Vier Kapitalarten nach Bourdieu


Essay, 2012

12 Seiten


Leseprobe


Inhaltsverzeichnis

1. Einführung

2. Begriffsbestimmung

3. Kapitalarten nach Bourdieu.
3.1. kulturelle Kapital...
3.2. soziale Kapital
3.3. ökonomische Kapital…

4. Humankapital
4.1. Allgmeines Humankapital
4.2. Spezifisches Humankapital

5. Schlussbetrachtung

Literatur- und Quellenverzeichnis

1. Einführung

Der Begriff des Kapitals wird in vielen Wissenschaften verwendet und als Forschungsgegenstand angesehen. Es ist jedoch unabdingbar dabei differenziert vorzugehen und die verschiedenen Kapitalarten, u.a. geprägt durch Pierre Bourdieu, voneinander zu unterscheiden.

Diese Arbeit möchte genau diese Unterscheidung vornehmen und die verschiedenen Kapitalarten aufzeigen. Dabei wird insbesondere auf die Kapitalarten Bourdieus, also dem sozialen, ökonomischen und kulturellen Kapital, und dem Humankapital eingegangen. Gegenwärtige Beispiele sollen diese Darstellung konkretisieren.

2. Begriffsbestimmungen

Zunächst ist es erforderlich, den Begriff des Kapitals näher zu definieren, um daraufhin die verschiedenen Kapitalarten vorzustellen.

Der Begriff Kapital wird vor allem in den Wirtschaftswissenschaften und der Soziologie verwendet. In den Wirtschaftswissenschaften wird je nach wissenschaftlicher Ausprägung, d.h. aus volkswirtschaftlicher oder betriebswirtschaftlicher Sicht, Kapital als sämtliche Produktionsmittel zur Erzeugung verstanden. Neben Arbeit und Boden stellt Kapital somit einen dritten Produktionsfaktor dar. Dieses wird nach Marx investiert um einen größtmöglichen Gewinn damit zu erzielen (vgl. Hadeler, 2000, S. 15ff).

Aus sozialwissenschaftlicher Perspektive, die primär von Pierre Bourdieu in diesem Zusammenhang geprägt wurde, wird Kapital als Ressourcen verstanden, welcher sich Menschen bedienen, um ihre Ziele zu erreichen und ihre Position im gesellschaftlichen Gefüge zu erreichen bzw. zu behaupten. Dabei stellt das symbolische Kapital als übergeordnete Kapitalart das Prestige einer Person dar (vgl. Bourdieu, 1983, S. 183ff). Bourdieu beschreibt dies so: „Es ist jene sanfte, für ihre Opfer unmerkliche, unsichtbare Gewalt, die im Wesentlichen über die rein symbolischen Wege der Kommunikation und des […] Anerkennens oder äußerstenfalls des Gefühls ausgeübt wird.“ (Bourdieu, 1983, S. 190ff).

Im weiteren Verlauf wird ebenfalls Bezug auf die sozialwissenschaftliche Definition des Begriffs Kapital nach Bourdieu genommen und die von ihm getroffene Differenzierung nach sozialem, ökonomischem und kulturellem Kapital, näher beleuchtet. Das Humankapital, ein Begriff, welcher vornehmlich in den Wirtschaftswissenschaften Verwendung findet, wird ebenfalls aufgeführt.

3. Kapitalarten nach Bourdieu

In diesem Kapitel werden die drei verschiedenen Kapitalarten Bourdieus vorgestellt und an gegenwärtigen Beispielen verdeutlicht.

3.1. Kulturelles Kapital

Der Terminus des „kulturellen Kapitals“ beschreibt nach Bourdieu die Gesamtheit der individuell akkumulierten kulturellen Inhalte; mit spezifischem Fokus auf Schule lässt sich auch von Bildung sprechen (vgl. Bourdieu, 1992, S. 52f). Ferner bezeichnet kulturelles Kapital „alle kulturellen Ressourcen (...), die Handlungsmöglichkeiten von Personen erweitern und folglich auch deren sozioökonomische Stellung positiv beeinflussen können“ (Bourdieu, 1983 zit. n: Baumert, Watermann, Schümer 2003, S. 53). Dabei wird zwischen drei Zustandsformen unterschieden, die im Folgenden näher erläutert werden: Der inkorporierte, der objektivierte sowie der institutionalisierte Zustand.

Das objektivierte, kulturelle Kapital gewinnt seine Bedeutung aus seiner ambivalenten Rolle als Teilaspekt des Objekts, das allerdings nur über die entsprechende Existenz inkorporierten kulturellen Kapitals zur Entfaltung kommen kann. Als Beispiele für die Kapitalsorte lassen sich Güter wie Bücher, Lexika, Instrumente oder Maschinen anführen (vgl. Bourdieu, 1992, S. 53).

In dieser Zustandsform erschließt sich das Objekt dem Subjekt in seiner Ganzheit (vgl. Bourdieu, 1992, S. 60ff). Hier wird der Unterschied zwischen materieller Übertragung und symbolischer Aneignung kulturellen Kapitals deutlich. In materieller, ökonomischer wie juristischer Hinsicht kann eine Übertragung eines Guts problemlos vonstattengehen, indem nach Zahlung des Kaufpreises ein neuer Eigentümer im rechtmäßigen Besitz des Gegenstands ist. Die Einzigartigkeit des kulturellen Kapitals besteht nun aber gerade in der Schwierigkeit seiner Übertragung.

Vereinfacht ausgedrückt, werden die „Handlungsmöglichkeiten von Personen“ beim Besitz von ökonomischem Kapital wie z.B. eines Buchs, einer Maschine oder eines Computers eben nur dann erweitert, wenn diese Personen über das nötige kulturelle Kapital verfügen, das Buch zu lesen bzw. den Computer oder die Maschine benutzen zu können. Während das Aneignen eines Guts in der Regel durch die Bezahlung des Kaufpreises abgeschlossen ist, erfordert das „Beherrschen“ mitunter einen langwierigen Prozess. Um ein Buch zu kaufen, bedarf es einem kurzen Gang in den Buchladen. Es lesen zu können, setzt voraus, dass Lesen gelernt wurde. Um ein (Fach-)buch nicht nur lesen sondern auch verstehen zu können, bedarf es der Einarbeitung in die spezifische Thematik, Hintergrundwissen usw.

Aus dieser besonderen Problematik folgert Bourdieu die Uneindeutigkeit gesellschaftlicher Rollenverteilung; in einer Gesellschaft, in der die Besitzer ökonomischen Kapitals, also beispielsweise Produktionsmittel, nicht über das nötige inkorporierte kulturelle Kapital zum Verständnis des jeweiligen Guts verfügen, aber gleichzeitig die Besitzer dieses Kapitals nicht die Besitzer des Guts sind, drängt sich eine Frage auf: Wer ist Herrscher, wer ist Beherrschter (vgl. Bourdieu, 1992, S. 60)?! Nichtsdestotrotz erkennt Bourdieu das ökonomische Kapital als die dominante Kapitalsorte an, wodurch sich für die Bildungsinstitutionen wie die Schule ein enormer Konkurrenz- und im gleichen Atemzug Selektionseffekt einstellt, da der Wettlauf um Arbeitsplätze ein Wettlauf um inkorporiertes kulturelles Kapital wird.

„Inkorporiertes Kapital ist ein Besitztum, das zu einem festen Bestandteil der Person, zum Habitus geworden ist; aus „Haben“ ist „Sein“ geworden“ (Bourdieu, 1992, S. 56). Die Verinnerlichung kulturellen Kapitals verläuft durch Zeitinvestition, wodurch die „Dauer des Bildungserwerbs“ (ebd.) zum wichtigsten Indikator zur Bestimmung der Kapitalform wird.

Anders als beispielsweise das objektivierte kulturelle Kapital, welches direkt mit einem Objekt zusammenhängt und somit von Dritten „besessen“ werden kann (dem Arbeitgeber gehört die Maschine, welche der Arbeiter mithilfe seines objektivierten kulturellen Kapitals bedienen kann), ist das inkorporierte Kapital das geistige Eigentum der Person.

Als Antwort auf die Eigenart des inkorporierten Zustands kulturellen Kapitals, das körpergebunden an den Eigner ein biologisch bedingtes Ende zu erwarten hat, hat sich die institutionalisierte Form, wie der Name bereits erkennen lässt, „institutionalisiert“, d.h. juristisch abgesichert und von Person zu Person übertragbar gemacht. Als klassisches Beispiel fungiert hier der amtliche Titel: „Durch den schulischen oder akademischen Titel wird dem von einer bestimmten Person besessenen Kulturkapital institutionelle Anerkennung verliehen“ (Bourdieu, 1992, S. 62).

Die eigentlich nicht exakt bestimmbare Akkumulation kulturellen Kapitals wird in diesem Prozess standardisiert, d.h. es werden Standards zur Abgrenzung der Titel festgelegt, „relativ unabhängig (...) von dem kulturellen Kapital, das dieser tatsächlich zu einem gegebenen Zeitpunkt besitzt“ (ebd.).

Ein weiteres Wesensmerkmal der Kapitalsorte liegt in ihrer wechselseitigen Umwandelbarkeit in ökonomisches Kapital: Einem schulischen Titel kann ein Geldwert zugewiesen werden (vgl. Bourdieu, 1992, S. 63). Das heißt, dass ein Bewerber mit Studienabschluss in der Regel höheres Gehalt zu erwarten hat, als ein ungelernter Arbeiter mit Hauptschulabschluss. Auch liegt das Durchschnittsgehalt promovierter Psychologen höher als das der Kollegen, welche nicht promoviert sind.

[...]

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Details

Titel
Vier Kapitalarten nach Bourdieu
Autor
Jahr
2012
Seiten
12
Katalognummer
V230105
ISBN (eBook)
9783656456339
Dateigröße
482 KB
Sprache
Deutsch
Schlagworte
vier, kapitalarten, bourdieu
Arbeit zitieren
Jasmin Weiher (Autor:in), 2012, Vier Kapitalarten nach Bourdieu, München, GRIN Verlag, https://www.grin.com/document/230105

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