Leseprobe
Inhaltsverzeichnis
1. Einleitung
2. Hölderlins Position in der Philosophie
3. Über die Verfahrungsweise des poetischen Geistes
4. Zusammenfassung
5. Literaturverzeichnis
1. Einleitung
Diese Arbeit wurde im Rahmen des Proseminars „Neuere Deutsche Literatur: Hölderlin“ verfasst. In der Lehrveranstaltung wurde sowohl das Leben als auch das Werk Hölderlin näher beleuchtet. In diesem Zusammenhang wird ins dieser Arbeit ein philosophisches Fragment von Hölderlin untersucht „Über die Verfahrungsweise des poetischen Geistes“. Da eine detaillierte Analyse dieses Fragments den Umfang dieser Proseminar-Arbeit sprengen würde, wird ausschließlich der erste Satz des Fragments „Wenn der Dichter einmal des Geistes mächtig …“ analysiert und interpretiert.
Eingangs wird auf die philosophische Diskussion zur Zeit Hölderlins Bezug genommen, danach erfolgt die Analyse des ersten Satzes nach Lönker und Kreuzer sowie einer eigenen Interpretation.
Aufgrund einer übersichtlicheren Analysemöglichkeit, wird der Satz in mehrere Einzelteile zerlegt und so Abschnitt für Abschnitt interpretiert. Es stellte sich heraus, dass dies Darstellungsmöglichkeit die Übersichtlichste ist, auch wenn der Fließtext an sich immer wieder durch die Textpassagen unterbrochen wird.
Die Originaltextpassagen werden zudem eingerückt und in blauer Schriftfarbe abgedruckt umso die Grenze zwischen Original und Interpretation deutlich zu machen.
Abschließend folgt eine Zusammenfassung.
Als Textgrundlage fungiert der gedruckte Text in der Bremer Ausgabe Band 8 D.E. Sattler 2004 sowie die editorischen Anmerkungen der Frankfurter Ausgabe Band 14 von D.E. Sattler von 1979.
2. Hölderlins Position in der Philosophie
Hölderlin war 1799/1800 in einem Umbruch was seine Arbeit betraf. Dies lag aber auch an einigen politischen Umbrüchen, die diesem Jahreswechsel vorausgingen, wie der Staatsstreich und die Beendigung der Revolution durch Bonaparte. Hölderlin verwarf seine Arbeit am „Empedokles“ endgültig. Der Neuansatz in seinem Werk wird sehr stark in den nachfolgenden theoretischen Arbeiten reflektiert, wie in den Fragmenten „Das untergehende Vaterland …“ und „Wenn der Dichter einmal des Geistes mächtig …“.
Diese geben uns einen tiefen Einblick in den inneren Widerspruch Hölderlins und ist wegbereitend für seine zukünftigen Arbeiten. Jedoch ist gerade dieser innere Widerspruch allgegenwärtig in seinem Fragment „Wenn der Dichter einmal des Geistes mächtig …“, die bereits von namhaften Wissenschaftlern untersucht, aber laut Lönker nicht ansatzweise durchschaut wurde.
Hölderlin schrieb dieses Fragment als Reflexion und Neuorientierung seiner Arbeit. Dazu stand er unter Zeitdruck seinen Beitrag zur philosophischen Diskussion seiner Zeit zu leisten. Der Einfluss durch Fichte ist wohl der größte Motivator gewesen obwohl Hölderlin schon früh Zweifel an dessen Theorem eines absoluten Ichs hatte. Gemeinsam mit Schelling und Hegel sollte eine Alternative zu Fichtes Ansichten entwickelt werden. Sie knüpfen hierbei an die große Vereinigungsphilosophie an auch wenn sie damit nicht wirklich etwas zur zeitgenössischen Subjektivitätstheorie beitrugen. In dem Bestreben einen eigenen philosophischen Zugang zu kreieren, formulierte Hölderlin eine Charakterisierung der Dichtung. In diesem Zusammenhang zwischen dem Selbst und der Welt, hat die Dichtung die Aufgabe, deren ursprüngliche Bezogenheit aufeinander zur Anschauung zu bringen. Das philosophische Fragment „Wenn der Dichter einmal des Geistes mächtig …“ handelt von diesem Zusammenspiel, nicht nur zwischen dem Selbst und der Welt, sondern auch von den Teilen und dem Ganzen, was an sich einen frühen hermeneutischen Ansatz darstellt[1].
Das Hauptproblem bei der Analyse dieses ersten überlangen Satzes von Hölderlin ist der Satz selbst. In dieser kontinuierlichen Aneinanderreihung von Begriffen in gedrängter Form und kaum noch überschaubaren syntaktischen Konstruktionen, ergibt sich allerdings für die Analyse ein wichtiger Aspekt: Hölderlin selbst wusste seine Theorie nicht klar zu formulieren, als ob er einen Gedankenblitz hatte, aber weder die Zeit noch die richtigen Worte diesen detailliert auszuarbeiten. Dies macht eine auf einen gewissen Kontext bezogene Analyse schwer, da es in dem Sinne zu zerstreut wirkt und teilweise über keinen einheitlichen Konsens verfügt. Hölderlin erwähnt im ersten Satz Begrifflichkeiten, auf die er im späteren Text nicht nochmals erwähnt, dafür treten andere wiederrum auf.[2]
Daher ist in diesem Zusammenhang der Gebrauch von „Fragment“ durchaus angemessen, denn Hölderlins philosophische Überlegungen zur Poetik können in dieser Weise noch nicht fertiggestellt gewesen sein. Ob er überhaupt den Plan hatte, diese weiter auszuführen oder ob er schlichtweg aufgegeben hat wie einst bei „Empedokles“ lässt sich selbstverständlich auch nicht sagen. Ein weiteres Argument für die Zerstreutheit des Textes ist der Druck auf Hölderlin einen philosophischen Beitrag zu leisten.
Der Text selbst umfasst nun die Frage nach der Wechselwirkung zwischen Stoff und Geist, und nach der Vermittlung durch ein Drittes, die den Wechsel zu einer Reihenfolge moderiert.[3] Der erste Satz in diesem Fragment ist folglich als eine Art Einleitung zu verstehen, ein erster Versuch die Gedanken zu ordnen. Erst nach dieser Einleitung folgt die leider etwas zerstreute und kompliziert erdachte, detaillierte Ausarbeitung der Theorie.
Im Grunde geht es bei dieser detaillierten Analyse um drei Themenkomplexe: der erste um den poetologischen Brennpunkt von Stoff und Geist, der zweite über die Möglichkeit von Selbstbewusstsein und der dritte bahnt eine auf die geschichtliche Gegenwart bezogene Implementierung an.[4]
Im Detail wird aber nun ausschließlich der erste Satz interpretiert und ein Versuch herauszubekommen, was Hölderlin uns mit diesem Fragment sagen wollte.
[...]
[1] Lönker, Fred: Welt in der Welt. Eine Untersuchung zu Hölderlins „Verfahrungsweise des poetischen Geistes“. Göttingen: Vandenhoeck und Ruprecht 1989, S. 9-12 (=Palaestra, 288).
[2] Lönker, Fred: Welt in der Welt. Eine Untersuchung zu Hölderlins „Verfahrungsweise des poetischen Geistes“. Göttingen: Vandenhoeck und Ruprecht 1989, S. 19 (=Palaestra, 288).
[3] Kreuzer, Johann (Hrsg.): Hölderlin-Handbuch. Leben - Werk - Wirkung. Sonderausgabe. Stuttgart, Weimar: Verlag J.B. Metzler 2011, S. 242b.
[4] Kreuzer, Johann (Hrsg.): Hölderlin-Handbuch. Leben - Werk - Wirkung. Sonderausgabe. Stuttgart, Weimar: Verlag J.B. Metzler 2011, S. 242b.
- Arbeit zitieren
- Daniela Ammann (Autor), 2013, Die Verfahrungsweise des poetischen Geistes, München, GRIN Verlag, https://www.grin.com/document/215104
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