Das Prinzip der Meistbegünstigung (MFN) (Art. I des GATT) ist eine der Grundlagen der multilateralen Handelsordnung wie sie im Regelwerk der WTO institutionalisiert wurde. Doch gibt es zahlreiche Ausnahmen von diesem Prinzip - legitimiert oder nicht- legitimiertso dass nach einigen Schätzung ca. 25% des Welthandels in einem mehr oder weniger diskriminierendem Rahmen abla ufen 1 . Eine der wichtigsten Ausnahmen i nnerhalb des Regelwerks sind die Regeln für Regionale Handelsabkommen (RTA) in Form von Zollunionen (ZU) oder Freihandelszonen (FTA) oder entsprechenden Interimsabkommen (Art. XXIV GATT, Art. V GATS). Hier wird versucht, dem Streben der Staaten, regionale Integration zu nutzen, einen Rahmen zu geben, so dass die multilaterale Ordnung durch diese Abkommen nicht gefährdet wird, und dass Drittstaaten keine tiefgehenden Nachteile aus regionaler Integration anderer Staaten erfahren. Doch tatsächlich bleibt das Verhältnis von WTO und Regionalen Wirtschaftszonen häufig im Dunkeln und es ergeben sich wirtschaftliche, p olitische und v.a. auch rechtliche Spannungslagen zwischen den unterschiedlichen Rechtsordnungen.
In dieser Arbeit soll zunächst das Phänomen des Regionalismus und seiner Ausdehnung im vergangenen Jahrzehnt und über die Jahrtausendwende hinaus kurz in seiner Entwicklung und seiner Motivation beschrieben werden sowie die politischen, wirtschaftlichen und systemischen Effekte und Probleme für das multilaterale Handelssystem in Auszügen - eine abschließende Erörterung ist in diesem Rahmen natürlich nicht möglich. Im Anschluss daran sollen die institutionellen Rahmenbedingungen in der WTO und die rechtliche Kompatibilität der RTAs mit dem WTO-Regelwerk sowie der Umstand, dass die jetzigen Regelungen scheinbar nicht ausreichend sind, um die Kompatibilität der beiden Rechtsordnungen tatsächlich sicherzustellen. Dies soll anhand der ergangenen Rechtsprechung im Falle „Türkei - Te xtilien“ der WT- Streitschlichtungsorgane vorgestellt werden. Abschließend werden Reformmöglichkeiten - und vorschläge betrachtet, welche eine zukünftige Gefährdung des multilateralen Systems durch die Proliferation von RTAs vermeiden sollen.
Inhaltsverzeichnis
- Einleitung
- Regionalismus als Grundzug der Weltwirtschaft?
- Regionalisierungstendenzen im Laufe der Zeit
- Ursachen regionaler Integration
- Wirtschaftliche und politische Spannungslagen der Regionalisierung
- Allgemeines
- RTA als „Stumbling Blocs“
- RTAS als \"Building Blocs”.
- Vereinbarkeit von WTO-Recht und regionalen Handelsabkommen - Rechtliche Spannungslagen
- Institutionelle Entwicklungen
- Der Fall Türkei-Textilien - ein Durchbruch?
- Verbleibende Schwierigkeiten
- Lösungsansätze und Schluss
Zielsetzung und Themenschwerpunkte
Die Arbeit befasst sich mit der Frage, ob und wie die Zunahme regionaler Handelsabkommen (RTAs) das multilaterale Handelssystem der WTO gefährdet. Sie untersucht die Entwicklung und die Motive des Regionalismus sowie die damit verbundenen wirtschaftlichen, politischen und rechtlichen Spannungsfelder. Im Fokus stehen dabei die Vereinbarkeit von WTO-Recht und RTAs und die Frage, ob die derzeitigen Regelungen für eine nachhaltige Kompatibilität der beiden Rechtsordnungen ausreichend sind.
- Entwicklung und Ursachen des Regionalismus
- Wirtschaftliche und politische Auswirkungen von RTAs
- Rechtliche Spannungslagen zwischen WTO-Recht und RTAs
- Institutionelle Entwicklungen im Bereich des Regionalismus
- Lösungsansätze zur Vermeidung von Konflikten zwischen Multilateralismus und Regionalismus
Zusammenfassung der Kapitel
Einleitung
Die Einleitung stellt das Prinzip der Meistbegünstigung (MFN) als Grundlage der multilateralen Handelsordnung vor und erläutert die Bedeutung von Ausnahmen wie regionalen Handelsabkommen (RTAs). Die Arbeit untersucht, wie das Verhältnis von WTO und RTAs geprägt ist von Spannungslagen zwischen verschiedenen Rechtsordnungen.
Regionalismus als Grundzug der Weltwirtschaft?
Regionalisierungstendenzen im Laufe der Zeit
Dieser Abschnitt beschreibt die rasante Zunahme von RTAs in den letzten Jahrzehnten und unterscheidet zwischen zwei Wellen der regionalen Integration. Während die erste Welle der 60er und 70er Jahre oft scheiterte, zeichnet sich die zweite Welle durch eine stärkere wirtschaftliche Motivation und eine intensive Integration von verschiedenen Politikfeldern aus.
Ursachen regionaler Integration
Es werden verschiedene Argumente für regionale Integration vorgestellt, u.a. geografische Nähe, die Durchsetzung ökonomischer Interessen und die Schaffung großer Wirtschaftsräume.
Wirtschaftliche und politische Spannungslagen der Regionalisierung
Dieser Abschnitt thematisiert die Herausforderungen, die aus dem Zusammenspiel von Multilateralismus und Regionalismus entstehen. Es werden sowohl positive („Building Blocs“) als auch negative („Stumbling Blocs“) Effekte von RTAs für die Weltwirtschaft beleuchtet.
Schlüsselwörter
Regionalismus, Multilateralismus, WTO, Regional Handelsabkommen (RTAs), Zollunion (ZU), Freihandelszone (FTA), Meistbegünstigung (MFN), WTO-Recht, Rechtsprechung, Türkei-Textilien, Reformmöglichkeiten.
- Arbeit zitieren
- Miriam Prys (Autor:in), 2003, Multilateralismus vs. Regionalisierung: Spannungslagen zwischen weltweiter Liberalisierung und regionaler Integration, München, GRIN Verlag, https://www.grin.com/document/22792