TERTIÄRE Bildungs-Integration: Europakonform zum Betriebs- und Praxisnahen akademischen BACHELOR-Grad.

Standesbezeichnung Ingenieur zum AKADEMISCHEN Ingenieur. SEKUNDAR-TERTIÄRES BHS-Bildungssystem für Österreich.


Wissenschaftliche Studie, 2013

63 Seiten


Leseprobe


Inhaltsverzeichnis

Vorbemerkung

1 „Tertiär“ erweitertes, „sekundar-tertiäres“ HTL- und HLFL- Bildungssystem

2 Staats-Gewerbeschulen gestern zu „sekundar-tertiär“ erweiterten Höheren Technischen Lehranstalten HTL morgen
2.1 Gewerbliches Bildungswesen zunehmend staatlich organisiert in der Habsburgermonarchie im heutigen Österreich
2.1.1 Unterrichtsministerium und eine staatliche pädagogisch- didaktische Förderung der Industrialisierung durch eine gewerbliche Bildung
2.1.2 Realschulen mit gewerblicher Bildung werden zu allgemeinbildenden Mittelschulen und bewirken spezialisierte Gewerbeschulen
2.1.3 Exposé eines Programms zur Errichtung von Staats- Gewerbeschulen mit unterschiedlichen Bildungsebenen
2.1.4 Reformprogramm 1883 mit einem Systematisierungsversuch gewerblicher Lehranstalten unter der Oberleitung des Unterrichtsministeriums
2.1.5 Salzburg – die erste Staats-Gewerbeschule der Habsburgermonarchie in Österreich entwickelt sich zur Höheren Technischen Lehranstalt
2.2 Höhere Gewerbeschulen und die „Standesbezeichnung Ingenieur“, im Jahre 1917 mit kaiserlicher Verordnung geschützt, gilt bis heute
2.3 Europakonform erweitertes, praxisnahes SEKUNDAR-TERTIÄRES Zukunftsmodell der Höheren Technischen Lehranstalten HTL

3 Europakonformes SEKUNDAR-TERTIÄRES Zukunftsmodell der „Berufsbildenden Höheren Schulen“ BHS

4 Literatur und Abkürzungen
4.1 Primärliteratur
4.2 Sekundärliteratur
4.3 Abkürzungen

5 Autorenprofil

Vorbemerkung

Die Überlegungen zur Bildung eines tertiär erweiterten BHS-Bildungssystems gewinnen durch den fortschreitenden Bologna-Prozess zunehmend an Bedeutung. Das Bologna-Modell sieht im tertiär-akademischen Bereich eine Zweigliederung der traditionellen Diplomstudien vor. Es bietet sich an, dass die Praxis, wie es bei den HTL-Absolventen bereits seit 100 Jahren der Fall ist, entsprechend bildungsmäßig aufgewertet wird. Durch eine tertiäre Erweiterung des BHS-Bildungssystems werden die sekundaren Absolventen zu sekundar-tertiären Absolventen, die mit einem akademischen Bachelor-Grad abschließen. In Bereich der HTL wird praktisch die Standesbezeichnung Ingenieur zu einem akademischen Ingenieur aufgewertet. Die Durchlässigkeit zum derzeitigen tertiär-akademischen Bildungssystem wird immens erhöht, indem eine allgemeine Zugänglichkeit zu den Masterprogrammen der Fachhochschulen und Universitäten gegeben ist. Eine Aufwertung des tertiär-würdigen österreichischen BHS-Bildungssystems wird zunehmend erforderlich. Die traditionelle, bewährte und betriebs- und praxisnahe höhere Berufsbildung auf der Sekundarstufe II muss entsprechend tertiär würdig bewertet werden.

Die grünen Ingenieure müssen bei Zukunftsüberlegungen eines europakonform erweiterten, sekundar-tertiären Bildungssystems mitgedacht werden. Die Absolventen der höheren Land- und Forstwirtschaftlichen Lehranstalten können ebenfalls eine 3-jährige, facheinschlägige Betriebspraxis absolvieren. Die fachliche Beurteilung der Ingenieurpraxis erfolgt in diesem Falle durch das Landwirtschaftsministerium.

Die Standesbezeichnung Ingenieur existiert bereits seit der kaiserlichen Habsburgermonarchie. Eine kaiserliche Verordnung von Franz-Joseph II. aus dem Jahre 1917 schützt die Standesbezeichnung Ingenieur. Zur Erlangung dieses Ingenieur-Titels benötigen die Absolventen der 4-jährigen „höheren Gewerbeschulen“ an den Staats-Gewerbeschulen eine 8-jährige berufs- und fachbezogene Praxis. Es hat sich methodisch bei der Verleihung der Standesbezeichnung „Ingenieur“ im Prinzip nichts geändert. Die Praxiszeit wird heute allerdings von den acht Jahren auf drei reduziert. Nach der kaiserlichen Verordnung des Jahres 1917 wird auch in der Zwischenkriegszeit den Absolventen der Technischen Hochschulen, der Montanhochschule und der Hochschule für Bodenkultur die Standesbezeichnung „Ingenieur“ verliehen. Nur die Verleihungs-Formalitäten der Standesbezeichnung „Ingenieur“ sind unterschiedlich. Den Absolventen der höheren Gewerbeschulen und später der höheren Abteilungen wird vom Wirtschaftsministerium[1] nach einer 8-jährigen berufsbezogenen Praxis die Standesbezeichnung „Ingenieur“ verliehen. Das soll auf die Praxisorientierung dieser Ingenieurbildung hinweisen. Den Absolventen der Technischen Hochschulen u. a. wird unmittelbar nach dem Studium, ohne Praxiserfordernis, die Standesbezeichnung „Ingenieur“ durch eine Graduierung verliehen. Die Graduierung an den Hochschulen soll auf eine wissenschaftliche Theorieorientierung der Hochschulen hinweisen.

Es liegt vor allem im Interesse der HTL-Absolventen und der Gesellschaft, dass diese Ingenieurbildung formal gehoben wird. Der HTL-Ingenieur ist für die industriell-gewerbliche Wirtschaft und für die qualifizierte Dienstleistungswirtschaft sehr wichtig. Die HTL-Absolventen haben eine hohe Erwerbsfähigkeit, wobei auf dieser Qualifikationsebene ein großer Teil der Ingenieurbeschäftigung gegeben ist. Der HTL-Ingenieur weist eine praktische und anwendungsorientierte Qualifizierung auf, die vor allem auch von kleineren und größeren Gewerbebetrieben sehr geschätzt wird. Diese hohe Arbeitsmarkt- und Berufsfähigkeit soll durch den europäischen und globalen Konkurrenzdruck erhalten bleiben. Die HTL-Ingenieure werden zunehmend vom Ausland als tertiär würdig angesehen. Eine Erweiterung der Ingenieurbildung in den tertiären Bildungsbereich hinein wird für die Höheren Technischen Lehranstalten zunehmend erforderlich.

Die österreichische Ingenieurbildung nur auf der Sekundarstufe II bewegt sich zunehmend in eine Bildungssackgasse. Die 3-jährige Ingenieurpraxis muss in das Regelschul- und Bildungssystem integriert werden, wobei dies auf der akademischen Tertiärebene zu erfolgen hat. Eine zusätzliche Europa- und Bologna-konforme Hebung der HTL-Ingenieurbildung wird zunehmend erforderlich, um eine entsprechende Durchlässigkeit auf der akademischen Tertiärebene zu ermöglich. Die derzeitige Bildungssackgasse ist zu vermeiden, indem bildungs- und aufstiegswillige Absolventen sich in einem zusätzlichen tertiären HTL-Bildungssystem zu einem akademischen Ingenieur weiterentwickeln können.

Es wird wirtschaftnahen Studien entnommen, dass die HTL-Absolventen im Allgemeinen eine hohe Betriebs- und Arbeitszufriedenheit aufweisen. Diese Absolventen sind relativ wenig in der Wirtschaft über- und de-qualifiziert erwerbsmäßig beschäftigt. Die traditionell bewährte MARKE HTL sollte europakonform zusätzlich in die akademische Tertiärebene gehoben werden. Damit soll eine Durchlässigkeit mit wenig Redundanz in das prozessartige Bologna-Regel-Bildungssystem in Österreich gegeben sein.

Es sollte eine tertiäre Rückbindung der berufsbezogen-facheinschlägigen 3-jährigen Ingenieurpraxis bzw. Praxis an das bestehende HTL- bzw. BHS-Bildungssystem erfolgen. Die Sekundarbildung an den Höheren Technischen Lehranstalten bzw. Berufsbildenden Höheren Schulen muss durch eine Tertiär-Bildung ergänzt werden. Die Standesbezeichnung Ingenieur wird durch einen erweiterten tertiären Bildungsprozess zu einem akademischen Ingenieur aufgewertet. Eine unmittelbare Zugänglichkeit des akademischen Ingenieurs zu den Masterprogrammen von Universitäten und Fachhochschulen ist gegeben. Dies ermöglicht eine Höher- und Weiterqualifizierung an diesen akademischen, tertiären Bildungsstätten. Eine Praxisorientierung ist an den Fachhochschulen gegeben, und eine wissenschaftliche Theorievermittlung erfolgt an den Universitäten. Der Abschluss der sekundar-tertiären Berufsbildung mit diesem betriebs- und praxisorientierten akademischen Bachelor-Grad erfolgt in der Erstbildung im HTL bzw. BHS-Bildungssystem im Idealfall mit 22 Jahren.

Die Politik, die Sozialpartner und die Schul- und Bildungsentwicklung sind aufgefordert, die Problematik der Standesbezeichnung Ingenieur im Sinne der Absolventen, der Gesellschaft und der Wirtschaft im 21. Jahrhundert einer Lösung zuzuführen. Recherchen von mir haben die überraschende Erkenntnis gebracht, dass auch die Wirtschaft einer Veränderung bei der Standesbezeichnung nicht ganz abgeneigt ist. Die Wirtschaft will im Prinzip billige, qualifizierte Fachkräfte. Ein großes Anliegen der Wirtschaft bezüglich der HTL- Absolventen ist, dass diese Fachkräfte nach wie vor die Betriebs- und Praxisnähe beibehalten. Der Bedarf an solch qualifizierten Fachkräften in gewissen Fachbereichen sehr groß. Die Absolventen der neuen sekundar-tertiären Berufsbildung erhalten zusätzlich noch eine besondere betriebs- und praxisnahe, fachpraktische Bildung vermittelt. Das erweiterte sekundar-tertiäre Bildungssystem bringt in der Summe besonders betriebs- und praxisnahe Absolventen hervor. Das bestehende, bewährte betriebs- und praxisnahe BHS-Bildungssystem der Sekundarstufe II wird durch einen zusätzlichen DUALEN betriebs-praxisorientierten, tertiären Bildungsprozess ergänzt.

1 „Tertiär“ erweitertes, „sekundar-tertiäres“ HTL- und HLFL-Bildungssystem

Der Ingenieur gehört in der Habsburgermonarchie einem „Stand“ an. Dieser ist im 19. Jahrhundert allerdings nicht gesetzlich geschützt. Die Verleihung der Standesbezeichnung „Ingenieur“ erfolgt noch heute durch das „Wirtschaftsministerium“, das seit der Habsburgermonarchie unterschiedliche Bezeichnungen trägt. Dies kann ein Grund dafür sein, dass es bis in die Gegenwart bei der Ingenieurpraxis methodisch praktisch keine Veränderung gegeben hat. Es kann wirtschaftsnahen Studien entnommen werden, dass viele HTL-Ingenieure mit der derzeitigen bildungspolitischen Situation nicht besonders zufrieden sind. Die HTL-Ingenieure, welche sich weiterqualifizieren wollen, sehen sich zunehmend in einer Bildungssackgasse und mit einer Bildungsredundanz konfrontiert. Eine Durchlässigkeit zu den tertiär-akademischen Bildungsprozessen an Fachhochschulen und Universitäten muss zunehmend gegeben sein. Eine Hebung des derzeitigen HTL-Bildungssystems soll durch ein tertiär erweitertes HTL-Schul- und Bildungssystem ermöglicht werden. So mancher HTL-Ingenieur will sich mit wenig Bildungsredundanz als Fach- und Führungskraft weiterqualifizieren. Die HTL-Ingenieure müssen eigenartige berufsbegleitende Bildungswege im Kontext mit ausländischen Fern-Hochschulen und Ähnlichem beschreiten, damit offenbar entsprechende Grade verliehen werden können. Es entwickelt sich zunehmend ein privater Bildungsmarkt, um diese derzeitige HTL-Ingenieur Bildungssackgasse zu überwinden. Diese Weiterqualifizierungs-Problematik für betriebs- und praxiserfahrene HTL-Absolventen muss in Österreich zu einem bildungspolitischen Thema werden. Das Prinzip der öffentlichen Schule, Bildungsmöglichkeiten für alle, die es wollen, zu schaffen, wird gefordert. Bildung muss für alle möglich sein, nicht nur für jene, die es sich leisten können. Dieser Bildungssackgasse für praxiserfahrene HTL- Absolventen zu entkommen, wird durch den Bologna-Prozess erleichtert. Das tertiäre akademische Ingenieurstudium wird durch Bologna in zwei Teile zerlegt. Es gibt in der Regel ein 3-jähriges Bachelor- und ein zweijähriges Masterstudium. Es muss doch möglich sein, die derzeitige praxisnahe und qualifizierte sekundare Ingenieurbildung zusätzlich tertiär in den akademischen Bachelor-Bereich zu heben, damit eine Weiterqualifizierung in den Fachhochschul- aber vor allem Universitätsbereich möglich wird. Der problemlose Einstieg in Masterstudien in Österreich kann auch zum universitären Diplomingenieur führen. Für eine entsprechende sinnvolle Weiterqualifizierung bieten sich für einen HTL-Absolventen vor allem die Technische- und Montanistische Universität und die Technischen Fakultäten an Universitäten an. An den Universitäten ist im Allgemeinen eine wissenschaftliche Theorieorientierung gegeben, allerdings für jene HTL-Absolventen gedacht, die eine Neigung zu theoretischen Bildungsstoffen entwickeln. Die Aufgabe der Universitäten ist es, die Bildungsstoffe theorieorientiert zu vermitteln und durch Forschungsprozesse wissenschaftliche Erkenntnisse zu gewinnen. Die derzeitige, traditionell bewährte, sekundare Marke HTL muss für das 21. Jahrhundert fit gemacht werden, indem eine tertiäre Erweiterung in den sekundar-tertiären Bildungsbereich hinein erfolgt.

A - SEKUNDARSTUFE II

Derzeitiges HTL-Bildungssystem

Abschluss

- Reife- und Diplomprüfung
- Doppelqualifikation

3- jährige facheinschlägige Ingenieurpraxis

Abschluss

- „Standesbezeichnung“INGENIEUR
- Wirtschaftsministerium beurkundet Standesbezeichnung

B - TERTIÄRSTUFE

Erweitertes HTL-Bildungssystem

- an bestehenden Standorten

Zuständig Unterrichtsministerium

- 3-jährige Ingenieurpraxis
- HTL-Bildungssystem integrieren
- Ingenieurpraxis bildungsmäßig formalisieren

Abschluss: Bachelor-Grad

- „akademischer“INGENIEUR
- Verleihung durch das Unterrichtsministerium

A + B - SEKUNDAR-TERTIÄRES HTL-Bildungssystem

- Tertiäre Erweiterung des derzeitigen sekundaren HTL-Bildungssystems
- HTL- Ingenieur fit für das 21. Jahrhundert
- Hebung der sekundaren Höheren Technischen Lehranstalten in den s ekundar-tertiären Bildungsbereich
- Land- und Forstwirtschaftliche HLFL-Bildungssystem ebenfalls

Im Jahre 1999 wird das Bologna-Modell mit seiner Bachelor-Master Studien-Architektur aus der Taufe gehoben. Dies ermöglicht, dass durch eine bildungsmäßige Formalisierung der Ingenieurpraxis diese im tertiären Bereich verankert wird. Die Bachelor-Aufwertung der Standesbezeichnung Ingenieur ermöglicht den akademischen Ingenieur.

2 Staats-Gewerbeschulen gestern zu „sekundar-tertiär“ erweiterten Höheren Technischen Lehranstalten HTL morgen

Der Bildungsbereich nimmt im Jahre 1848 eine ziemlich untergeordnete Position im staatlichen Denken ein. Die zentrale Schulverwaltung, die Studien-Hofkommission ist nicht den anderen bundesstaatlichen Verwaltungseinheiten gleichgestellt. Die zunehmende Industrialisierung erfordert ein ausgebautes und standardisiertes Bildungswesen. Die oberste Leitung des gesamten Schulwesens sollte in einem eigenen Ministerium des Unterrichts erfolgen.[2]

Die deutschen S chulen gelten dem Volksunterricht, wobei diese in ihren gehobenen Formen allmählich bereits berufsvorbereitende Aufgaben übernommen haben. Die Allgemeine Schulordnung 1774 der Kaiserin Maria Theresia sieht in den gehobenen Normalschulen entsprechende Lehrgegenstände für junge Menschen vor, die sich „der Landwirthschaft, den Künsten und den Handwerken widmen wollen“[3]. Die Politische Schulverfassung 1806 gilt im Wesentlichen bis zum Reichsvolksschulgesetz 1869.

Die Neuordnung und Erweiterung des Volksschulwesens durch die Politische Schulverfassung bewirkt auch eine zunehmende elementare Berufsvorbildung im Pflichtschulbereich. In der 4. und letzten Klasse der Normal- und Musterhauptschulen, die sich meist in den Landeshauptstädten der Kronländer befinden, werden zwei Jahrgänge „dem Bedürfnisse des Künstlers, des Gewerbsmannes und des Landwirthes“[4] gewidmet. Dies sind die so genannten unselbstständigen Unterrealschulen, welche den Hauptschulen angegliedert werden. Es wird in diesen gehobenen Pflichtschul-Lehranstalten auch Baukunst, Mechanik, Zeichnen und Geometrie unterrichtet. Die selbstständigen Realschulen dauern als deutsche Lehranstalten drei Jahre und setzen sich als gewerbliche Sekundarschulen als Teil des Volksunterrichts in der ersten Hälfte des 19. Jahrhunderts nicht durch. Dieser selbstständige, reale Schultyp wird durch die Politische Verfassung nur in Wien, Prag und Krakau geplant. Die beruflichen Anforderungen des Handwerkes, Kaufmannes, Landwirtes, Kameralisten und Künstlers müssen zunehmend eine Berücksichtigung finden.[5] Diese selbstständigen, 3-jährigen Realschulen hätten eigentlich in Städten entstehen sollen, wo Gymnasien gegeben sind. Die selbstständige Realschule setzt sich erst in der zweiten Hälfte des 19. Jahrhunderts durch. Diese ist bis zum Realschulgesetz 1867 eine gewerblich-theoretische Schule. Diese reale Bildungsstätte entwickelt sich zu einer allgemeinbildenden mathematisch-naturwissenschaftlich orientierten Mittelschule, an der vor allem auch moderne Sprachen unterrichtet werden. Diese Lehranstalt wird zu einer Mittelschule, die Latein nicht mehr im Lehrplan vorgesehen hat.

Die an Hauptschulen angeschlossenen 2-jährigen „Unterrealschulen“ sind ein nicht unwesentlicher Teil der Berufsvorbildung als Volksbildung. Infolge der liberalen Reichsvolksschule 1869, von den Konservativen später als „gottlose Neuschule“ bezeichnet, entsteht die 3-jährige Bürgerschule. Die Bürgerschule bringt für die handwerkliche und landwirtschaftliche Berufsvorbildung nicht das, was sich der „organisierende gewerbliche Staatspädagoge“, Armand Freiherr von Dumreicher, vorgestellt hat. Dumreicher ruft die 2-jährigen oder 3-jährigen Allgemeinen Handwerkerschulen im Jahre 1885 zur beruflichen Vorbildung als Teil der Volksbildung ins Leben. Der Lehrplan enthält theoretische und zu übende Lehrfächer, wobei der Handfertigkeitsunterricht eine wichtige Rolle spielen soll. Mit diesen Handwerkerschulen soll der gewerbliche und handwerkliche Berufs-Nachwuchs sichergestellt werden. Die Schüler befinden sich noch in einem schulpflichtigen Alter. Die Handwerkerschulen befinden sich oft in Verbindung mit gewerblichen Fortbildungsschulen mit offenen Zeichensälen. Die organisatorische Vereinheitlichung erfolgt in Form von Staats-Handwerkerschulen als Musterschulen, die im heutigen Österreich in Imst, Linz und Klagenfurt gegründet werden. Die Aufwendungen für die Handwerkerschulen sind größer als für die gewerblichen Fortbildungsschulen. Die Handwerkerschulen erscheinen dem Handwerksgewerbe zu wenig nützlich, wobei diese Schule vor allem von der sozialen Unterschicht besucht wird. Die Gewerbetreibenden schicken ihre Kinder eher in das Gymnasium, die Realschule oder die Bürgerschule. Der gewerbliche Mittelstand sieht in dieser Schule eine bessere Vorbildung für weiterführende Schulen. Die Handwerkerschule wird als zu wenig allgemeingewerblich betrachtet, ist zu wenig eine entsprechende Standesschule. Diese dienen vernehmlich den Bedürfnissen des Metall- und Holz-verarbeitenden Gewerbes, und dem Maurerhandwerk wird auch sehr gefrönt. Die Staats-Handwerkerschulen werden zu Beginn des 20. Jahrhunderts in Bau- und Kunsthandwerkerschulen umgewandelt. Die staatliche Handwerkerschule in Klagenfurt wird im Jahre 1907 in eine Bau- und Kunsthandwerkerschule umgewandelt.[6] Die parallele Entwicklung der „staatlichen Handwerkerschule“ und der „gewerblichen Fachschule“ in Klagenfurt ist wesentlich dafür mitverantwortlich, dass in Klagenfurt erst im Jahre 1911 die Staats-Gewerbeschule“ entsteht. Die Bau- und Kunsthandwerkerschule wird aus Konzentrationsgründen nach Villach verlegt. Die Bau- und Kunsthandwerkerschulen werden meist zu Staats-Gewerbeschulen wie in Villach. Aufgrund des Ausbruchs des Ersten Weltkriegs wird die genehmigte Staats-Gewerbeschule in Villach nicht mehr umgesetzt.

Der „Organisationsentwurf“ des Jahres 1849 sieht für die 4. Klassen der Hauptschulen die „unvollständigen“ Unterrealschulen im Verband der „deutschen Schulen“ vor. Bereits im Schuljahr 1849/50 wird innerhalb der Schulpflicht mit der Umsetzung von „Unterrealschulen“ begonnen. Das Unterrichtsministerium beginnt auch damit, selbstständige „Unterrealschulen“ zu errichten. Der theoretische Unterricht dauert drei Jahre, und ein praktischer vierter Jahrgang sollte auch geführt werden. Das Organisationsstatut 1851 sieht eine gewerbliche Ausrichtung der Lehrpläne vor. Neben der Vorbereitung der Unterrealschulen auf die Oberrealschule ist eine selbstständige Bildung „für die niederen Kreise der städtischen und ländlichen Gewerbe“ zu vermitteln. Es werden den Unterrealschulen bei Bedarf „noch weitere Jahrgänge zum gewerblichen Unterricht specieller Richtung“ angefügt. Die Unterrealschule hat einen immensen Zulauf, obwohl die aufnehmenden Wirtschaftskreise mit deren Absolventen nicht besonders zufrieden sind. Es gibt laufend Überlegungen, diesen gewerblichen Schultyp neu zu gestalten. Der Wiener „Gewerbe- und Bürgerstand“ hat einen großen Bedarf an Schulen, deren Kenntnisse über den Elementarunterricht stehen, angemeldet. In der Reichshauptstadt Wien sollten ab dem Jahre 1863 in jedem Bezirk solche realen „Bürgerschulen“ errichtet werden. Nach liberalen Vorstellungen dienen diese Schulen einer begrenzten sozialen Schicht, die sich durch Beruf und Besitz auszeichnen. Die Kinder der kleinen und mittleren Handels- und Gewerbetreibenden sollten eine umfassende und praxisbezogene Bildung vermittelt bekommen. Die Wiener Bürgerschullehrer sollten eine Qualifikation über der der Unterrealschullehrer erhalten. Durch das Reichsvolksschulgesetz 1869 entstehen die Bürgerschulen, wobei zwischen 1871 bis 1877 in Wien 28 solcher Lehranstalten entstehen. Die Hoffnung der Unterrichtsverwaltung, dass die Bürgerschulen zu entsprechenden berufsvorbildenden Schulen des Gewerbes werden, erfüllt sich nicht. Die Reichsvolksschul-Novelle 1883 hat zwar für die dreiklassige Bürgerschule eine über die allgemeine Volksschule hinausreichende Bildung für die Bedürfnisse der Gewerbetreibenden und Landwirte zu gewähren. Die gewerblichen Bildungsinhalte werden an den gehobenen Pflichtschulen, nämlich an den Bürgerschulen, allerdings nur sehr allgemein gehalten.[7]

Die Erwartungen des gewerblichen Unterrichtsbeamten, Armand Freiherr von Dumreicher, erfüllen die Bürgerschulen nicht. Diese bürgerlichen Schulen entwickeln sich nicht zu berufsvorbereitenden Lehranstalten. Dumreicher entwickelt das Konzept einer gewerblich-handwerklichen Berufsvorschule. Diese Schule wird von Knaben während der zwei letzten Jahre der verpflichtenden Volksschule besucht. Diese Lehranstalten werden als „Allgemeine Handwerkerschulen“ bezeichnet. Der Lehrplan der Handwerkerschulen kann und sollte sich den örtlichen Bedürfnissen der Wirtschaft anpassen.[8]

Die Handwerkerschule kann sich unter der Beachtung des „Normal-Lehrplanes“ an die örtlichen Verhältnisse des Handwerksgewerbes anpassen. Als obligat gelten „theoretische und Übungs-Lehrfächer“, wobei bei den relativ obligaten Lehrfächern der „Handfertigkeitsunterricht“ eine wichtige Rolle spielt. Durch diesen gewerblichen Schultyp wird versucht, Theorie mit der Praxis zu verbinden. Ein praxisbezogener Unterricht erfordert eine geeignete Lehrmittelsammlung, entsprechende Arbeitsräume für Holz- und Metallbearbeitung und für das Modellieren. Es sind entsprechende Lehrkräfte für den allgemeinen und fachlichen Unterricht und Werkmeister sind für den Handfertigkeitsunterricht erforderlich.[9]

2.1 Gewerbliches Bildungswesen zunehmend staatlich organisiert in der Habsburgermonarchie im heutigen Österreich

Die revolutionären, liberal-demokratischen Ereignisse im März 1848 bringen Petitionen[10] zur Hebung des Unterrichts hervor. Eine Entschließung[11] des Kaisers Ferdinand wird am Freitag, 24. März[12] 1848 in der amtlichen „Wiener Zeitung“[13]

„in der Absicht veröffentlicht, damit die Verbreitung und die Vervollkommnung des Volks-Unterrichts, sowie die vollständigere Entwicklung wissenschaftlicher, technischer und artistischer Studien zu fördern und die Errichtung eines eigenen Ministeriums des öffentlichen Unterrichts zu beschließen geruht“.[14]

Das Amt eines Unterrichtsministers wird dem liberal gesinnten Franz Freiherr von Sommaruga übertragen. Sommaruga entstammt einem lombardischen Adelsgeschlecht in Oberitalien. Er wird im Jahre 1780 in Wien geboren. Eine glänzende Laufbahn als Rechtslehrer und nach einer hervorragenden Tätigkeit im Justizdienste sein Wirken als Erzieher der Söhne am Hofe des Kaiser Franz I. hat vermutlich zur Folge, dass auf Sommaruga zurückgegriffen wird.

[...]


[1] Das heutige „Wirtschaftsministerium“ wird im Laufe der Zeit bis heute unterschiedlich benannt.

[2] Vgl. Engelbrecht, Helmut 1986: Geschichte des österreichischen Bildungswesens. Von 1848 bis zum Ende der Monarchie. Bd. 4, S. 515.

[3] Allgemeine Schulordnung für die deutschen Normal- Haupt- und Trivialschulen in sämmtlichen Kaiserlich. Königl. Erbländern, Wien den 6. December 1774.

[4] Politische Verfassung der deutschen Schulen mit Trivial- Haupt- und Realschulen in den k. und auch k. k. deutschen Erbstaaten. Wien 1806.

[5] Vgl. Engelbrecht, Helmut 1986: Geschichte des österreichischen Bildungswesens. Von 1848 bis zum Ende der Monarchie, S. 193 f.

[6] Vgl. Schermaier, Josef 1981: Die Allgemeine Handwerkerschule eine Schule der beruflichen Vorbereitung, S. 67-94.

[7] Vgl. Engelbrecht, Helmut 1986: Geschichte des österreichischen Bildungswesens. Von 1848 bis zum Ende der Monarchie, Bd. 4, S. 194.

[8] Vgl. Schermaier, Josef 1981: Die Allgemeine Handwerkerschule eine Schule der beruflichen Vorbildung, S. 67 f.

[9] Ebenda, S. 69-71.

[10] Die Petition ist eine „Bittschrift, Gesuch, Eingabe“ an eine zuständige Behörde.

[11] Die Entschließung ist ein Rechtsakt durch das oberste Staatsorgan.

[12] Vgl. Erlaß des k.k. Ministeriums des Inneren vom 23. März 1848, an sämmtliche Länderstellen Sr. Majestät Ferdinand des Ersten politische Gesetze und Verordnungen 76, Nr. 34, S. 53 f., Wien 1851.

[13] Oesterreichische-Kaiserlich-privilegirte-Wiener-Zeitung, 24. März 1848, Nr. 84, Amtlicher Teil.

[14] Musil, Josef 1948: Zur Geschichte des österreichischen Unterrichtsministeriums 1848-1948, S. 9.

Ende der Leseprobe aus 63 Seiten

Details

Titel
TERTIÄRE Bildungs-Integration: Europakonform zum Betriebs- und Praxisnahen akademischen BACHELOR-Grad.
Untertitel
Standesbezeichnung Ingenieur zum AKADEMISCHEN Ingenieur. SEKUNDAR-TERTIÄRES BHS-Bildungssystem für Österreich.
Hochschule
Alpen-Adria-Universität Klagenfurt
Autor
Jahr
2013
Seiten
63
Katalognummer
V229547
ISBN (eBook)
9783656454564
ISBN (Buch)
9783656455059
Dateigröße
832 KB
Sprache
Deutsch
Schlagworte
Tertiäre Berufsbildung, Berufsbildung, Standesbezeichnung Ingennieur, Akademischer Ingenieur, Sekundar.tertiär
Arbeit zitieren
Dipl.-Ing. MMag. Dr. Karl Josef Westritschnig (Autor:in), 2013, TERTIÄRE Bildungs-Integration: Europakonform zum Betriebs- und Praxisnahen akademischen BACHELOR-Grad., München, GRIN Verlag, https://www.grin.com/document/229547

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