Die Philosophien von Puritanern und Quäkern und deren Einfluss auf die US-amerikanische Gesellschaft

The City upon a Hill vs. the Inner Light


Masterarbeit, 2012

83 Seiten, Note: 2,0


Leseprobe


Inhaltsverzeichnis

1 Einleitung

2 Geschichtlicher Hintergrund
2.1 Puritaner
2.2 Quäker
2.3 Vergleich

3 Detaillierte Analyse von religiösen und sozialen Vorstellungen
3.1 Puritaner
3.1.1 Biografien
3.1.2 Religion und Gottesbild
3.1.3 Moralische und soziale Werte
3.2 Quäker
3.2.1 Biografien
3.2.2 Religion und Gottesbild
3.2.3 Moralische und soziale Werte
3.3 Vergleich

4 Puritaner und Quäker heute
4.1 Puritaner
4.2 Quäker
4.3 Vergleich

5 Einflüsse beider Gruppierungen auf die US-amerikanische Gesellschaft
5.1 Puritaner
5.2 Quäker
5.3 Vergleich

6 Schlusswort

7 Quellenverzeichnis

1 Einleitung

Zu den ersten Gruppierungen, die nach Nordamerika, die heutigen USA, auswanderten, zählten die Puritaner und Quäker. Beide stammten aus England, und beide verließen ihre Heimat aufgrund religiöser Verfolgung. Dies sind zweifelsohne auffällige Parallelen. Doch bestehen zwischen den zwei Gruppen auch eklatante Unterschiede in Bezug auf ihre religiösen, moralischen und gesellschaftlichen Vorstellungen. Nichtsdestoweniger lässt sich nicht leugnen, dass sowohl Puritaner als auch Quäker die US-amerikanische Gesellschaft entscheidend geprägt haben – beide jedoch auf ihre jeweils eigene Weise. In der folgenden Masterarbeit werde ich daher in jedem Kapitel zunächst über die Puritaner und danach über die Quäker berichten, um die beiden danach miteinander zu vergleichen und Unterschiede und Gemeinsamkeiten herauszuarbeiten. Im ersten Punkt werde ich zunächst auf die Geschichte der Puritaner und Quäker eingehen, um dem Leser die nötigen historischen Hintergründe zu vermitteln. Darauf folgt der Hauptteil meiner Arbeit: Anhand schriftlicher Zeugnisse wie Briefen und Predigten werde ich die unterschiedlichen Einstellungen beider Gruppen zu verschiedenen Themen beleuchten, hierbei jedoch auch Sekundärliteratur zu Rate ziehen. Dabei werden einerseits religiöse Themen wie das Gottesbild oder die Bedeutung der Bibel für die jeweilige Gruppe beleuchtet werden und andererseits gesellschaftliche Themen wie die Rolle der Frau oder das Verhältnis zu den amerikanischen Ureinwohnern. Manche Punkte werde ich bei beiden Gruppierungen behandeln, da sich beide dazu geäußert haben; manche Themen waren jedoch ausschließlich den Puritanern bzw. den Quäkern wichtig und werden daher jeweils separat behandelt. Als nächstes werde ich auf die heutige Situation der Puritaner und Quäker eingehen bzw. mich damit auseinandersetzen, ob diese heutzutage überhaupt noch existieren. Zum Schluss werde ich die Einflüsse, welche Puritaner und Quäker auf die US-amerikanische Mentalität hatten bzw. noch immer haben, beleuchten. In meinem Schlusswort werde ich schließlich die gewonnenen Erkenntnisse zusammenfassen und meine eigene Meinung dazu darlegen.

2 Geschichtlicher Hintergrund

2.1 Puritaner

Die Geschichte der Puritaner nahm ihren Anfang mit der Entstehung des Protestantismus. Die protestantische Reformation begann im 16. Jahrhundert als eine Bewegung, deren Ziel es war, die christliche Kirche zu reformieren, und endete mit der Trennung der reformierten Kirchen von der römisch-katholischen Kirche. Die vier protestantischen Hauptströmungen, die aus der Reformation entstanden, waren die evangelisch-lutherische , die calvinistische , die anabaptische und die anglikanische Kirche. Trotz teilweise signifikanter Unterschiede zwischen diesen Strömungen stimmten sie dennoch darin überein, dass sie den Papst ablehnten und stattdessen die Autorität der Bibel und die Bedeutung des individuellen Glaubens hervorhoben. Überdies war eine Kernaussage des Protestantismus, dass die Menschen nur durch die Gnade Gottes gerettet werden könnten, und nicht, wie dies die katholische Kirche lehrte, durch gute Taten („Protestantism“).

In den 1530ern erreichte die Bewegung England, als sich König Henry VIII. vom Papst und der römisch-katholischen Kirche lossagte, wodurch die anglikanische Church of England geschaffen wurde, die noch heute die Staatskirche Englands ist („Church of England“). Diese Kirche entwickelte im Laufe der Jahrzehnte viele eigene Charakteristiken, welche eine Art Kompromiss zwischen der katholischen und der protestantischen Kirche darstellten (Adair 89-90).

Im Jahr 1553 kam in England jedoch zunächst die katholische Königin Mary Tudor an die Macht, unter deren Herrschaft Protestanten massiv verfolgt wurden (Adair 74-75). 1558 schließlich starb Mary, woraufhin ihre Halbschwester Elizabeth Tudor den Thron bestieg. Daraufhin wendete sich das Schicksal zugunsten der Protestanten. Elizabeths Ziel war es, die Menschen des Landes wieder zu vereinen. Sie verabschiedete Gesetze, welche bezweckten, den zuvor unterdrückten Protestantismus wiederherzustellen, jedoch in Form einer Kompromisslösung, die sowohl Konservativen als auch Gemäßigteren zusagte. Die aus dem Exil zurückkehrenden Protestanten, die unter Mary hatten fliehen müssen, begrüßten die neue Regelung; viele Puristen kritisierten jedoch, dass noch zu viele Elemente in der Kirche an den Katholizismus erinnerten, wie die mittelalterlichen Messgewänder, die noch immer getragen wurden, das Kreuzzeichen und einige andere Dinge (83-85). Diese Gläubigen, die von Erzbischof Parker Puritaner genannt wurden, da sie die Kirche läutern (Englisch: to purify) wollten, hatten vor allem in der Hauptstadt großen Zulauf (Adair 86; „The Puritans Lecture“). Die Puritaner selbst mochten die Bezeichnung, die man ihnen gegeben hatte, jedoch nicht, da eine obskure Sekte im dritten Jahrhundert nach Christus diesen Namen getragen hatte (Adair 118). Im Laufe der Zeit setzte sich der Begriff jedoch durch, und auch die Mitglieder der Bewegung selbst begannen sich als Puritaner zu bezeichnen (Bremer 2).

Die Puritaner waren in erster Linie den Lehren Calvins zugetan, der einer der bedeutendsten protestantischen Reformatoren neben Martin Luther gewesen war und vor allem in Genf gewirkt hatte (Leigh Heyrman; Calvin.de). Doch sie kritisierten nicht nur die Kirche, sondern auch die Gesellschaft und Regierung. Sie waren davon überzeugt, dass die Regierung dafür zu sorgen habe, dass die öffentliche Moral eingehalten wurde; dies sollte durch offizielle Verbote von Trunkenheit, Glücksspiel, prunkvoller Kleidung, Fluchen und Missachtung des Sabbats erreicht werden (Leigh Heyrman). Auch bevorzugten die puritanischen Prediger einen einfachen Sprachstil, im Gegensatz zu ihren anglikanischen Rivalen, die einen kunstvolleren, oft mit lateinischen oder griechischen Zitaten ausgeschmückten Predigtstil hatten. Die Puritaner hingegen waren der Meinung, dass eine Predigt in einfacher Sprache gehalten sein sollte, damit das Volk diese auch verstehen könne (Adair 92-93). Es ist unschwer zu erraten, dass die Puritaner in England teilweise heftig kritisiert wurden, da sie eine von der Norm abweichende Minderheit darstellten. Kurz vor dem Bürgerkrieg (siehe unten) waren zum Beispiel in Yorkshire nur 138 der 679 Familien der Oberschicht Puritaner, und zu Zeiten von Königin Elizabeth waren es sogar noch weniger. Eine Minderheit wie die Puritaner, unter denen es nicht wenige lautstarke Eiferer gab, rief natürlich feindselige Reaktionen hervor, wenn sie die englische Gesellschaft kritisierte (98).

Nach Elizabeths Tod wurde James I. zum neuen Herrscher Englands gekrönt. James verabscheute die puritanische Religion und drohte den Puritanern damit, sie des Landes zu verweisen. Als Folge davon verließen einige tatsächlich ihre Heimat, um ihr Glück in der Neuen Welt zu suchen (Kreis). Einige Puritaner wurden sogar hingerichtet, weil sie sich geweigert hatten, an den offiziellen Gottesdiensten der anglikanischen Kirche teilzunehmen und stattdessen ihre eigenen Gottesdienste abgehalten hatten (Bremer 12).

Als James 1625 starb, wurde sein Sohn Charles I. sein Nachfolger. Charles war den Puritanern gegenüber sogar noch feindlicher eingestellt als sein Vater (Kreis). Während seiner Regentschaft wurde die Entfremdung zwischen Puritanern und der anglikanischen Kirche noch größer, da nun vermehrt an den Katholizismus erinnernde Praktiken eingeführt wurden, welche seitens der Puritaner mehr als kritisch betrachtet wurden (Bremer 14). Puritanische Geistliche wurden zunehmend ihrer Ämter enthoben, und übereifrige puritanische Laien wurden teilweise hart bestraft. So wurde beispielsweise im Jahr 1630 ein Mann zu lebenslänglicher Haft verurteilt und noch dazu brutal verstümmelt („America“). Im Jahr 1629 löste Charles das Parlament auf und regierte die nächsten elf Jahre als Alleinherrscher. 1642 schließlich kam es zum Bürgerkrieg zwischen dem König und dem Parlament – wobei die Puritaner auf der Seite des Parlaments standen –, welcher 1645 endete, als die parlamentarische Armee, die sogenannte New Model Army, das Heer des Königs besiegte. Die treibende Kraft der New Model Army war der Puritaner Oliver Cromwell (Kreis; Hamm 14), ein religiöser Fanatiker, der sowohl sich selbst als auch die englische Bevölkerung für Gottes Auserwählte hielt. 1647 entkam Charles aus der Gefangenschaft und suchte sich in den Schotten Verbündete, was zu einem erneuten Ausbruch des Bürgerkriegs führte. Cromwell gelang es jedoch, die Truppen des Königs erneut zu besiegen („Oliver Cromwell“). 1649 schließlich wurde Charles hingerichtet und England zu einer Republik ausgerufen (Kreis), die von Oliver Cromwell geführt wurde. In Wirklichkeit herrschte Cromwell jedoch als diktatorischer Herrscher („Oliver Cromwell“), welcher das öffentliche Leben des Landes dezidiert nach puritanischen Wertvorstellungen gestaltete. Da Cromwell strikt gegen weltliche Vergnügungen war, wurden unter seiner Herrschaft Gasthäuser und Theater geschlossen und die Ausübung vieler Sportarten verboten. An Sonntagen waren jegliche nichtreligiösen Aktivitäten untersagt, selbst Spaziergänge wurden bestraft (Trueman).

Nach Cromwells Tod im Jahr 1658 übernahm sein Sohn Richard kurzzeitig die Führung des Landes. Bereits zwei Jahre später wurde jedoch die Monarchie wieder etabliert, und Charles II. wurde zum König ernannt (Trueman). Mit der Wiederherstellung der Monarchie verschwand der Puritanismus in England größtenteils, vor allem deshalb, weil die Bewegung mit dem Bürgerkrieg und Cromwells tyrannischer Herrschaft assoziiert wurde. Der Puritanismus blieb jedoch noch lange Zeit als treibende Kraft in Nordamerika bestehen (Leigh Heyrman), ein Umstand, auf den ich im Folgenden näher eingehen möchte.

Im Jahr 1609 hatten 35 Puritaner England verlassen und sich in Leyden, Niederlande, niedergelassen, in der Hoffnung, ihren Glauben dort freier ausleben zu können, als dies in ihrer Heimat der Fall war. Nach zehn Jahren des Aufenthaltes dort beschlossen sie jedoch, dass es für sie noch etwas Besseres geben musste als ein kleines Fleckchen Erde in einem Land, in dem sie Fremde waren. Da in Nordamerika bereits im Jahr 1607 die erste erfolgreiche englische Kolonie gegründet worden war, begann sich nun auch bei den Puritanern in den Niederlanden der Gedanke zu manifestieren, auf dem neuen Kontinent ihr Glück zu versuchen. Daraufhin bewarben sie sich bei der Virginia Company um Landzuweisung und verließen schließlich im Jahr 1620 auf einem kleinen Schiff namens Mayflower den Hafen von Southampton in Richtung der Neuen Welt (Ralph Lewis). William Bradford, einer der Anführer der Gruppe, relativierte die Traurigkeit, die er und seine Landsleute beim Abschied verspürten, durch folgende Worte (Adair 120; Ralph Lewis): „But they knew they were pilgrims, and looked not much on those things, but lifted up their eyes to the heavens, their dearest country, and quieted their spirits“ (qtd. in Adair 120). Durch diese berühmten Worte Bradfords entstand der erste Teil des bekannten Begriffs Pilgerväter (Pilgrim Fathers), unter welchem die Siedler weltweit bekannt wurden. Der zweite Teil ist ebenfalls auf einen Satz Bradfords zurückzuführen (120): „May not and ought not the children of these fathers rightly say: ‚Our fathers were Englishmen which came over the great ocean, and were ready to perish in this wilderness’” (qtd. in Adair 120). Obwohl sich Bradford und seine Glaubensbrüder selbst nicht als Pilgrims oder Pilgrim Fathers bezeichneten, ist dies bis heute die gängige Bezeichnung geblieben (120).

Die Reise der Puritaner verlief jedoch nicht wie geplant. Das Schiff kam vom Kurs ab und landete nicht in Virginia, welches das ursprüngliche Ziel gewesen war, sondern in Cape Cod, Massachusetts, auf unerschlossenem Gebiet, auf dem Indigene lebten. Nachdem die Siedler an Land gegangen waren, arbeiteten sie den sogenannten Mayflower Compact aus, ein Dokument, in welchem bestimmt wurde, wie die Kolonie regiert werden und welche Rechte die Siedler haben sollten (Ralph Lewis). Daraufhin wählten diejenigen, denen ein Wahlrecht zugebilligt wurde – die freien Männer – ihren ersten Gouverneur, einen Mann mit Namen John Carver (Adair 121). Die Siedler hatten sich jedoch eine denkbar schlechte Zeit ausgesucht. Es war bereits Dezember, und viele waren zu krank, um die harte Arbeit leisten zu können, welche das Erbauen einer Siedlung erforderte. Die Wenigen, die noch bei guter Gesundheit waren, errichteten Hütten und begannen, das Hinterland zu erkunden. Zu ihrem Glück stießen sie auf ihnen freundlich gesinnte Indigene, die sie durch die Wälder führten und ihnen überlebensnotwendige Fertigkeiten wie Fallenstellen, Jagen und den Anbau von Mais zeigten. Für die Hälfte der Siedler kam diese Hilfe jedoch zu spät, und sie starben noch während des ersten Winters. Die Überlebenden wandten jedoch im nächsten Frühjahr ihre neu erlernten Fertigkeiten an und konnten im Herbst des Jahres 1621 ihre erste Ernte einfahren. Voll Dankbarkeit feierten sie ein Fest (Thanksgiving), welches seit 1863 in den USA ein gesetzlicher Feiertag ist (Ralph Lewis).

Andere englische Puritaner folgten dem Beispiel der Pilgerväter. Zehn Jahre später wanderte eine viel größere Gruppe als die erste – beinahe eintausend Siedler – nach Amerika aus und siedelte in der Nähe der ersten Auswanderer, in der Gegend des heutigen Bostons. Diese Menschen verließen England, um der Regentschaft von Charles I. zu entkommen (siehe oben). Die Siedlung bei Boston prosperierte von Beginn an. Die Bevölkerungszahl wuchs stetig an, da immer mehr Puritaner England verließen. Später wurden die beiden Kolonien unter dem Namen Massachusetts miteinander vereint (O’Callaghan 17).

Die puritanischen Siedler begannen nun, eine nach ihren Vorstellungen ausgerichtete Gesellschaft aufzubauen und verabschiedeten Gesetze für verpflichtende Gottesdienstbesuche, gegen Trunkenheit und Ehebruch etc. (O’Callaghan 18). Die Mitgliedschaft in den amerikanischen puritanischen Kirchen wurde auf Menschen beschränkt, die als Visible Godly bezeichnet wurden, das heißt, jene Männer und Frauen, die ein aufrechtes und frommes Leben führten. Viele Gemeinden in Neuengland hatten sogar noch strengere Voraussetzungen für die Aufnahme von Mitgliedern: Jeder, der sich als neues Mitglied bewerben wollte, musste zunächst öffentlich von einem Bekehrungserlebnis berichten (Leigh Heyrman). Die von den Puritanern etablierte Gesellschaft stieß jedoch auch auf Kritik. Roger Williams, ein puritanischer Geistlicher in einer Siedlung namens Salem, sprach sich dagegen aus, dass dieselben Männer sowohl die Kirche als auch die Regierung kontrollierten. Williams glaubte, dass Kirche und Staat getrennte Elemente sein sollten und dass sich keiner in die Angelegenheiten des jeweils anderen einmischen dürfe. Williams wiederholte Kritik sorgte dafür, dass er schließlich verhaftet werden sollte. Er entkam jedoch und ging nach Süden; andere Puritaner, die ebenfalls mit der Art und Weise, in der Massachusetts geführt wurde, nicht einverstanden waren, schlossen sich ihm an. Am Ufer von Narragansett Bay etablierten Williams und seine Anhänger eine neue Kolonie namens Rhode Island, welche den Bürgern Religionsfreiheit und die Trennung von Kirche und Staat versprach (O’Callaghan 18).

Auf die weitere Entwicklung des Puritanismus in Amerika werde ich in Kapitel 4 „Puritaner und Quäker heute“ eingehen.

2.2 Quäker

Die ersten Quäker waren – wie die Puritaner – englische Männer und Frauen, die in die politischen, religiösen und sozialen Umwälzungen der 1640er und 1650er Jahre in Großbritannien hineingezogen wurden. Sie waren und sind eine der auffälligsten und radikalsten aller protestantischen Glaubensrichtungen. Um die Entstehung des Quäkertums zu verstehen, muss man sich zunächst mit der Biografie von George Fox, dem Begründer dieser religiösen Strömung, auseinandersetzen (Hamm 13-14).

George Fox wurde im Jahr 1624 in Leicestershire in den englischen Midlands als Sohn einer puritanischen Familie geboren. Er erlebte als junger Mann ein Land, das von religiösen Divergenzen geprägt war, deren auffälligste Zeichen der Bürgerkrieg und die darauffolgende Herrschaft Oliver Cromwells waren. Als in jener Zeit die anglikanische Kirche durch den Aufschwung des Puritanismus eine massive Schwächung erlitt, löste dies eine Welle aus, die zu groß war, um zurückgehalten zu werden. In dieser tauchten Dutzende verschiedener religiöser Gruppierungen auf. Dies war die Welt, in der George Fox erwachsen wurde. Eigenen Aussagen zufolge war er ein ungewöhnlich frommer und ernster junger Mann, dem die Existenz der vielen verschiedenen christlichen Gruppierungen sehr zu schaffen machte. Woher sollte er wissen, welche von all diesen die „wahre“ Religion war? Um eine Antwort auf diese Frage zu finden, begab er sich im Jahr 1643 auf eine Art Pilgerreise, auf der er nach Antworten suchte. Er wanderte durch Süd- und Mittelengland und suchte eine Reihe Geistlicher und Laien verschiedener Religionsgemeinschaften auf, aber niemand schien Antworten auf seine Fragen zu haben. Daher nahm er im Frühling des Jahres 1646 seine Wanderungen abermals auf, dieses Mal in den Norden Englands. Unterwegs begegnete Fox anderen, die ebenfalls auf der Suche nach der Wahrheit waren. Im Gespräch mit diesen anderen und durch eigenes Nachsinnen kam er zu einer Reihe von Schlussfolgerungen über die Natur des Christentums. Eine der ersten war, dass man allein durch ein Theologiestudium noch nicht zum Predigen qualifiziert sei. Eine weitere war, dass Gott nicht in von Menschenhand gemachten Gebäuden wohne, sondern in den Herzen der Menschen. Als ihm bewusst wurde, wie sehr seine Vorstellungen von denen der Geistlichen, die er unterwegs getroffen hatte, abwichen, desto sicherer war er sich, dass die Wahrheit nicht in deren Kirchen zu finden sei. Gegen Ende des Jahres 1646 hatte Fox ein Schlüsselerlebnis. Er glaubte, eine Stimme zu hören, welche zu ihm sprach (Hamm 14-15): „There is one, even Christ Jesus, that can speak to thy condition“ (qtd. in Hamm 15). Diese Erfahrung führte Fox zu einer Reihe von Offenbarungserlebnissen, während derer er sich sicher war, dass Gott direkt zu ihm spreche. Im Laufe der nächsten drei Jahre wurden diese Offenbarungen zur Grundlage jener Bewegung, die später als Quäkertum bezeichnet werden sollte (15).

Im Zentrum von Fox‘ Lehre stand das Licht Christi (the Light of Christ/the Inward Light/the Inner Light). Für Fox war dieses Licht Teil jedes Menschen. Er war überzeugt, dass jeder, der diesem Licht Beachtung schenkte, von Gott gerettet werden würde; wer es jedoch ignorierte, der würde verdammt sein. Darüber hinaus glaubte Fox, dass Gott sich den Menschen direkt und ohne irgendeinen Vermittler offenbare. Für viele seiner Zeitgenossen waren dies ketzerische Gedanken, die zu religiöser Anarchie führen konnten. Andere warfen ihm vor, die Bibel abzuwerten, da Fox dieser weniger Bedeutung beimesse als dem inneren Licht. Auch predigte Fox, dass die Möglichkeit bestünde, ein perfekter Mensch zu werden, der frei von jeglicher Sünde sei. Auch dies stand in scharfem Widerspruch zu den Ansichten fast aller anderer Religionsgemeinschaften der damaligen Zeit, welche der Meinung waren, dass aufgrund der Ursünde von Adam und Eva alle Menschen sündige Wesen seien, welche zwar danach streben müssten, ihre sündige Natur durch Gottes Gnade zu überwinden, dies jedoch niemals schaffen könnten. Fox teilte seine Ansichten mit anderen und predigte an verschiedenen Orten. Interessanterweise war eine der ersten Personen, die sich von seinen Predigten überzeugen ließ, eine Frau aus Nottinghamshire namens Elizabeth Hooten, welche schon bald eine Führungsposition in der Quäkerbewegung einnahm (Hamm 15-17).

Bezüglich der Namensgebung der Bewegung, die sich schon bald um seine Botschaft herum entwickelte, war Fox relativ flexibel. Er selbst bevorzugte zwar Children of the Light, verwendete aber auch andere Begriffe wie Friends of the Truth, Royal Seed of God oder People of God. Der Name, der sich später offiziell durchsetzte, war Religious Society of Friends (Hamm 17). Fox selbst zufolge stammte die Bezeichnung Quäker von einem Richter namens Bennet, der Fox und seine Anhänger im Jahr 1650 so nannte, weil sie ihn dazu aufgefordert hatten, vor dem Wort Gottes zu zittern (Fox 22), woraufhin Bennett erwidert haben soll: „And quake, thou quaker, before the majesty of the law“ (qtd. in Hamm 17). Bennet bezog sich hier auf ein Charakteristikum der frühen Quäker, während des Gebets in Ekstase zu zittern (Dandelion 39). Fox verbrachte daraufhin fast ein Jahr im Gefängnis (Hamm 17).

Nachdem er aus dem Gefängnis entlassen worden war, zog Fox in den Jahren 1651 und 1652 durch Yorkshire und Lancashire. In dieser Zeit gewann er viele Anhänger. Im Sommer des Jahres 1652 war er in Swarthmoor Hall in Ulverston, dem Herrenhaus des Richters Thomas Fell und seiner Frau Margaret, zu Gast.

[...]

Ende der Leseprobe aus 83 Seiten

Details

Titel
Die Philosophien von Puritanern und Quäkern und deren Einfluss auf die US-amerikanische Gesellschaft
Untertitel
The City upon a Hill vs. the Inner Light
Hochschule
Johannes Gutenberg-Universität Mainz  (Fachbereich Translations-, Sprach- und Kulturwissenschaft in Germersheim)
Veranstaltung
Kulturwissenschaft Englisch
Note
2,0
Autor
Jahr
2012
Seiten
83
Katalognummer
V213475
ISBN (eBook)
9783656416623
ISBN (Buch)
9783656417170
Dateigröße
792 KB
Sprache
Deutsch
Schlagworte
philosophien, puritanern, quäkern, einfluss, us-amerikanische, gesellschaft, city, hill, inner, light
Arbeit zitieren
Annette Julia Russer (Autor:in), 2012, Die Philosophien von Puritanern und Quäkern und deren Einfluss auf die US-amerikanische Gesellschaft, München, GRIN Verlag, https://www.grin.com/document/213475

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