somit eine Welt in der Fiktion und Realität nicht mehr voneinander zu unterscheiden sind. Kehlmann selbst bestätigt die Ironie seines Werkes mit der folgenden Aussage: „Es sollte so klingen, wie ein seriöser Historiker es schreiben würde, wenn er plötzlich verrückt geworden wäre.“ Mit diesen Unterschieden werde ich mich genauer in den Kapiteln Die Vermessung der Welt und Carl Friedrich Gauß und Errungenschaften Gauß Realität und Fiktion in Daniel Kehlmanns „Die Vermessung der Welt“ beschäftigen.
2. Die Mathematik von den Anfängen bis Gauß
Die Anfänge der Mathematik liegen bereits in der Steinzeit und reichen bis ca. 50.000 Jahre zurück. (vgl. Eves, 1976, S. 9) Hier fallen die Entwicklung des Zahlenbegriffs und die Entstehung erster geometrischer Formen an. (vgl. Kaiser & Nöbauer, 1998, S. 12) Man weiß nur wenig über diese Zeit, da es nur sehr wenig Quellen gibt.
Nach dieser prähistorischen Zeit entwickelte sich die Mathematik in mehreren verschiedenen Kulturkreisen weiter. Die ältesten Kulturen, die mathematisches Material hinterlassen haben waren die Ägypter und die Babylonier.
Der Pyramidenbau lässt auf ein ausgeprägtes mathematisches Wissen der Ägypter schließen. Die Ägypter, die ca. 3000 v. Chr. bis zur Antike ihre Blütezeit durchlebten hinterließen mehrere Quellen. Neben den Pyramiden sind für die Mathematik vor allem drei Urkunden ausschlaggebend: Der Papyrus Rhind, der Papyrus Moskau und die Lederrolle. Die hier verewigten Aufgaben sind vor allem solche des alltäglichen Lebens, wie die „Verteilung von Lohnsummen auf mehrere Arbeiter [oder] die Berechnung von Flächen- und Rauminhalten“ (Kaiser & Nöbauer, 1998, S. 13). Außerdem konnten die Ägypter durch die Addition von Ergebnissen bereits Multiplikationen durchführen und sie konnten Bruchrechnen (vgl. Kaiser & Nöbauer, S. 13). Die bedeutungsvollste Leistung die uns bekannt ist, ist wohl die Volumensberechnung eines quadratischen Pyramidenstumpfes (vgl. Pfeiffer & Dahan-Dalmedico, 1994, S. 2-7).
Die Babylonier, die ebenfalls ab etwa 3000 v. Chr. eine Blütezeit durchlebten, hinterließen mehrere schriftliche Quellen in Form der Keilschrifttäfelchen. (vgl. Kaiser & Nöbauer, 1998, S. 13f.) Sie beherrschten einen größeren Bereich der Algebra als die Ägypter. Sie konnten zusätzlich zu den linearen und rein-quadratischen Gleichungen bereits gemischt-quadratische Gleichungen lösen. (vgl. Becker, 1975, S. 8-17). In der Geometrie kannten sie Formeln für Flächen- und Rauminhalte und sie konnten viele Winkel konstruieren. Die mathematischen Kenntnisse der Babylonier waren deutlich größer als die der Ägypter, jedoch wurde eine „begrifflich aufgebaute Mathematik“ (Kaiser & Nöbauer, 1998, S. 14) erst von den Griechen erarbeitet. (vgl. Kaiser & Nöbauer, 1998)
Die griechische Mathematik kann in vier große Perioden eingeteilt werden: Die Ionische Periode von etwa 600 v. Chr. bis 400 v. Chr. mit Mathematikern wie Thales, Pythagoras und die Pythagoräer und Hippokrates, die Athenische Periode von etwa 400 v. Chr. bis 300 v. Chr. mit den Sophisten, Platon und Aristoteles, die Alexandrinische Periode von etwa 300 v. Chr. bis 200 v. Chr. mit Archimedes und Eukleides und die Spätzeit von etwa 200 v. Chr. bis 300 n. Chr. mit Hipparchos, Menelaos und Heron.
Bereits in der ionischen Periode entwickelten die Griechen ein Zahlensystem für den schriftlichen Gebrauch, wahrscheinlich als Folge der geographischen Ausdehnung des Handels.
Thales von Milet war der erste Mathematiker, der Beweise für seine Sätze gab. Er soll einen Teil seiner mathematischen Kenntnisse von den Babyloniern und einen weiteren Teil von den Ägyptern übernommen haben. (vgl. Kaiser & Nöbauer, S. 16) Er bewies im wesentlichen vier Sätze: 1. Der Kreis wird von seinem Durchmesser halbiert, 2. Wenn zwei Geraden sich schneiden sind ihre Scheitelwinkel gleich, 3. In einem gleichschenkligen Dreieck sind die Basiswinkel gleich, 4. Zwei Dreiecke sind kongruent, wenn diese in einer Seite und zwei Winkel übereinstimmen. (vgl. Becker, 1975)
Pythagoras von Samos lebte ebenfalls während der ionischen Periode. Seine größte Errungenschaft war der Beweis, dass „die Summe der Quadrate der beiden kürzeren Seiten das Quadrat der längeren Seite ergibt“ (Grillmayer, 2009, S. 53) Diesen Beweis nennt man heute „Satz des Pythagoras“ und man schreibt a2+b2=c2. Die Lehren des Pythagoras wurden von den Pythagoräer verbreitet und weiterentwickelt. Innerhalb dieser Schule wurden viele bedeutende mathematische Erfolge erzielt, wie zum Beispiel der Beweis für die Winkelsumme im Dreieck und die Konstruktion eines regelmäßigen Fünfecks mit Hilfe des Goldenen Schnittes. (vgl. Wusing, 2008, S. 168-177)
Die Mathematik der athenischen Periode wurde vor allem durch Platon geprägt. Wußing schreibt sogar, dass die „platonische Grundauffassungen [...] die gesamte weitere Entwicklungsgeschichte der Mathematik bis in unsere Gegenwart [durchziehen].“ (Wusing, 2008, S. 179) Platon erfand die sogenannte „analytische Beweismethode“, bei der von einer Behauptung auf richtige Aussagen geschlossen wird und dann die wird die „Schlusskette“ umgekehrt. Außerdem beschränkte er die Hilfsmittel für die Konstruktion von geometrischen Körpern auf Zirkel und Lineal. (vgl. Kaiser & Nöbauer, 1998, S. 19) In der athenischen Periode wurde zusätzlich die geometrische Algebra entwickelt und ausgebaut. In dieser Zeit entsteht die binomische Formel, die wir heute als (a+b)2=a2 + 2ab + b2 schreiben. Platon beschrieb die binomische Formel so: „Teilt man eine Strecke, wie es gerade trifft, so ist das Quadrat über der ganzen Strecke den Quadraten über den Abschnitten zweimal dem Rechteck aus den Abschnitten zusammen gleich.“ (Zitiert in Wusing, 2008, S. 183)
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