Der Sowjetkommunismus im Urteil von Raymond Aron

Wie ein französischer Intellektueller vor einer die Welt bedrohenden Ideologie warnt


Hausarbeit, 2012

12 Seiten, Note: 1,0

Anonym


Leseprobe


Inhaltsverzeichnis

1. Einleitung

2. Der Wandel vom Marxismus zum Stalinismus aus der Sicht Arons

3. Arons Charakterisierung des Stalinismus

4. Die Expansion der Stalinismus

5. Der Kommunismus in Frankreich

6. Schlussbetrachtung: Aron als Warnender.

7. Quellen- und Literaturverzeichnis

1. Einleitung

„Mit legalen Mitteln -werden sich die Kommunisten in Italien und in Frankreich nicht in den Besitz der Macht im Staate setzen, aber es genügt, wenn die nationalen kommunistischen Parteien in Westeuropa dafür sorgen, daß Europa ohnmächtig bleibt. Auf diese Weise verhindert Moskau die Wiederherstellung eines Gleichgewichts in der Welt. Und bei diesem schwankenden Gleichgewicht würde es genügen, daß die Stalinisten einige tausend Panzer in Marsch setzen, um die tausendjährige Kultur Europas zu vernichten.“ [1]

An diesen Sätzen aus Raymond Arons Werk „Der Permanente Krieg“ ist ziemlich deutlich ablesbar, dass deren Verfasser vom Sowjet-Kommunismus eine massive Bedrohung für die europäische Kultur, den Frieden auf dem Kontinent und die Welt ausgehen sieht. Dieses Zitat wird der vorliegenden Arbeit deshalb vorangestellt, weil es Arons ablehnende Haltung gegenüber dem Sowjet-Kommunismus belegt. Als ein eindringliches Zeugnis für diese Haltung, um deren Beleuchtung es in dieser Arbeit gehen wird, stehen zwei Kapitel in „Der Permanente Krieg“. Dieses Werk ist nur kurze Zeit vor Stalins Tod 1953 und drei Jahre vor dem XX. Parteitag der KPDSU erschienen und entstand demnach noch unter der vollen Wirkung der stalinistischen Herrschaft - und der ihr zugrunde liegenden Ideologie - und ihrer in weiten Kreisen unkritisch reflektierten Akzeptanz im Westen. Um dem Leser seine Haltung zu erläutern, geht Aron im fünften Kapitel zunächst der Frage nach, wie sich auf der Grundlage des Marxismus der Stalinismus herausbilden konnte. Im sechsten Kapitel fragt er, was ursächlich ist für die erfolgreiche globale Ausbreitung dieser Ideologie.

Im Folgenden wird im Sinne der Absicht, Gründe für Arons Haltung gegenüber dem Sowjet-Kommunismus zu benennen, nachgezeichnet, wie der Autor jene Ideologie in den beiden genannten Kapiteln darstellt. Im zweiten Schritt wird unter Berücksichtigung der vorangegangenen Betrachtungen und vor dem Hintergrund der zeitgenössischen politischen/gesellschaftlichen Verhältnisse - vorzugsweise der französischen - in denen Aron seine Gedanken zu Papier brachte, versucht, Gründe für dessen Haltung gegenüber dem Sowjet-Kommunismus zu erhellen.

2. Der Wandel vom Marxismus zum Stalinismus aus der Sicht Arons

Um überhaupt zu verstehen, dass der Stalinismus eine bedrohliche Weltanschauung ist und warum er es werden konnte, ist es Aron wichtig, seine Wurzeln freizulegen. Daher beginnt er den Leser zu sensibilisieren, indem er ihm diese Wurzeln aufzeigt. Diese findet er im Marxismus, den er als „ketzerische Verfälschung des Christentums“[2] bezeichnet. Er hat durch drei wesentliche Themen seine Attraktivität erlangt, die nun kurz und knapp erläutert werden:

Die Prophezeiung, die Armen würden einst über die Besitzenden triumphieren, womit eine Art diesseitiges Heilsversprechen abgelegt und ein religiöses Moment erzeugt wurde; Wissenschaft und Technik, durch welche zwar das entbehrungsreiche Industrielle Zeitalter eingeläutet wurde, damit aber zugleich auch die notwendige, vorausgehende Phase für die Verwirklichung des historischen Ziels einer Gesellschaft, in der es keine Ungleichheit mehr geben wird; die Kenntnis der Gesetzmäßigkeit der Geschichte, aufgrund derer der Mensch vernünftig und zielgerichtet handeln kann. Jedoch wird aufgrund der historischen Ereignisse auch klar, dass das große sozialistische Endziel ohne Revolutionen und Kriege nicht erreichbar sein wird.[3] Durch die Verknüpfung dieser drei Themen, so schlussfolgert Aron, habe der Marxismus seinen explosiven und verführerischen Reiz erhalten.[4]

Später habe Lenin den Marxismus durch den Aspekt der revolutionären Aktion erweitert. Zur Umsetzung dieser revolutionären Aktion benötigten die Massen jedoch die Intellektuellen. Diese würden den Massen ihren historischen Auftrag „lehren“ - sie etabliert sich damit zur führenden Elite. Innerhalb der kommunistischen Partei erhalte diese Elite im Zentralkomitee die maßgebliche Rolle, die das revolutionäre Geschehen planen und lenken müsse.[5] Wie die Ereignisse in Russland jedoch zeigten, hatten sich die revolutionären Erfolgejedoch entgegen der marxschen Theorie nicht länderübergreifend, sondern nur in diesem Land eingestellt und auch aufgrund der Tatsache, dass die russischen wirtschaftlichen und gesellschaftlichen Verhältnisse dieser Theorie nicht entsprachen - es faktisch aber eine Revolution gab - wurde die Theorie kurzerhand mit der Wirklichkeit in Einklang gebracht.[6] Gemäß der modifizierten Lehre waren jetzt die auf die Revolution wartenden Sozialdemokraten in den westlichen Industrieländern auf dem falschen Weg; die revolutionären Ereignisse in Russland konnten nun dank des korrigierenden Eingriffs Lenins als folgerichtig in den weltgeschichtlichen Verlauf einsortiert werden. Nun werde sich die Weltrevolution im Verlauf der kommenden Zeit von Russland als der Bastion des Sozialismus auf die restlichen Länder der Erde ausbreiten.[7] Eine weitere Neuigkeit der Lehre mit der man sich abzufinden hatte, war, dass die Länder mit den schwächsten Regierungen am ehesten für die sozialistischen Umwälzungen bereit seien. Auch sei nun nicht mehr das Warten auf große wirtschaftliche Krisen oder die Entfaltung des Kapitals, sondern der Krieg das zum Ziel führende Mittel.[8]

Die stalinistische Weiterentwicklung des Marxismus-Leninismus drücke sich vor allem in der totalen Entdemokratisierung des Systems aus. Partei und Gesellschaft unterstehen ausnahmslos der brutalen Gewalt eines einzigen Mannes, dem Generalsekretär. Auch die kommunistischen Parteien, die in anderen Ländern installiert sind, haben der von Stalin vorgezeichneten Parteilinie zu folgen. Hinsichtlich des Marxismus zieht Aron den Schluss, dass er unter Stalin zu einer „bloßen Ideologie des Stalinismus geworden“[9] sei.

Für Aron scheint also der ursprüngliche Marxismus bereits durch Elemente aufgeladen, die für seine Weiterentwicklung in die bekannte Richtung, also über den Leninismus zum Stalinismus, durchaus förderlich gewesen sind. Den gegenwärtigen Entwicklungszustand, den Stalinusmus, bewertet er jedoch als weitaus schlimmer als dessen Ursprungsform, da er eine absolut menschenfeindliche Grundhaltung vertritt. Wir wollen uns im folgenden Abschnitt noch etwas genauer mit Arons Sicht auf den Stalinismus beschäftigen.

3. Arons Charakterisierung des Stalinismus

Da wäre zunächst die politische Führung in der Sowjetunion zu nennen. Wie bereits erwähnt, war Stalin der oberste Führer der kommunistischen Partei, der einen umfassenden Herrschaftsanspruch geltend machte. Dieser Anspruch war von der Partei auf Stalin übergegangen. Legitimiert wurde dieser Machtanspruch der Partei zweifach: durch die Autorität, die ihr als Siegerin in der großen sozialen Revolution zugekommen sei sowie durch das mit ihr untrennbar verbundene Gelingen der sich anschickenden Weltrevolution.[10] Der nach der Erhebung Stalins zum obersten Führer der Partei auf ihn übergegangene Machtanspruch, habe ihn auch zum Führer des gesamten Proletariats gemacht und damit auch persönlich verantwortlich für die Erfüllung der geschichtlichen Mission.[11] Der oberste aller Werte sei die Revolution. Ihr habe sich alles Weitere unterzuordnen, die Doktrin gelte als die oberste Wahrheit und der historische Materialismus trete die Nachfolge der Erlösungs­und Heilsreligionen an.[12]

[...]


[1] Raymond Aron: Der Permanente Krieg, Frankfurt/M. 1953, S. 189.

[2] Aron, S. 145.

[3] Vgl. ebd., S. 145 - 147.

[4] Vgl. ebd., S. 145.

[5] Vgl. ebd.,S.150.

[6] Vgl. ebd.,S.151.

[7] Vgl.ebd.,S.152.

[8] Vgl. Aron, S.152f.

[9] Aron, S. 157.

[10] Vgl. ebd., S. 153.

[11] Vgl. ebd.,S.155.

[12] Vgl. ebd., S. 160.

Ende der Leseprobe aus 12 Seiten

Details

Titel
Der Sowjetkommunismus im Urteil von Raymond Aron
Untertitel
Wie ein französischer Intellektueller vor einer die Welt bedrohenden Ideologie warnt
Hochschule
Universität Potsdam
Note
1,0
Jahr
2012
Seiten
12
Katalognummer
V214825
ISBN (eBook)
9783656428855
ISBN (Buch)
9783656438984
Dateigröße
418 KB
Sprache
Deutsch
Schlagworte
Raymond Aron, Marxismus, Kommunismus, Lenismus, Stalinismus, Ideologie, Kalter Krieg, Intellektueller
Arbeit zitieren
Anonym, 2012, Der Sowjetkommunismus im Urteil von Raymond Aron, München, GRIN Verlag, https://www.grin.com/document/214825

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