Der Essay "Der Hauptkriegsverbrecherprozess und seine Bedeutung für die Aufarbeitung der NS-Vergangenheit" thematisiert zunächst die Errungenschaften des Prozesses, bemerkenswerte Tatsachen, welche die Bedeutung und die bis dahin geschichtliche Beispiellosigkeit des Verfahrens verdeutlichen werden.
In der Folge spielt die damalige Gegenwartsrezeption des Prozesses eine Rolle. Wie war die Außendarstellung des Prozesses, wie wurde die Bevölkerung in das Verfahren eingebunden und wie nahm diese den Prozess als Ganzes wahr?
Quasi im Wechselspiel werden teils diese Fragen beantwortet, zum anderen Teil wird aber auch weiterhin verbindend der Fragestellung nachgegangen, worin die Bedeutung des Prozesses für die Aufarbeitung besteht. Selbstredend gilt es dabei, sich auf die eher positiv zu bewertenden Ereignisse und Tatsachen zu konzentrieren.
Der Hauptkriegsverbrecherprozess und seine Bedeutung für die Aufarbeitung der NS-Vergangenheit
Der Prozess von Nürnberg – ein Prozess, der zugleich für den gewünschten Abschluss mit den Verbrechen des Nationalsozialismus stehen sollte, aber gleichzeitig auch den Beginn der Konfrontation der Deutschen mit ihrer damals jungen Vergangenheit darstellt. In diesem Aufsatz soll genau diese Schnittstelle im Mittelpunkt stehen. Welche Bedeutung hat der Prozess für den Abschluss mit dem Hitler-Regime inne und welche Aufnahme erfuhr dieser in der deutschen Bevölkerung? Die folgenden Ausführungen werden sich zunächst auf die Leistungen des Prozesses konzentrieren, bevor im Folgenden die kritische Aufnahme der deutschen Öffentlichkeit in der unmittelbaren Zeit des Prozesses thematisiert wird. Das Ende wird ein Fazit, auch beeinflusst durch die Eindrücke der heutigen Zeit, bilden.
Der Hauptkriegsverbrecher steht für einen bis dahin einmaligen Vorgang in der Geschichte: Erstmals standen Personen vor Gericht, die die Entstehung eines Krieges und währenddessen begangene Kriegsverbrechen zu verantworten hatten; ein Gedanke, der nicht zu unterschätzen ist, denn auf diese Weise entstand ein Präzedenzfall, der sozusagen einen vorauswirkenden Einfluss auf zukünftige Kriege und bewaffnete Konflikte besitzen sollte. Ein solcher Einfluss ist jedoch nur schwer messbar, denn wie misst man nicht erklärte Angriffskriege und nicht begangene Kriegsverbrechen? Weiterhin neu war, und das war gleichermaßen eine Voraussetzung für die Verurteilbarkeit der Verbrechen, dass nicht das deutsch-nationales Recht angewendet wurde. Dieses hätte viele, wenn nicht gar beinah jegliche Schandtaten, legitimiert und hätte zur Folge gehabt, dass der Prozess zur Farce verkommen wäre. Die rechtlichen und Prozess-bezogenen Grundlagen erarbeitete die United Nations War Crimes Commission (UNWCC). Unter den insgesamt 17 Nationen waren nicht lediglich die USA, Frankreich und Großbritannien, sondern auch beispielsweise Kanada, Südafrika, Indien, China und andere europäische Staaten. Obwohl das Gerichtsverfahren stark den Stempel angelsächsischer Justiztradition trug, ist jedoch zu konstatieren, dass zumindest formal eine weitläufige Abstimmung des Vorgehens von Nöten war. Auch das Londoner Viermächteabkommen wurde von vielen weiteren Staaten bestätigt. Grundlage dieses Prozesses ist also keineswegs ein Alleingang der vier Siegermächte, sondern das Ergebnis breiter Zustimmung für die Grundsätze eines internationalen Gerichtshofs, der mithilfe supranationaler Gesetze Kriegsverbrechen sühnen kann, die sonst nur schwer mit dem jeweilig nationalen Recht zu ahnden wären. Im Hinblick auf die Aufarbeitung der NS-Vergangenheit bedeutet dies eine unmissverständliche internationale Positionierung, eine klare Definition des Unrechts. Hätte dieses Definition nicht oder nur etwa durch einen einzelnen Staat, ja sagen wir im schlimmsten Fall nur durch sicherheitsbedürftige Frankreich, stattgefunden, so wäre langfristig die Gefahr entstanden, dass die Akzeptanz innerhalb Deutschlands gesunken wäre. Bereits an dieser Stelle sei jedoch bereits erwähnt, dass hier die Problematik der Akzeptanz zu einer derartigen Aufarbeitung beginnt, weil der breiten Bevölkerung diese international legitimierte, rechtliche Grundlage nicht bekannt war.
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- Arbeit zitieren
- Sebastian Ketting (Autor:in), 2013, Der Hauptkriegsverbrecherprozess und seine Bedeutung für die Aufarbeitung der NS-Vergangenheit, München, GRIN Verlag, https://www.grin.com/document/213711
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