Leseprobe
Inhalt
1. Einleitung
2. Theorien
3. Geschlechtsspezifische Ungleichheiten im Erwerbsverlauf
3.1. Geschlecht als Faktor der Humankapitalniveaus
3.2. Sexistische Diskriminierung von Frauen auf dem Arbeitsmarkt
3.3. Geschlechtsspezifische Arbeitsmarktsegmentation
3.4. Die Erwerbskarrieren von Frauen zwischen Marktkonkurrenz, sozialer Schließung und selektiver Assoziation
3.5. Ärztinnen und Juristinnen heute: Integration und Marginalisierung
4. Geschlechtsspezifische Entlohnungsungleichheiten in Europa
4.1. Frauenlohn ist Zuverdienst – immer noch?
4.2. Wer Teilzeit sagt, meint Frau und Teillohn
4.3. Primärer und sekundärer Arbeitsmarkt
4.4. Staat oder Gewerkschaften: Wer kümmert sich um die Löhne der Frauen?
4.5. Lange Betriebszugehörigkeit oder Individualisierung: was Frauen dabei zu gewinnen haben
5. Fazit
Literaturliste
Vorbemerkung
Allgemeines Gleichbehandlungsgesetz (AGG):
- 1 AGG. Ziel des Gesetzes ist, Benachteiligungen aus Gründen der Rasse oder wegen der ethnischen Herkunft, des Geschlechts, der Religion oder Weltanschauung, einer Behinderung, des Alters oder der sexuellen Identität zu verhindern oder zu beseitigen.
- 12 Abs. 1 AGG. Der Arbeitgeber ist verpflichtet, die erforderlichen Maßnahmen zum Schutz vor Benachteiligung wegen eines der in § 1 genannten Grundes zu treffen. Dieser Schutz umfasst auch vorbeugende Maßnahmen.
1. Einleitung
Trotz gesetzlicher Festlegung und Bundesgleichstellungsgesetz (In Unternehmen mit mehr als 100 Beschäftigten wird eine Gleichstellungsbeauftragte von den weiblichen Beschäftigten gewählt. Sie fördert und überwacht den Vollzug des Bundesgleichstellungsgesetzes im BMBF. Sie wirkt bei allen personellen, organisatorischen und sozialen Maßnahmen innerhalb des BMBF mit, die die Gleichstellung von Frauen und Männern und die Vereinbarkeit von Familie und Erwerbstätigkeit betreffen.) sind geschlechtsspezifische Ungleichheiten im Erwerbsverlauf und in der Entlohnung in Deutschland deutlich erkennbar. Betrachtet man die Erwerbstätigkeit der Frauen in Europa fällt auf, dass im Vereinigten Königreich, in Frankreich, in Skandinavien, in Portugal und vielen ehemals sozialistischen Ländern mehr Frauen erwerbstätig als in Deutschland. Wesentliche Faktoren für die Zunahme der Erwerbstätigkeit von Frauen sind die Ausdehnung des Dienstleistungssektors und das Vorhandensein Kinderbetreuungseinrichtungen, die zum Teil staatlich, zum Teil privat finanziert sind. Dennoch sind Frauen heutzutage am häufigsten teilzeitbeschäftigt, das bedeutet schlechtere Arbeitsbedingungen, geringere Entlohnung und eine geringere Arbeitsplatzsicherheit. In Deutschland sind es ca. ein Drittel aller Frauen, aber lediglich 3% der Männer. Frauen laufen auch häufiger Gefahr ihre Stellung zu verlieren als Männer, in Spanien z.B. lag der Unterschied der Arbeitslosenquote zwischen Männern und Frauen 10,8%. Im Folgenden werden die Fragen untersuchen warum und welche geschlechtsspezifische Ungleichheiten im Erwerbsverlauf und in der Entlohnung heute noch vorhanden sind (vgl. Rössel 2004: 176 ff.).
2. Theorien
Es gibt zahlreiche soziologische und ökonomische Theorien, die sich der Klärung geschlechtsspezifischer Ungleichheiten im Erwerbs- und Berufsverlauf widmen. Im Folgenden werde ich nur einige vorstellen.
Humankapitaltheorie: Die Humankapitaltheorie ist ein neoklassischer Ansatz, der eine rationale Kosten-Nutzung-Kalkulation darstellt. Die Einkommens- und Erwerbsunterschiede sind demnach das Ergebnis der Ausbildungsinvestitionen der Arbeitnehmer. Arbeitnehmer, die geringere schulische und berufliche Bildungsinvestitionen sowie weniger Berufserfahrung aufweisen, haben eine geringere Produktivität. Diese geringere Produktivität wirkt sich negativ auf die Entlohnung und die Arbeitsplatzsicherheit aus. Diese Theorie sagt ebenfalls aus, dass es zwischen Männern und Frauen mit gleichen Humankapitalinvestitionen keine Ungleichheiten geben sollte (vgl. Falk 2005: 37).
Familienökonomie: Dieser neoklassische Ansatz sieht einen direkten Zusammenhang zwischen den geringeren Humankapitalinvestitionen der Frauen und innerfamilialen Arbeitsteilungsprozessen. Entscheidungen über die Aufteilung der Haushalts- und Erwerbsarbeit werden nach dem Prinzip des „komparativen Vorteils“ (ebd.: 37) getroffen. Jener Partner mit dem höheren Marktwert nimmt die Erwerbsarbeit auf und jener mit dem geringeren Marktwert die Hausarbeit. Obwohl diese Theorie, wie die Humankapitaltheorie, offen lässt, welches Geschlecht sich auf welchen Bereich spezialisiert, sind es doch in der Regel die Männer, die sich auf die Erwerbsarbeit spezialisieren. Mit jeder familiären Erwerbsunterbrechung entwertet sich das Humankapital der Person, die sich auf Haushalt und Familie konzentriert (vgl. ebd.).
Kritik erhielten diese zwei Ansätze, weil sie die geschlechtsspezifischen innerfamilialen Arbeitsteilungen als Ergebnis geschlechtsspezifischer Lohnungleichheiten als Ursache für die Aufteilung von Erwerbs- und Hausarbeit zwischen Partnern ansehen und somit lediglich einen „Teufelskreis“ beschreiben (vgl. ebd.).
Theorie der Geschlechterrollensozialisation: Diese Theorie widmet sich dem Prozess der Aneignung von Geschlechterrollen, der durch Interaktion mit der Familie, Freunden, der Schule und den Massenmedien stattfindet. Demnach gibt es Vorstellungen über ein geschlechtsadäquates Verhalten, die die konventionelle Arbeitsteilung mit der Frau als Mutter und Hausfrau und den Mann als Erwerbstätigen und Ernährer beinhalten. Nach dieser Theorie werden geschlechtsspezifische Ungleichheiten im Erwerbsverlauf im Wesentlichen also schon vor dem Eintritt in das Berufsleben, durch die Wahl der Ausbildung geschaffen (vgl. ebd.: 38).
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