Im herrschenden Jahrtausendwendetaumel haben "Seher", die vom nahen Ende sprechen - so will es scheinen - Hochkonjunktur. Nostradamus ist über einen Bücherverbund dem normalen Menschen zugänglich, beinahe auf jeder Stehparty fällt der Name "Spengler", die "Kirche Jesu Christi der heiligen der letzten (!) Tage" rechnet wieder etc.etc. Da sollte es nicht verwundern, daß auch Philosophen und Denker in dieses Lament mit einstimmen. Das Ende der Kunst (welches zu Vasaris Zeit zum ersten Mal aufgetreten ist, dann seinen Weg über Hegel in unsere Zeit genommen hat) scheint manifest! Noch vor kurzem war alles möglich, die Dekadenz nahm überhand - und jetzt haben wir's. Gehen wir weiter und glauben Peter Bürgers Theorie der Avantgarde, so könnte man annehmen, daß wir seit dem Scheitern der Avantgarde in und mit diesem Ende leben.
1.1. Das Scheitern der Avantgarde
Obwohl von vielen aufgrund seiner "unorthodoxen" Forschungsmethoden bemängelt, verwundert es doch, wie selbstverständlich Bürgers Hauptpostulat vom Scheitern der Avantgarde in den Sprach- und Denkgebrauch eingegangen ist. Man widerlegt in der Hauptsache seine Beweisführung, macht deutlich, wie willkürlich er diese Beweise oft heranführte - doch, so scheint es, akzeptiert jeder das Urteil. Erst in der letzten Zeit, begründet durch das "anything goes" und damit der Leichtigkeit der Postmoderne, der immer größer werdenden Unerklärbarkeit der Kunstwerke, dem Fehlen von Regeln, bricht diese Kruste langsam auf, und die Kunsttheorie beginnt sich die Frage zu stellen, ob sie es nicht vielleicht ist, die am Ende ist. Noch in den "Antworten an Peter Bürger" finden wir den Text eines Philosophen, der den Blick der bisherigen Kunsttheorie auf etwas anderes lenkt. Dolf Oehler nä mlich greift ein Postulat der Dadaisten (in diesem Falle Duchamps) auf: Die absolute Anarchie, die daraus entsteht, daß jeder einzelne es lernen muß, sich seine eigenen Sinn- und Wertezusammenhänge zu stiften. Es ist bereits klar, daß Begriffe wie Anarchie, Wert und Sinn in einer üblichen Theorie-Diskussion nichts zu suchen haben. Und ich möchte darauf auch nicht weiter insistieren, vor allem, weil ich später darauf zurückkommen werde. Wichtig an Oehlers Text ist bis hierher nur,
daß er bereits den Sinn im Unsinn sehen half, die Betrachtungsweise in eine neue Richtung lenkte.
Inhaltsverzeichnis
- 1. Einleitung
- 1.1. Das Scheitern der Avantgarde
- 1.2. "But if you look too rationally for a meaning, you might lose it altogether."
- 2. Der Züricher Dadaismus
- 2.1. Der Verlust des Wortes - z.B. Hugo Ball
- 2.2. Die Suche nach der reinen Form – z.B. Arp und Richter
- 3. Hauptwerkzeuge des Dadaismus
- 3.1. Dada Kunst UND Antikunst
- 3.2. Der Zufall
- 3.3. Die Zeitwahrnehmung
- 3.4. Das Primitive
- 4. Die Suche nach der vierten Dimension oder "Je n'ai parlé que d'une position insoutenable" oder Magie
Zielsetzung und Themenschwerpunkte
Die vorliegende Arbeit untersucht die Theorien des Dadaismus in Zürich und argumentiert, dass die Avantgarde nicht gescheitert ist, sondern einen spezifischen Stil hervorgebracht hat, der bis heute relevant ist. Die Arbeit analysiert die Kunstwerke und Aussagen der Dadaisten und zeigt, wie diese auf ein zeitloses, dem Menschen innewohnendes Urwissen zurückgreifen.
- Das Scheitern der Avantgarde und seine Auswirkungen
- Der Züricher Dadaismus und seine zentralen Figuren
- Die Hauptwerkzeuge des Dadaismus und ihre Bedeutung
- Die Suche nach der vierten Dimension und der Einfluss des Magischen
- Die Bedeutung von Zeitlosigkeit in der Kunst
Zusammenfassung der Kapitel
1. Einleitung
Die Einleitung befasst sich mit der verbreiteten These vom Scheitern der Avantgarde und stellt die Kontroverse um Peter Bürgers Theorie dar. Der Autor beleuchtet die Bedeutung von Anarchie und Sinn im Kontext des Dadaismus und führt den Ansatz von Dolf Oehler und Arthur C. Danto ein. Das Kapitel setzt den Rahmen für die Arbeit und stellt die Kernfrage nach dem "Bild im Bild" in den Werken der Dadaisten.
2. Der Züricher Dadaismus
Dieses Kapitel beleuchtet die Entstehung und Bedeutung des Züricher Dadaismus als revolutionäre Kunstbewegung. Der Autor stellt heraus, dass die Dadaisten die Zerstörung der traditionellen Kunstformen anstrebten und sich aktiv gegen die etablierte Ordnung richteten. Die Debatte um den Züricher Dadaismus und seine zentralen Figuren, wie Hugo Ball, Tristan Tzara, Jean Arp und Hans Richter, wird beleuchtet.
3. Hauptwerkzeuge des Dadaismus
Die Hauptwerkzeuge des Dadaismus, wie Zufall, Zeitwahrnehmung und das Primitive, werden in diesem Kapitel untersucht. Der Autor beleuchtet, wie diese Werkzeuge die Dadaisten in ihren künstlerischen Experimenten unterstützten und ihnen erlaubten, neue ästhetische und philosophische Konzepte zu erforschen.
4. Die Suche nach der vierten Dimension oder "Je n'ai parlé que d'une position insoutenable" oder Magie
In diesem Kapitel stellt der Autor die Suche der Dadaisten nach der vierten Dimension und ihre Verbindung zu den Begriffen "Magie" und "Unsinn" dar. Er beleuchtet, wie die Dadaisten den rationalen Denkansatz transzendierten und sich auf eine neue Art des Erlebens und Verstehens fokussierten.
Schlüsselwörter
Die Arbeit dreht sich um die Kernthemen der Avantgarde, des Dadaismus, der Zeitlosigkeit, der Suche nach Sinn und der Kritik an rationalen Denkstrukturen. Schlüsselbegriffe sind Anarchie, Kunst und Antikunst, Zeitwahrnehmung, das Primitive, das Magische, die vierte Dimension und das "Bild im Bild".
- Arbeit zitieren
- Alexandra Meier (Autor:in), 1996, Das Scheitern der Avantgarde? - Ein Gegenbeweis anhand der Untersuchung der Theorien des Dada Zürich, München, GRIN Verlag, https://www.grin.com/document/22997