Massenmedien haben in den letzten Jahrzehnten zunehmend an Bedeutung gewonnen. Nachdem die Politikwissenschaft den Einfluss der Medien auf politische Prozesse lange Zeit vernachlässigt hat, ist seit den 90er Jahren ein Umdenken zu beobachten. Versteht man die Politikwissenschaft als Demokratiewissenschaft, so stellen die Massenmedien eine große Herausforderung dar. Einerseits spielen sie eine wichtige Rolle für die Demokratie, da sie durch ihre Funktion als Informationenvermittler die Basis für die Partizipation der Bürger schaffen (Thomaß/Tzankoff 2001: 237). Deshalb wird die Medienfreiheit als eine Grundvoraussetzung für die Demokratie gesehen (vgl. u.a. McQuail 1992 und Voltmer 2000), womit der Grad dieser Freiheit gerade in Transformationsstaaten wie in den postkommunistischen Ländern einen wichtigen Faktor für die Bewertung des Grades ihrer Demokratisierung darstellt. Anderseits weisen Forscher auch immer wieder auf die Gefahr der Medien für die Konsolidierung von Demokratien hin (vgl. u.a. Bennett 1998).
Der Aufstieg des Mediums Fernsehen hat das Verhältnis zwischen den Massenmedien und der politischen Kommunikation revolutioniert und es ist trotz der steigenden Bedeutung des Internets nach wie vor das dominierende Medium. „Television is the primary source of information for most people, and is widely considered to be the most influential medium in forming public opinion.” (OSI 2005: 21). Laut einer Studie aus dem Jahr 2004 liegt der durchschnittliche Fernsehkonsum in Tschechien bei ca. 212 Minuten pro Tag und das Fernsehen nimmt drei Viertel des audiovisuellen Wirtschaftssektors ein (IMCA 2004: 17).
Diese wissenschaftliche Arbeit untersucht das Verhältnis von Medien und Politik am Beispiel des tschechischen Fernsehens. Zunächst werden drei allgemeine theoretische Konzepte zur Beziehung von Massenmedien und Politik erläutert (Punkt 2). Im Anschluss daran werden zwei Hypothesen für die Anwendung einer dieser drei Theorien, die sog. Instrumentalisierungsthese, auf Tschechien aufgestellt (Punkt 3). Daraufhin wird das Fallbeispiel Tschechien auf der Basis des ausgewählten theoretischen Ansatzes durchdekliniert. Dabei steht zunächst das öffentlich-rechtliche (Punkt 4) und schließlich das privatrechtliche Fernsehen (Punkt 5) im Mittelpunkt, wobei der Schwerpunkt auf der Analyse der jeweiligen Aufsichtsgremien liegt.
Inhaltsverzeichnis
- Einführung: Massenmedien als eine neue Herausforderung für die Politikwissenschaft
- Verhältnis von Medien und Politik: Theoretische Konzepte
- Dependenzthese
- Mediatisierung der Politik
- Instrumentalisierungsthese
- Analyse der Instrumentalisierungstheorie im postkommunistischen Tschechien am Beispiel des Fernsehens: Ist eine Anwendung dieser Theorie auf Tschechien überhaupt sinnvoll und welche Ergebnisse sind zu erwarten?
- Einfluss der Politik auf das öffentlich-rechtliche Fernsehen Česká televize (ČT)
- Umwandlung des Staatsfernsehens in ein unabhängige(re)s öffentlich-rechtliches Fernsehen nach der Wende
- Rat des tschechischen Fernsehens (RČT)
- Einfluss der Politik auf das privatrechtliche Fernsehen
- Entwicklung eines dualen Systems nach der Wende
- Fernseh- und Hörfunkrat (RRTV)
- Fazit
Zielsetzung und Themenschwerpunkte
Diese Arbeit untersucht das Verhältnis von Medien und Politik am Beispiel des tschechischen Fernsehens. Dabei wird die Instrumentalisierungsthese, die besagt, dass die Politik die Medien beherrscht, auf den tschechischen Kontext angewandt.
- Der Einfluss von Politik auf das öffentlich-rechtliche Fernsehen in Tschechien.
- Die Rolle von Aufsichtsgremien im tschechischen Fernsehsystem.
- Die Frage nach der tatsächlichen Unabhängigkeit von öffentlich-rechtlichen und privatrechtlichen Fernsehanstalten in Tschechien.
- Die Entwicklung des Fernsehsektors in Tschechien nach der Wende 1989.
- Die Bedeutung der Instrumentalisierungsthese für das Verständnis des Verhältnisses von Medien und Politik in postkommunistischen Staaten.
Zusammenfassung der Kapitel
Die Arbeit beginnt mit einer Einführung, die die zunehmende Bedeutung von Massenmedien für politische Prozesse beleuchtet und die Relevanz des Themas für die Politikwissenschaft herausstellt. Im zweiten Kapitel werden drei verschiedene theoretische Ansätze zur Beziehung zwischen Medien und Politik vorgestellt: die Dependenzthese, die Mediatisierungsthese und die Instrumentalisierungsthese. Im dritten Kapitel wird die Instrumentalisierungsthese näher betrachtet und es wird die Frage diskutiert, ob diese Theorie auf den postkommunistischen Staat Tschechien anwendbar ist.
Die Kapitel vier und fünf analysieren den Einfluss der Politik auf das tschechische Fernsehen, getrennt nach öffentlich-rechtlichem und privatrechtlichem Sektor. Kapitel vier konzentriert sich auf das öffentlich-rechtliche Fernsehen Česká televize (ČT) und analysiert die Rolle des Rats des tschechischen Fernsehens (RČT). Kapitel fünf befasst sich mit dem privaten Fernsehen und untersucht die Zusammensetzung und die Macht des Fernseh- und Hörfunkrates (RRTV) als Aufsichtsgremium.
Schlüsselwörter
Die Arbeit befasst sich mit dem Verhältnis von Medien und Politik im postkommunistischen Tschechien, speziell am Beispiel des Fernsehens. Die zentralen Themen sind die Instrumentalisierungsthese, die Unabhängigkeit von Medien, der Einfluss von Politik auf Medien, die Rolle von Aufsichtsgremien, das öffentlich-rechtliche Fernsehen Česká televize (ČT), der Rat des tschechischen Fernsehens (RČT), das private Fernsehen, der Fernseh- und Hörfunkrat (RRTV) und die Entwicklung des tschechischen Fernsehsektors nach der Wende 1989.
- Quote paper
- Christian Lippl (Author), 2007, Das Verhältnis von Medien und Politik am Beispiel des Fernsehens in Tschechien, Munich, GRIN Verlag, https://www.grin.com/document/229599