Der Kameruner Mongo Beti gilt neben Chinua Achebe als Hauptvertreter der Kritik an der Kolonialisierung Afrikas. In dieser Hausarbeit soll auf Grundlage seiner ersten drei Romane, "Ville cruelle", "Le Pauvre Christ de Bomba" und "Mission terminée" diese Kritik dargestellt werden. Nach einigen kurzen Ausführungen zu den genannten Romanen, wird das koloniale System mit seinen Strukturen und Abhängigkeiten wie es in den Werken vorkommt beschrieben. Abschließend wird näher untersucht auf welche Art und Weise die Kritik dem Leser vermittelt wird.
Zuerst soll aber auf das Leben und Werk des Autors eingegangen werden. Zur besseren Übersichtlichkeit werden im Folgenden alle Zitate aus den zugrunde liegenden Romanen und alle Hinweise auf diese besonders kenntlich gemacht. VC steht für Ville cruelle, PC für Le Pauvre Christ de Bomba, PCd für die deutsche Fassung des Romans (die französische Originalfassung stand anfangs nicht zur Verfügung, weshalb auf die deutsche Ausgabe, Der arme Christ von Bomba, zurückgegriffen werden musste) und MT für Mission terminée.
Inhaltsverzeichnis
EINLEITUNG
1 MONGO BETI
2 DIE ROMANE
2.1 VILLE CRUELLE
2.2 LE PAUVRE CHRIST DE BOMBA
2.3 MISSION TERMINÉE
3 DAS KOLONIALSYSTEM
3.1 WILLKÜR UND KORRUPTION
3.2 DIE ROLLE DER HÄUPTLINGE
3.3 DIE ROLLE DER SCHULE
3.4 DIE ROLLE DER KIRCHE
3.4.1 Unverständnis und Missachtung der afrikanischen Kultur
Die Xylophon-Episode
Die Demütigung Sanga Botos
3.4.2 Bereicherung der Kirche
3.4.3 Ausbeutung
4 DIE KRITIK
SCHLUSS
LITERATURVERZEICHNIS
Einleitung
„Le porte - parole du petit peuple victime de la machine et des machinations coloniales“ (Mbock 1981, 86), der Kameruner Mongo Beti, gilt neben Chinua Achebe als Hauptvertreter der Kritik an der Kolonialisierung Afrikas (vergl. Schomers I).
In dieser Hausarbeit soll auf Grundlage seiner ersten drei Romane, Ville cruelle, Le Pauvre Christ de Bomba und Mission terminée diese Kritik dargestellt werden. Nach einigen kurzen Ausführungen zu den genannten Romanen, wird das koloniale System mit seinen Strukturen und Abhängigkeiten wie es in den Werken vorkommt beschrieben. Abschließend wird näher untersucht auf welche Art und Weise die Kritik dem Leser vermittelt wird.
Zuerst soll aber auf das Leben und Werk des Autors eingegangen werden.
Zur besseren Übersichtlichkeit werden im Folgenden alle Zitate aus den zugrunde liegenden Romanen und alle Hinweise auf diese besonders kenntlich gemacht. VC steht für Ville cruelle, PC für Le Pauvre Christ de Bomba, PCd für die deutsche Fassung des Romans (die französische Originalfassung stand anfangs nicht zur Verfügung, weshalb auf die deutsche Ausgabe, Der arme Christ von Bomba, zurückgegriffen werden musste) und MT für Mission terminée.
1 Mongo Beti
Am 30. Juni 1932 wird Alexandre Biyidi-Awala, so der Geburtsname Mongo Betis, in Akométam, einem Dorf im Süden Kameruns, das 16 km von Mbalmayo und 60 km von Yaoundé entfernt ist, geboren. Er besucht dort die Grundschule einer katholischen Mission, wird aber wegen seiner Undiszipliniertheit bald der Schule verwiesen. Nach Zwischenstationen an einer Schule in Akono und später in Ebolowa besucht Alexandre ab 1945 eine moderne Schule in Yaoundé. Nach seinem Abitur 1951 beginnt er sein Philologiestudium in Aix-en-Provence, das er an der Sorbonne fortführt. 1966 erhält er die agrégation und arbeitet fortan als Lehrer auf dem Lycée Corneille in Rouen.
Eza Boto, so sein Pseudonym unter dem er 1954 seinen ersten Roman, Ville cruelle, veröffentlicht, misst seiner Ausbildung eine große Bedeutung für sein späteres literarisches Schaffen bei.
Ce qui est remarquable chez moi, c’est que j’ai fait des études françaises typiques (...). Coupé de l’Afrique traditionnelle, j’ai commencé tout de suite des études classiques françaises.
(Mongo Beti in: Mouralis 1981, 23)
1956 folgt unter seinem ab dato benutzten Pseudonym Mongo Beti der zweite Roman Le Pauvre Christ de Bomba und 1957 Mission terminée für den er den Prix Sainte-Beuve erhält. Der vierte und letzte Roman vor einer 14 jährigen Pause, Le Roi miraculé, wird 1958 publiziert. 1972 schreibt er Main basse sur le Cameroun, das allerdings bis 1976 nicht veröffentlicht werden darf. Seine postkoloniale Trilogie beginnt 1974 mit Remember Ruben, gefolgt von Perpétue, ebenfalls 1974 und wird mit la Ruine presque cocasse d’un polichinelle 1979 abgeschlossen. Es folgen weitere Romane und in Zusammenarbeit mit seiner Frau Odile Tobner die zwei Mal im Jahr erscheinende Zeitschrift Peuples Noirs - Peuples Africanies.
Nach 32 Jahren ununterbrochenem Exil in Frankreich kehrt Mongo Beti 1991 nach Kamerun zurück, wo er 1994 in Yaoundé eine Buchhandlung, die Librairie des Peuples Noirs, aufmacht. Sein romaneskes Schaffen beendet er mit Trop de soleil tue l’amour (1999) und Branle-bas en noir et blanc (2000).
Am 7. Oktober stirbt Mongo Beti nach kurzer Krankheit im Alter von 69 Jahren im Cameroun National Hospital von Douala.
Mongo Beti wuchs im kolonisierten Afrika auf und sah schon als Kind die Auswirkungen auf das tägliche Leben seiner Landsleute, die das koloniale System mit sich brachte. Er nahm die Spannungen zwischen der unterdrückten und der unterdrückenden Gesellschaft war, die sich auch in der Sprache ausdrückte:
Tout jeune garçon, j’ai été marqué par mon séjour dans plusieurs établissements missionaires où les expressions aussi affectueuses que sale nègre ou affreux négrillon n’étaient pas rares dans les échanges des religieux blancs avec leurs employés et leurs élèves noirs.
(Beti 1977, in: Mouralis 1981, 19)
Seine Ausbildung innerhalb des kolonialistischen Systems prägte ihn und er lernte während seiner Schulzeit in Yaoundé die Widersprüche dieses Schulsystems kennen (vergl. Mouralis 1981, 20). Der besondere Status, den Mongo Beti in seinem alten Umfeld aufgrund seiner Schulbildung besaß, stand seiner Ansicht nach in Widerspruch zu den unrealistischen Inhalten der Ausbildung (vergl. Mouralis 1981, 21). Diesen Konflikt thematisiert der Romancier später in Mission terminée in der Gestalt des Protagonisten Medza, der in einer ähnlichen Situation ist (siehe 3.3). Schon in seiner Kindheit geprägt durch das kolonialistische System, kritisiert er in seinen ersten Romanen den Kolonialismus und die eng damit in Verbindung stehende Christianisierung der afrikanischen Bevölkerung. Beti beanstandet den afrikanischen Roman, dessen primäres Anliegen es sei, dem Leser zu gefallen (vergl. Richter 1989, 86). Er konkretisiert diese Kritik am Beispiel des Romans L’enfant noir von Camara Laye, der hartnäckig die Augen vor den Realitäten in Afrika verschließe, die bisher dem Publikum nicht enthüllt worden seien (vergl. Richter 1989, 86). Mit der Kritik an Laye attackiert er gleichzeitig die Konzeption der Négritude. Mongo Beti lehnt entschieden die Autoren ab, die nur eine „l’art pour l’art betreiben und die jene nur zu gut bekannten stereotypen Vorstellungen von Afrika verbreiten“ (Richter 1989, 86). Er selbst sieht hingegen als Aufgabe der afrikanischen Literatur, ein realistisches Bild von Afrika zu zeichnen mit Schwerpunkt auf der konfliktbehafteten sozio-politschen Realität vor dem Hintergrund der kolonialen Situation (vergl. Mouralis 1981, 37).
(…) j’ai écrit des romans militants. Je ne fais pas de l’art pour l’art. Je suis né dans un contexte où il était peu concevable qu’un écrivain ne soit pas militant. Des faits m’ont choqué, m’ont marqué. (Mongo Beti in: Mongo-Mboussa)
2 Die Romane
Alle drei Romane spielen in den 30er Jahren des 20. Jahrhunderts. Sie beschreiben die Problematik und die Widersprüche, die durch den Kolonialismus in einer zwischen alten Traditionen und westlichen Sitten hin- und hergerissenen afrikanischen Gesellschaft erzeugt werden (vergl. Hachette Multimédia Encyclopédie 2001).
2.1 Ville Cruelle
Ville cruelle erregte nach seinem Erscheinen keine große Aufmerksamkeit (vergl. Mouralis 1981, 40). Der Roman beschreibt den Kolonialismus, den die Eingeborenen in einem kleinen Dorf in Afrika in den 30er Jahren Tag für Tag erleben könnten. Es werden einige Charakteristika der Situation in Afrika während des Kolonialismus aufgezeigt, die in dieser Hausarbeit zu einem späteren Zeitpunkt nochmals aufgegriffen werden: Die Situation, in der Banda um seinen Kakao gebracht wird, die Beschreibung der Stadt Tanga, die Rolle der Kirche neben der kolonialen Autorität und die Beschreibung der Polizei.
Ville cruelle est une oeuvre de combat. (…) Il s’agit pour lui [l’auteur] de mettre à découvert les exaction coloniales, de les dénoncer pour le rétablissement du Nègre dans son droit.
(Mbock 1981, 86)
2.2 Le Pauvre Christ de Bomba
Im Gegensatz zu Ville cruelle wurde Le Pauvre Christ de Bomba in der Presse heftitg diskutiert; es gab zahlreiche Reaktionen und Stellungnahmen. Die Europäer sahen in diesem Roman ihre Vorstellungen von der Rolle der Kirche in den Kolonien erschüttert, während die Afrikaner ihre eigene Situation wiedererkannten (vergl. Mouralis 1981, 40f).
Die Perspektive aus der die Kirche beschrieben wird, ändert sich im Vergleich zu Ville cruelle. Die Darstellung der mit der Christianisierung der afrikanischen Bevölkerung verbundenen Problematik bildet den inhaltlichen Schwerpunkt dieses zweiten Romans von Mongo Beti (vergl. Mouralis 1981, 41). Da er kritisierend auf das Mitwirken von Afrikanern bei der Einführung des europäischen Glaubens und europäischer Sitten anspielt, wurde er in Kamerun verboten (vergl. Henry 2001).
Le Pauvre Christ de Bomba est une satire féroce qui, à travers les déboires d'un missionnaire, évoque le choc violent entre le christianisme et les croyances traditionnelles africaines.
(Hachette Multimédia Encyclopédie 2001)
2.3 Mission terminée
Mission termniée unterscheidet sich von Le Pauvre Christ de Bomba und Ville cruelle. Die beiden letztgenannten Werke kritisieren ganz eindeutig und zum Teil recht explizit die Kolonialisierung und - vor allem Le Pauvre Christ de Bomba - die Christianisierung der afrikanischen Bevölkerung. In Mission terminée hingegen ist weder die Kolonialmacht noch die Kirche physisch präsent (vergl. Djiffack 2000, 170). Die Kritik ist viel subtiler und nur implizit. David Diop beschreibt den Perspektivenwechsel in Mission terminée im Gegensatz zu den beiden vorigen Romanen folgendermaßen:
Nous considérons le dernier roman de Mongo Beti comme d’agréables vacances. Les courtes vacances d’un auteur que nous apprécions et qui a bien d’autres missions à terminer. (Djiffack 2000, 170)
Die versteckte Kritik Mongo Betis an der Kolonisierung Afrikas lässt sich jedoch auch in diesem Roman erkennen. Medza ist das Produkt einer kolonialen Erziehung und einer westlichen Bildung, die Mongo Beti beanstandet, wie im Laufe des Romans, vor allem während der Palaver in Kala, deutlich wird.
3 Das Kolonialsystem
L’administration constitue (...) un réseau inextricable où le colonisé se trouve prisonnier. Il est difficile de l’identifier; on la subit comme une machine écrasante et désespérément anonyme. Cet anonymat tient de la complexité des rapports entre ses diverses composantes, rapports qui se définissent par un entrelacs d’intérêts et d’influences d’où le colonisé est exclu.(Mbock 1981, 22)
In diesem Kapitel soll dieses Netz des Kolonialsystems, die koloniale Maschine mit ihren internen Verflechtungen und Abhängigkeiten näher untersucht werden, indem die Rolle der Stammeshäuptlinge, der Schule und vor allem der Kirche mit ihren Beziehungen zur Administration in den drei ersten Romanen von Mongo Beti aufgezeigt wird. Geprägt sind die von den Kolonisten eingeführten Verwaltungsstrukturen wie Polizei, Justiz etc. von Willkür und Korruption wie im ersten Abschnitt dieses Kapitels dargestellt werden soll.
3.1 Willkür und Korruption
Willkür und Korruption sind zwei zentrale Begriffe der von Mongo Beti beschriebenen kolonialen Situation, wie besonders in Ville cruelle deutlich wird. Polizei und Justiz sind korrupt und handeln, wie auch die Arbeitgerber, der patronat, oft willkürlich. Geld regiert das Leben.
Die Ungerechtigkeit der Kolonialjustiz zeigt sich in der Beziehung zwischen den agents administratifs und den administrés. Die Kontrolleure sind korrupt und wenn kein Schmiergeld freiwillig bezahlt wird, nehmen sie sich was sie brauchen:
Si vous vous lassiez de les nourrir, c’est eux qui vous invitaient et vous servaient... le dernier coq qui vous restât. D’abus en abus, ils en étaient venus au Contrôle. (VC, 36)
Banda bekommt von seinem Onkel erklärt, dass man die Kontrolleure bestechen muss, um etwas zu erreichen:
Tu ne sais donc pas ce qu l’on raconte? Les contrôleurs, il faut leur mouiller la barbe... Mais oui, leur mouiller la barbe… C’est ça qu’ils veulent. (VC, 54)
Früher konnten die Eingeborenen ihren Kakao ohne Einmischung der Administration verkaufen, jetzt aber wird er vorher von Kontrolleuren begutachtet. Je nach Qualität des Kakaos gibt es offiziell drei Möglichkeiten was mit dem Kakao weiter geschieht (vergl. VC, 35): Im besten Falle wird die Erlaubnis erteilt, das Produkt sofort zu verkaufen. Die zweite Variante besteht darin, den Kakao erst zwei bis drei Tage unter Kontrolle der Kolonialbeamten in der Sonne trocknen zu lassen oder aber er wird von diesen, so die dritte Möglichkeit, aufgrund mangelhafter Qualität ins Feuer geworfen. Inoffiziell gibt es noch ein viertes Vorgehen, dem auch Banda zum Opfer gefallen ist. Da auch hier die Korruption oberstes Gesetzt ist, ist es unverzichtbar, die Kontrolleure zu bestechen. Il faut «leur mouiller la barbe“ (VC, 54). Banda hat dies versäumt, da er sich dieser Tatsache nicht wirklich bewusst war, sich aber vor allem sicher war, dass sein Kakao von guter Qualität war. Das Resultat: Ihm wird gesagt seine Ware sei zu schlecht um sie verkaufen zu können und werde deshalb ins Feuer geworfen. In Wirklichkeit aber verkaufen die Kontrolleure den Kakao selbst (vergl. VC, 52).
Die Kontrolleure haben freie Hand, sie können mit der Ware und oft auch mit den Eingeborenen tun und lassen was sie wollen. Verstöße gegen das Gesetz und Ungerechtigkeiten wie die Unterschlagung der Kakaoernte des ganzen Jahres von Banda bleiben ungestraft:
Chaque fois qu’ils repéraient un homme ou une femme qui n’était pas tout à fait dans la file, mais un peu de côté , ils en concluaient qu’il avait fraudé. ‘Va-t’en au bout de la queue. Ça t’apprendra à être pressé.
(VC, 32)
Ils font exactement ce qui leur plaît, comme les autres aussi (...). Des gens ont porté plainte, ça n’a jamais eu de suite. Ça n’aura jamais de suite. (VC, 55)
Ohne Folgen bleiben diese Gesetzesübertretungen weil innerhalb des administrativen Systems stillschweigendes Einverständnis bzgl. dieser Machenschaften herrscht. Alle sind informiert was läuft:
[...]
- Arbeit zitieren
- Dr. Florian Krick (Autor:in), 2002, Analyse der Kritik des Kolonialismus in Mongo Betis Romanen "Ville Cruelle", "Le Pauvre Christ de Bomba" und "Mission terminée", München, GRIN Verlag, https://www.grin.com/document/21355
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