Intersexualität. Ein Leben zwischen Mann und Frau


Facharbeit (Schule), 2013

36 Seiten, Note: 1-2


Leseprobe


INHALT

VORWORT

1 EINLEITUNG

2 DER BEGRIFF INTERSEXUALITÄT

3 GESCHICHTLICHE ASPEKTE

4 JURISTISCHE ASPEKTE IN ÖSTERREICH

5 BIOLOGISCHE UND MEDIZINISCHE ASPEKTE
5.1 URSACHEN
5.2 DIAGNOSE INTERSEXUALITÄT
5.2.1 ADRENOGENITALES SYNDROM (AGS)
5.2.2 KOMPLETTE UND PARTIELLE ANDROGENRESISTENZ (CAIS/PAIS)
5.2.3 STÖRUNG DER ANDROGENBIOSYNTHESE
5.2.4 GONADENDYSGENESIEN
5.3 MEDIZINISCHE EINGRIFFE BEI INTERSEXUALITÄT

6 PSYCHOSOZIALE ASPEKTE
6.1 PSYCHOSOZIALES GESCHLECHT
6.1.1 DIE GESCHLECHTERMODELLE
6.1.2 GESCHLECHTSIDENTITÄT
6.1.3 SOZIALES GESCHLECHT UND SOZIALE ROLLE
6.2 PSYCHOSOZIALE ENTWICKLUNG
6.2.1 DIE PSYCHISCHE ENTWICKLUNG EINES INTERSEXUELLEN KINDES
6.2.2 DIE SITUATION DER ELTERN VON INTERSEXUELLEN KINDERN
6.3 SEXUALITÄT
6.3.1 DER SEXUALISIERTE UND ENTSEXUALISIERTE KÖRPER
6.3.2 SEXUELLE ORIENTIERUNG
6.4 THERAPEUTISCHE HILFSANGEBOTE
6.4.1 SOZIALARBEIT
6.4.2 PSYCHOLOGISCHE BERATUNG

7 GESELLSCHAFTLICHE INTEGRATION

8 EINE WAHRE GESCHICHTE - ZWEI BETROFFENENBERICHTE
8.1 HELEN
8.2 VIOLA
8.3 KONKLUSION

9 SCHLUSSWORT

10 LITERATUR

11 ABBILDUNGEN

12 QUELLEN

Vorwort

Täglich wenn wir durch die Straßen einer Stadt gehen, sehen wir Abertausende von Menschen, gehen an ihnen achtlos vorüber ohne sie wirklich zu beachten. Geht man jedoch Aufmerksam durch die Straßen wird man erkennen das nicht alles auf den ersten Blick so ist, wie es scheint. So ist es auch mit dem Geschlecht. Jeder von uns würde das Geschlecht eines anderen Menschen einschätzen anhand von oberflächlichen Orientierungsmerkmalen, doch das Äußere ist trügerisch. Nicht bei jedem Menschen stimmt das äußere Geschlecht mit dem inneren Geschlecht überein. Und so ist es auch bei Intersexuellen Menschen. Man sieht sie nicht, sie gehen unter in dem Getümmel das wir Leben nennen. Jedoch sollten auch wir ein Auge für diese Menschen haben, und ihre Bedürfnisse, Wünsche und Hoffnungen einerseits, an die Gesellschaft, andererseits auch an den Staat nicht zu ignorieren.

Im Laufe meiner Arbeit stellte sich heraus, dass diese Menschen nicht wirklich anders sind als wir. Der einzige kleine Unterschied ist ihre Geschlechtsuneindeutigkeit. Wie kann es sein, dass das Thema Intersexualität, so wenig im öffentlichen Raum diskutiert wird, obwohl es doch seit Tausenden von Jahren besteht. In meiner Arbeit geht es mir darum, auf Intersexualität aufmerksam zu machen und aufzuklären.

Durch mein eigenes Leben habe ich erfahren, was es bedeutet in gewissen Dingen anders zu sein. Obwohl ich nicht intersexuell bin, kann ich Ausgrenzung intersexueller Menschen in gewisser Weise nachvollziehen.

Wie kann es in unserer modernen Gesellschaft möglich sein, dass Menschen, nur weil sie anders sind als Monster betrachtet werden? Es muss sich etwas ändern! Die Sicht der Gesellschaft in Bezug auf Intersexualität muss sich ändern und ich hoffe, dass ich mit meiner Arbeit die gesellschaftliche Akzeptanz von Intersexualität weiter vorantreibe.

Ich möchte mich an dieser Stelle auch sehr herzlich bei meinen Betreuungslehrerinnen Frau Mag. Margaretha Hois und Mag. Waltraud Posch bedanken.

1 Einleitung

„ No monster, nor marvels, […], people born intersexed have given the rest of the world an opportunity to think more about the odd significance we give to gender, about the elusive nature of truth, about the understandable, sometimes dangerous human yearning for simplicity - and we might, in return, offer them medical care only when they need it, and a little common sense and civilized embrace when they don’t. “1

Dieses Zitat beschreibt den Inhalt meiner Arbeit treffend. In meiner fachspezifischen Themenstellung mit dem Titel „Intersexualität - Ein Leben zwischen Mann und Frau“ beschäftige ich mich mit den Hintergründen der Intersexualität und dem Leben von intersexuellen Menschen. Meine Arbeit beginnt mit einer Definition der Begriffe, die für meine Arbeit relevant sind. Anschließend beschäftigte ich mich mit den geschichtlichen Hintergründen und den Veränderungen, die Intersexualität im Laufe der Geschichte durchgemacht hat. In Kapitel 5 geht es um den medizinischen Diskurs, welcher in der intersexuellen Gemeinde sehr kontrovers diskutiert wird. In diesem Teil meiner Arbeit möchte ich besonders auf die Meinung der geschlechtsuneindeutigen Menschen Bezug nehmen.

Kapitel 6 beleuchtet die psychosozialen Vorgänge in einem Menschen, der zwischen den Geschlechtern lebt und die Besonderheiten eines solchen Lebens. Hierfür befasse ich mich mit konkreten Beispielen aus dem Leben von intersexuellen Menschen, die mir Einblick gegeben in ihr Leben gewährten.

Zum Abschluss werde ich noch die gesellschaftlichen Aspekte einbringen, die ein Leben als intersexuelles Individuum so mit sich bringt.

2 Der Begriff Intersexualität

Der Begriff „Intersexualität“ wurde im Zusammenhang mit Hermaphroditismus zum ersten Mal 1917 von Richard Goldschmidt verwendet. Intersexualität beschrieb dabei alle Formen von geschlechtlicher Vielfalt, einschließlich Homosexualität und Bisexualität.

In der Medizin wird Intersexualität als Geschlechtsentwicklungsstörung beziehungsweise „Störung der somatosexuellen Differenzierung“ bezeichnet. Diese Geschlechtsentwicklungsstörung bewirkt eine Uneindeutigkeit im biologischen Geschlecht des Individuums und führt somit zu einer Zwischengeschlechtlichkeit der so genannten Intersexualität.

Die Begriffe „Homosexualität“ und „Bisexualität“ sind im heutigen Verständnis von Intersexualität deutlich abgegrenzt, da sie Definitionen sexueller Orientierung sind und keine Aussage zum biologischen Geschlecht beziehungsweise zu Geschlechtsuneindeutigkeiten haben. Durch diese Definition ist auch die Vermischung der oben genannten Begriffe wissenschaftlich nicht mehr zulässig.

Der Begriff „Intersexualität“ ist ursprünglich ein medizinischer Begriff, ist jedoch immer mehr zur positiven Selbstbezeichnung und Identifikation für Menschen mit Geschlechtsuneindeutigkeiten geworden. Intersexualität wird sehr kontrovers diskutiert, weshalb sich manche Menschen mit uneindeutiger Geschlechtszuordnung selbst als Zwitter bezeichnen, andere wiederum sich den Transgendern zuordnen.

Im Wesentlichen beschreibt Intersexualität als Begriff alle Phänomene und Syndrome, die von biologischen Geschlechtsuneindeutigkeiten handeln.2

Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten

Abbildung 1: Intersexualität

3 Geschichtliche Aspekte

Intersexualität gibt es seit es Menschen auf dieser Welt gibt. Sie ist Bestandteil von vielen Schöpfungsgeschichten. Intersexuelle stellten im antiken Glauben die höchste Stufe der Vollkommenheit dar. So ist es auch nicht verwunderlich, dass in einigen Kulturen Gottheiten beide Geschlechter in sich vereinigten. Danach hat sich der Umgang mit Intersexualität in der Geschichte gewendet, von Intersexuellen-Gottheiten hin zum Zustand der „Normalität“.

Von der Antike bis ins 18. Jahrhundert ist relativ wenig über den gesellschaftlichen und juristischen Stand von zweigeschlechtlichen Personen bekannt. In der Zeit, bevor die Medizin vermeintliche Klarheit schaffen konnte, galten die europaweiten kirchenrechtlichen Regeln. Diese besagten, dass bei uneindeutigem Geschlecht, Intersexuelle selbst darüber zu entscheiden hätten, in welchem Geschlecht sie leben wollten. Nur in seltenen Streitfällen wurden Sachverständige, sprich Mediziner, zu Rate gezogen, um das „wahre“ Geschlecht zu bestimmen.

Im Laufe des 19. Jahrhunderts mit dem Bekanntwerden immer neuer körperlicher Geschlechtsmerkmale, zum Beispiel den Geschlechtshormonen, wurde es möglich das „authentische Geschlecht“, also das „wahre Geschlecht“, zu bestimmen. So wurde dieses dafür herangezogen, um intersexuellen Menschen ihre Geschlechtszuordnung zu geben.

Anfang des 20. Jahrhunderts lässt sich eine veränderte Haltung bezüglich Intersexualität bemerken. Intersexualität wurde immer mehr als eine Degeneration betrachtet, als ein widernatürliches und normabweichendes Phänomen. Betroffene wurden in dieser Zeit häufig als monströs und missgebildet dargestellt und wurden in medizinischen Fotografien öffentlich zur Schau gestellt.

In den 1950er Jahren wurden die chirurgische und hormonelle Intervention und auch die Geheimhaltung der Diagnose als einzig richtiges Konzept betrachtet. Dieses Konzept wurde hauptsächlich vom amerikanischen Psychologen und Sexologen John Money geprägt und in der medizinischen Fachwelt verbreitet. Diese Behandlungsweise hielt sich bis zum Ende der 1990er Jahre.

Seit der Jahrtausendwende wird die Selbstbestimmung der Betroffenen immer wichtiger. Betroffene sollen sich aktiv mit sich selbst auseinandersetzen um sich entweder einem Geschlecht zuzuordnen oder sich für eine Intersexualität zu entscheiden und auch dafür zu kämpfen. Es gibt inzwischen zahlreiche Gruppen, Projekte und Aktionen, die für die Selbstbestimmung der Betroffenen kämpfen.3

4 Juristische Aspekte in Österreich

Intersexualität ist ein im österreichischen Gesetzt nicht verankertes medizinisches Phänomen. Es gab zu keinem Zeitpunkt der österreichischen Geschichte eine solche Verordnung oder einen Erlass, welcher sich an Intersexuelle im Speziellen richtet.4

Heute finden speziell für intersexuelle Menschen einige Paragraphen eine häufigere Anwendung. Darunter zu finden ist der §90 Abs. 2 StGB. Dieser besagt:

„ Die von einem Arzt an einer Person mit deren Einwilligung vorgenommene Sterilisation ist nicht rechtswidrig, wenn entweder die Person bereits das fünfundzwanzigste Lebensjahr vollendet hat oder der Eingriff aus anderen Gründen nicht gegen die guten Sitten verst ößt. “ 5

Das bedeutet, dass intersexuelle Menschen, nicht aufgrund eines uneindeutigen Geschlechts ein Geschlecht zu gewiesen bekommen dürfen, wenn dieser operative Eingriff eine Sterilisation zur Folge hat. Ein solcher Eingriff darf nur dann geschehen, wenn der Wille und das Einverständnis des Intersexuellen über den Eingriff vorliegen.

Intersexuelle Menschen wünschen sich eine eigene Personenstandsbezeichnung. Im österreichischen Recht geht nach einem Urteil vom 30. 09. 1997 folgendes hervor:

Die ö sterreichische Rechtsordnung (vgl. etwa Art. 7 Abs. 3 B-VG und Art. 12 MRK) und das soziale Leben gehen von dem Prinzip aus, dass jeder Mensch entweder weiblichen oder männlichen Geschlechts ist. “ 6

Dieses Urteil zeigt, dass die aktuelle Rechtslage etwas wie Intersexualität nicht

berücksichtig, da es rein rechtlich nicht existent ist. Es gibt nur männlich und weiblich. Es gibt Bestrebungen der Intersex-Aktivisten das zu ändern, jedoch werden diese Veränderungen noch Jahre dauern.7

5 Biologische und Medizinische Aspekte

Intersexuelle Menschen unterscheiden sich, medizinisch und biologisch von anderen Menschen. In den folgenden Kapiteln, werden die Ursachen und die verbreitetsten Diagnosen und abschließend die möglichen Interventionsmöglichkeiten beschrieben und erklärt.

5.1 Ursachen

Von der Zeugung bis zur fünften Schwangerschaftswoche sind bei jedem Embryo die Keimdrüsen (Gonaden) und bis zur vollendeten neunten Schwangerschaftswoche die Genitale gleich. Ein XY Chromosomenpaar sorgt für eine männliche Entwicklung und ein XX Chromosomenpaar für eine weibliche Entwicklung. Jedoch können bei der Verwandlung vom „neutralen“ Embryo zu Mann oder Frau Störungen auftreten. Es können zum Beispiel Chromosomen fehlen oder überzählig sein. Es können auch Enzyme versagen oder Hormone ausfallen. Dies führt in weiterer Folge zu Intersexualität. Die Ursachen sind vielfältig und sorgen für verschiedenste Diagnosen.8

Um zu einer Diagnose zu gelangen, gibt es eine Reihe von möglichen Abweichungen, die in der folgenden Tabelle9 beschrieben werden.

Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten

Anhand der in dieser Tabelle genannten Abweichungen werden in weiterer Folge die Ursachen, also das entsprechende Syndrom oder die entsprechende „Krankheit“, benannt.

5.2 Diagnose Intersexualität

Die Diagnose von Intersexualität ist sehr schwierig. Es gibt unzählige verschiedene Syndrome und Störungen, die zur Diagnose Intersexualität führen. Ausschlaggebend für die Diagnose (Intersexualität) sind die in der Tabelle (Vgl. S. 9) genannten Abweichungen.10

Die Diagnose Intersexualität ist kein „eindeutiges Krankheitsbild“, sondern ein komplexes Phänomen, das eine Fülle an verschiedenen Erscheinungsformen kennt. Mediziner schätzen, dass einer von circa 2 000 Menschen von Intersexualität betroffen ist. Dieser eine Mensch sieht sich mit verschiedenen Formen konfrontiert, die zu Intersexualität führen.11

5.2.1 Adrenogenitales Syndrom (AGS)

Das adrenogenitale Syndrom ist eine der häufigsten Ursachen von Intersexualität, mit circa einem Betroffenen unter zehntausend Menschen. Es handelt sich dabei um eine genetisch bedingte Störung der Nebennierenfunktion, die zu einem Enzymmangel führt.

Bei männlichen Babys lassen sich keine genitalen Auffälligkeiten finden. Bei weiblichen Neugeborenen kommt es jedoch zu genitalen Auffälligkeiten, da es in der Schwangerschaft, zu einer Überproduktion des männlichen Sexualhormons Testosteron kommt. Diese führt entweder zu einer Vermännlichung des weiblichen Genitals, zu einer sogenannten Megaklitoris, zu einem intersexuellen Genital, oder in Einzelfällen sogar zu einem männlichen Genital.

Die meisten Mädchen werden nach der Geburt einer geschlechtsangleichenden Operation unterzogen und machen eine lebenslange Hormontherapie. Diese Behandlungsweise steht heute immer mehr in der Kritik, da die Zuweisung zu einem Geschlecht als veraltete und unmenschliche Behandlungsweise betrachtet wird.

Die Betroffenen werden, aufgrund der noch immer gängigen Operationspraxis, als Mädchen erzogen. Sie weisen auch eine weibliche Geschlechtsidentität auf, neigen aber auch zu typisch männlichen Geschlechtsrollen.12

5.2.2 Komplette und partielle Androgenresistenz (CAIS/PAIS)

Bei männlichen Personen, nach den Chromosomen, kann es zu einer verminderten oder dem gänzlich ausbleibenden Aufnahme von männlichen Geschlechtshormonen kommen. Da in der frühen Embryonalzeit die sogenannten Androgene für die männliche Genitalentwicklung Voraussetzung sind, kann es bei kompletter Androgenresistenz zu ausgebildeten weiblichen Genitalen kommen, bei partieller Androgenresistenz variiert die Ausprägung zwischen fast weiblichen Genitalen bis zu männlichen Genitalen mit geringem Vermännlichungsdefizit.

Bei kompletter Androgenresistenz kommt es in der Pubertät zu einem Ausbleiben der Menstruation. Es bildet sich auch keine Scham-und Achselbehaarung. Äußerlich handelt es sich um Frauen, sie besitzen jedoch weder Eierstöcke, Gebärmutter noch Eileiter. Sie weisen oft innenliegende Hoden auf, welche Testosteron produzieren, das in Östrogen umgewandelt wird. Dadurch kommt es zu einem weiblichen Erscheinungsbild.

Bei partieller Androgenresistenz wird das Sexualhormon nur eingeschränkt aufgenommen, daher kommt es zu keiner kompletten Ausbildung des männlichen Genitals. Häufig wird ein Mikropenis diagnostiziert, dabei handelt es sich um einen anatomisch ungewöhnlich kleinen Penis.13 In anderen Fällen wird eine Hypospadie diagnostiziert, eine Harnröhrenöffnung am unteren Penisschaft.

Von 1950 bis in die Mitte der 1990er Jahre wurden diese Personen häufig operativ korrigiert und als Mädchen aufgezogen. Seit Mitte der 1990er Jahre hat sich die Sichtweise der Behandlung geändert und wird heute kritisch betrachtet.14

5.2.3 Störung der Androgenbiosynthese

Bei einer Störung der Androgenbiosynthese handelt es sich um die Störung der Umwandlung von Testosteron in das wirkungsvollere Dihydrotestosteron. Dihydrotestosteron ist mitverantwortlich für die Entwicklung des äußeren männlichen Genitals.

Bei der Geburt weist das Neugeborene in den meisten Fällen ein eher weibliches beziehungsweise intersexuelles Geschlecht auf. In der Pubertät kommt es zur Ausbildung einer männlichen Erscheinung mit Bartwuchs, Stimmbruch, Wachstumsschüben und einer maskulinen Muskelentwicklung. Individuen mit dieser Art der gestörten Enzymumwandlung wachsen meist als Mädchen auf. Viele ändern trotz der in der Pubertät eintretenden Vermännlichung ihre Geschlechtsrolle nicht.15

5.2.4 Gonadendysgenesien

Bei einer Gonadendysgenesie handelt es sich um eine Unterentwicklung der Keimdrüsen, also der Hoden und Eierstöcke. Die Unterentwicklung kann chromosomale Männer und Frauen betreffen. Das Entdecken einer Gonadendysgenesie kann bereits in der Kindheit, aufgrund der Nichteindeutigkeit des Geschlechts, auffallen oder wird erst in der Pubertät entdeckt.

Die Kinder wachsen unterschiedlich auf, meist ist das Aussehen ihres äußeren Geschlechtes dafür verantwortlich, in welchem Geschlecht sie aufwachsen.16

Die gemischte Gonadendysgenesie

Die gemischte Gonadendysgenesie ist die zweithäufigste Ursache für Intersexualität. Bei dieser Variante kommt es zu verschiedenen chromosomalen Ausprägungen in unterschiedlichen Körperzellen. Dies kann zu einer Entwicklung der Hoden im Bauchraum führen, diese können sowohl normal als auch unterentwickelt vorkommen. Es kann auch zur Bildung einer Stranggonade kommen. Eine Stranggonade ist eine unausgereifte Keimdrüse, also ein unausgereifter Hoden oder ein unausgereifter Eileiter.17 Der Anteil des funktionsfähigen Hodengewebes und dessen Hormonproduktion entscheiden über die innere Entwicklung von Uterus, Eileiter oder Prostata. Es kann jedoch nicht zur Bildung von Eierstöcken kommen. Die gemischte Gonadendysgenesie verursacht bei einem Drittel der Betroffenen Minderwuchs, und eine Mehrheit der Betroffen leidet an Unfruchtbarkeit.18

Hermaphroditismus versus

Als Hermaphroditismus versus bezeichnet man das Vorhandensein von Eierstockgewebe und Hodengewebe in einem Individuum. „Wahre Hermaphroditen“ kommen sehr selten. Sie können auf der einen Seite einen Eierstock und auf der anderen Seite einen Hoden besitzen, andere besitzen ein gemeinsames Organ, einen sogenannten Ovotestis. Ein Ovotestis ist eine Keimdrüse, die sowohl Hodengewebe als auch Eierstockgewebe aufweist.19

[...]


1 Eva, Calvi (2011): Eine Überschreitung der Geschlechtergrenzen?. Intersexualität in der westlichen Gesellschaft zwischen konstruierter Nicht - Existenz, Pathologisierung und einem Aufbrechen des binären Geschlechtermodells aus gendertheoretischer Perspektive. Graz, Karl-Franzens-Universität, Masterarbeit. S. 3.

2 Vgl. Caroline, Stern (2010): Intersexualität. Geschichte, Medizin und psychosoziale Aspekte. Marburg: Tectum Verlag. Vgl. S. 8ff.

3 Vgl. Siebinger, Anna (2011): Intersexualität. Ein Leben zwischen den Geschlechtern. Url: http://oe1.orf.at/static/pdf/Intersexualit__t_i_2011.pdf [Stand: 13.Jänner 2013]. S. 11ff.

4 Vgl. Eva, Holzleithner (2002): Variation als Abweichung. Zur medizinischen und juristischen Herstellung des Geschlechts von Intersexuellen. URL: http://homepage.univie.ac.at/elisabeth.holzleithner/HolzleithnerVariation.pdf [Stand: 7.Februar 2013].

5 BGB: § 90 Abs. 2 StGB Einwilligung des Verletzten. URL:http://ebda.jusline.at/90_Einwilligung_des_Verletzten_StGB.html [Stand: 20.Jänner 2013].

6 Verwaltungsgerichtshof. Geschäftszahl 95/01/0061. URL: http://ebda.ris.bka.gv.at/Dokument.wxe?Abfrage=Vwgh&Dokumentnummer=JWT_1995010061_19970 930X00&ResultFunctionToken=2a2b519c-a1e4-43f5-8bee- e4a382e93df7&Position=1&Entscheidungsart=Undefined&Sammlungsnummer=&Index=&Aenderungen Seit=Undefined&SucheNachRechtssatz=True&SucheNachText=True&GZ=&VonDatum=01.01.1997&BisD atum=31.12.1997&Norm=&ImRisSeit=Undefined&ResultPageSize=50&Suchworte=transsexualität [20. Jänner 2013].

8 Vgl. Siebinger, Anna (2011): Intersexualität. Ein Leben zwischen den Geschlechtern. URL: http://oe1.orf.at/static/pdf/Intersexualit__t_i_2011.pdf [Stand: 13.Jänner 2013]. S. 6.

9 Vgl. Zehndner, Kathrin (2010): Zwitter beim Namen nennen. Intersexualität zwischen Pathologie, Selbstbestimmung und leiblicher Erfahrung. Bielefeld: transcript Verlag. S. 124.

10 Vgl. Stern.Intersexualität. S. 46.

11 Vgl. Siebinger. Intersexualität. S. 7.

12 Vgl. ebda. S. 8.

13 Zehndner. Zwitter beim Namen nennen. S. 87.

14 Vgl. Siebinger. Intersexualität. S .8.

15 Vgl. Siebinger. Intersexualität. S. 8f.

16 Vgl. Siebinger. Intersexualität. S. 9ff.

17 Vgl. Claudia, Lang (2006): Intersexualität. Menschen zwischen den Geschlechtern. Frankfurt/Main: Campus Verlag. S. 354.

18 Vgl. Siebinger. Intersexualität. S 9ff.

19 Vgl. Uwe, Gille. (2006): Ovotestis. Url: http://de.wikipedia.org/wiki/Ovotestis [Stand: 10.Februar 2013].

Ende der Leseprobe aus 36 Seiten

Details

Titel
Intersexualität. Ein Leben zwischen Mann und Frau
Note
1-2
Autor
Jahr
2013
Seiten
36
Katalognummer
V214059
ISBN (eBook)
9783656423904
Dateigröße
783 KB
Sprache
Deutsch
Anmerkungen
Dies ist eine Fachspezifische Themenstellung, welche im Rahmen einer Matura verfasst wurde.
Schlagworte
Intersexualität, Gender, Sex, Sex vs Gender, Geschlechterstudien, Psychologie, Matura, Genderforschung, Zwischengeschlechtlich
Arbeit zitieren
Manuel Boschitsch (Autor:in), 2013, Intersexualität. Ein Leben zwischen Mann und Frau, München, GRIN Verlag, https://www.grin.com/document/214059

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