Leseprobe
Inhalt
EINLEITUNG
1. ZUM GRUNDVERSTÄNDNIS DER QUALITÄTSDEBATTE
2. HISTORISCHE NOTIZ/ ENTWICKLUNG DER SOZIALEN ARBEIT IN PHASEN
3. DER BEGRIFF QUALITÄT
3.1 EBENEN DER QUALITÄT
4. ZUR BEDEUTUNG VON QUALITÄTSMANAGEMENT
4.1 QM- ANLIEGEN: MESSEN VON QUALITÄT
4.2 QM-SYSTEME (BEISPIELE)
4.2.1 DIN EN ISO 9000FF
4.2.2 EFQM
4.2.3 BENCHMARKING
4.2.4 INTERNE EVALUATION / SELBSTEVALUATION
5. QM- EIN PATENTREZEPT?
6. PROFESSIONALITÄT DURCH ZUSAMMENSPIEL ORGANISATION/FACHKRAFT
7. CHANCEN UND RISIKEN VON QM FÜR DIE SOZIALE ARBEIT
7.1 CHANCEN
7.2 RISIKEN
8. Fazit
Literaturverzeichnis
EINLEITUNG
Qualität ist, seit der Hochkonjunktur dieses Begriffes, nicht nur als ein bedeutungsvoller Umstand in der Sozialen Arbeit anzusehen, vielmehr hat sich jene prägend für die Einrichtungen der Sozialen Arbeit erwiesen. Im Kontext der ökonomischen Zwänge durch sozialpolitische Einsparungen auf Träger und Einrichtungen, ist Qualität aktueller denn je worden. Zudem hat sich der Druck auf jene soziale Dienstleistungsanbieter zunehmend erhöht. Marktrelevante Bedingungen fordern öffentlich legitimierte Angebote und eine höhere Leistungsqualität, denen die aktuellen Dienstleistungsanbieter im „Zeichen der Zeit“ gerecht werden müssen. Mit der Umsetzung solcher Anforderungen tun sich viele Einrichtungen der Sozialen Arbeit immer noch schwer, weil die in der Industrie entwickelten Qualitätsstandards schwer auf die Soziale Arbeit übertragbar sind. Der Entwicklungs- bzw. Erprobungsstand methodisch- fachlicher Praktiken für das Qualitätsmanagement (QM) ist noch nicht sehr weit fortgeschritten (Vgl. Merchel, S.7, 2001).
Im „Hier und Jetzt“ steht ganz klar nicht mehr die Quantität der Leistungen der Sozialen Arbeit, sondern die Qualität. Neben der geforderten staatlich kontrollierten Transparenz der Leistungen im Sinne der Dokumentation, rücken vermehrt verbindliche Qualitätsstandards in den Vordergrund. Einrichtungen mit kostenintensiveren Arbeitsfeldern, wie z.B. die Bereiche Alten-, Behinderten- und Erziehungshilfe werden dadurch, dass der Gesetzgeber konkrete Nachweise einfordert, verstärkt dokumentiert. Dadurch liegen mehr empirische Befunde über die Qualität Sozialer Arbeit vor, als in anderen Bereichen. Die Sozialarbeiterische Praxis muss mehrdimensional betrachtet werden, um überhaupt Nachweise über das Gelingen einer solchen zu erbringen. Es wird dazu angehalten die Thematisierung des Begriffes Qualität keinesfalls als neologistisch anzusehen, sondern darauf verwiesen die Entwicklung historisch zu betrachten. Die Entwicklung zeichnet sich vor allem, zeitlich eingegrenzt, in den Epochen vom Nachkriegsdeutschland bis heute ab. Die großzügig ausgestattete wohlfahrtsstaatliche Organisation wird demnach zunehmend zur wettbewerbsfähigen, vom Markt gesteuerten und effizienten Einrichtung umfunktioniert (Vgl. Flösser, 2005) In wieweit ist diese Entwicklung als schicksalhafte Begleiterscheinung anzusehen und in wie fern kann diese Entwicklung als Chance bzw. Schub für eine professionalisierte Soziale Arbeit verstanden werden? Lässt sich Qualität in der Sozialen Arbeit verändern darstellen? Können die Modelle des Qualitätsmanagements die eigentliche Güte der Dienstleistungsproduktion erhöhen oder nehmen diese zu wenig den humanen Aspekt der Dienstleistung auf?
Diesen Fragen soll im Zuge dieser Studienarbeit näher beleuchtet und auf den Grund gegangen werden. Da der Umfang dieser Studienarbeit begrenzt ist und sich in der Fachliteratur ein überaus großes Angebot zum Thema Qualitätsmanagement finden lässt, wird sich in dieser Studienarbeit auf die wesentlichen Zusammenhänge von QM in der Sozialen Arbeit konzentriert. „Wesentlich“ hängt von der Subjektivität des Verfassers und Lesers ab und kann nach der inhaltlichen Strukturierung dieser Studienarbeit divergieren. Diese Studienarbeit hält dazu an, die Implementierung von QM in die Soziale Arbeit multiperspektivisch zu betrachten und zu reflektieren.
1. ZUMG RUNDVERSTÄNDNISDER Q UALITÄTSDEBATTE
In den meisten Branchen und Arbeitsfeldern wird der Fokus auf ein gutes Ergebnis gelegt. Qualität steht dabei oft im Vordergrund. Nach der Güte der erbrachten Leistungen wird ein Unternehmen immer mehr gemessen und bewertet. Handlungsweisen, Handlungsverfahren und Handlungsergebnisse sollen demnach stärker optimiert werden und transparenter gemacht werden, so dass es den Beteiligten und Interessenträgern möglich wird über Qualität zu debattieren. „Qualität regelt, wie Entwicklungen geplant, durchgeführt, geprüft und bewertet werden sollen.“ (Kuhn- Friedrich, 2011, S.686)
Es bleibt kein großes Phänomen, dass sich die Forderung nach einer intensiveren Ausrichtung der Sozialen Arbeit am Qualitätsbegriff immer stärker verfestigt. Um Qualität zu steigern, werden derzeit Dialoge zwischen Leistungsträgern und Leistungserbringern geführt, die auf Grundlage von Qualitätsberichten (Dokumentationen) geführt werden (Vgl. Kuhn- Friedrich, 2011, S. 686). Ebenso sollte die entsprechende Institution in der Lage sein, Probleme und Fehler zu beheben, um sich professionell weiterzuentwickeln. In wie weit Qualität in der Sozialen Arbeit messbar und beeinflussbar ist, sei dahingestellt. Jedoch gibt es sicher Möglichkeiten und Grenzen, die Arbeit in einem „gesunden“ Rahmen zu verbessern. Die Soziale Arbeit als Profession, muss sich zunehmend den Legitimationsanforderungen der Öffentlichkeit stellen und nicht nur Professionalität im fachlichen Sinne beweisen, sondern auch vermehrt zweckentsprechend und wirtschaftlich agieren. Die Diskussionen im Kontext von sozialpolitischen, rechtlichen und ökonomischen Rahmenbedingungen tragen dazu bei, sich mit dem Thema Qualität in stärkerem Maße zu befassen. Drei Aspekte sind dabei hervorzuheben (Vgl. Merchel, 2001, S.15):
- Die sozialpolitische Forderung eines Nachweises über die Wirksamkeit Sozialer Arbeit
- Die ökonomische Forderung nach Effizienz und Effektivität der sozialen Einrichtungen und der damit einhergehenden Platzierung von betriebswirtschaftlichem Handeln
- Die rechtliche Forderung durch Verankerung von Qualität in Sozialgesetzen (z.B. SGB V, SGB III, SGB XI, BSHG, KJHG, SGB VIII)
Demnach ist die Entwicklung von methodisch- fachlicher Qualität und der „Ruf“ nach fachlichen Standards und professionellem Handeln, nur im Kontext dieser zusätzlichen Aspekte zu bewerkstelligen. Qualitätsmanagement ist also nicht nur im Kontext methodisch- fachlicher Qualität zu verstehen, sondern umfasst ganzheitlich „…das Festlegen der Qualitätspolitik, der Qualitätsziele, die Qualitätslenkung, die Qualitätssicherung und die Qualitätsverbesserung.“ (Kuhn- Friedrich, 2011, S.685)
Im Folgenden wird beleuchtet, weshalb Qualität historisch betrachtet, überhaupt aktueller denn je geworden und einen Zeitgeist widerspiegelt, der heute kaum mehr wegzudenken ist. Welche Bedeutung das Qualitätsthema für die Soziale Arbeit hat, wird in den nächsten Kapiteln erklärt und bewusst fachlich reflektiert.
2.HISTORISCHE NOTIZ/ ENTWICKLUNG DER SOZIALEN ARBEIT IN PHASEN
Um zu verstehen, weshalb das Thema Qualität überhaupt Einzug erhalten hat, muss die Entwicklungsgeschichte der Sozialen Arbeit kurz dargestellt werden. Hierzu werden im Folgenden die einzelnen Phasen grob skizziert, um die Hintergründe der anhaltenden Qualitätsdebatte besser nachzuvollziehen.
Die Entwicklungsgeschichte der Sozialen Arbeit lässt sich in vier Phasen einteilen (Vgl. Flösser 2001, zit. n. Flock 2003, S. 2):
Phase 1: Nachkriegsdeutschland Diese Phase beschreibt den Aufbau sozialer Einrichtungen mit dem Ziel einer Verbesserung der Versorgung benachteiligter Bevölkerungsgruppen. Die sozialen Einrichtungen wurden flächendeckend über das gesamte Bundesgebiet aufgebaut. Stichwort: Sozialpolitische Grundversorgung. Dabei wurde die Qualität an der Quantität (also der Anzahl der Einrichtungen) gemessen.
Phase 2: Expansions- und Konsolidierungsphase. Weiterer Aufbau der Einrichtungen durch Festschreibungen von Verfahren und Festlegungen von Minimalstandards (organisatorische Ausstattung usw.). Stichwort: Berichterstattungspflicht
Phase 3: Professionalisierung der Sozialen Arbeit (Anfang der 70-er). „Die Phase des immensen Ausbaus sozialer Dienstleistungssysteme…“ (Albert, 2006, S.50). Die wissenschaftliche Ausrichtung der Sozialen Arbeit steht in dieser Phase im Vordergrund und begründet mehr und mehr ihren Anspruch auf eine eigenständige Profession.
qualifizierte, wissenschaftliche Ausbildung „mit dem Ziel der rationalen, fachlich begründeten Problembearbeitung“ (Flock, 2003, S.2) Die Klienten (Adressaten) werden stärker als selbsthilfebefähigte Partner angesehen Neue Fachlichkeit, „Vom Helfer zur helfenden Beziehung“ (Vgl. Flock, 2003, S.2)
Phase 4: Postindustrielle Phase (Anfang der 90-er). Einzug von ökonomischen Faktoren in die Soziale Arbeit. Sparzwänge und stärker induziertes wirtschaftliches Denken, aufgrund verstärkter Globalisierung (Deutschland wird mehr als Wettbewerbsstaat gesehen), Staatsverschuldungen, Zunahme spezifischer Problemlagen. Inhaltlich- fachliche Standards werden weiter entwickelt (Vgl. Flock, 2003, S.2). „Ökonomie, Effizienz und Kostenersparnis wurden zu gesellschaftlichen Leitbegriffen und fanden direkten Einzug in die Professionalisierungsdiskussion.“ (Albert, 2006, S.51)
Zusammenfassend können alle diese Phasen als Paradigmenwechsel , von quantitativ geprägten, hin zu qualitativ ersetzten Aufgabenstellungen, gesehen werden. Die Krise des Wohlfahrtsstaates ist als ein Grund dafür zu nennen. Im Kontext der Globalisierung, versucht Deutschland als Wettbewerbsstaat sein Kontrollbedürfnis der Einrichtungen zu verschärfen, dabei steht der gesellschaftliche Nutzen im Vordergrund. Hinzu kommt, dass die Einrichtungen der Sozialen Arbeit dazu angehalten sind, öffentliche Mittel mit zunehmendem Druck zu legitimieren. Dabei müssen die Einrichtungen sich von innen heraus nach außen hin verbessern (effizienter wirtschaften, organisierter agieren, Steuerbarkeit verbessern etc.). Dies alles sind grundlegende Aspekte des Qualitätsmanagements die untrennbar zusammengehören und mit dem Hintergrund der Ökonomisierung der Sozialen Arbeit zu verstehen sind. Die Ökonomisierung, mit der einhergehenden „Neuen Steuerung“, der wettbewerbsfähigen Institution, den mit den öffentlichen und freien Trägern vereinbarten Leistungen und der Orientierung an Projekten, birgt zudem einerseits Gefahren für die Soziale Arbeit, kann aber auch andererseits als Chance für eine professionalisierte Sozialarbeiterische Praxis umgedeutet werden. Ebenso kann die diskursive Umstellung von Quantität auf Qualität einen Professionalisierungsschub für die Soziale Arbeit auslösen (Vgl. Flock, 2003, S. 2ff).
Was genau aber bedeutet nun Qualität und wie ist sie auf die Soziale Arbeit transportierbar?
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