Daß die römische Urbanisierung einen bedeutenden Beitrag zur Romanisierung
der außeritalischen Provinzen geleistet hat, gehört zur üblichen Allgemeinbildung.
Ebenso weiß der Laie in aller Regel, daß bedeutende historische Städte (Köln,
Trier und Augsburg in Deutschland; Lyon, Toulouse und Narbonne in Frankreich,
um nur einige wenige zu nennen) römischen Ursprungs sind. Auf welche Weise
die mehr oder weniger geplante Verstädterung aber zum hochkomplexen
Geschehen der Romanisierung, d. h. der Durchdringung unzivilisierter Räume mit
römischer Sprache und mediterraner Lebensart beigetragen hat, ist jedoch
weitgehend im Allgemeinbildungskontext unbekannt.
Diese Seminararbeit unternimmt den Versuch, am Beispiel der römischen Provinz
Gallia Narbonensis1 die Stadtentwicklung seit der Eroberung durch die Römer
nachzuvollziehen und die Ziele, die die Eroberer mit der Verstädterung verfolgten
und die Konsequenzen dieser Strategie darzustellen.
Um sich aber mit dem Komplex Stadtentwicklung zu beschäftigen, ist zunächst
der Begriff „Stadt“ einer kurzen, aber kritischen Betrachtung zu unterziehen. Behandlung dieses Themas unerläßlich; kompliziert deshalb, weil die Stadtplaner,
Geographen und Historiker, die sich mit dem Thema Stadt auseinandersetzen, sich
nicht über die Kriterien einigen können, die eine Siedlung konstituieren, die den
Namen „Stadt“ zu recht trägt. Da die Definition auch noch möglichst allen
historischen Epochen vom Altertum bis zur Moderne und allen geographischen
Räumen genügen soll, gehen die Meinungen über die letztlich entscheidenden
Wesensmerkmalen einer Stadt weit auseinander.2 [...]
1 Die Gallia Narbonensis lag im heutigen Südfrankreich und wurde im Osten von den
Alpenausläufern, westlich von den Pyrenäen und südlich von der Mittelmeerküste begrenzt. Als
nördlichste Erstreckung erreichte sie den Genfer See.
2 Vgl. zur Definitionschwierigkeit von „Stadt“ Kolb (1984), S.11 - 17 und auch Freyberger (1999),
S. 108f, Anm. 428. Als Minimalkriterium für „städtisches“ Wesen definiert B. Freyberger „die
Existenz einer - wie auch immer gearteten - sinnvoll aufeinander abgestimmten Einheit von
kollektivem und individuellem Sein, die sich auch im materiellen Bild zu äußern hatte.“ (S. 109)
Diese Definition ist in dieser umfassenden Art und Weise sicher zutreffend, aber sie scheint mir zu
weit und insgesamt zu vage und darum für diese Arbeit ungeeignet.
Inhaltsverzeichnis
- A) Einleitung
- B) Stadtentwicklung in der Gallia Narbonensis
- I. Was ist unter dem Begriff „Stadt“ zu verstehen? - Ein kleiner Exkurs
- II. Römische Bürgerrechtspolitik: Kolonisierung und Municipalisierung
- III. Chronologischer Abriß der Städteentwicklung in der Narbonensis
- 1. Protourbanisation - „städtisches“ Landschaftsbild bis zur römischen Intervention in Südgallien (125 v. Chr.)
- 2. Römische Intervention, erste römische Gründungen und Verbesserung der Infrastruktur
- 3. Das caesarisch-augusteische Kolonisationsprogramm nach der Belagerung Massalias
- IV. Exempel für bedeutende Städte in der Narbonensis
- 1. Narbo Martius (Narbonne)
- 2. Forum Iulii (Fréjus)
- C) Schluß: Resümee und Konsequenzen der Urbanisierung
Zielsetzung und Themenschwerpunkte
Die Seminararbeit zielt darauf ab, die Stadtentwicklung in der römischen Provinz Gallia Narbonensis seit der Eroberung durch die Römer zu untersuchen. Sie beleuchtet die Ziele der römischen Eroberer mit der Verstädterung und analysiert die Konsequenzen dieser Strategie.
- Die Definition des Begriffs "Stadt" und seine Relevanz für die römische Provinz Gallia Narbonensis
- Die Rolle der römischen Bürgerrechtspolitik bei der Kolonisierung und Municipalisierung der Provinz
- Der chronologische Verlauf der Stadtentwicklung in der Narbonensis, von der Protourbanisation bis zum caesarisch-augusteischen Kolonisationsprogramm
- Beispiele für bedeutende Städte in der Narbonensis, wie Narbo Martius (Narbonne) und Forum Iulii (Fréjus)
- Die Auswirkungen der Urbanisierung auf die Romanisierung der Provinz
Zusammenfassung der Kapitel
Die Einleitung bietet eine allgemeine Vorbemerkung zur Bedeutung der römischen Urbanisierung für die Romanisierung der außeritalischen Provinzen. Das erste Kapitel befasst sich mit dem Begriff "Stadt" und analysiert die unterschiedlichen Kriterien, die eine Siedlung als Stadt qualifizieren. Es werden verschiedene Definitionsansätze von Stadtplanern, Geographen und Historikern beleuchtet. Das zweite Kapitel behandelt die römische Bürgerrechtspolitik in Bezug auf die Kolonisierung und Municipalisierung der Narbonensis. Es analysiert die Beziehung zwischen Bürgerrechtspolitik, Verstädterung und Romanisierung. Das dritte Kapitel bietet einen chronologischen Überblick der Stadtentwicklung in der Narbonensis. Es beginnt mit der Protourbanisation vor der römischen Intervention und verfolgt die Entwicklung bis zur römischen Intervention und dem caesarisch-augusteischen Kolonisationsprogramm. Im vierten Kapitel werden zwei bedeutende Städte der Narbonensis, Narbo Martius (Narbonne) und Forum Iulii (Fréjus), näher beleuchtet.
Schlüsselwörter
Die Arbeit befasst sich mit den Themen der Stadtentwicklung, der römischen Bürgerrechtspolitik, der Kolonisierung und Municipalisierung, der Romanisierung, der Protourbanisation und der Geschichte der römischen Provinz Gallia Narbonensis. Wichtige Städte, die in der Arbeit behandelt werden, sind Narbo Martius (Narbonne) und Forum Iulii (Fréjus).
- Arbeit zitieren
- Markus Wawrzynek (Autor:in), 2000, Stadtentwicklung in der Gallia Narbonensis, München, GRIN Verlag, https://www.grin.com/document/21996