Um den Satz „Niemand darf wegen seiner Behinderung benachteiligt werden.“ wurde das deutsche Grundgesetz am 27.10.1994 ergänzt; dadurch wird der Schutz behinderter Menschen vor Diskriminierung erstmals ausdrücklich im Grundgesetz festgelegt. Inwieweit aber werden behinderte Menschen heute wirklich vor Diskriminierung geschützt und so weit wie möglich in das öffentliche Leben integriert? Dies ist eine Fragestellung, mit der sich diese Arbeit beschäftigt – wobei der Fokus auf der Integration behinderter Menschen in der Schule liegt. Wenn eine Integration behinderter Kinder und Jugendlicher in der allgemeinen Schule stattfindet, werden grundsätzlich alle behinderten Schüler, unabhängig von ihrer Behinderungsart, in den allgemeinen Unterricht eingebunden? Wenn dies nicht der Fall ist, anhand welcher Kriterien wählt man aus, welchem behinderten Schüler eine Integration zu Teil wird und welchem nicht? Diesen Fragen wird in dieser Arbeit nachgegangen, bezogen auf die vorhandenen Rahmenbedingungen, die historischen, didaktischen und reformpädagogischen Aspekte sowie die Voraussetzungen von Integration in der Schule – anhand eines Vergleichs zwischen Deutschland und Dänemark.
Deutschland ist kein Vorreiter in integrationspädagogischer Hinsicht, aber es fällt auch auf, dass es im Bereich der Schulen in den letzten Jahren einige positive Ansätze zu einer Veränderung gegeben hat. Dies hängt mit immer vielschichtigeren Organisationsformen und Vorgehensweisen in der pädagogischen Förderung zusammen. Ebenso spielen auch die, durch vermehrte Integration und Schulversuche, gemachten Erfahrungen mit gemeinsamem Unterricht behinderter und nichtbehinderter Schüler eine große Rolle. Unterstützt werden die Integrationsbemühungen durch Novellen der einzelnen Landesgesetzgebungen; es gibt vielfach ein Recht auf eine freie Wahl der Schule (allgemeine oder Sonderschule). Jedoch existiert auf Grund der Kulturhoheit der Länder keine allgemeine gesetzliche Regelung auf Bundesebene. Im ersten Teil der vorliegenden Arbeit wird die Situation der schulischen Integration Behinderter in Deutschland dargelegt, um dann im zweiten Teil einen Vergleich zur schulischen Integration in Dänemark zu ziehen. Dieser Vergleich wird in Hinblick auf folgende Faktoren der Integration vorgenommen: Grundlagen, Begriffsbestimmungen, Konzepte, Methoden, Bedingungen, Voraussetzungen, Strukturen und Ziele der Integration. Abschließend erfolgt eine Auswertung des Vergleichs.
Inhaltsverzeichnis
- 1. Einleitung
- Teil I: Schulische Integration Behinderter in Deutschland
- 2. Was versteht man unter Behinderung und Integration?
- 2.1 Behinderung
- 2.1.1 Verschiedene Definitionen des Begriffs „Behinderung”
- 2.1.2 Sonderschulformen
- 2.1.3 Sonderpädagogischer Förderbedarf
- 2.2 Integration
- 3. Rechtliche Grundlagen der schulischen Integration
- 3.1 Urteil des Bundesverfassungsgerichts vom 08.10.1997
- 3.2 Empfehlungen zur sonderpädagogischen Förderung in den Schulen in der Bundesrepublik Deutschland
- 3.3 Rechtliche Grundlagen in Hessen
- 3.4 Rechtliche Grundlagen in Nordrhein-Westfalen
- 3.4.1 Gesetz zur Weiterentwicklung der sonderpädagogischen Förderung in Schulen
- 3.4.1.1 Schulpflichtgesetz
- 3.4.1.2 Schulverwaltungsgesetz
- 3.4.2 Verordnung über die Feststellung des sonderpädagogischen Förderbedarfs und die Entscheidung über den schulischen Förderort (VO-SF)
- 4. Wozu überhaupt Integration?
- 5. Die Entwicklung der schulischen Integration Behinderter
- 5.1 Zeitalter der Aufklärung
- 5.2 Zeitalter der Restauration (etwa 1814-1830)
- 5.3 Vormärz und ausgehendes 19. Jahrhundert
- 5.4 Anfang 20. Jahrhundert
- 5.5 Nationalsozialismus
- 5.6 Entwicklung nach dem 2. Weltkrieg
- 6. Formen, Methoden, Ziele sowie Bedingungen und Voraussetzungen schulischer Integration
- 6.1 Integrationsformen
- 6.1.1 Einzelintegration
- 6.1.2 Integrationsklassen
- 6.1.3 Integrationsschulen
- 6.1.4 Langzeitklassen/Förder- und Diagnoseklassen
- 6.1.5 Kooperative Schulzentren
- 6.1.6 Förderzentren und Ambulatorien
- 6.2 Methoden der schulischen Integration
- 6.2.1 Zielgleicher - zieldifferenter Unterricht
- 6.2.2 Geöffneter Unterricht
- 6.2.3 Zusammensetzung einer Integrationsklasse
- 6.2.4 Team-Kleingruppen-Modell (TKM)
- 6.2.5 Gemeinsame Lernsituationen
- 6.3 Ziele der schulischen Integration
- 6.4 Bedingungen und Voraussetzungen schulischer Integration
- 7. Integration unter didaktischem Gesichtspunkt - Reformpädagogische Impulse
- 7.1 Peter Petersen: Jena-Plan-Schule
- 7.2 Maria Montessori: Montessori-Schule
- 7.3 Rudolf Steiner: Waldorfschule
- 7.4 Berthold Otto: lebensnaher Gesamtunterricht
- 8. Aktueller Stand der Integration in ausgewählten Bundesländern
- 8.1 Integrationsmodelle in Berlin
- 8.1.1 Rechtliche Grundlagen und Entscheidungsträger für die Gewährung sonderpädagogischer Förderung
- 8.1.2 Formen, Zielgruppe und zeitlicher Umfang der Integration
- 8.1.3 Umfang der Förderstunden und Ressourcen/Schulhaushalt
- 8.2 Integrationsmodelle in Hamburg
- 8.2.1 Rechtliche Grundlagen und Entscheidungsträger für die Gewährung sonderpädagogischer Förderung
- 8.2.2 Formen, Zielgruppe und zeitlicher Umfang der Integration
- 8.2.3 Umfang der Förderstunden und Ressourcen/Schulhaushalt
- 8.3 Integrationsmodelle im Saarland
- 8.3.1 Rechtliche Grundlagen und Entscheidungsträger für die Gewährung sonderpädagogischer Förderung
- 8.3.2 Formen, Zielgruppe und zeitlicher Umfang der Integration
- 8.3.3 Umfang der Förderstunden und Ressourcen/Schulhaushalt
- Teil II: Schulische Integration Behinderter in Dänemark
- 9. Überblick über das dänische Politik -, Sozial- und Bildungssystem
- 9.1 Das politische System Dänemarks
- 9.2 Das dänische Sozialsystem (skandinavisches Wohlfahrtsmodell)
- 9.3 Das dänische Bildungssystem
- 9.3.1 Kindergarten, Kindertagesstätte und Vorschulklasse
- 9.3.2. Volksschule/Folkeskole und private Schulen
- 9.3.3 Weiterführende Bildungseinrichtungen nach Abschluss der Volksschule
- 10. Was bedeuten die Begriffe Behinderung und Integration in Dänemark?
- 10.1 Behinderung
- 10.2 Integration
- 11. Das Normalisierungsprinzip
- 11.1 Entwicklung des Normalisierungsprinzips
- 11.2 Kritische Betrachtung des Normalisierungsprinzips
- 12. Rechtliche Grundlagen der schulischen Integration
- 12.1 Das Volksschulgesetz (Lov ons folksskolen)
- 12.2 Der Erlass über den Förderunterricht und den sonderpädagogischen Beistand
- 13. Die Entwicklung der schulischen Integration Behinderter
- 13.1 Exklusion
- 13.2 Separation
- 13.3 Integration
- 13.4 Inklusion
- 14. Durchführung der schulischen Integration
- 14.1 Wie erfolgt die Feststellung und Zuweisung von sonderpädagogischer Förderung und was soll mit ihr erreicht werden?
- 14.2 Methoden und Bestandteile integrativen Unterrichts
- 14.2.1 Unterrichtsdifferenzierung
- 14.2.2 Klassenfrequenz und Team-Teaching
- 14.2.3 Regelung der Benotung/Zeugnisse und Versetzung
- 14.3 Ziele der schulischen Integration
- 14.4 Bedingungen und Voraussetzungen der schulischen Integration
- 14.4.1 Finanzierung der Integrationsmaßnahmen
- 14.4.2 Umwandlung der Sonderschulen in Sonder-/Förderzentren
- 14.4.3 Ausbildung der Lehrer zum Sonderpädagogen
- 15. Wie sieht die Wirklichkeit aus?
- Rechtliche Grundlagen und Rahmenbedingungen für die schulische Integration in Deutschland und Dänemark
- Entwicklungsphasen der Integration von Menschen mit Behinderungen in den beiden Ländern
- Formen, Methoden und Ziele der Integration in Deutschland und Dänemark
- Herausforderungen und Chancen der Inklusion im Bildungssystem
- Vergleichende Analyse der Integrationsmodelle in ausgewählten Bundesländern und Regionen in Dänemark
Zielsetzung und Themenschwerpunkte
Die vorliegende Diplomarbeit befasst sich mit dem Thema der schulischen Integration von Menschen mit Behinderungen im internationalen Kontext. Ziel ist es, die Entwicklung und den aktuellen Stand der Integration in Deutschland und Dänemark zu vergleichen und die wichtigsten Unterschiede und Gemeinsamkeiten aufzuzeigen.
Zusammenfassung der Kapitel
Die Diplomarbeit beginnt mit einer Einleitung, die die Relevanz des Themas schulische Integration von Menschen mit Behinderungen erläutert und die Zielsetzung der Arbeit definiert.
Der erste Teil der Arbeit widmet sich der schulischen Integration in Deutschland. Er analysiert den Begriff der Behinderung, die verschiedenen Sonderschulformen und den sonderpädagogischen Förderbedarf. Weiterhin werden die rechtlichen Grundlagen der Integration, das Urteil des Bundesverfassungsgerichts und die Empfehlungen zur sonderpädagogischen Förderung in den Schulen behandelt.
Ein weiterer Schwerpunkt liegt auf der Entwicklung der schulischen Integration in Deutschland, die von der Aufklärung bis zur Gegenwart dargestellt wird. Es werden die verschiedenen Formen, Methoden und Ziele der Integration sowie die dazugehörigen Bedingungen und Voraussetzungen beleuchtet.
Darüber hinaus werden wichtige Reformpädagogische Impulse, wie die Jena-Plan-Schule von Peter Petersen oder die Waldorfschule von Rudolf Steiner, im Kontext der Integration behandelt.
Der erste Teil endet mit einer Analyse des aktuellen Standes der Integration in ausgewählten Bundesländern, wobei die Integrationsmodelle in Berlin, Hamburg und im Saarland näher betrachtet werden.
Der zweite Teil der Arbeit konzentriert sich auf die schulische Integration von Menschen mit Behinderungen in Dänemark. Es werden die Besonderheiten des dänischen Politik-, Sozial- und Bildungssystems sowie die Bedeutung der Begriffe Behinderung und Integration in diesem Kontext dargestellt.
Darüber hinaus wird das Normalisierungsprinzip im Detail beleuchtet, welches eine zentrale Rolle in der dänischen Integrationspolitik spielt.
Abschließend werden die rechtlichen Grundlagen der Integration, die Entwicklungsphasen der Integration sowie die konkreten Methoden und Ziele der Integration in Dänemark dargestellt.
Schlüsselwörter
Schulische Integration, Behinderung, Sonderpädagogik, Inklusion, Normalisierungsprinzip, Deutschland, Dänemark, Vergleich, Rechtliche Grundlagen, Integrationsmodelle, Reformpädagogik, Bildungssystem, Wohlfahrtsmodell, Sonderpädagogischer Förderbedarf, Unterrichtsdifferenzierung, Team-Teaching, Klassenfrequenz, Förderstunden, Ressourcen