Möglichkeiten der Gewinnung und energetischen Nutzung von wasserstoffhaltigen Gasen aus Klärschlamm


Diplomarbeit, 2003

109 Seiten, Note: gut


Leseprobe


Inhalt

TABELLENVERZEICHNIS

BILDVERZEICHNIS

ABKÜRZUNGSVERZEICHNIS

1 EINLEITUNG

2 ERZEUGUNG VON ROHGASEN ZUR WASSERSTOFFPRODUKTION
2.1 Kennwerte zum Energieträger Klärschlamm
2.2 Auswahl aus den möglichen Verfahren
2.3 Anaerobe Umsetzung zu Klärgas
2.3.1 Grundlagen und Verfahrenstechnik der Faulung
2.3.2 Quantität und Qualität des Klärgases
2.3.2.1 Gasanfall auf kommunalen Kläranlagen
2.3.2.2 Zeitlicher Verlauf des Gasanfalls
2.3.2.3 Zusammensetzung von Klärgas
2.4 Vergasung zu Produktgas
2.4.1 Thermochemische Grundlagen
2.4.1.1 Aufheizung und Trocknung
2.4.1.2 Entgasung und pyrolytische Zersetzung
2.4.1.3 Vergasung (Oxidation und Reduktion)
2.4.2 Verfahrenstechniken der Vergasung
2.4.3 Quantität und Qualität
2.4.4 Ausgewählte Beispiele realisierter Anlagen

3 VERFAHREN DER GASAUFBEREITUNG BIS HIN ZU WASSERSTOFF
3.1 Grundoperationen der Gasreinigung
3.1.1 Sorption
3.1.2 Absorption
3.1.3 Adsorption
3.1.4 Membrantrennung
3.1.5 Kondensation
3.2 Verfahren der Klärgasaufbereitung
3.2.1 Flüssigkeits- und Feststoffabscheidung / Trocknung
3.2.2 Entfernung von Schwefelwasserstoff
3.2.2.1 Schwefel-Eisen-Bindung im Schlamm
3.2.2.2 Trockene Adsorption durch Eisenhydroxid (Raseneisenerz)
3.2.2.3 Adsorption an jodimprägnierter Aktivkohle (Oxidation)
3.2.2.4 Absorptive Nassentschwefelung
3.2.2.5 Biologische Verfahren
3.2.3 Anreicherung von Methan
3.2.3.1 Druckwechseladsorption
3.2.3.2 Druckwasserwäsche
3.2.3.3 Chemische Waschverfahren (MEA-Wäsche)
3.2.3.4 Membranverfahren
3.2.3.5 Kryogene Trennung
3.2.4 Abtrennung von Siloxanen und sonstigen Spurenstoffen
3.3 Verfahren der Produktgasaufbereitung
3.3.1 Partikelentfernung (Staub, Asche, Bettmaterial)
3.3.1.1 Zyklone
3.3.1.2 Filtrierende Abscheider
3.3.1.3 Nassabscheider
3.3.1.4 Elektroabscheider
3.3.2 Teerentfernung
3.3.2.1 Thermische Teerspaltung (partielle Oxidation)
3.3.2.2 Katalytische Teerspaltung (katalytische Oxidation)
3.3.3 Weitere Stoffe
3.4 Reformierung kohlenwasserstoffhaltiger Gase zu Wasserstoff
3.4.1 Dampfreformierung (allotherm)
3.4.2 Partielle Oxidation
3.4.3 Autotherme Reformierung
3.5 Kohlenmonoxid-Konvertierung (Shift-Reaktion)
3.6 CO-Feinreinigung von Wasserstoff
3.6.1 Druckwechseladsorption
3.6.2 CO-Methanisierung
3.6.3 Metallmembranen
3.6.4 Selektive CO-Oxidation
3.7 Marktanalyse zur Biogasaufbereitung

4 NUTZUNGSMÖGLICHKEITEN DER GASE
4.1 Nutzung der gereinigten Rohgase
4.1.1 Wärmeerzeugung
4.1.2 Kraft- und Stromerzeugung
4.1.2.1 Dampfmaschinen
4.1.2.2 Gasmotoren
4.1.2.3 Gasturbinen und Mikro-Gasturbinen
4.1.2.4 Sterlingmotor
4.1.3 Nutzung als Rohstoff
4.2 Nutzung von Klärgas in Erdgasqualität
4.2.1 Nutzung als Kraftstoff für Kraftfahrzeuge
4.2.2 Einspeisung in öffentliche Erdgasnetze
4.3 Nutzungsmöglichkeiten im Rahmen der Wasserstofftechnologie
4.3.1 Brennstoffzellen zur Strom- und Wärmeerzeugung
4.3.1.1 Aufbau und Funktionsweise
4.3.1.2 Anforderungen an die Gasqualität
4.3.1.3 Einsatzfelder von Brennstoffzellen
4.3.1.4 Forschungs- und Entwicklungstand beim Klärgaseinsatz
4.3.2 Krafterzeugung mit Verbrennungsmaschinen
4.3.3 Methanolsynthese

5 VERGLEICH VON AUFBEREITETEM KLÄRGAS MIT ENERGIETRÄGERN

6 PERSPEKTIVEN DER WASSERSTOFFENERGIEWIRTSCHAFT

7 ZUSAMMENFASSUNG

8 LITERATURVERZEICHNIS

ANHANG

Tabellenverzeichnis

Tabelle 1: Biogasausbeute ausgewählter Substrate, [ATV363 2002] modifiziert

Tabelle 2: Abhängigkeit des zu erwartenden Biogasanfalls von der praktizierten Verfahrenstechnik der Abwasserreinigung [ATV363 2002]

Tabelle 3: Übliche Inhaltsstoffe in Klärgas [verschiedene Quellen]

Tabelle 4: Reaktionen bei der Vergasung [THOMÉ, 1994, KALTSCHMITT 2001, WOLTERS 2002]

Tabelle 5: Eigenschaften der Gegen- und Gleichstromvergasung

Tabelle 6: Eigenschaften der stationären und zirkulierenden Wirbelschichtvergasung

Tabelle 7: Eigenschaften von Festbett-, Wirbelschicht- und Flugstromvergasern

Tabelle 8: Ausgewählte Beispiele der (Mit-)Vergasung von Klärschlamm

Tabelle 9: Schwerpunkte bei der Aufbereitung der Rohgasen

Tabelle 10: Siedepunkte der Gaskomponenten [SCHMIDT 1970, S. 444]

Tabelle 11: Übersicht Reformierungsverfahren

Tabelle 12: Merkmale verschiedener Biogasmotoren [WEILAND 2000, FNR 2002]

Tabelle 13: Übersicht der Brennstoffzellentypen

Bildverzeichnis

Bild 1: Klärschlammanfall aus kommunalen Kläranlagen in Mio. t TS/a [Stat. Bundesamt 2003]

Bild 2: Entsorgungswege kommunaler Klärschlämme [Stat. Bundesamt 2003]

Bild 3: Heizwert von Klärschlamm in Abhängigkeit vom TR-Gehalt und Schlammtyp [Thomé 1998], modifiziert

Bild 4: Verfahrensvarianten zur thermischen Klärschlammbehandlung [Wolf 1997]

Bild 5: Schema eines Faulbehälter

Bild 6: Schema des vierstufigen anaeroben Abbaus [ATV 1996]

Bild 7: Qualitative Zusammensetzung Klärgas

Bild 8: Schematische Darstellung verschiedener Vergasungssysteme [KALTSCHMITT 2001], modifiziert

Bild 9: Zusammensetzung von Generatorgas und Wassergas [THOMÉ 1994, S. 290]

Bild 10: Wäscherbauarten mit Anhaltszahlen [BRAUER 1996, S. 204]

Bild 11: Klärgasaufbereitungsschritte und Qualitätsstufen bis zu reinem Wasserstoff

Bild 12: Verfahrenskonzept zur H2S-Abscheidung aus Biogas [HENNING 1985]

Bild 13: Verfahrensprinzip Druckwechseladsorption [Schulte 2003]

Bild 14: Produktgasaufbereitungsschritte bis zu reinem Wasserstoff

Bild 15: Aufbau und Prinzip verschiedener Brennstoffzellentypen [HEINZEL 2002]

Abkürzungsverzeichnis

Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten

1 EINLEITUNG

Unsere heutige Energieerzeugung beruht überwiegend auf der Nutzung fossiler Rohstoffe wie Kohle, Erdöl und Erdgas. Bei ihrer Umwandlung in nutzbare Energie wird Kohlenstoffdioxid freigesetzt, welches über viele Jahrtausende in diesen fossilen Brennstoffen eingelagert wurde. Neben anderen Auswirkungen führt das zu einer Erhöhung des Kohlendioxidgehalts in der Atmosphäre mit bisher ungewissen Auswirkungen auf das globale Klima. Durch Nutzung regenerativer Energiequellen würde sich die anthropogene Kohlendioxidproduktion jedoch reduzieren lassen.

In diesem Zusammenhang stellt sich die Frage, in welcher Form die regenerativ erzeugte Energie gespeichert und transportiert werden kann. So ist Wasserstoff in den Mittelpunkt der Diskussion um zukünftige Formen der Energiewirtschaft gerückt.

Wasserstoff kann mittels Elektrolyse von Wasser durch Strom aus regenerativen Energiequellen umwelt- und klimaökologisch sauber erzeugt werden. Bei der Verbrennung mit Sauerstoff entsteht lediglich Wasserdampf. Zur Zeit wird Wasserstoff jedoch überwiegend aus fossilen Energieträgern für die Nutzung in der chemischen Industrie hergestellt. Langfristig kann dies jedoch keine Erzeugungsmöglichkeit sein, da weiterhin Kohlendioxid freigesetzt wird und die fossilen Ressourcen begrenzt sind. Die Erzeugung von Wasserstoff aus regenerativen Energiequellen wird in der Zukunft daher größte Bedeutung haben.

Eine Möglichkeit ist die Nutzung der in Biomasse gespeicherten Sonnenenergie. Der bei der Abwasserreinigung entstehende Klärschlamm besteht zu großen Teilen aus Biomasse und kann daher zu den regenerativen Energieträgern gezählt werden.

In Deutschland fallen derzeit ca. 2,4 Mio. Tonnen Trockenmasse Klärschlamm pro Jahr an; das entspricht einer Produktion von ca. 80 g trockener Schlamm pro Einwohner und Tag. Dazu kommen noch ca. 1,3 Mio. t aus der industriellen Abwasserreinigung. Die Tendenz ist trotz höherer Abwassermengen und erhöhter Anforderungen an die Reinigung seit 1991 leicht fallend. Für Europa werden jedoch steigende Mengen erwartet [Ludwig 2003].

Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten

Bild 1: Klärschlammanfall aus kommunalen Kläranlagen in Mio. t TS/a [Stat. Bundesamt 2003]

Prinzipiell befinden sich im Klärschlamm alle Inhaltsstoffe, die aus dem Abwasser entfernt wurden, um die Gewässer und unsere Umwelt vor negativen Beeinträchtigungen zu schützen und damit auch viele Schadstoffe.

Für den Betreiber einer Abwasseranlage fällt Klärschlamm in erster Linie als Abfall an, den es zu beseitigen gilt. Eine Vermeidung von Klärschlammanfall ist praktisch kaum möglich. Dem Betreiber einer Abwasserbehandlungsanlage bleibt lediglich die Möglichkeit, die anfallenden Klärschlammmengen durch Vorbehandlungsmaßnahmen zu mindern und/oder so zu behandeln, dass die Verwertung oder die Beseitigung erleichtert wird. Zu diesen Vorbehandlungsmaßnahmen zählen insbesondere Entwässerung, Trocknung und Stabilisierung.

Die organischen Bestandteile werden durch die im Schlamm vorhandenen Mikroorganismen zersetzt und beginnen schnell in stinkende Fäulnis überzugehen. Als Konsequenz wird der Schlamm vornehmlich noch auf der Kläranlage stabilisiert. Die gängigste Methode ist die anaerobe Faulung, bei der ein Teil des Klärschlamms zu Klärgas umgesetzt wird.

Welche Möglichkeiten sich zur Beseitigung ergeben bestimmen in erster Linie der Gesetzgeber und erst dann die verfügbaren Techniken und deren Kosten. Die üblichen Entsorgungswege der letzten Jahre sind in Bild 2 dargestellt. In den verschiedenen Bundesländern weichen die genannten Zahlen oft erheblich von den hier dargestellten ab.

Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten

Bild 2: Entsorgungswege kommunaler Klärschlämme [Stat. Bundesamt 2003]

Zu den ältesten Entsorgungspfaden zählt die stoffliche Verwertung in der Landwirtschaft. Sie macht auch heute noch einen Anteil von ca. 30 % aus. Der hohe organische Anteil im Klärschlamm enthält neben Schadstoffen auch viele Nährstoffe wie Phosphor- und Stickstoffverbindungen, die z. B. als Dünger eingesetzt werden können. Aufgrund der Schadstoffe wird diese Art der Entsorgung momentan jedoch sehr kontrovers diskutiert.

Auch die Ablagerung von Klärschlamm auf Deponien wird wegen der verschärften Anforderungen der TA Siedlungsabfall mit dem Ablauf der Übergangsfrist ab dem Jahre 2005 ohne eine Vorbehandlung zur deutlichen Reduzierung des organischen Anteils nicht mehr möglich sein.

Durch den Wegfall dieser beiden wichtigen Entsorgungswege ist für viele Betreiber von Abwasserbehandlungsanlagen Handlungsbedarf bei der Ermittlung zukünftiger Alternativen in der Klärschlammentsorgung gegeben. Der thermischen Verwertung wird dabei das größte Wachstumspotenzial zugesprochen. Thermische Verfahren reduzieren die Schlammmenge enorm und nutzen dabei - im Gegensatz zur stofflichen Verwertung - die im Klärschlamm enthaltene Energie. Damit nimmt Klärschlamm eine Zwischenstellung zwischen Abfallprodukt und Energieträger ein.

Diese Diplomarbeit soll einen Überblick darüber geben welche Möglichkeiten bestehen diese Energie zu nutzen. Dabei wird besonderes Augenmerk auf die zur Zeit unkonventionellen Nutzungspfade von Klärschlamm gelegt, die sich im Rahmen einer künftigen Wasserstoffenergiewirtschaft bieten.

Im zweiten Kapitel werden mögliche Verfahren zur Erzeugung energiereicher Gase aus Klärschlamm beschrieben, aus denen mit weiterführenden Aufbereitungsschritten Wasserstoff erzeugt werden kann. Neben dem bekannten Verfahren der anaeroben Stabilisierung sind auch thermische Verfahren dafür geeignet. Nach der Darstellung der zugrunde liegenden Verfahrenstechniken werden die Parameter, die die erreichbaren Rohgasquantitäten und -qualitäten beeinflussen genannt.

Das dritte Kapitel beschäftigt sich mit der Reinigung und Aufbereitung der Rohgase auf verschiedene Qualitätsstufen bis hin zu technisch reinem Wasserstoff. Anhand einer Marktanalyse zur Klärgasaufbereitung wurden die jeweiligen Produkte der Hersteller ermittelt und deren Funktionsprinzipien dargestellt.

Durch den Einsatz von Wasserstofftechnologien (wie z. B. Brennstoffzellen) ergeben sich in Abhängigkeit von der durch Aufbereitung erreichten Qualitätsstufe der Gase neue Verwertungsmöglichkeiten für die aus Klärschlamm erzeugten Gase. Die Funktionsprinzipien und Anforderungen der verschiedenen Nutzungen werden in Kapitel 4 beschrieben und bewertet.

In den Kapiteln fünf und sechs werden aufbereitetes Klärgas und Wasserstoff mit anderen Energieträgern unter ökologischen und wirtschaftlichen Gesichtspunkten verglichen und Kläranlagen als mögliche Bausteine einer zukünftigen Wasserstoffenergiewirtschaft diskutiert.

2 ERZEUGUNG VON ROHGASEN WASSERSTOFFPRODUKTION

2.1 Kennwerte zum Energieträger Klärschlamm

Erfahrungsgemäß besteht Klärschlamm verfahrenstechnisch bedingt zu über 95 % aus Wasser. Die restliche Trockensubstanz schwankt je nach Art und Herkunft des Abwassers. Sie setzt sich überwiegend (ca. 65%) aus organischen Inhaltsstoffen zusammen (kohlenstoffhaltiger Materie wie Pflanzen und die gesamte Zoomasse und deren Rückstände) und ist somit als Biomasse zu bezeichnen. Der übrige Teil ist mineralisch und kann bis zu 50 % der Trockenmasse ausmachen.

Der Energiegehalt der Trockenmasse beruht letztendlich auf der Fähigkeit von Pflanzen, die eingestrahlte Lichtenergie der Sonne in bio-chemische Energie umzuwandeln (Photosynthese). Bei der Photosynthese wird Kohlenstoff in Form von CO2 aus der Luft in organische Materie eingelagert (gespeichert) und dabei auf ein energetisch höheres Niveau gebracht [KALTSCHMITT 2001, Kap. 2].

Durch eine Verbrennung (bzw. Oxidation) kann diese Energie wieder freigesetzt werden. Eine Oxidation kann auch durch biologische Vorgänge geschehen. Brennbare Bestandteile sind Kohlenstoff und Wasserstoff sowie Schwefel, der aber unerwünscht ist.

Die in einem (Brenn-)Stoff gespeicherte chemische Energie wird durch den Brennwert und den Heizwert beschrieben [CERBE 1999, S. 41]:

Der Brennwert (früher: oberer Heizwert) Ho ist die auf die Brennstoffmenge bezogene Energie, die bei vollständiger Verbrennung frei wird, wenn das Abgas auf Bezugstemperatur (meist 25 °C) zurückgekühlt wird. Hierbei kondensiert der vom Brennstoff verursachte Wasserdampf und gibt seine Kondensationsenergie ab. Der Heizwert (früher: unterer Heizwert) Hu, unterscheidet sich vom Brennwert darin, dass die beim Kondensieren freiwerdende Energie nicht mitzählt. Er ist daher immer kleiner als der Brennwert.

Die Einheit von beiden ist MJ oder kWh pro Mengeneinheit (bei Feststoffen fast immer die Masse in kg).

In dieser Arbeit interessieren besonders gasförmige Brennstoffe, die aus Klärschlamm erzeugt werden können. Brenn- und Heizwert müssen dann für das Volumen des trockenen Gases in einem bestimmten Bezugszustand angegeben werden. Neben der oben genannten Bezugstemperatur für die Verbrennung muss daher auch der Bezugszustand für das reale Volumen des trockenen Gases festgelegt werden.

International gebräuchlich und in der Literatur überwiegend vertreten ist die Angabe der auf das Normvolumen bezogenen Werte Ho,n und Hu,n: Temperatur für das Gasvolumen = 0 °C und Bezugsdruck = 1,01325 bar. Der seltenere Index „ref“ (für Referenzzustand) bezieht sich auf 15 °C. Nach dem Heizwert werden Gase auch in nieder-, mittel oder hochkalorische Gase unterschieden. Der Heizwert der organischen Trockenmasse (oTS) von kommunalem Rohschlamm schwankt in einer relativ engen Bandbreite um ca. 23.000 kJ/Kg oTS. Er ist in erster Linie von den jeweiligen Anteilen der organischen Inhaltsstoffe abhängig. Ein größerer Anteil von Fetten erhöht beispielsweise den Heizwert deutlich.

Der anorganische Anteil trägt nicht zur Erhöhung des Heizwertes bei. Daher ist der Heizwert der gesamten Trockenmasse proportional zum Glühverlust [ATV 1996, S. 96]. Der Heizwert des feuchten Schlamms ist hauptsächlich durch den Wassergehalt (bzw. den Trockenrückstandsgehalt) bestimmt. Diesen Zusammenhang verdeutlicht Bild 3. Man erkennt auch, dass ausgefaulter Schlamm aufgrund des geringeren Anteils organischer Substanz niedrigere Heizwerte erzielt.

Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten

Bild 3: Heizwert von Klärschlamm in Abhängigkeit vom TR-Gehalt und Schlammtyp [Thomé 1998], modifiziert

Der Wassergehalt des Klärschlamms ist also für eine thermische Energienutzung das größte Hindernis. Zur Erwärmung und Verdampfung des Wassers wird je nach Wassermenge sehr viel Energie benötigt (genaue Zahlen z. B. in KLÄRSCHLAMM 1996, Kap. 7.1). Dieser Bedarf kann größer sein als die zu gewinnende Energie aus der Oxidation. Nach THOMÉ 1998 kann Klärschlamm ab ca. 5.000 kJ/kg selbstgängig brennen und seine Energie freigeben.

Ein Großteil des enthaltenen Wassers kann durch mechanische Entwässerung abgetrennt werden. Durch mechanische Entwässerungsmaschinen wie Pressen und Zentrifugen sind Trockenrückstandsgehalte bis maximal 45 % erreichbar. Für höhere Gehalte ist weitergehend eine Trocknung erforderlich. Ab 85 % spricht man von Volltrocknung.

2.2 Auswahl aus den möglichen Verfahren

Während der Literaturrecherche zu Möglichkeiten der Wasserstofferzeugung aus Klärschlamm stellte sich heraus, dass viele Verfahrensketten und -kombinationen existieren oder möglich sind (Die Quellen über mögliche Verfahren stammen neben den wasserstoffspezifischen überwiegend aus Themengebieten der Kohleveredelungs- industrie, der thermischen Abfallentsorgung und der Energieerzeugung aus Biomasse).

Das durch anaerobe Umsetzung anfallende Faulgas kann mit erprobten Verfahren relativ einfach zu Wasserstoff reformiert werden.

Weiter gibt es eine Vielzahl von thermischen Verfahren mit denen auch aus Klärschlamm kohlenstoffhaltige feste, flüssige und gasförmige Energieträger erzeugt werden können. Dabei entstehen oft bereits wasserstoffhaltige Gase. Die Rückstände und Produkte lassen sich teilweise durch weitere Verfahren ebenfalls zu Wasserstoff verarbeiten.

Neben der anaeroben Faulung wurde daher die Gasproduktion durch thermochemische Verfahren genauer untersucht.

Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten

Bild 4: Verfahrensvarianten zur thermischen Klärschlammbehandlung [Wolf 1997]

Die klassischen thermo-chemischen Verfahren lassen sich nach dem Anteil des von außen zugeführten Sauerstoffs (Luftüberschusszahl) in die Verfahren Entgasung, Vergasung und Verbrennung einteilen:

Die Verbrennung hat die weitaus größte Bedeutung unter den Energiewandlungsprozessen und -verfahren. Die Brennstoffe werden oxidiert und setzen ihre Energie als Wärme frei. Wenn diese Reaktion vollständig ablaufen soll, muss ausreichend Sauerstoff vorhanden sein (stöchiometrisches Verhältnis). In der Praxis wird er im Überschuss bereitgestellt, so dass die chemisch gebundene Energie durch möglichst vollständige Oxidation der brennbaren Bestandteile in Wärme umgewandelt wird.

Für die Erzeugung eines Sekundärenergieträgers wie Wasserstoff ist die Verbrennung daher in dieser Art nicht geeignet.

Bei Ent- und Vergasungsverfahren wird weniger Sauerstoff zugeführt als für eine vollständige Oxidation nötig wäre. Als Produkte können daher je nach Verfahrensbedingungen verschiedene Energieträger in unterschiedlichen Anteilen entstehen:

- gasförmige ( z.B. Schwelgas, Schwachgas, Synthesegas, Stadtgas)
- flüssige (Pyrolyseöl, Teeröle)
- feste (Kohle, Koks)

Als Rückstände verbleiben - wie bei der Verbrennung - Asche oder Schlacke.

Entgasungsverfahren finden unter möglichst vollständigem Sauerstoffabschluss statt. Durch Wärmezufuhr zersetzt sich der Brennstoff in seine Bestandteile. Je nach Verfahren liegt der Schwerpunkt dabei auf festen Energieträgern z. B. bei der Schwelung oder Verkohlung, auf flüssigen Energieträgern wie bei der Pyrolyse (trockene Destillation) oder der Niedertemperaturkonvertierung.

Für die Erzeugung von wasserstoffhaltigen Gasen sind Entgasungsverfahren theoretisch einsetzbar. Um weitere Umwandlungsschritte zu vermeiden, sollte das Ziel dann jedoch direkt auf gasförmige Produkte gelegt werden.

Die Vergasung verfolgt das Ziel, kohlenstoffhaltige Feststoffe möglichst vollständig in brennbare Gase umzuwandeln. Dazu wird ein Vergasungsmittel (meist Luft oder Wasserdampf) zugeführt. Es kann auch der Entgasung nachgeschaltet werden, um so deren Rückstände zu minimieren.

Vor Einführung von Erdgas in die öffentliche Gasversorgung (um 1960) wurde bereits mit diesem Verfahren „Stadtgas“ mittels Kohlevergasung produziert. Es gibt viele umgesetzte Verfahren besonders aus der Kohleveredelung. Die bekanntesten sind die Lurgi-Druck- Vergasung, das Koppers-Totzek- und das Winkler-Verfahren.

Es werden so unterschiedliche Gasgemische für die chemische Industrie erzeugt. So genannte Synthesegase bestehen größtenteils aus Wasserstoff und Kohlenmonoxid. Sie dienen u. a. als Ausgangsmaterial zur Herstellung von Wasserstoff und für verschiedene Synthesen (Ammoniak- und Methanolherstellung) [FRANK 1979, CERBE 1999]. Im Weiteren wird der Überbegriff „Produktgas“ für diese Gasgemische verwendet.

Die Vergasung von Klärschlamm wird zurzeit noch erforscht. Es existieren jedoch bereits großtechnische Umsetzungen zur Mitbehandlung. Zur Erzeugung von wasserstoffhaltigen Gasen ist die Vergasung ein erprobtes Verfahren und wird daher in Kapitel 2.4 näher beschrieben.

2.3 Anaerobe Umsetzung zu Klärgas

2.3.1 Grundlagen und Verfahrenstechnik der Faulung

Bei biochemischen Verfahren erfolgt die Umwandlung der Biomasse mit Hilfe von Mikroorganismen (Bakterien, Einzeller, Pilze) und damit durch biologische Prozesse. In der Natur bestehen zwei grundsätzlich verschiedene Abbauwege für organisches Material durch Mikroorganismen: der aerobe Abbau mit Hilfe von Luftsauerstoff sowie die anaeroben Abbauwege unter vollkommenem oder weitgehendem Luftabschluss [KALTSCHMITT 2001, S. 586ff!]:

Bei aeroben Abbauvorgängen wird die Biomasse durch die Mikroorganismen zu Kohlendioxid und Wasser umgesetzt (oxidiert). Die gesamte gespeicherte Energie wird dabei freigesetzt und steht den Mirkoorganismen für ihre Lebensprozesse (z. B. Vermehrung) zur Verfügung. Die restliche Energie wird als Wärme freigesetzt. Anaerobe Bakterien haben sich dagegen auf ein Leben ohne Sauerstoff eingestellt. Sie können die Biomasse nicht oxidieren und daher nur einen Teil der enthaltenen Energie (max. 10 %) für sich gewinnen. Der größte Teil der chemisch gebundenen Energie verbleibt daher in den Produkten, die sie beim Abbauprozess bilden. Es wird daher auch kaum Wärme freigesetzt. Folglich müssen die Mikroorganismen zu ihrer Vermehrung relativ viel Material abbauen, so dass nach der Umsetzung weniger Biomasse zurückbleibt als bei aeroben Verfahren. Dieser Umstand macht anaerobe Verfahren für die Abfallbehandlung interessant.

Der Abbau wird bei fettarmen, kohlenstoffreichen Substraten (besonders Pflanzen) auch als „Vergärung“ bezeichnet, bei fettreichen Substraten wie tierischem Abfall oder Klärschlamm als „Faulung“ [ATV9 1997, S. 121]. In beiden Fällen entsteht ein Gas, das allgemein „Biogas“ genannt wird. Biogas steht als Überbegriff für ein brennbares Gasgemisch, das durch anaerobe Umsetzung organischer Stoffe durch Mikroorganismen entsteht. Es besteht nahezu ausschließlich aus Methan (CH4) und Kohlendioxid (CO2). Je nach Herkunft enthalten sie zusätzlich unterschiedliche Arten und Mengen von Spurengasen (siehe Kap. 2.3.2).

Zur Stabilisierung von Klärschlamm (oder zur biologischen Abfallbehandlung) wird der natürliche Vorgang in Faulbehälter (bzw. Vergärungsanlagen) verlagert mit dem Ziel, die Umsetzung genau zu steuern bzw. zu optimieren und das dabei entstehende energiereiche Gas aufzufangen.

Nach einer ATV-Umfrage [ESCH 1999] werden im Jahr 1996 ca. 85 % aller kommunalen Schlämme anaerob stabilisiert. In einem Faulbehälter wird dabei unter Luftabschluss ungefähr die Hälfte der organischen Substanz zu Klärgas und Wasser umgesetzt. Der so vorbehandelte Schlamm wird Faulschlamm genannt.

Die Vergärung von Biomasse und Abfällen (z. B. Gülle) hat in den letzten Jahren einen starken Zuwachs bekommen [VDI1751 2003]. Die Anzahl der Biogasanlagen hat sich von 1999 bis 2002 fast verdoppelt, die Leistung sogar mehr als verdreifacht [KALTSCHMITT 2003].

In Abwasserreinigungsanlagen dagegen hat dieses Verfahren zur Stabilisierung schon lange Tradition und zählt zum Stand der Technik. Ein großer Teil (40 %) der Abwasserbehandlungskosten wird dafür aufgewendet. Im Folgenden werden nur die Grundlagen beschrieben. Der Schwerpunkt liegt dabei auf der Quantität und Qualität sowie auf den wichtigsten Zusammenhängen in Bezug auf die Gaserzeugung.

Der eingedickte Rohschlamm wird über einen Wärmetauscher in den Faulbehälter gepumpt. Bild 5 zeigt das vereinfachte Schema eines Faulbehälters. Im Idealfall besitzt er eine Eiform, um eine vollständige Durchmischung (Umwälzung) zu erleichtern. Weiter sind eine Beheizung und eine gute Isolierung erforderlich. Je nach Anlagengröße hat der Schlamm eine Durchflusszeit von weniger als 15 bis mehr als 20 Tagen.

Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten

Bild 5: Schema eines Faulbehälter

Der Abbau organischen Materials verläuft bei der Faulung nach heutigem Erkenntnisstand in vier Phasen (Bild 6), an denen jeweils sehr unterschiedliche Bakteriengruppen beteiligt sind. In der Praxis laufen diese unterschiedlichen Stoffwechselprozesse gleichzeitig und verteilt im Faulbehälter ab [ATV 1996, WEILAND 2001, THOMÉ 1995].

Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten

Bild 6: Schema des vierstufigen anaeroben Abbaus [ATV 1996]

Die organischen Inhaltsstoffe liegen zunächst in Form hochmolekularer Stoffe (Kohlenhydrate, Proteine, Fette, Zellulose) vor. Durch Enzyme und Bakterien werden in der Hydrolyse-Phase diese in gelöste Bruchstücke (meist Einer- und Zweierverbindungen) zerlegt.

Die gebildeten Mono- und Dimere werden in der Versäuerungsphase von Bakterien aufgenommen und zu organischen Säuren und Alkoholen sowie Wasserstoff und Kohlendioxid vergoren. Von diesen Zwischenprodukten können Methanbakterien jedoch nur Essigsäure, H2 und CO2 zu Methan umsetzen.

Somit müssen die übrigen Verbindungen in der Acetogenen-Phase zu Essigsäure umgebaut werden. In der Methanogenen-Phase erfolgt letztendlich unter streng anaeroben Bedingungen die Erzeugung von Methan aus Essigsäure durch acetothrophe Methanbakterien und aus Wasserstoff und Kohlendioxid durch hydrogenothrophe. Hydrolyse und Versäuerung werden von einer großen Gruppe verschiedener (fakultativer) Anaerobier durchgeführt. Diese Stufen weisen daher eine große Toleranz gegenüber Milieuschwankungen (Temperatur, pH-Wert, Nährstoffangebot, toxische Stoffe) auf. Die acetogenen und methanogenen Bakterien sind dagegen empfindliche Spezialisten, auf deren Ansprüche die Verhältnisse im Faulbehälter abgestimmt und optimiert werden müssen. Hemmungen durch (Schwer-)Metalle und organische Verbindungen sind zu vermeiden.

In der Praxis herrschen im Faulbehälter meist Temperaturen, die auf mesophile Bakterien (30 bis 40 °C) abgestimmt sind. Durch eine Steigerung der Temperatur lässt sich der Abbauprozess jedoch beschleunigen und damit die Faulzeit verkürzen. Bei einer Verfahrensvariante, der zweistufigen thermophilen/mesophilen Faulung erfolgt in der ersten Stufe (ca. 55 °C) ein Vorabbau der organischen Substanz durch thermophile Bakterien und in der zweiten Stufe (ca. 35 °C) der Endabbau durch mesophile. In beiden Stufen erfolgt der Abbau unter stabiler Methanproduktion. Als Nachteil für den schnelleren und intensiveren Umsatz muss mehr Energie für die Beheizung der beiden Faulbehälter aufgewendet werden.

Die Faulung ist ein asymptotisch verlaufender Prozess und wird daher an einem bestimmten Punkt abgebrochen, der als technische Faulgrenze bezeichnet wird. Sie ist erreicht, wenn etwa 90 % der bei 15 °C entstehenden Gasmenge erzeugt ist. Etwa die Hälfte der eingebrachten organischen Stoffe ist dann abgebaut ATV 1996, S. 160].

2.3.2 Quantität und Qualität des Klärgases

2.3.2.1 Gasanfall auf kommunalen Kläranlagen

Die Ausbeute, d.h. die aus einer bestimmten Substratmenge gewonnene Gasmenge, sowie die Qualität des gewonnenen Gemisches hängen bei der Klärschlammfaulung in erster Linie von den nachfolgenden Randbedingungen ab [ATV363 2002, KALTSCHMITT 2001, S. 651ff]:

- Schlammbeschaffenheit (Zusammensetzung des Faulsubstrates)
- Anteil und Verteilung der Grundsubstrate
- gesamter organischer Anteil (g BSB5/E · d)
- Toxische Einflüsse (Hemmung oder Vergiftung der Biologie)
- Verfahrenstechnik der Abwasserreinigung (Vorklärung, Nitrifikation)
- Je höher der Reinigungsgrad der Biostufen, umso geringer der spez. Gasanfall
- Belastungszustände (Auslastungsgrad des Faulraums, Faulzeit )
- Faulraumvolumen
- günstigere Ergebnisse bei größeren Anlagen und mehreren Türmen

Tabelle 1 verdeutlicht die Unterschiede zwischen unterschiedlichen Stoffgruppen - auch wenn die Werte aus verschiedenen Literaturangaben [THOMÉ 1995, S. 370, ATV363 2002, S. 96 u. 98] nicht immer übereinstimmen - was auf schwankende chemische Zusammensetzungen oder unterschiedliche Umsatzraten zurückzuführen sein könnte.

Tabelle 1: Biogasausbeute ausgewählter Substrate [ATV363 2002], modifiziert

Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten

Bei der Auslegung von Gasverwertungsanlagen ist es nötig, Annahmen für den Gasanfall zu machen, die - sofern möglich - den standort- bzw. projektspezifischen Untersuchungen entsprechend angepasst werden.

Grundsätzlich sollten die niedrigsten Werte des zu erwartenden Biogasanfalls berücksichtigt werden. Werden Gasmotoren installiert, sollte die Speicherkapazität auf höhere Erwartungswerte Bezug nehmen, auch wenn diese nur über bestimmte Betriebsphasen (mehrere Monate) erwartet werden können.

Nach ATV363 2002 können folgende Erwartungswerte für die zu berücksichtigenden Gasausbeuten angesetzt werden. Als universeller Faustwert kann 17 l Klärgas pro Einwohnerwert und Tag gewählt werden (circa 400 l /kg oTS).

Tabelle 2: Abhängigkeit des zu erwartenden Biogasanfalls von der praktizierten Verfahrenstechnik der Abwasserreinigung [ATV363 2002]

Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten

In Ausnahmefällen können bei mittelgroßen Anlagen über kürzere Betriebsperioden und bei Großanlagen über längere Betriebsperioden unter optimalen Verfahrensbedingungen bis ca. 33 l/(EW · d) erreicht werden.

In der Praxis werden oftmals noch höhere Biogasanfallraten beobachtet, was in der Regel darauf zurück geführt werden kann, dass der Bezug 60 g/(EW · d) infolge unterschiedlichster Ursachen (z. B. besonderen Industrie- oder Gewerbeeinflüssen) in diesen Fällen nicht sachgerecht gewählt werden kann. Das Merkblatt 363 enthält weitere Angaben zur Gasausbeute organisch hochkonzentrierter Abwässer.

In Deutschland gibt es ca. 10.000 kommunale Kläranlagen. Eine anaerobe Stabilisierung ist frühestens ab 20.000 angeschlossenen Einwohnern üblich [ATV 1996, S. 217]. Betrachtet man eine Kläranlage an der 100.000 Einwohner angeschlossen sind (nur 3 % der Kläranlagen), ist mit einer Klärgasproduktion von lediglich 70 m³/h zu rechnen. Große Mengen zwischen 500 m³/h und 2000 m³/h werden daher nur an wenigen Kläranlagen erreicht [vgl. DRAUTZBURG 1985]. Außerdem werden die Klärgasausbeuten durch verschärfte Abwasserreinigungssysteme wesentlich verringert [LOLL 2001].

2.3.2.2 Zeitlicher Verlauf des Gasanfalls

Anders als bei der industriellen Abwasserreinigung, die in vielen Fällen saisonalen Schwankungen unterliegt, ist der zeitliche Verlauf des Klärgasanfalls bei der kommunalen Abwasserbehandlung über das Jahr relativ konstant. Tageszeitliche Schwankungen können durch unterschiedliche Betriebsweisen der Faulanlage entstehen: Bei kleineren Anlagen wird der Rohschlamm nur einmal am Tag in einer relativ kurzen Zeit in den Faulbehälter gefördert. Danach setzt eine lebhafte Faulgasproduktion für einige Stunden ein, in der bis zu 80 % der Tagesgasmenge anfallen. Auf großen Anlagen wird der Schlamm (quasi)kontinuierlich abgezogen, so dass diese Schwankung nicht entsteht [ATV 1996, S. 625]. Daneben können unterschiedliche Inhaltsstoffe die Ursache für temporäre Schwankungen sein.

Die Schwankungen können mit Speichern ausgeglichen werden. Speicher sind relativ teure Bauelemente. Die notwendige Größe des Speichervolumens hängt hauptsächlich von der angestrebten Nutzung ab: Wird das Faulgas ausschließlich zur Faulbehälterbeheizung verwendet, ist kein Gasspeicher nötig [ATV 1996, S. 624]. Um temporäre Schwankungen zwischen Gasanfall und Verbrauch auszugleichen, wird in SIXT 1997 ein Speichervolumen von 30 bis 50 % der täglich produzierten Faulgasmenge empfohlen. Bei der Stromerzeugung aus Gas stellt sich die Frage, ob Grundlaststrom oder Spitzenstrom erzeugt werden soll. Die Volumina dafür werden mit 50 bis 75 % angeben. Ist ein Speicher zu klein, wird das überschüssige Gas ungenutzt abgefackelt.

Faulgas wird entweder in Membranspeichern (Niederdruck <50 mbar) oder komprimiert in Druckspeichern (bis 10 bar) aus Metall gespeichert. Druckspeicher kommen mit einem deutlich kleineren Volumen aus. Für Nutzung als Treibstoff in Kfz sind Drücke >200 bar notwendig. Auf die unterschiedlichen Bauformen und Verfahrensweisen wird nicht näher eingegangen.

2.3.2.3 Zusammensetzung von Klärgas

Die gewünschte Komponente ist Methan, dessen Energiegehalt dem von Erdgas gleicht. Klärgas besteht zu 55 bis 75 % aus Methan, als Mittelwert wird in vielen Quellen 65 % genannt. Klärgase aus der Zucker- und Stärkeindustrie können jedoch auch Methangehalte von bis zu 85 % erreichen. Der Rest besteht überwiegend aus Kohlendioxid (Bild 7).

Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten

Bild 7: Qualitative Zusammensetzung Klärgas

Stickstoff und Sauerstoff treten selten in größeren Anteilen als 1 % auf, was auf Falschluft zurückzuführen ist. Daneben können verschiedene Spurenstoffe auftreten, deren Konzentrationen normalerweise im Milligrammbereich pro Kubikmeter liegen. In Tabelle 3 sind die üblichen Komponenten aufgelistet. Oft treten sie nur temporär und in stark schwankenden Konzentrationen auf. Über die jeweiligen Gehalte im Klärgas können daher keine allgemeingültigen Aussagen getroffen werden. Die Tabelle ist das bewertete Ergebnis aller gefundenen Literaturquellen.

Tabelle 3: Übliche Inhaltsstoffe in Klärgas [verschiedene Quellen]

Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten

Spurenstoffe sind mit „Spur“ gekennzeichnet

mehr (+), deutlich mehr (++) und weniger (-) beziehen sich auf Klärgasgehalte

Biogas aus Vergärungsanlagen hat allgemein eine sehr ähnliche Zusammensetzung wie Klärgas. Es kann daher in gleichartiger Weise aufbereitet und verwendet werden. Deponiegase sind von Klär- und Biogasen deutlicher zu unterscheiden. Der Methangehalt

Wasserdampf gesättigt temperaturabhängig (20-40 °C), gesättigt gesättigt 2 - 7 % bei 30 °C ca. 30 g/m³ u. a. aus [KUGEL 1983, LAUER 1985, WERNER 1985, DVGW 1991, ATV 1996 (S. 666), ATV363 2002] ist in der Regel niedriger und durch Falschluft oder Luftansaugung durch den Deponiekörper sind Stickstoffanteile von 20 % üblich; der Sauerstoff wird größtenteils mikrobiell veratmet. Außerdem sind in Deponiegasen sehr viel höhere Konzentrationen von sonstigen Kohlenwasserstoffen (fluorierte, chlorierte, aromatische, …) zu erwarten, von denen viele gesundheitsschädlich sind.

2.4 Vergasung zu Produktgas

Zum Thema Monovergasung von Klärschlamm wurde insgesamt sehr wenig Primärliteratur gefunden. Die Grundlagen stammen überwiegend aus dem Themengebiet der thermischen Abfallbehandlung [THOMÉ 1994, Kap. 6] sowie der Vergasung von Biomasse [KALTSCHMITT 2001, Kap. 8.3 und 10].

Bei allen thermo-chemischen Verfahren laufen komplexe aber ähnliche Prozesse ab. In der Literatur wird nicht immer zwischen Verfahren und Prozess differenziert. Beispielsweise versteht man unter dem Begriff „Pyrolyse“ neben dem Verfahrensprinzip auch den Prozess der Zersetzung eines Stoffes ohne Luftzufuhr unter Wärmeeinwirkung (Pyr: Feuer, lysis: auflösen). Er findet z. B. auch als Teilprozess bei der Verbrennung und der Vergasung statt. Oft werden die Verfahren nach dem vorwiegend stattfindenden Prozess benannt und eingeordnet. Eine strikte Trennung von Verfahren und Prozess ist daher nicht nötig.

Im folgenden Kapitel werden die Teilprozesse bei steigenden Temperaturen beschrieben. Sie können je nach Verfahrenstechnik (Kap. 2.4.2) örtlich durch verschiedene Temperaturbereiche voneinander getrennt stattfinden oder gleichzeitig an einem Ort.

2.4.1 Thermochemische Grundlagen

2.4.1.1 Aufheizung und Trocknung

Bei Temperaturen bis etwa 200 °C verdampft das physikalisch gebundene Wasser. Dieser Prozess benötigt viel Energie. Idealerweise sollte daher der Einsatzstoff keine größeren Wassermengen mehr enthalten. Teilweise ist eine maschinelle Entwässerung ausreichend. Eine weitergehende Vortrocknung ist bei thermischen Prozessen meistens durch Abwärme aus den Abgasen oder aus Kühlkreisläufen zu realisieren. Eine Übersicht der für Klärschlamm verwendbaren Verfahren ist in [MELSA 1997] beschrieben.

2.4.1.2 Entgasung und pyrolytische Zersetzung

Die pyrolytische Zersetzung ist ein Teilprozess der Vergasung sowie der typische Prozess der Entgasung, welche auch als eigenständiges Verfahren zur Erzeugung wasserstoffhaltiger Gase betrachtet werden kann.

Durch eine weitere Erhöhung der Temperatur beginnen sich flüchtigere Bestandteile des Einsatzstoffes abzutrennen (sie „entgasen“). Die pyrolytische Zersetzung ist dadurch gekennzeichnet, dass sie unter Abschluss von Sauerstoff stattfindet. Es werden jedoch auch einige sauerstoffhaltige Moleküle freigesetzt, die eine Teiloxidation bewirken können.

Erreicht der Brennstoff eine Temperatur von 200 bis 500 °C werden Seitengruppen höhermolekularer organischer Substanzen wie Zellulose, Eiweiß und Fette abgespalten. Es entstehen flüchtige Gase, flüssige organische Verbindungen (Pyrolyseöl) sowie feste kohlenstoffhaltige Rückstände. Die Zusammensetzung der Produkte wird wesentlich von der Aufheizgeschwindigkeit, der Verweildauer und dem erreichten Temperaturniveau bestimmt.

Bei Temperaturen zwischen 350 und 550 °C ist die Ausbeute an flüssigen Zersetzungsprodukten wie Ölen und Teeren am höchsten. Bei steigenden Temperaturen werden die entstandenen Produkte immer weiter in kurzkettigere aufgespalten.

Das Pyrolysegas (Schwelgas) besteht im Wesentlichen aus niedermolekularen Verbindungen. Brennbare Bestandteile sind H2, CO, CH4, sowie (aromatische und phenolische) Kohlenwasserstoffe (CnHm, z. B. Ethylen, Ethan und Propen). Weiter enthält es CO2. Der Anfall des wässrigen Kondensats steigt noch bis etwa 300 °C (inf. Trocknung) und bleibt dann konstant bis Wassergasreaktionen einsetzen.

Im Mitteltemperaturbereich bis 800 °C fallen hauptsächlich heizwertreiche Gase an. Während H2 und CO mit einem Heizwert von 12,7 bzw. 12,6 MJ/m³ von gleicher Größenordnung sind, liegen die Werte für CH4 und C2H4 (Ethylen) etwa 3 bzw. 5 mal so hoch [THOMÉ 1994, S. 288]. Bei Temperaturen bis etwa 1.100 °C ist die Ausbeute an heizwertärmeren Gasen hoch. Dabei entstehen auch aus dem festen Kohlenstoff und besonders den flüssigen organischen Produkten zunehmend die stabil bleibenden Gase (H2, CO, CO2, CH4). Der Heizwert des Gases nimmt demnach mit steigender Temperatur ab. Die Menge des Gases dagegen nimmt mit steigender Temperatur zu.

Als fester Rückstand der pyrolytischen Zersetzung bleibt Pyrolysekoks zurück. Er besteht aus Restkohlenstoff und Asche (unverbrennbare Brennstoffbestandteile).

2.4.1.3 Vergasung (Oxidation und Reduktion)

Die eigentliche Vergasung folgt der pyrolytischen Zersetzung. Die dabei entstandenen Produkte werden durch Oxidation und Reduktion weiter umgesetzt. Insbesondere der bei der pyrolytischen Zersetzung übrig bleibende Restkohlenstoff soll möglichst vollständig in brennbare Gase umgewandelt („vergast“) werden.

Die Vergasung findet bei höheren Temperaturen (ca. 800 bis 1000 °C, maximal 2000 °C) und mit einem sauerstoffhaltigen Vergasungsmittel statt. Als Vergasungsmittel werden Wasserdampf, Luft, Sauerstoff oder Kohlendioxid eingesetzt. Das Vergasungsmittel wird immer unterstöchiometrisch zugeführt. Je nach Vergasungsmittelmenge und den im Reaktor vorliegenden Temperatur- und Druckbedingungen finden folgende vereinfachte Reaktionen statt (Tabelle 4):

Tabelle 4: Reaktionen bei der Vergasung [THOMÉ, 1994, KALTSCHMITT 2001, WOLTERS 2002]

Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten

Dort, wo das Vergasungsmittel zugeführt wird, bildet sich meist eine Oxidationszone aus. Hier entstehen die notwendigen hohen Temperaturen sowie CO2 und Wasser. In der Reduktionszone werden diese Verbrennungsprodukte mit festem Kohlenstoff zu Kohlenmonoxid und Wasserstoff reduziert. Das entstehende Gas wird im folgenden „Produktgas“ genannt. Oft ist auch die Bezeichnung Synthesegas für dieses H2- und CO- haltige Gas üblich, weil es als Ausgangsstoff für zahlreiche chemische Synthesen verwendet werden kann.

Als (unerwünschte) Reststoffe bleiben je nach Vergasungsverfahren in unterschiedlichen Mengen Kondensate (Teere), Asche und Staub. Ab ca. 1.400 °C werden die festen Rückstände zu Schlacke eingeschmolzen.

2.4.2 Verfahrenstechniken der Vergasung

Die bestehenden Systeme zur Vergasung unterscheiden sich grundsätzlich anhand

- des Reaktortyps (Festbett, Wirbelbett und Flugstromvergaser),
- der Art der Wärmebereitstellung (autotherm und allotherm),
- des eingesetzten Vergasungsmittels und
- der Druckverhältnisse im Reaktor (atmosphärischer oder erhöhter Druck).

Der Reaktortyp wird durch die Art des Kontakts zwischen Oxidationsmittel und Biomasse definiert. Die prinzipiell zur Gaserzeugung existierenden Reaktortypen sind in Bild 8 schematisch dargestellt. Sie werden im Folgenden beschrieben. Ihre Vor- und Nachteile werden in den folgenden Tabellen zusammengefasst.

Je nach Art der Wärmeeinbringung unterscheidet man zwischen autothermer und allothermer Vergasung. Bei der autothermen Vergasung wird die Wärme durch Teilverbrennung des Einsatzmaterials während der Vergasung zur Verfügung gestellt. Im Fall der allothermen Vergasung wird die Wärme indirekt z. B. über beheizte Außenwände oder durch umlaufende Wärmeträger (z. B. Bettmaterial) zugeführt.

Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten

In Festbettvergasern wandert der geschüttete Brennstoff (z. B. Klärschlammpellets) infolge Schwerkraft und fortschreitenden Reaktionen durch den Reaktor. Die Teilprozesse Trocknung, pyrolytische Zersetzung, Oxidation und Reduktion finden dabei in verschiedenen Zonen statt. Je nach Strömungsrichtung des Gases relativ zum Brennstoff unterscheidet man zwischen Gegenstrom- und Gleichstromvergasung (engl.: updraft bzw. downdraft gasification).

Bei der Gleichstromvergasung durchströmen alle Pyrolyseprodukte die heiße Oxidationsund Reduktionszone bevor sie den Reaktor verlassen. Dadurch wird ein teerarmes Gas erzeugt. Bei der Gegenstromvergasung durchströmt das Vergasungsmittel erst diese Zonen und dann die Zonen der pyrolytischen Zersetzung und der Trocknung; es führt daher eine große Menge an Teeren mit, die wiederum den Heizwert heben.

Tabelle 5: Eigschschaften der Gegen- und Gleichstromvergasung

Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten

Tabelle 6: Eigenschaften der stationären und zirkulierenden Wirbelschichtvergasung

Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten

zweiten Wirbelschicht bereitstellt. Der Vorteil solcher mehrstufiger Vergaser ist, dass man Abgas- und Produktgasstrom trennen kann. Ohne eine Luftzerlegungsanlage zur Bereitstellung von reinem Sauerstoff oder einen aufwendigen Hochtemperatur-Wärmetauscher zu benötigen ist das Ergebnis ein hochwertiges, mittelkalorisches Produktgas. Diese Systeme befinden sich noch in der Entwicklung [KALTSCHMITT 2001, S. 444].

Weitere in Bezug auf die Klärschlammvergasung werden in Kapitel 2.4.4(Ausgewählte Beispiele realisierter Anlagen) genannt.

2.4.3 Quantität und Qualität

Die Hauptkomponenten des Produktgases der Vergasung sind Wasserstoff, Kohlenmonoxid, Kohlendioxid, Stickstoff und Methan.

Weiter sind geringe Mengen von Alkalien (Natrium und Kalium), Schwefelverbindungen (H2S und COS), Halogenverbindungen (HCl und HF) und Stickstoffverbindungen (z. B. NH3) enthalten. Neben den gasförmigen Bestandteilen können auch größere Mengen Partikel im Gas enthalten sein, die aus dem Reaktor teilweise mit ausgetragen werden. Dazu zählen Staub, Asche und Bettmaterial sowie unvollständig umgesetzte Kohlenwasserstoffe wie Teere und polyzyklische aromatische Kohlenwasserstoffe (PAK). Unter dem Bergriff „Teer“ sind alle organischen Substanzen mit einer höheren Siedetemperatur als Wasser verstanden. Teergehalte und Zusammensetzung schwanken stark in Abhängigkeit von den Vergasungsverfahren. Sie spielen bezüglich einer weiteren Verwendung eine große Rolle als störende Komponente.

Die Zusammensetzung des Produktgases und die Gasausbeute der Vergasung hängt

- wie schon teilweise in den letzten Kapiteln beschrieben - von vielen Faktoren ab. Zu den wichtigsten zählen:
- Art und Menge des Vergasungsmittels
- erreichte Temperatur
- Bauart des Vergasers
- Anwesenheit von Katalysatoren
- Druckverhältnisse im Reaktor
- Zusammensetzung des Klärschlamms

Wird Luft als Vergasungsmittel eingesetzt sind im Produktgas erhebliche Anteile von Stickstoff enthalten. Bild 9 zeigt eine typische Zusammensetzung des Produktgases (links wurde Luft und rechts Wasserdampf als Vergasungsmittel eingesetzt). Für die Erzeugung von Wasserstoff wird als Vergasungsmittel daher am besten Wasserdampf eingesetzt.

Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten

Bild 9: Zusammensetzung von Generatorgas und Wassergas [THOMÉ 1994, S. 290]

Bei steigenden Temperaturen und fallendem Druck verlagern sich die Gleichgewichte der endothermen Boudouard- und Wassergasreaktion zugunsten von CO und H2, was für eine Wasserstofferzeugung sinnvoll ist. Bei hohen Drücken (und niedrigeren Temperaturen) entsteht mehr CO2 und nach der Methanbildungsreaktion mehr CH4.

Angaben zur Gaszusammensetzung und Gasausbeute speziell für die Vergasung von Klärschlamm konnten in der verwendeten Literatur kaum gefunden werden. Die oben genannten Angaben gelten jedoch qualitativ auch für Klärschlamm [RÖLLE 2002, REIMER 2003]. Genauere Angaben zu Verunreinigungen bei der Holzvergasung sind in [KALTSCHMITT 2001, S. 451ff] zu finden.

2.4.4 Ausgewählte Beispiele realisierter Anlagen

Tabelle 8: Ausgewählte Beispiele der (Mit-)Vergasung von Klärschlamm

Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten

3 VERFAHREN DER GASAUFBEREITUNG BIS ZU

Die Aufbereitungsschritte, die die Rohgase bis zu technisch reinem Wasserstoff durchlaufen müssen, werden in den folgenden Kapiteln beschreiben.

Klärgas wird im Gegensatz zu Produktgas nicht nur für eine Wasserstoffproduktion erzeugt. Die Verwertung von Klärgas ist aus ökologischer und ökonomischer Sicht zwingend geboten. (CH4 ist 24 mal klimaschädlicher als CO2 [DICHTEL 1997]). Es wird schon seit langem (ca. 30 Jahren) z. B. in Gasmotoren zur Stromerzeugung verwendet. In der neueren Zeit eröffnen sich neben der Wasserstofferzeugung weitere alternative Nutzungsmöglichkeiten wie die Aufbereitung auf Erdgasqualität oder die direkte Nutzung von Klärgasen in Brennstoffzellen.

Jeder Nutzungspfad stellt spezifische Anforderungen an die Reinheit. Der Verwendungszweck bestimmt also die Reinheitsanforderungen und somit die Art der Aufbereitung und den notwendigen Aufwand.

Störende Inhaltsstoffe müssen aus den Gasen entfernt werden, um Verschleiß und Beschädigungen der Aggregate zu vermeiden sowie die Wartungsintervalle wirtschaftlich zu halten. Sie lassen sich nach ihren schädigenden Auswirkungen in drei Gruppen einteilen:

- Korrosion in Behältern, Zuleitungen und Aggregaten (z. B. Schwefelverbindungen, Wasserdampf, Ammoniak)
- Ablagerungen und Verstopfungen (z. B. durch Partikel, Teere, Siloxane)
- Katalysatorgifte (z. B. Schwefelverbindungen, Kohlenmonoxid)

Weitere Anforderungen können durch vorgeschriebene Emissionsgrenzwerte für umweltschädigende Abgase sowie durch definierte Qualitätsstandards (z. B. „Erdgasqualität“) entstehen. Es müssen daher gegebenenfalls auch unschädliche und lediglich verdünnende Bestandteile entfernt werden, um die Qualität des Gasgemischs auf das für eine Verwendung benötigte Mischungsverhältnis bzw. auf Mindestgehalte einzustellen. Tabelle 9 nennt die wichtigsten zu entfernenden Gaskomponenten.

Tabelle 9: Schwerpunkte bei der Aufbereitung der Rohgasen

Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten

Allgemein stellen die neueren Nutzungspfade höhere Anforderungen an die Reinheit, so dass möglicherweise die üblichen Reinigungs- und Aufbereitungsverfahren aus technischen oder wirtschaftlichen Gründen nicht mehr eingesetzt werden können.

Die Reinigung von Produktgas stammt aus einem ganz anderen Entstehungsfeld als Klärgas und hat seine Schwerpunkte auf andern Stoffen. Außerdem handelt es sich in den meisten Fällen um deutlich größere Gasmengen. Daher werden Klärgas- und Produktgasaufbereitung getrennt behandelt (Kapitel 3.2 und 3.3).

3.1 Grundoperationen der Gasreinigung

Um Gase von schädlichen Bestandteilen zu befreien, können die verschiedensten Verfahren eingesetzt werden. Folgende Aufzählung nennt zur Übersicht die wichtigsten verfahrenstechnischen Lösungen [HEMMING 1999]:

- Schwerkraft-, Fliehkraftabscheidung,
- Elektroabscheidung
- Waschabscheidung
- Filtration
- Biofiltration
- Gasreinigung durch Absorption
- Gasreinigung durch Adsorption
- Chemisorption
- Katalytische Gasreinigung
- Membranverfahren
- (Tief-)Kühlung

Die Gasaufbereitung besteht je nach Nutzungspfad aus Kombinationen mehrerer Verfahren zur Abtrennung einzelner Komponenten. Einige Verfahren können mehrere schadhafte Komponenten gleichzeitig entfernen.

Welches Verfahren oder welche Verfahrenskombination letztendlich zur Anwendung kommt ist abhängig von [SCHWEFER 1982]:

- der geforderten Reinheit
- der erforderlichen Betriebsweise der Aufbereitungsanlage
- den Druck- und Temperaturverhältnissen auf der Roh- und Reingasseite
- den bereitstellbaren Betriebsmitteln
- der geforderten Sicherheitstechnik.
- den Kosten

In den Verfahren werden unterschiedlichste Trenn- und Umwandlungsprozesse genutzt. Einige grundlegenden Operationen und Begriffe der Gasreinigung werden kurz definiert und beschrieben. Sie finden in Klärgas- als auch Produktgasverfahren statt.

3.1.1 Sorption

Die Sorption oder Aufnahme eines (gasförmigen) Stoffes kann prinzipiell auf zwei Wegen erfolgen: Bei der Adsorption lagern sich Teilchen an der Oberfläche eines porösen Stoffes an, bei Absorptionsprozessen dagegen wird ein Stoff durch einen anderen aufgenommen. Beruht die Bindung wesentlich auf den Van-der-Waals’schen Kräften (ohne Elektronenaustausch) spricht man von Physisorption, bzw. von physikalischer Ad- oder Absorption. Überwiegen dagegen durch chemische Reaktionen entstandene stärkere Bindungskräfte (Valenzkräfte) liegt eine Chemisorption vor. Die Grenze zwischen Physi- und Chemisorption kann in der Praxis nicht immer genau definiert werden. Wird eine Sorption wieder rückgängig gemacht nennt man das Desorption.

3.1.2 Absorption

Die Absorption zählt seit langer Zeit zu den wichtigsten Verfahren zur Abscheidung von Stoffen aus Prozess- und Rauchgasen sowie Ablüften. Für diese drei Haupteinsatzgebiete der Gasreinigung kommen als Absorptionsverfahren vorwiegend Wäschen zum Einsatz. Sie arbeiten kontinuierlich und zählen bei großen Rohgasströmen zu den effektivsten Verfahren. Mit Wäschen lassen sich nahezu alle störenden gasförmige Stoffe entfernen. Außerdem werden durch Wäschen auch mit hohen Abscheideraten Feststoffpartikel abgetrennt. Es gibt eine Vielzahl von Verfahren, die größtenteils für die industrielle Aufbereitung von Ent- und Vergasungsgasen und zur Synthesegasherstellung entwickelt wurden. Die Entschwefelung von Rauchgas hinter Kraftwerksfeuerungen ist eine weitere bedeutende Anwendung der Absorption.

Bei allen Verfahren wird das Rohgas mit einer Waschflüssigkeit in intensive Berührung gebracht. Die zu entfernenden Komponenten lösen sich darin und werden aufgenommen (absorbiert). Die Waschflüssigkeit wird auch als Absorbens bezeichnet, der abgetrennte Stoff als Absorptiv oder Absorbat und der Waschbehälter als Absorber. Die Waschflüssigkeit verlässt den Absorber und wird anschließend meist regeneriert, wobei die entfernte Komponente wieder frei gesetzt wird.

Die verschiedenen Verfahren unterscheiden sich in erster Linie in der eingesetzten Absorbens und damit in der Art und Weise wie gasförmige Stoffe gebunden werden (physikalische oder chemische Absorptionsverfahren). Als Absorbentien kommen reine Flüssigkeiten (wie z. B. Wasser und Methanol), Flüssigkeitsgemische (z. B. Waschöl) oder wässrige Lösungen anorganischer oder organischer Salze zum Einsatz. Wasser ist das wichtigste Absorbens auch für die Chemisorption. Für saure Gase wie Schwefelwasserstoff und Kohlendioxid werden oft alkalische Waschmittel (z. B. Natronlauge, Kalkmilch) eingesetzt.

Welche Bestandteile mit welchem Wirkungsgrad dem Rohgasstrom entzogen werden können hängt von Art und Zusammensetzung des Waschmittels sowie von Druck und Temperatur im Waschbehälter ab.

Bei physikalischen Wäschen nimmt die Beladung des Waschmittels mit steigendem Partialdruck der zu entfernenden Komponente und fallender Temperatur zu. Bei chemischen Wäschen hingegen, die meist mit wässrigen Salzlösungen arbeiten, kann fast unabhängig vom Partialdruck soviel gebunden werden, wie das jeweilige Salz chemisch binden kann. Physikalische Verfahren zeichnen sich daher durch hohe Absorptionsdrücke aus, was zu hohen Investitions- und Betriebskosten führt. Chemische Verfahren erzielen schon bei niedrigeren Drücken höhere Reinheiten. Bei hohen Gehalten (>20%, [SCHMIDT 1970]) steigen jedoch durch den Chemikalienverbrauch die Betriebskosten unverhältnismäßig an.

Die Wäscher (Absorber) bestehen meist aus einem zylindrischen Gefäß, dem Waschturm, in dem das Gas von unten nach oben und die Waschflüssigkeit von oben nach unten strömt (Gegenstromprinzip). Innerhalb des Absorbers muss zur Realisierung des Stoffübergangs das Gas mit dem Waschmittel in intensive Berührung gebracht werden. Dazu wird meist die Flüssigkeit in der Gasphase verteilt.

Man unterscheidet die Absorber nach der Art des Flüssigkeitskontaktes: Bei Freiraumoder Sprühwaschern wird die Waschflüssigkeit durch Düsen versprüht und dem Gasstrom in Tropfenform entgegengeführt. In Füllkörperkolonnen hingegen wird sie durch Verteiler oder Düsen auf einen Füllkörper verteilt und läuft als Film durch diesen.

Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten

Bild 10: Wäscherbauarten mit Anhaltszahlen [BRAUER 1996, S. 204]

Im Anschluss an die Absorption erfolgt meist die Regeneration des Absorptionsmittels (Desorption) in einem weiteren Aggregat. Physikalisch absorbierte Stoffe können durch Entspannen bzw. Evakuieren, durch Strippen mit einem Inertgas oder durch Destillieren/Rektifizieren desorbiert werden [BRAUER 1996, S. 323]. Verbrauchte Absorptionsmittel aus der Chemisorption werden in weiteren Schritten aufbereitet, verwertet oder entsorgt. Bei allen Wäschen ist eine nachgeschaltete Flüssigkeitsabscheidung oder Trocknung des Gases erforderlich.

3.1.3 Adsorption

Adsorption ist die selbständig ablaufende Anlagerung eines Stoffs (dem Adsorptiv oder auch Adsorbat) an die Oberfläche eines Feststoffes (dem Adsorbens). Das Adsorbens zeichnet sich durch eine große innere Oberfläche mit einer stark porigen Struktur aus. Durch Adsorption - beispielsweise an Aktivkohle - können sehr viele Stoffe entfernt werden. Adsorptionsverfahren werden daher nicht nur in technischen Anlagen zur Gasreinigung eingesetzt. Als Aggregate werden so genannte Adsorber eingesetzt.

Nach BRAUER 1996, Kap. 10 basiert die Funktionsweise auf zahlreichen Wechselwirkungen zwischen Adsorbens und den abzuscheidenen Komponenten. Für eine möglichst selektive Abtrennung einzelner Komponenten können unterschiedliche Trenneffekte genutzt werden. Danach können Moleküle in Abhängigkeit von

- der Stärke der Wechselwirkungsenergie (Gleichgewichtseffekt),
- der Diffusionsgeschwindigkeit (kinetischer Effekt) oder
- von ihrer Teilchengröße (sterischer Effekt, Molekularsiebeffekt)

von der äußeren Oberfläche des Adsorbens bis in kleinste Poren vordringen (<2 nm) und dort angelagert werden. Dabei wird kinetische Energie freigesetzt, was zu einer Erwärmung des Adsorbens führt. Neben den Eigenschaften des Absorptionsmittels und des Adsorptivs sind besonders Temperatur und Druck maßgebend für die adsorbierte Stoffmenge. Tiefe Temperaturen sowie hoher Druck begünstigen die Vorgänge.

Gängige Adsorptionsmittel auf Kohlenstoffbasis sind Aktivkohlen, Aktivkokse und Kohlenstoffmolekularsiebe. Daneben existieren oxidische Adsorbentien, die im Wesentlichen aus Oxiden des Aluminiums, des Silicums und des Magnesiums bestehen (z. B. Silicagel, Molekularsieb-Zeolithe, etc.). Molekularsiebe zeichnen sich durch relative gleichmäßige Porendurchmesser aus und können daher selektiver Stoffe adsorbieren als beispielsweise Aktivkohle. Sie können synthetisch hergestellt werden oder natürlich vorkommen. Um mit chemischen oder katalytischen Reaktionen gezielter Schadstoffe adsorbieren zu können, werden imprägnierte (auch dotierte, markierte) Aktivkohlen eingesetzt, auf deren Oberfläche chemische Substanzen aufgebracht sind.

Je nachdem, ob das Adsorbens als ruhende oder bewegte Schüttung in Form von Pellets angeordnet ist oder pulverförmig dem zu reinigenden Gasstrom zudosiert wird, unterscheidet man die Adsorberbauarten hauptsächlich in Festbett-, Bewegtbett- und Flugstromadsorber.

Festbettadsorber werden am häufigsten eingesetzt. Die Schüttung liegt dabei auf einem Tragrost und wird in der Regel von unten nach oben durchströmt. Zur kontinuierlichen Gasreinigung müssen mindestens zwei Absorber vorhanden sein, die abwechselnd regeneriert werden können. Bewegtbettadsorber können als Wander- oder Wirbelbett gestaltet sein. Ihr Einsatz beschränkt sich auf Sonderfälle. Bei Flugstromadsorbern wird das Adsorbens als staubförmiges Produkt (<500 µm) dem zu reinigen Gasstrom zudosiert und das beladene Material mit einem Gewebefilter wieder entfernt. Dieses Verfahren wird beispielsweise in der Rauchgasreinigung häufig zur Entfernung von Dioxinen, Furanen und Stickoxiden eingesetzt.

Wenn das beladene Adsorptionsmittel nicht entsorgt wird, kann eine Regeneration durch eine Druckabsenkung (Druckwechselverfahren / „pressure swing adsorption“ (PSA)) oder durch eine Temperaturerhöhung (Temperaturwechselverfahren / „temperature swing adsorption“ (TSA)) erfolgen.

3.1.4 Membrantrennung

Die treibende Kraft bei der Gastrennung mittels Membranen ist das Druckgefälle zwischen den Seiten der Membran. Meist herrscht Überdruck auf der „Feed“-Seite (Rohgasstrom), seltener Vakuum auf der Permeatseite. Der Druck wird durch Kompressoren erzeugt.

Die eingesetzten Membranen sind heute in praktisch allen Fällen porenfreie so genannte Lösungs-Diffusionsmembranen (bei mikroporösen Membranen ist der Trenneffekt in der Regel zu gering). Sie sind asymmetrisch aufgebaut. Eine aktive, undurchlässige Schicht von weniger als 1 µm wird von einer porösen Stützschicht (ca. 100 µm) getragen, die wiederum von einem Vlies aus z. B. Polyester getragen wird [BÖRGER 1996, S. 349]. Nach EHRESMANN 1990 werden diese Membranen zur Rückgewinnung von Wasserstoff bei der Ammoniak- und Methanolsynthese sowie zur Abtrennung von CO2 bei der Erdölförderung eingesetzt.

Die vornehmlich aus Polymeren hergestellten Membranen werden zu Modulen verarbeitet, um eine möglichst große Membranoberfläche und Packungsdichte zu erzielen. Da Membranreinigungsprobleme bei gasförmigen Komponenten keine Rolle spielen, werden Hohlfaser- und Wickelmodule eingesetzt, die eine größere Packungsdichte als Rohr- und Plattenmodule aufweisen. Letztere sind nur in Sonderfällen interessant. Die zurzeit auf dem Markt gängigen Membranpolymere und deren Daten werden in [Li 2003] genannt.

Die wichtigsten Kenndaten stellen die Permeabilität (Maß für den spezifischen Durchgang einer Komponente) und die Selektivität (das Verhältnis zweier Permeabilitäten) dar. Bei asymetrischen Membranen wird die Permeabilität in Versuchen bestimmt. Allgemein sinkt mit steigender Permeabilität die Selektivität. Der Fluss einer permeierenden Komponente nach dem Fickschen Gesetz ist proportional zur Druckdifferenz der Partialdrücke dieser Komponente und umgekehrt proportional zur Membrandicke [BÖRGER 1996, S. 349]. In Bezug auf die Selektivität verhalten sich Membranen unterschiedlicher Werkstoffe zumindest qualitativ ähnlich: sie besitzen hohe Permeabilitäten für Kohlendioxid, Wasserdampf, Schwefelwasserstoff und Sauerstoff, sind jedoch wenig permeabel für Stickstoff und Methan, die daher im Retentat anfallen.

EHRESMANN 1990 (S. 8) und LI 2003 geben Größenordungen für die Permeabilität an. Demnach gilt:

Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten

3.1.5 Kondensation

Bei der Kondensation werden Stoffe (Dämpfe) unter ihren Sättigungszustand abgekühlt, so dass sie in den flüssigen Aggregatzustand wechseln. Dämpfe sind Gase in der Nähe ihrer Verflüssigung. Man nennt einen Dampf gesättigt, wenn schon eine beliebig kleine Temperatursenkung ihn verflüssigt.

Der Sättigungszustand wird durch die Dampfdruckkurve beschrieben, welche von Temperatur und Druck abhängig ist. Da die Gaskomponenten unterschiedliche Dampfdruckkurven haben, lassen sie sich nach den Prinzipien der Destillation und Rektifikation trennen. Eine Rektifikation kann im Gegensatz zur Destillation auch kontinuierlich durchgeführt werden. Theoretisch können durch eine Tiefkühlung sehr viele Komponenten entfernt werden. Eine weitere Anwendung ist die Verflüssigung von Gasen, z. B. von Erdgas (Methan) oder Wasserstoff, wodurch eine starke Volumenreduktion erzielt werden kann [CERBE 1999 (S. 39), BÖRGER 1996].

Je niedriger die Temperatur und je höher der Druck desto eher verflüssigt sich ein Gas. Tabelle 10 listet die Siedepunkte einiger Gaskomponenten auf. Sie geben auch bei höheren Drücken die Reihenfolge der Verflüssigung wieder.

Tabelle 10: Siedepunkte der Gaskomponenten [SCHMIDT 1970, S. 444]

Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten1

Bei den Kondensationsverfahren sind drei Temperaturbereiche zu unterscheiden [BRAUER 1996, S. 344]:

- Kühl- und Kaltwasser, gelegentlich auch Luft als Kühlmittel, wobei die erreichbaren Temperaturen >0 °C bleiben,
- Kühlsole oder verdampfende Kältemittel aus einstufigen Kältemaschinen (mehrstufige werden für die Abluftreinigung bisher nicht eingesetzt) als Kühlmittel mit erreichbaren Temperaturen bis etwa -50 °C und
- flüssiger Stickstoff als Kühlmittel, womit Ablufttemperaturen bis etwa -120 °C erreicht werden; wenn erforderlich auch noch tiefer. Ab ungefähr -150 °C spricht man auch von Kryotechnik.

In Wirbelschichtvergasern ist oberhalb eines Düsenbodens ein inertes, wirbelfähiges Bettmaterial (meist Quarzsand) eingebracht. Eine Wirbelschicht (fluidized bed) entsteht, wenn das Vergasungsmittel den Reaktor hinreichend schnell durchströmt und so das Bettmaterial in ständiger Bewegung hält. Dadurch wird eine optimale Durchmischung und Wärmeübertragung von Bettmaterial und Brennstoff gewährleistet. Es bilden sich keine Reaktionszonen wie in Festbettvergasern aus; durch die einheitlichen Reaktionsbedingungen laufen die einzelnen Teilreaktionen parallel im gesamten Reaktor und in wenigen Sekunden bis Minuten ab. Der Brennstoff muss relativ feinkörnig sein oder vorher auf 1 bis max. 50 mm gemahlen werden.

Der hohe Aschegehalt von Klärschlamm erfordert einen Ascheabzug, da ein Großteil der Asche den Reaktor nicht als Flugasche verlässt.

Die stationäre Wirbelschicht ist dadurch gekennzeichnet, dass die Geschwindigkeit gerade ausreichend groß zur Aufrechterhaltung der Wirbelschicht gewählt ist. Mit zunehmender Gasgeschwindigkeit expandiert die Wirbelschicht und es werden deutlich mehr Feststoffpartikel ausgetragen. Diese werden in einem oder mehreren Zyklonen vom Gasstrom getrennt, um wieder in den Reaktor zurückgeführt zu werden. Diese Variante wird als zirkulierende Wirbelschicht bezeichnet. Beide Verfahren sind sich sonst sehr ähnlich.

Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten

Bei einem Flugstromvergaser wird der Brennstoff mit dem Vergasungsmittel in einen relativ langen Reaktor geblasen. Bei Temperaturen von 1.200 bis maximal 2.000 °C findet im Flug eine nahezu vollständige Vergasung statt. Die Asche wird verflüssigt abgezogen. Extrem trockene Biomasse mit einem hohen Heizwert kann direkt als Brennstoff verwendet oder mit reinem Sauerstoff vergast werden, um diese hohen Temperaturen zu erreichen. Besonders bei stückiger Biomasse ist eine Vergasung von vorher pyrolytisch zersetzter Biomasse besser, die dann auch leichter zu mahlen ist. Daneben können auch flüssige Brennstoffe wie (Pyrolyse-)Öl eingesetzt werden.

Tabelle 7: Eigenschaften von Festbett-, Wirbelschicht- und Flugstromvergasern

Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten

Neben diesen grundlegenden Verfahren haben sich einige interessante Variationen entwickelt:

- Eine Verfahrensalternative sind druckaufgeladene Vergasungen. Bei 20 bis 30 bar Überdruck kann bei gleicher Gasmengenproduktion der Reaktor kleiner ausgeführt werden.
- In einer weiteren Variante der stationären Wirbelschichtvergasung wird katalytisch aktives Bettmaterial ein- oder zugesetzt, um die Teergehalte zu reduzieren. Zum Einsatz kommt beispielsweise Kalkstein und Dolomit. Als Nachteil ist ein höherer Staubaustrag zu erwarten.
- Die Zweibett-Wirbelschicht mit umlaufendem Wärmeträger verbrennt in der ersten Wirbelschicht einen Brennstoff, der die nötige Wärme für die Vergasung in einer

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Ende der Leseprobe aus 109 Seiten

Details

Titel
Möglichkeiten der Gewinnung und energetischen Nutzung von wasserstoffhaltigen Gasen aus Klärschlamm
Hochschule
Rheinisch-Westfälische Technische Hochschule Aachen  (Lehrstuhl für Siedlungswasserwirtschaft)
Note
gut
Autor
Jahr
2003
Seiten
109
Katalognummer
V21582
ISBN (eBook)
9783638251624
Dateigröße
1341 KB
Sprache
Deutsch
Schlagworte
Gewinnung, Nutzung, Gasen, Wasserstoff, Klärschlamm, Produktgas, Brennstoffzelle, Gasaufbereitung, Biogas, Anbieter, Reformierung, Anforderungen
Arbeit zitieren
Christoph Börgmann (Autor:in), 2003, Möglichkeiten der Gewinnung und energetischen Nutzung von wasserstoffhaltigen Gasen aus Klärschlamm, München, GRIN Verlag, https://www.grin.com/document/21582

Kommentare

  • Christoph Börgmann am 19.11.2012

    Die Grundlagen der Gasgewinnung aus Biomasse / Klärschlamm, der Aufbereitungstechniken und der Nutzungsmöglichkeiten werden verständlich gegenübergestellt. Mittlerweile gibt es aktuelle, weiterführende Veröffentlichungen einzelner Kapitel wie das DWA Merkblatt 361 (2011) "Aufbereitung von Biogas". Als breite Einführung von Erzeugung bis Nutzungen jedoch bestens geeignet.

  • Christoph Börgmann am 19.11.2012

    Inhalt und Einleitung siehe Textauszug.

    Im Anhang befinden sich ausführliche Tabellen, die alle benutzten Quellen zusammenfassen:

    A)Übersicht Klärgasaufbereitung
    Spalten: Grundoperation, Verfahren, Trenneffekt, Aggregate, Mitentfernung, Reinigungsleistung, Anwendungen, Vor- u. Nachteile

    B) Hersteller zur Klärgasaufbereitung
    Spalten: Hersteller, Produkt, Kontakt

    C) Brenntechnische Eigenschaften von Biogas im Vergleich zu anderen Brennstoffen [ATV 1996, S.666]

    D) Gegenüberstellung der notwendigen Gasqualitäten zur Einspeisung ins öffentliche Erdgasnetz und einer Verwendung als Treibstoff [Bremer 2003]

    E) Anforderungen an die Gasqualität konventioneller Nutzungen:
    Recherche Anforderungen an Gasinhaltsstoffe für Einspeisung ins Netz bis zur Motorennutzung

    F) Übersicht Brennstoffzellen:
    Typen, Materialien, Temperaturen, Wirkungsgrade, Brennstoff, Hersteller, Einsatzgebiete

    G) Anforderungen an die Gasqualität für die Nutzung in Brennstoffzellen

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Titel: Möglichkeiten der Gewinnung und energetischen Nutzung von wasserstoffhaltigen Gasen aus Klärschlamm



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