St. Prokulus in Naturns und St.Benedikt in Mals:


Seminararbeit, 1996

23 Seiten, Note: 1,8


Leseprobe


Inhaltsangabe

A. Einleitung: Darstellung des Untersuchungsgebietes

1. St.Prokulus in Naturns
1.1. Beschreibung der Wandmalereien
1.2. Beschreibung des Stils

2. St.Benedikt in Mals
2.1. Beschreibung der Wandmalereien
2.2. Beschreibung des Stils

3. Stilvergleich von St.Prokulus und St.Benedikt
3.1. Darstellung von Architektur
3.2. Tierdarstellung
3.3. Die Gestaltung der Gesichter
3.4. Die Gewandgestaltung Einschub: Die Gestaltung des Paulus in Naturns
3.5. Die unterschiedliche Auffassung von Realität in Naturns und Mals

C. Zusammenfassung

Abbildungen

Literaturverzeichnis und Abbildungsverzeichnis

A. Darstellung des Untersuchungsgebietes

Aufgabe dieser Arbeit wird es sein, einen Stilvergleich zwischen der St.Prokuluskirche in Naturns und der St.Beneditkirche in Mals - beide in Norditalien - durchzuführen.

Sowohl Mals wie auch Naturns liegen an der Straße, die auch heute noch vom Reschenpaß nach Meran führt. Sie war die einzige Verbindung zwischen Chur, dem Bischofsordinariat, dem Mals und Naturns unterstellt waren, und Meran. So kann davon ausgegangen werden, daß es sich also schon damals um eine vielbevölkerte Straße gehandelt haben muß.

1. St.Prokulus in Naturns

1.1. Die Wandmalereien

"Ikonographie, Stil und Datierung stehen weiterhin zur Diskussion"[1] heißt es in der jüngsten Zusammenfassung allen Wissenswerten über das kleine Kirchlein.

So reicht die Datierung der Wandmalereien der Innenwände vom 7.Jh. bis zum 10., in dem der karolingische Stil, wie er in Naturns zur Geltung kommt, wiederauflebt[2].

Wenn auch die Untersuchungen in Naturns nur ungenügend zuende gebracht wurden, so einigt man sich doch auf eine Datierung Ende des 8., Anfang des 9.Jh.[3]

An den karolingischen Bau wurde zu späterer Zeit ein romanischer Turm angefügt, außerdem wurden die Malereien der Innenwände übermalt, später wurde noch eine gotische Wandmalerei über die beiden anderen Schichten gesetzt, die nichts mehr mit den früheren Darstellungen gemein hatte[4].

Die beiden späteren Wandmalereien werden aber nicht Gegenstand der vorliegenden Untersuchung sein - zumal sie den hier gesteckten Zeitrahmen weit überschreiten würden -, wie auch die Verfolgung der Ikonographie von der Betrachtung größtenteils ausgeschlossen werden muß[5].

Zurück zu den Wandmalereien in Naturns.

Wir finden auf allen vier Wänden des Innenraums noch mehr oder weniger gut erhaltene Wandmalereien, die uns einen einigermaßen guten Einblick in das Gesamtkonzept der Darstellung bieten und den Versuch einer Rekonstruktion erleichtern.

Alle Wände sind hell grundiert und durch zwei Mäanderfriese horizontal getrennt. Es handelt sich dabei um eine perspektivische Mäanderform, hier in Untersicht gemalt. Perspektivische Mäander waren dieser Zeit durchaus geläufig[6].

Zum weiteren Raumkonzept kann gesagt werden, daß durch die Motivik der einzelnen Wände eine Steigerung nach Osten, zur Chorwand hin, erstrebt und auch erreicht wurde[7].

Die Malereien des Langhauses sind später entstanden als die Triumphbogenwand, werden aber dem gleichen Meister zugeschrieben[8]. Der Stilunterschied zwischen Chor- und den restlichen Wänden muß als bewußt gewollte Unterscheidung gesehen werden, um die Malerei der Chorwand, die dem Altar am nächsten liegt, als besondere auszuzeichnen.

Ostwand

Die Ostwand erinnert in ihrer Gesamtgestaltung an das antike Vorbild eines Triumphbogens, das wohl auch angestrebt war[9]. Kennzeichnend hierfür sind die beiden Engel in den Triumphbogenzwickeln, die deutlich an die Victorien der antiken römischen Triumphalkunst angelehnt sind, was aus der diffizilen Zeichnung der Gewandfalten ersichtlich wird,wie auch aus der Körperhaltung[10].

Dennoch unterscheiden sie sich von ihren antiken Vorbildern und sind Beweis für die Befähigung des Künstlers, vorgegebene Motive selbständig zu verändern, wie man auch bei der Gestaltung des Langhauses später erkennen wird[11].

Im Gegensatz zu ihren antiken Vorbildern haben die Engel - denn Engel sind sie wohl, will man das um den Kopf als Nimbus deuten - zu beiden Seiten Flügel, sind außerdem durch einen Bart als spezifisch männliche Wesen gedeutet[12], und sie tragen einen Kreistab in ihren Händen, während ihren Vorbildern nichts beigegeben war.

Beide Engel sind spiegelbildlich, wobei der rechte Engel als Vorlage für den linken gedient haben muß. Ikonographisch können sie wohl als sogenannte kosmische Gestalten wie etwa Sol und Luna oder Terra und Oceanus gedeutet werden[13].

Diese Deutung unterstützen auch die Malereien oberhalb der Laibung, durch Blattwerk voneinander getrennte Heiligenfiguren, in deren Mitte die Hand Gottes aus den Wolken, sowie eine Taube und ein kniendes Lamm stehen. Zusammen ergäben die Malereien dann eine Verherrlichung der Allmacht des dreieinigen Gottes.

Zu den Engeln bliebe stilistisch weiter auf ihre unförmige Proportionalität und unorganische Körperhaltung hinzuweisen, die wohl daran liegt, daß der Maler versuchte, die Zwickel der Bogenwand optimal auszufüllen, das Problem aber nicht richtig in den Griff gekriegt hat[14]. Zum zweiten sollen sie wohl dadurch auch stilistisch von den restlichen Darstellungen im Kirchenraum abgehoben werden.

Südwand

Auf der Südwand sind fünf langgewandete, nach Osten ausgerichtete Figuren zu erkennen, die Kelche und Bücher in ihren Händen halten. Wahrscheinlich wird hier eine Oblation dargestellt[15].

Ihnen folgt eine Szene, die gemeinhin als Flucht Pauli aus Damaskus gedeutet wird. Paulus wird bei Nacht und Nebel sozusagen von Jüngern in einem Korb von der Stadtmauer gelassen, um ihm die Flucht zu ermöglichen.

Man spricht aus zweierlei Gründen in dieser Szene von Paulus; zum einen wurde diese Gestalt durch einen Stilunterschied von den anderen Gestalten abgehoben, es muß sich also um jemand besonderen handeln. Zum zweiten entspricht die Frisur und das Bärtchen, welche wir später genauer sehen werden, der damals typischen Gestaltung Pauli[16].

Ganz deutlich sieht man hier auch die (stilisierte) Stadtmauer, wie auch die Türme, die in Darstellungen dieser Geschichte an verschiedenen anderen Stellen auftreten. Ich werde später noch genauer auf dieses Motiv eingehen.

Die sechs Figuren (ein Mann und fünf Frauen), die die Szene scheinbar beobachten, entsprechen jedoch nicht der herkömmlichen Ikonographie, die an dieser Stelle keine Zuschauer kennt und höchstens Wächter erwarten würde.

Sie müssen daher auf eine andere Textstelle in der Vita Pauli bezogen werden, nämlich als Zuhörer der Predigt des Paulus in Damaskus, die seine Flucht erst nötig machte[17].

An dieser Stelle scheint es bereits nötig, noch auf etwas anderes hinweisen: Nämlich auf die verschobene Parallelität der Köpfe. Man erkennt die Parallelität, die in der ganzen Darstellung zu finden ist, erst auf den zweiten Blick, was Zeichen für den bewußten Umgang mit der Gestaltung ist. So locker das auch aussieht, es steht ein Gestaltungswille dahinter[18] !

Westwand

Auf der Westwand finden wir die Darstellung von zwölf Rindern, die von zwei Personen und einem Hund angeführt werden, scheinbar um sie segnen zu lassen. Diese Deutung würde zumindest dadurch gestützt werden, daß die Kirche ja dem Prokulus, dem Heiligen der Herden und Hirten, geweiht war[19].

Weitaus interessanter ist die Zwölfzahl der Rinder, die an die zwölf Apostel erinnert, wie auch an die Zwölfzahl der Rinder im salomonischen ehernen Meer[20]. Diese "Heiligkeit" wird verstärkt durch die farbliche Unterteilung der Herde in drei Gruppen von je vier Rindern (rot, gelb, schwarz). Wie gemeinhin bekannt, sind die Zahlen drei und vier ebenfalls symbolische Zahlen und entsprechen der göttlichen wie der weltlichen Vollkommenheit.

Daß der Maler diesem Motiv den großen Platz der gesamten Westwand eingeräumt hat (4,65 m) sollte ebenfalls als Zeichen dafür genommen werden, daß hinter der einfachen Darstellung einer Herde doch auch ein tieferer Sinn verborgen ist, wenn sich auch keine direkte Ikonographie herleiten läßt.

Wie an der freiheitlichen Gestaltung der anderen Wände deutlich wird, hatte der Naturnser Maler - und er muß als lokaler Maler angenommen werden - auch hier durchaus die Befähigung zu abstrahieren und die vorgegebene Ikonographie in seinem Sinne zu verändern.

Nordwand

Auf der Nordwand schließlich sehen wir fünf Heilige und einen Engel, wobei die Fünfzahl der Heiligen nicht definit sein muß, da sich die gesamte Wand schlecht erhalten hat und weitere Darstellungen von Heiligen angenommen werden können[21].

[...]


[1] Kobler, Friedrich: St.Proklus, Naturns. In: Kunstchronik 43, 1990, S.557

[2] ebd., S.556

[3] Eggenberger, Christoph: Die frühmittelalterlichen Wandmalereien in St.Prokulus zu Naturns. In: Frühmittelalterliche Studien, Bd.8 1974, S.304

[4] ebd., S.315

[5] Dasselbe ist im übrigen auch bei der zweiten Untersuchung, der St.Benediktskirche in Mals der Fall.

[6] Eggenberger, S.317 sowie 348

[7] Konzeptionell gesehen ein wichtiger Ansatzpunkt, allerdings werde ich bei einer Stilbetrachtung der einzelnen Wände nur noch am Rande darauf eingehen.

[8] Eggenberger, S.344

[9] ebd., S.317

[10] ebd., S.327 f.

[11] ebd., S.349

[12] die sog, Victorien waren Darstellungen der Göttin Victoria, also weibliche Wesen, vgl. Eggenberger, S. 327

[13] Eggenberger, S.330

[14] ebd., S.327 f.

[15] ebd., S.333

[16] ebd., S.336

[17] ebd., S.337

[18] vgl. ebd., S.344

[19] Schrade, Hubert: Vor- und frühromanische Malerei, Köln 1958, S.16

[20] Eggenberger, S.338 f.

[21] ebd., S.340

Ende der Leseprobe aus 23 Seiten

Details

Titel
St. Prokulus in Naturns und St.Benedikt in Mals:
Hochschule
Friedrich-Alexander-Universität Erlangen-Nürnberg  (Institut für Kunstgeschichte)
Veranstaltung
Die Entwicklung der romanischen Wandmalerei im Alpenraum
Note
1,8
Autor
Jahr
1996
Seiten
23
Katalognummer
V22995
ISBN (eBook)
9783638262057
Dateigröße
1674 KB
Sprache
Deutsch
Anmerkungen
ohne Abb.
Schlagworte
Prokulus, Naturns, Benedikt, Mals, Entwicklung, Wandmalerei, Alpenraum
Arbeit zitieren
Alexandra Meier (Autor:in), 1996, St. Prokulus in Naturns und St.Benedikt in Mals:, München, GRIN Verlag, https://www.grin.com/document/22995

Kommentare

  • Noch keine Kommentare.
Blick ins Buch
Titel: St. Prokulus in Naturns und St.Benedikt in Mals:



Ihre Arbeit hochladen

Ihre Hausarbeit / Abschlussarbeit:

- Publikation als eBook und Buch
- Hohes Honorar auf die Verkäufe
- Für Sie komplett kostenlos – mit ISBN
- Es dauert nur 5 Minuten
- Jede Arbeit findet Leser

Kostenlos Autor werden