Anfang des 20. Jahrhunderts schrieb die schwedische Pädagogin Ellen Key ein Buch mit dem Titel das ”Jahrhundert des Kindes”1. In der Tat leitete die aufkeimende Reformpädagogik eine ernsthafte Auseinandersetzung mit den heranwachsenden Menschen ein. Die zarten Wurzeln dieser Auseinandersetzung mit dem Kind als eigenständige Persönlichkeit sind bereits im ausgehenden 18. Jahrhundert zu suchen und lassen sich mit dem Namen Jean J. Rousseaus2 verbinden. Eingebettet in der pädagogischen Strömung der Reformpädagogik, in den Notwendigkeiten einer Verbesserung der Lebensverhältnisse von Kindern und Jugendlichen nach dem 1. Weltkrieg und schließlich verbunden mit der Gründung der ersten deutschen Demokratie entstand das Reichsjugendwohlfahrtgesetz (RJWG). Die vorliegende Arbeit wird im ersten Teil zunächst die Entwicklung vom RJWG zum heute gültigen Kinder- und Jugendhilfegesetz (KJHG) nachzeichnen. Die Debatten um die Einführung des RJWG sollen dabei berücksichtigt werden, denn viele der damaligen Streitpunkte waren auch bei der Diskussion um die Einführung des KJHG noch aktuell. Im Rahmen der Fragestellung, die immer auf Partizipation von Kindern und Jugendlichen bzw. deren Anerkennung als Subjekte mit eigenen Rechten fokussiert ist, werden bewusst andere Diskussionen, die um die Jugendhilfegesetze geführt wurden, nicht in ihrer Vollständigkeit vorgestellt und benannt. Im Lichte der Partizipation von Kindern und Jugendlichen sollen dann im weiteren Verlauf die wichtigsten Verbesserungen des KJHG gegenüber seinen Vorgängern herausgearbeitet werden. Ausgehend von diesen Forderungen und Bestimmungen des KJHG wird aufgezeigt, wie öffentliche und private Jugendhilfe die Partizipationsmöglichkeiten von Kindern und Jugendlichen ausgebaut haben. Dabei wird offen gelegt, welche Ursachen für die verstärkte Auseinandersetzung mit Beteiligungsmodellen und deren Forcierung verantwortlich sind. Gleichzeitig soll dargestellt werden, welche verschiedenen Vorstellungen von Partizipation dabei mit den Modellen verfolgt werden. Der Schwerpunkt der Betrachtung wird bei den sogenannten „neuen” Beteiligungsformen liegen. Auch wenn man die vorhandene Literatur als ausreichend bezeichnen kann, ist augenfällig, dass in der Fachdiskussion um das KJHG die Frage von Partizipation von Kindern und Jugendlichen nicht im Vordergrund steht. [...]
Inhaltsverzeichnis
- Einleitung
- 1. Das RJWG
- 1.1 Die Entstehung des RJWG
- 1.2 Inhalt und Kritik am RJWG (NS-Zeit)
- 2. Vom (R)JWG zum KJHG
- 2.1 Das JWG und die Diskussion um eine grundlegende Reform
- 2.2 Das KJHG Inhalt und Kritik
- 3. Partizipation nach dem KJHG
- 3.1 Die neuen Beteiligungsformen
- 3.2 Das Kinder- und Jugendbüro
- Schluss
- Literatur
Zielsetzung und Themenschwerpunkte
Diese Arbeit verfolgt das Ziel, die Entwicklung des Reichsjugendwohlfahrtsgesetzes (RJWG) zum heutigen Kinder- und Jugendhilfegesetz (KJHG) aufzuzeigen und die damit verbundenen Debatten um Partizipationsmöglichkeiten von Kindern und Jugendlichen zu beleuchten. Es werden die wichtigsten Verbesserungen des KJHG gegenüber seinen Vorgängern hervorgehoben und gezeigt, wie öffentliche und private Jugendhilfe die Partizipationsmöglichkeiten von Kindern und Jugendlichen ausgebaut haben.
- Die Entstehung des RJWG und die Debatten um seine Einführung
- Der Wandel vom RJWG zum KJHG und die Herausforderungen der Reform
- Partizipationsmöglichkeiten von Kindern und Jugendlichen im Rahmen des KJHG
- Entwicklung und Bedeutung neuer Beteiligungsformen
- Ursachen für die verstärkte Auseinandersetzung mit Partizipationsmodellen
Zusammenfassung der Kapitel
- Einleitung: Diese Einleitung erläutert die Relevanz des Themas und die historische Entwicklung der Auseinandersetzung mit den Bedürfnissen von Kindern und Jugendlichen. Die Arbeit fokussiert auf die Entwicklung vom RJWG zum KJHG und die dabei relevanten Debatten um die Partizipation von Kindern und Jugendlichen.
- 1. Das RJWG: Das erste Kapitel beschreibt die Entstehung des RJWG in den 1920er Jahren und die kontroversen Positionen, die in der Diskussion um die Einführung des Gesetzes vertreten wurden. Es werden die Ziele und die Kritik am RJWG beleuchtet.
- 2. Vom (R)JWG zum KJHG: Im zweiten Kapitel werden die Reformen des JWG und die Diskussionen um eine grundlegende Reform erläutert. Die Inhalte und die Kritik am KJHG als Nachfolgegesetz werden beleuchtet.
- 3. Partizipation nach dem KJHG: Das dritte Kapitel thematisiert die Partizipationsmöglichkeiten von Kindern und Jugendlichen im Rahmen des KJHG. Es werden neue Beteiligungsformen, wie das Kinder- und Jugendbüro, vorgestellt und die Ursachen für die verstärkte Auseinandersetzung mit Partizipationsmodellen erläutert.
Schlüsselwörter
Die Arbeit befasst sich mit den Themen Kinder- und Jugendhilfe, Partizipation, Reichsjugendwohlfahrtsgesetz (RJWG), Kinder- und Jugendhilfegesetz (KJHG), Jugendwohlfahrtspflege, soziale Rechte, Beteiligungsformen, Kinder- und Jugendbüro, Reformpädagogik, Jugendpolitik und sozialpädagogische Theorie.
- Arbeit zitieren
- Jan Winkelmann (Autor:in), 2003, Die Entstehung des KJHG und die Partizipationsmöglichkeiten von Kindern und Jugendlichen, München, GRIN Verlag, https://www.grin.com/document/22123