Hinsichtlich zahlreicher bildungspolitischer Debatten in der Vergangenheit ist be-kannt, dass sich eine Steigerung der Hochschulabsolventenquote positiv auf die internationale Wettbewerbsfähigkeit von Industriestaaten auswirken könnte. Die dafür benötigten Rahmenbedingungen werden jedoch von der Politik nicht geschaffen. Dieses Problem findet sich im Steuerrecht bezüglich der Absetzbarkeit von Bildungsaufwendungen wieder. Die Aufnahme eines Studiums kann als eine Investition in das Humankapital verstanden werden. Dabei dienen die steuerlichen Möglichkeiten zur Berücksichtigung der Aufwendungen der Förderung für die Entscheidung zu einer Investition in das eigene Humankapital.
Im deutschen Einkommensteuerrecht mindern Aufwendungen für die eigene Berufsausbildung die steuerliche Bemessungsgrundlage des Steuerpflichtigen nur in Form von Sonderausgaben i. S. d. subjektiven Nettoprinzips. Zudem sind diese Aufwen-dungen gemäß § 10 Abs. 1 Nr. 7 EStG der Höhe nach begrenzt. Hierdurch kommt es zu einer abstrakten Messung von steuerlicher Leistungsfähigkeit. Diese führt unmittelbar zu einer Diskriminierung, da im Gegensatz dazu die Leistungsfähigkeit von Steuerpflichtigen, die ihre erstmalige Berufsausbildung (bzw. ihr Erststudium) i. R. e. Ausbildungsverhältnisses absolvieren unter Berücksichtigung des objektiven Nettoprinzips gemessen wird. Verwirklicht wird diese Diskriminierung in der Gewährung eines Verlustabzugs. Der Gesetzgeber eröffnet somit den Steuerpflichtigen die Möglichkeit Berufsausbildungskosten in der Zukunft mit entsprechenden Einkünften zu verrechnen (intertemporale Steuergerechtigkeit). Die erstgenannte Gruppe zwingt er dagegen dazu, bereits während der Berufsausbildung Einkünfte zu beziehen, um in den Genuss einer Bemessungsgrundlagenminderung in Form eines Sonderausgabenabzugs, zu gelangen (intratemporale Steuergerechtigkeit).
Diese Verwaltungspraxis hat der Bundesfinanzhof mit drei Urteilen kurzzeitig beendet. Konkret stellte er in einem Fall fest, dass Aufwendungen aus einem im Anschluss an das Abitur durchgeführten Medizinstudium auch unter Geltung des Abzugsverbots (§ 12 Nr. 5 EStG) als vorab entstandene Werbungskosten anzuerkennen sein können. Damit schaffte er eine Rechtsgrundlage für die intertemporale Berück-sichtigung negativer Einkünfte.
Inhaltsverzeichnis
- 1. Einleitung
- 1.1 Problemstellung
- 1.2 Gang der Untersuchung
- 2. Systematische Grundlagen
- 2.1 Grundlagen des Einkommensteuerrechts
- 2.2 Art. 3 Abs. 1 GG
- 2.3 Leistungsfähigkeitsprinzip
- 2.4 Objektives und subjektives Nettoprinzip
- 2.5 Steuergerechtigkeit
- 2.6 Abgrenzung zwischen Werbungskosten, Betriebsausgaben und Sonderausgaben
- 3. Berücksichtigung von Bildungsaufwendungen beim Auszubildenden
- 3.1 Absetzbarkeit von Bildungsaufwendungen
- 3.1.1 Rechtslage ab 2004
- 3.1.2 Die Rechtsprechung des BFH
- 4. Berücksichtigung von Bildungsaufwendungen beim Unterhaltsberechtigten
- 4.1 Berücksichtigung als Sonderausgaben gemäß § 10 Abs. 1 Nr. 9 EStG
- 4.2 Berücksichtigung als außergewöhnliche Belastungen gemäß § 33a Abs. 1 und 2 EStG
- 5. Kritische Würdigung
- 5.1 Prüfung der Rechtmäßigkeit des Abzugsverbots gemäß § 12 Nr. 5 EStG
- 5.2 Verfassungsrechtliche Rechtfertigung des § 12 Nr. 5 EStG
- 6. Thesenförmige Zusammenfassung
Zielsetzung und Themenschwerpunkte
Diese Bachelorarbeit untersucht die Berücksichtigung von Bildungsaufwendungen im deutschen Einkommensteuerrecht. Ziel ist es, die rechtlichen Grundlagen und die aktuelle Rechtsprechung zu diesem Thema zu analysieren und kritisch zu würdigen. Dabei werden insbesondere die Absetzbarkeit von Bildungsaufwendungen für Auszubildende und Unterhaltsberechtigte beleuchtet.
- Absetzbarkeit von Bildungsaufwendungen im Einkommensteuerrecht
- Rechtslage und Rechtsprechung zu Bildungsaufwendungen
- Verfassungsrechtliche Aspekte der Besteuerung von Bildungsaufwendungen
- Unterschiede in der Behandlung von Bildungsaufwendungen für Auszubildende und Unterhaltsberechtigte
- Kritische Würdigung der bestehenden Rechtslage
Zusammenfassung der Kapitel
1. Einleitung: Diese Einleitung führt in das Thema der Bachelorarbeit ein und beschreibt die Problemstellung bezüglich der Berücksichtigung von Bildungsaufwendungen im deutschen Einkommensteuerrecht. Sie skizziert den Aufbau und den Gang der Untersuchung.
2. Systematische Grundlagen: Dieses Kapitel legt die systematischen Grundlagen der Arbeit dar. Es beleuchtet die relevanten Bestimmungen des Einkommensteuerrechts, das Grundgesetz (Art. 3 Abs. 1 GG), das Leistungsfähigkeitsprinzip, das objektive und subjektive Nettoprinzip sowie den Begriff der Steuergerechtigkeit. Es wird die Abgrenzung zwischen Werbungskosten, Betriebsausgaben und Sonderausgaben vorgenommen, um den Kontext für die nachfolgenden Kapitel zu schaffen. Die Darstellung der grundlegenden Prinzipien des Steuerrechts bildet die essentielle Basis für die spätere Analyse der Rechtmäßigkeit der Besteuerung von Bildungsaufwendungen.
3. Berücksichtigung von Bildungsaufwendungen beim Auszubildenden: Dieses Kapitel befasst sich mit der Absetzbarkeit von Bildungsaufwendungen für Auszubildende. Es analysiert die Rechtslage ab 2004, differenziert zwischen Erststudium/Erstausbildung mit und ohne Dienstverhältnis sowie Fortbildungen und Umschulungen. Die Bedeutung der Abgrenzungen wird herausgestellt und die Rechtsprechung des Bundesfinanzhofs (BFH) zu diesem Thema ausführlich dargestellt. Besonders die Reaktion der Finanzverwaltung und die daraus resultierenden gesetzlichen Neuregelungen werden kritisch beleuchtet, um die Dynamik der Rechtsentwicklung aufzuzeigen.
4. Berücksichtigung von Bildungsaufwendungen beim Unterhaltsberechtigten: Hier wird die Berücksichtigung von Bildungsaufwendungen für Unterhaltsberechtigte untersucht. Der Fokus liegt auf der Berücksichtigung als Sonderausgaben gemäß § 10 Abs. 1 Nr. 9 EStG und als außergewöhnliche Belastungen gemäß § 33a Abs. 1 und 2 EStG. Die Kapitel beleuchtet die unterschiedlichen Möglichkeiten der Berücksichtigung und die jeweiligen Voraussetzungen für einen Abzug. Die komplexen Wechselwirkungen zwischen Unterhaltspflicht und steuerlicher Absetzbarkeit werden detailliert dargestellt.
5. Kritische Würdigung: Dieses Kapitel bietet eine kritische Würdigung der Rechtmäßigkeit des Abzugsverbots gemäß § 12 Nr. 5 EStG. Es analysiert die Vereinbarkeit dieser Vorschrift mit Art. 3 Abs. 1 GG, dem Leistungsfähigkeitsprinzip und dem objektiven Nettoprinzip. Die verfassungsrechtliche Rechtfertigung des § 12 Nr. 5 EStG wird umfassend diskutiert, um die kontroversen Aspekte der Besteuerung von Bildungsaufwendungen zu beleuchten.
Schlüsselwörter
Bildungsaufwendungen, Einkommensteuerrecht, Absetzbarkeit, Auszubildende, Unterhaltsberechtigte, § 10 Abs. 1 Nr. 9 EStG, § 33a EStG, § 12 Nr. 5 EStG, Leistungsfähigkeitsprinzip, Steuergerechtigkeit, Rechtsprechung BFH, Grundgesetz, Verfassungsrecht.
Häufig gestellte Fragen zur Bachelorarbeit: Berücksichtigung von Bildungsaufwendungen im deutschen Einkommensteuerrecht
Was ist der Gegenstand dieser Bachelorarbeit?
Die Bachelorarbeit untersucht die Berücksichtigung von Bildungsaufwendungen im deutschen Einkommensteuerrecht. Sie analysiert die rechtlichen Grundlagen und die aktuelle Rechtsprechung, insbesondere die Absetzbarkeit von Bildungsaufwendungen für Auszubildende und Unterhaltsberechtigte.
Welche Themen werden in der Arbeit behandelt?
Die Arbeit behandelt die Absetzbarkeit von Bildungsaufwendungen im Einkommensteuerrecht, die Rechtslage und Rechtsprechung dazu, verfassungsrechtliche Aspekte der Besteuerung von Bildungsaufwendungen, die Unterschiede in der Behandlung von Bildungsaufwendungen für Auszubildende und Unterhaltsberechtigte sowie eine kritische Würdigung der bestehenden Rechtslage.
Welche Kapitel umfasst die Arbeit?
Die Arbeit gliedert sich in sechs Kapitel: Einleitung, Systematische Grundlagen, Berücksichtigung von Bildungsaufwendungen beim Auszubildenden, Berücksichtigung von Bildungsaufwendungen beim Unterhaltsberechtigten, Kritische Würdigung und Thesenförmige Zusammenfassung. Die Einleitung beschreibt die Problemstellung und den Aufbau. Die systematischen Grundlagen beleuchten relevante Bestimmungen des Einkommensteuerrechts, das Grundgesetz, Leistungsfähigkeitsprinzip, objektives und subjektives Nettoprinzip und Steuergerechtigkeit. Die Kapitel 3 und 4 befassen sich mit der Absetzbarkeit von Bildungsaufwendungen für Auszubildende und Unterhaltsberechtigte. Kapitel 5 bietet eine kritische Würdigung, und Kapitel 6 fasst die Ergebnisse thesenartig zusammen.
Wie wird die Absetzbarkeit von Bildungsaufwendungen für Auszubildende behandelt?
Die Arbeit analysiert die Rechtslage ab 2004, differenziert zwischen Erststudium/Erstausbildung mit und ohne Dienstverhältnis sowie Fortbildungen und Umschulungen. Die Rechtsprechung des Bundesfinanzhofs (BFH) wird ausführlich dargestellt, einschließlich der Reaktion der Finanzverwaltung und der daraus resultierenden gesetzlichen Neuregelungen.
Wie wird die Berücksichtigung von Bildungsaufwendungen bei Unterhaltsberechtigten behandelt?
Die Arbeit untersucht die Berücksichtigung als Sonderausgaben gemäß § 10 Abs. 1 Nr. 9 EStG und als außergewöhnliche Belastungen gemäß § 33a Abs. 1 und 2 EStG. Sie beleuchtet die unterschiedlichen Möglichkeiten der Berücksichtigung und die jeweiligen Voraussetzungen für einen Abzug sowie die komplexen Wechselwirkungen zwischen Unterhaltspflicht und steuerlicher Absetzbarkeit.
Welche kritischen Aspekte werden in der Arbeit behandelt?
Die Arbeit beinhaltet eine kritische Würdigung der Rechtmäßigkeit des Abzugsverbots gemäß § 12 Nr. 5 EStG und analysiert dessen Vereinbarkeit mit Art. 3 Abs. 1 GG, dem Leistungsfähigkeitsprinzip und dem objektiven Nettoprinzip. Die verfassungsrechtliche Rechtfertigung des § 12 Nr. 5 EStG wird umfassend diskutiert.
Welche Schlüsselwörter sind relevant für die Arbeit?
Wichtige Schlüsselwörter sind: Bildungsaufwendungen, Einkommensteuerrecht, Absetzbarkeit, Auszubildende, Unterhaltsberechtigte, § 10 Abs. 1 Nr. 9 EStG, § 33a EStG, § 12 Nr. 5 EStG, Leistungsfähigkeitsprinzip, Steuergerechtigkeit, Rechtsprechung BFH, Grundgesetz, Verfassungsrecht.
- Quote paper
- Carmen Zajons (Author), 2012, Bildungsaufwendungen im deutschen Einkommensteuerrecht, Munich, GRIN Verlag, https://www.grin.com/document/215216