Die vorliegende Arbeit hinterfragt das „Krankheitsbild“ der weiblichen Hysterie im ausgehenden 19. und beginnenden 20. Jahrhundert.
Die Anführungszeichen sind bewusst gesetzt, denn die These dieser Arbeit lautet, dass es sich bei dieser Diagnose größtenteils um eine Konstruktion zu mehreren Zwecken handelte: Aufrechterhaltung der patriarchischen Gesellschaftsordnung angesichts der erstarkenden Frauenbewegung, Selbstaffimierung des männlichen Bürgertums und Etablierung der (männlich besetzten) Schulmedizin allgemein und der Gynäkologie und der Neurologie im Besonderen sind die Motive, die hier nachgewiesen werden sollen.
Die Rolle der Medizin, die stellvertretend für die allgemeingesellschaftlicheAngst vor dem teilweisen Verlust der männlichen Domänen an Frauen stehen soll, die den Hysteriebegriff und den Umgang mit vermeintlich hysterischen Frauen gesellschaftlich konstituierte, soll deutlich gemacht werden anhand eines Textes des Mediziners Paul Julius Möbius. Im Jahr 1901 erschien sein Aufsatz „Ueber den psychologischen Schwachsinn des Weibes“ in zweiter Auflage, in dem er mit angeblich medizinischen Argumenten die erstarkende Emanzipation als widernatürlich und (auch) für Frauen schädlich zu erklären versuchte. Belegt werden soll diese These anhand weniger Beispiele aus der Hysterieforschung zur Zeit von Möbius: Ich werde im Folgenden versuchen, einige Widersprüchlichkeiten im Hinblick auf die Erklärungsansätze und die Heilverfahren von Hysterie dazustellen und so nachzuweisen, dass kein reelles medizinisches Interesse an der Heilung einer Krankheit vorlag.
All diese Ausführungen unterlege ich mit Beispielen aus dem Text von Möbius.
Inhaltsverzeichnis
- Einleitung
- 1. Die Quelle
- 1.1 Historische Einordnung
- 1.2 Argumentation
- 2. Performanz bei Judith Butler
- 2.1 Austins Theorie der Sprachakte
- 2.2 Butlers Performanztheorie
- 3. Hysterie - vom Unterleib in den Kopf
Zielsetzung und Themenschwerpunkte
Diese Arbeit untersucht das „Krankheitsbild“ der weiblichen Hysterie im ausgehenden 19. und beginnenden 20. Jahrhundert und argumentiert, dass es sich bei dieser Diagnose größtenteils um eine Konstruktion handelte, die der Aufrechterhaltung der patriarchalen Gesellschaftsordnung, der Selbstaffimierung des männlichen Bürgertums und der Etablierung der Schulmedizin diente.
- Die Konstruktion der Hysterie als Werkzeug der Unterdrückung
- Die Rolle der Medizin in der gesellschaftlichen Konstituierung des Hysteriebegriffs
- Die Analyse des Textes von Paul Julius Möbius, „Ueber den physiologischen Schwachsinn des Weibes“
- Die Anwendung der Performanztheorie von Judith Butler zur Analyse der Konstruktion von Geschlecht
- Die Auseinandersetzung mit der Geschichte der Hysterieforschung
Zusammenfassung der Kapitel
- Einleitung: Die Arbeit stellt die zentrale These vor, dass der Hysteriebegriff eine Konstruktion zur Unterdrückung der Frau im ausgehenden 19. Jahrhundert war. Die Analyse des Textes von Paul Julius Möbius, „Ueber den physiologischen Schwachsinn des Weibes“, steht im Mittelpunkt.
- 1. Die Quelle: Dieses Kapitel behandelt den historischen Kontext des Textes von Möbius und analysiert seine Argumentation.
- 2. Performanz bei Judith Butler: Dieses Kapitel stellt die Performanztheorie von Judith Butler vor und erläutert ihre Verbindung zur Sprechakt-Theorie von John L. Austin.
- 3. Hysterie - vom Unterleib in den Kopf: Dieses Kapitel beleuchtet die Geschichte der Hysterieforschung und diskutiert die Widersprüchlichkeiten in der Erklärungsansätze und Heilverfahren.
Schlüsselwörter
Weibliche Hysterie, patriarchale Gesellschaftsordnung, Konstruktion von Geschlecht, Performanztheorie, Judith Butler, John L. Austin, Paul Julius Möbius, Medizin, Gynäkologie, Neurologie, Frauenbewegung, Emanzipation, Geschlechterforschung.
- Arbeit zitieren
- Nicole Diekmann (Autor:in), 2002, Über den physiologischen Schwachsinn des Weibes - Oder: Über die Konstruktion der Hysterie zur Unterdrückung der Frau, München, GRIN Verlag, https://www.grin.com/document/22862