Die vorliegende Arbeit stellt im Rahmen der politischen Theorie mit Martin Luther
und Dietrich Bonhoeffer zwei herausragende Denker des Protestantismus vor und
untersucht deren politisches Denken und Handeln. Die Arbeit wird von der
Erkenntnis getragen, dass im Zuge der Säkularisierung des gesellschaftlichen
Lebens und damit eingeschlossen des akademischen Lebens, die Theologie auf
allen Feldern des wissenschaftschlichen Lebens ins Abseits gedrängt wurde. Das
ursprünglich selbstverständliche Primat der Theologie, welches auch Luther vertrat2,
wurde abgelöst durch einen „Ehrenvorrang der theologischen Fakultät .... allein aus
historischer Rücksicht.”(Ebeling, S.3). In den Naturwissenschaften scheint es
vergessen zu sein, dass die ersten Naturwissenschaftler wie Blaise Pascal, Isaak
Newton oder Johannes Kepler (um nur einige zu nennen) tiefgläubige Menschen
waren, die an einen Schöpfer glaubten der, da vernunftbegabt, rationale und
logische Gesetzmäßigkeiten in seiner Schöpfung realisierte, die der Mensch als
Ebenbild Gottes und damit ebenso vernunftbegabt erforschen und in Naturgesetze
fassen konnte. Zur Veranschaulichung seien nur einmal die Abschlussworte Keplers,
die er an das nach ihm benannte dritte Gesetz über die Planetenbewegungen 1619
anfügte, zitiert:
„Das ist es also, was ich über das Werk des göttlichen Schöpfers vorbringen wollte.
Es ist jetzt Zeit, daß ich endlich Augen und Hände von den Blättern voller Sätze
und Beweise weg zum Himmel erhebe und zum Vater des Lichts in Andacht und
Demut bete: O Du, der durch das Licht der Natur das Verlangen in uns mehrest nach
dem Licht deiner Gnade ... ich sage Dir Dank, Schöpfer, Gott, [...] Ich habe dabei
alle die Kräfte meines Geistes genutzt, die Du mir verliehen hast. Ich habe die
Herrlichkeit Deiner Werke den Menschen die meine Ausführungen lesen werden,
geoffenbart, soviel von ihrem unendlichen Reichtum mein enger Verstand hat fassen
können.” (zitiert in Pailer, S.95)
[...]
2 „Lasset uns die Bibel nur nicht verlieren, sondern sie lesen und predigen: denn wenn die Theologie blüht, so
steht alles wohl und geht glücklich vonstatten. Denn sie ist das Haupt aller Fakultäten und Künste: wenn sie
daniederliegt, so gebe ich alles andere auf.” (TR, S.9)
Inhaltsverzeichnis
- Einleitung
- A: Luther
- 1. Zur Person
- 1.1 Kindheit, Jugend und Studium
- 1.2 Luther im Kloster
- 1.2.1 Der Eintritt ins Kloster
- 1.2.2 Klosterzeit
- 1.3 Luther als Familienmensch
- 1.4 Luther über sich selbst
- 2. Die historischen Ereignisse zwischen 1517-1521
- 2.1 Das Turmerlebnis - Durchbruch zur reformatorischen Erkenntnis
- 2.2 Der Thesenanschlag 1517
- 2.3 Die Leipziger Disputation mit Eck 1519
- 2.4 Luther auf dem Reichstag zu Worms 1521
- 3. Grundzüge der Theologie Luthers
- 3.1 Sola scriptura - die Schrift allein
- 3.2 Solus Christus - Christus allein
- 3.3 Sola fide - der Glaube allein
- 4. Anthropologie bei Luther
- 4.1 Das Wesen des Menschen
- 4.2 Der Mensch in seiner Gesamtheit
- 4.3 Vom freien und unfreien Willen des Menschen
- 4.3.1 Erasmus und der freie Wille des Menschen
- 4.3.2 Luther und der geknechtete Wille des Menschen
- 4.3.3 Erasmus und Luther heute
- 5. Die Lehre von den zwei Reichen
- 5.1 Politischer Hintergrund
- 5.2 Die Teilung der Welt in zwei Reiche
- 5.3 Der Grundfehler - die Vermengung der beiden Reiche
- 5.4 Das Gemeinsame der beiden Reiche
- 5.4.1 Zwei-Reiche-Lehre und die islamische Umma
- 5.5 Verhalten des Christen gegenüber dem Staat
- 5.5.1 Anerkennung der staatlichen Autorität
- 5.5.2 Verweigerung gegenüber der Obrigkeit
- 5.6 Der christliche Fürst
- 6. Politisches Handeln im Dualismus von Gehorsam und Ungehorsam
- 6.1 Politisches Handeln als Gewissensprozess
- 6.2 Die Autorität staatlicher Gewalt
- 6.2.1 Die Bauernaufstände
- 6.2.2 Die Türkenfrage
- 6.3 Die Begrenzung der staatlichen Autorität
- 6.3.1 Widerstand gegenüber den evangelischen Fürsten
- 6.3.2 Widerstand gegenüber dem Kaiser
- 7. Zusammenfassung Luther
- B: Bonhoeffer
- Einleitung
- 1. Dietrich Bonhoeffer - ein Lebenslauf
- 1.1 Herkunft, Jugend, Studium
- 1.2 Im Widerstand
- 1.2.1 Die Machtergreifung Hitlers
- 1.2.2 Der „Arierparagraph” - Dem Rad in die Speichen fallen
- 1.2.3 Die versuchte Gleichschaltung der Evangelischen Kirche
- 1.2.4 Die Denkschrift an Hitler
- 1.3 Vom Widerstand in die Verschwörung
- 1.4 Gefangenschaft und Tod
- 2. Die Christologie Bonhoeffers
- 2.1 Die Überwindung von Transzendenz und Ontologie
- 2.2 Das Weltverständnis Bonhoeffers
- 3.0 Grundzüge der Ethik Bonhoeffers
- 3.1 Kritik aller Ethik
- 3.2 Das konkrete Gebot
- 3.3 Das konkrete Gebot und die ultima ratio
- 4. Das Verhältnis von Kirche und Staat
- 4.1 Die vier Mandate
- 4.2 Staat und Kirche im Verständnis Bonhoeffers
- 4.2.1 Wesen und Aufgabe des Staates
- 4.2.2 Aufgabe der Kirche im Staat
- 4.2.3 Zusammenfassung
- 5. Bonhoeffer und Luthers Zwei-Reiche-Lehre
- 5.1 Kritische Bejahung
- 5.2 Der Gewissensbegriff bei Bonhoeffer
- 6. Zusammenfassung Bonhoeffer
- Abschluss
Zielsetzung und Themenschwerpunkte
Die Arbeit befasst sich mit dem politischen Denken und Handeln von Martin Luther und Dietrich Bonhoeffer, zwei herausragenden Denkern des Protestantismus. Sie untersucht, wie diese Theologen im Kontext ihrer jeweiligen Zeit politische Fragen und Herausforderungen aus einer christlichen Perspektive beleuchtet haben.
- Die Entwicklung des politischen Denkens und Handelns im Protestantismus
- Die Wechselwirkung von Religion und Politik im 16. und 20. Jahrhundert
- Die Rolle des Gewissens in der politischen Entscheidungsfindung
- Das Verhältnis von Kirche und Staat im Lichte des christlichen Glaubens
- Die Bedeutung der Zwei-Reiche-Lehre für das politische Denken und Handeln
Zusammenfassung der Kapitel
- Einleitung: Die Einleitung stellt die Arbeit und ihre Zielsetzung vor. Sie diskutiert die Bedeutung des protestantischen Denkens für die politische Theorie und die Bedeutung der Theologie im akademischen Leben.
- A: Luther: Der erste Teil der Arbeit befasst sich mit Martin Luther. Kapitel 1 gibt einen Überblick über sein Leben, einschließlich seiner Kindheit, seiner Zeit im Kloster und seiner persönlichen Entwicklung. Kapitel 2 behandelt die historischen Ereignisse, die zu Luthers reformatorischem Denken führten, wie das Turmerlebnis, den Thesenanschlag und die Leipziger Disputation. Kapitel 3 befasst sich mit den Grundzügen von Luthers Theologie, einschließlich der Prinzipien Sola scriptura, Solus Christus und Sola fide. Kapitel 4 beleuchtet Luthers Anthropologie, mit besonderem Fokus auf den freien und unfreien Willen des Menschen. Kapitel 5 untersucht Luthers Lehre von den zwei Reichen und die daraus abgeleiteten Schlussfolgerungen für das politische Handeln. Kapitel 6 analysiert Luthers politische Handlungsweise im Dualismus von Gehorsam und Ungehorsam.
- B: Bonhoeffer: Der zweite Teil der Arbeit konzentriert sich auf Dietrich Bonhoeffer. Kapitel 1 beleuchtet Bonhoeffers Leben und seine Entwicklung, einschließlich seiner Studienzeit und seiner Rolle im Widerstand gegen das NS-Regime. Kapitel 2 untersucht Bonhoeffers Christologie und seine Sicht auf das Verhältnis zwischen Glauben und Welt. Kapitel 3 beleuchtet die Grundzüge von Bonhoeffers Ethik, einschließlich seiner Kritik an traditionellen ethischen Systemen. Kapitel 4 befasst sich mit Bonhoeffers Verständnis des Verhältnisses zwischen Kirche und Staat. Kapitel 5 analysiert Bonhoeffers Auseinandersetzung mit Luthers Zwei-Reiche-Lehre.
Schlüsselwörter
Die Arbeit behandelt Themen wie politisches Denken und Handeln, Protestantismus, Theologie, Geschichte, Martin Luther, Dietrich Bonhoeffer, Zwei-Reiche-Lehre, Gewissensfreiheit, Widerstand, Kirche und Staat, Säkularisierung, Anthropologie, Christologie, Ethik.
- Arbeit zitieren
- Kai Braun (Autor:in), 2003, Politisches Denken und Handeln im Protestantismus am Beipiel von Luther und Bonhoeffer, München, GRIN Verlag, https://www.grin.com/document/22362