Yad Vashem - Gedenkstätte oder Mahnmal?


Seminararbeit, 2003

19 Seiten, Note: 1,3


Leseprobe


Inhaltverzeichnis

1 Einleitung

2 Planung und Entstehung Yad Vashem
2.1 Ziele und Aufgaben Yad Vashems
2.2 Lage und Grundriss Yad Vashems
2.3 Gebäude und Mahnmale auf dem Gelände
2.4 Veränderungen im Laufe der Jahre

3 Yad Vashem aus der Sicht der betroffenen Juden

4 Schlussbetrachtung – Gedenkstätte oder Mahnmal?

5 Literaturverzeichnis

6 Abbildungsverzeichnis

1. Einleitung

Im Rahmen eines Schülerautausches zwischen der Viktoriaschule in Essen und der Wizo Tzarfat Schule in Tel Aviv, wurde mir im Jahr 2000 die Möglichkeit gegeben, 2 Wochen lang Israel von einer Seite kennen zu lernen, die den Touristen weitgehend verschlossen bleibt.

Ich hatte nicht nur die Gelegenheit, eine Woche lang das Leben in einer Familie in Tel Aviv kennen zu lernen, sondern ich konnte während der zweiten Woche u.a. Jerusalem intensiv erleben. Eins der wichtigen Ziele, die wir gemeinsam mit unseren israelischen Freunden besuchten, war die Gedenkstätte Yad Vashem.

Durch eine intensive Vor- und Nachbereitung unseres Austausches, haben wir in unserer Gruppe viel über diese Gedenkstätte erfahren; nicht nur die allgemein bekannten Tatsachen, auch sehr private und persönliche Geschichten von Menschen durften wir in Bezug auf Yad Vashem kennen lernen.

Als wir zu Beginn dieses Sommersemesters mit dem Seminar „Räume der Erinnerung - Eine Auseinandersetzung zeitgenössischer Architekten mit dem Holocaust“ begonnen hatten, habe ich daher gerne dieses Thema an mich genommen.

Es soll zum Einen ein Überblick gegeben werden, mit welcher Funktion Yad Vashem gebaut wurde und es soll die Frage gestellt werden, inwieweit sich diese damalige Funktion eventuell bis heute verändert hat. Dabei stellt sich auch die Frage, ob Yad Vashem als Mahnmal oder als Gedenkstätte bezeichnet werden kann.

Weiterhin soll herausgestellt werden, wie die Bevölkerung diesen Ort aufgenommen hat und heute darüber denkt.

Die Beschreibung des Geländes von Yad Vashem werde ich aus der Sicht vornehmen, wie ich damals vor 3 Jahren diese Gedenkstätte wahrgenommen habe. Damit möchte ich deutlich machen, auf welche Weise der Besucher diese Gedenkstätte betrachtet.

2. Planung und Entstehung Yad Vashems

Nach der Judenverfolgung von 1933-1945 in Deutschland, wurde 1948 der Staat Israel auf der arabischen Halbinsel gegründet. Hauptstadt sollte die Stadt Tel Aviv sein. Doch nicht erst mit dem Ende des Holocausts gab es diese Idee eines eigenständigen Staates. Jischuv, wie die jüdische Gemeinde Palästinas vor der Staatsgründung Israels genannt wurde, wollte auch schon vorher einen Staat gründen.

Bereits 1942 wurde mit der Planung der nationalen Holocaust-Gedenkstätte Yad Vashem begonnen, also noch vor dem Ende der Hitlermacht in Deutschland und vor der Staatsgründung Israels. Grund waren die ersten Berichte über die Judenverfolgung und die Massenmorde der Juden in Deutschland, die damals erstmals Palästina erreichten. Allerdings wurden die Ereignisse des 2. Weltkrieges eher für übertrieben gehalten und das Ausmaß der Juden-Vernichtung konnte bei Weitem nicht abgeschätzt werden. Trotzdem wurde noch im gleichen Jahr ein Vorschlag für eine nationale Gedenkstätte gemacht; es sollte ein Denkmal für die „Kriegstoten und Helden Israels“[1] werden. Bemerkenswert ist, dass zum damaligen Zeitpunkt der größte Teil der heutigen Opfer noch am Leben und die größte Zahl der Opfer erst in den darauffolgenden Jahren zu beklagen war.

Am 19. August 1953, 10 Jahre nach dem Warschauer Ghettoaufstand im Jahre 1943, wurde durch das israelische Parlament einstimmig die Gedenkstätte Yad Vashem gegründet. Der Beschluss basierte auf dem „Gesetz zum Andenken an die Märtyrer und Helden“[2]. Mit dem englischen Untertitel „The Holocaust Martyr´ and Heroes´ Remembrance Authority“ wurde der eigentliche Titel „Yad Vashem“ zusätzlich ergänzt.

Der Name „Yad Vashem“ stammt aus dem Hebräischen. Eine exakte Übersetzung ist schwierig; ich habe verschiedene Bedeutungen kennen gelernt: Hand und Mensch[3], Denkmal und Name[4] oder auch Ruf und Erinnerung. Es sollte also etwas geschaffen werden, dass erinnern soll an Menschen und deren Namen und ihren Geschichten.

2.1 Ziele und Aufgaben Yad Vashems

Yad Vashem wurde mit dem Ziel errichtet, „den Opfern ihren Namen und damit ihre Geschichte und ihre Würde wiedergegeben werden“[5]. Es sollte ein Ort entstehen, an dem der Opfer öffentlich gedacht werden konnte. Somit wurde die Möglichkeit des individuellen Gedenkens geschaffen, verbunden mit dem nationalen Gedenken. Bei der Planung gab es 9 wesentliche Punkte zu berücksichtigen:

Yad Vashem sollte erinnern...

1. ... an die sechs Millionen Juden, die den Märtyrertod durch die Nazis und ihre Helfer erlitten;
2. ...an die jüdischen Familien, die durch die Unterdrücker ausgerottet wurden;
3. …an die Gemeinden, Synagogen, Bewegungen und Organisationen und die kulturellen, erzieherische, religiösen und wohltätigen Institutionen, die in der Absicht vernichtet wurden, den Namen und die jüdische Kultur Israels auszulöschen;
4. ... an den Heldenmut der Juden, die ihr Leben für ihr Volk hingaben;
5. ... an den Heldentum jüdischer Soldaten und Untergrundkämpfer in Städten, Dörfern und Wäldern, die ihr Leben um Kampf gegen die Naziverbrecher, ihre Helfer und Helfershelfer einsetzten;
6. ... an den heroischen Widerstand der Gefangenen und Kämpfer der Ghettos, die sich erhoben und die Flamme des Aufstandes entfachten, um die Ehre ihres Volkes zu retten;
7. ... an das mutige und hartnäckige Ringen der Massen des jüdischen Volkes, die – die Vernichtung vor Augen – um menschliche Würde und jüdische Kultur kämpften;
8. ... an die verzweifelten Bemühungen der Bedrohten, das Land Israel trotz aller Hindernisse zu erreichen, um an den Einsatz und das Heldentum ihrer Brüder, die auszogen, die Überlebenden zu retten und zu befreien.
9. ... an die Edlen der Völker, die ihr eigenes Leben aufs Spiel setzten, um Juden zu retten.[6]

Hier fällt deutlich auf, dass die Aufgaben mit dem Schwerpunkt „Widerstand“ gesetzte wurden; weiterhin wurde darauf geachtet, dass möglichst alle Juden mit einbezogen werden.

Eine der Hauptaufgaben war die Errichtung eines Archivs sein, in dem etliche Dokumente über den Holocaust gesammelt werden sollten. In dem oben auf englisch zitierten Gesetz „Zum Andenken an die Märtyrer und Helden“ ist niedergelegt, dass es Aufgabe sei, in dem Archiv das „Material über die Vernichtung und das Heldentum der Juden zu sammeln, zu prüfen und zu veröffentlichen, und es damit dem Volke zu eigen zu machen“[7]. Somit sollte verhindert werden, dass eventuelle Gerüchte beseitigt werden und Klarheit über die Geschehnisse des Holocausts herrschten. Weiterhin sollten eine Synagoge, eine Halle des Heldentums, eine Gedenkhalle sowie das „Eternal monument“ entstehen, ein künstlerisch gestaltetes ewiges Denkmal, erbaut aus den Steinen des Herzl-Berges, wo die Gedenkstätte Yad Vashem steht.

2.2 Lage und Grundriss Yad Vashems

Als Standort für Yad Vashem wurde Jerusalem ausgewählt, Mittelpunkt des religiösen Lebens. Man entschied sich bewusst für diese zentrale Lage und entschloss sich, Yad Vashem auf dem Herzl-Berg, der auch „Hügel des Gedenkens“ genannt wird (hebräisch: Har Ha-Zikon), zu erbauen. Auf diesem Berg befindet sich heute auch das Grab von Ben Gurion, dem Gründer und ersten Ministerpräsidenten
Israels.

Auch die genaue Lage Yad Vashem auf dem Herzl-Berg wurde exakt bedacht: Von der einen Seite des Berges kann man auf die Stadt Jerusalem blicken. Auf dieser der Stadt zugewandten Seite liegt der Soldatenfriedhof und das Grab des Zionismus-Gründers Theodor Herzl. Man entschied sich daher ganz bewusst, Yad Vashem zur gegenüberliegenden Seite, nämlich auf der von der Stadt abgewandten Seite zu erbauen.

[...]


[1] Hass, Matthias: Gestaltetes Denken. Yad Vashem, das U.S. Holocaust Memorial Museum und die Stiftung Topographie des Terrors, Frankfurt/Main 2002, S. 39

[2] Hass, Matthias: Gestaltetes Denken. Yad Vashem, das U.S. Holocaust Memorial Museum und die Stiftung Topographie des Terrors, Frankfurt/Main 2002, S. 72

[3] Mündliche Erzählung vor Ort

[4] Hass, Matthias: Gestaltetes Denken. Yad Vashem, das U.S. Holocaust Memorial Museum und die Stiftung Topographie des Terrors, Frankfurt/Main 2002, S. 71

[5] Hass, Matthias: Gestaltetes Denken. Yad Vashem, das U.S. Holocaust Memorial Museum und die Stiftung Topographie des Terrors, Frankfurt/Main 2002, S. 71

[6] Keim, Anton Maria (Hrsg.): Yad Vashem. Die Judenretter aus Deutschland, München 1983, S.9

[7] Hass, Matthias: Gestaltetes Denken. Yad Vashem, das U.S. Holocaust Memorial Museum und die Stiftung Topographie des Terrors, Frankfurt/Main 2002, S. 75

Ende der Leseprobe aus 19 Seiten

Details

Titel
Yad Vashem - Gedenkstätte oder Mahnmal?
Hochschule
Ruhr-Universität Bochum  (Kunstgeschichtliches Institut)
Veranstaltung
Grundseminar: Räume der Erinnerung - Eine Auseinandersetzung zeitgenössischer Architekten mit dem Holocaust
Note
1,3
Autor
Jahr
2003
Seiten
19
Katalognummer
V22076
ISBN (eBook)
9783638255110
Dateigröße
1053 KB
Sprache
Deutsch
Schlagworte
Vashem, Gedenkstätte, Mahnmal, Grundseminar, Räume, Erinnerung, Eine, Auseinandersetzung, Architekten, Holocaust
Arbeit zitieren
B.A. Silke Gerlach (Autor:in), 2003, Yad Vashem - Gedenkstätte oder Mahnmal?, München, GRIN Verlag, https://www.grin.com/document/22076

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