Seit den 1970er Jahren hat Chinas Wirtschaft einen beispiellosen Aufschwung erlebt. China hat sich in dieser Zeit von einer Planwirtschaft zu einer offenen Wirtschaft entwickelt. Besonders nach dem Beitritt zur WTO ist die Wirtschaft Chinas immer offener geworden. Ein wichtiger Aspekt der außenwirtschaftlichen Öffnung ist die Frage des Währungsregimes und des Wechselkurses. Die chinesische Wechselkurpolitik spiegelt die Wirtschaftentwicklung Chinas wider. Vor den 90er Jahren gab es in China keine echte Währungspolitik, weil das Wirtschaftsystem noch planwirtschaftlich war. Die Wechselkurspolitik wird aus politischen Gründen festgelegt. Deswegen wird in dieser Arbeit besonders die Wechselkurspolitik seit 1990 diskutiert. Die Wechselkurspolitik Chinas steht gegenwärtig in zentralem Fokus der internationalen Finanzmärkte. Die Handelspartnerländer von China z.B. die USA, Japan und die EU werfen China vor, dass sich China mittels eines unterbewerteten RMB einen unfairen Wettbewerbsvorteil verschafft. China gerät zunehmend unter Druck, seine Währung RMB aufzuwerten. Das Ziel dieser Arbeit ist zu analysieren, wie die chinesische Wechselkurspolitik sich in den vergangenen Jahren entwickelt hat, welche Rolle die Wechselkurspolitik für die Wirtschaftentwicklung Chinas gespielt hat und wie die Wechselkurspolitik in Zukunft festgelegt wird.
Inhaltsverzeichnis
Abkurzungsverzeichnis
Symbolverzeichnis
Tabellenverzeichnis
Abbildungsverzeichnis
1. Einleitung
1.1 Ziel der Arbeit
1.2 Aufbau der Arbeit
2. Grundlagen
2.1 Devisenmarkt und Wechselkurs
2.1.1Funktionen des Devisenmarktes
2.1.2 Konzept des Wechselkurses
2.1.2.1 Kaufkraftparitat und realer Wechselkurs
2.1.2.2 Effektiver Wechselkurs
2.1.2.3 Bestimmungsfaktoren von Wechselkursen
2.2 Wechselkurssysteme
2.2.1 Entwicklung der internationalen Wechselkurssysteme
2.2.2 Klassifikation von Wechselkurssystemen
2.2.3 Vorteile und Nachteile von festen und flexiblen Wechselkursen
2.3 Wechselkurspolitik
2.3.1 Kriterien fur die Wahl eines Wechselkursregimes
2.3.2 Grunde fur aktive Wechselkurspolitik
3. Die Wechselkurspolitik von China
3.1 Historische Entwicklung
3.1.1 (1953-1978)Fester Wechselkurs unter Zentralverwaltung
3.1.2 (1978-1993)Das Wechselkurssystem in der Wirtschaftsreform
3.2 Wechselkurspolitik seit 1994
3.2.1 1994-2005: Einheitliches „Managed Floating"
3.2.2 2005 bis heute: Der Wahrungskorb
3.3 Analyse der Entscheidung fur die Wechselkurspolitik in China
3.3.1 Erfolgsfaktoren fur die Wirtschaftsentwicklung
3.3.2 Neue Forderungen
3.3.2.1 Autonomie der Geldpolitik
3.3.2.2 Gleichgewicht der okonomischen Entwicklung
3.3.2.3 Anwendung der Devisenreserven
4. Auseinandersetzungen uber eine Aufwertung des RMB
4.1 Die Handelsungleichheit zwischen den USA und China
4.2 Ein Beispiel aus Japan
5. Fazit
Literaturverzeichnis
Abkurzungsverzeichnis:
Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten
Symbolverzeichnis
Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten
Tabellenverzeichnis
Tabelle.1: Die wichtigsten Handelspartner Chinas 2008 (Mrd. USD) 45
Abbildungsverzeichnis
Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten
1. Einleitung
1.1 Ziel der Arbeit
Seit den 1970er Jahren hat Chinas Wirtschaft einen beispiellosen Aufschwung erlebt. China hat sich in dieser Zeit von einer Planwirt- schaft zu einer offenen Wirtschaft entwickelt. Besonders nach dem Beitritt zur WTO ist die Wirtschaft Chinas immer offener geworden. Ein wichtiger Aspekt der auGenwirtschaftlichen Offnung ist die Frage des Wahrungsregimes und des Wechselkurses. Die chinesische Wechselkurpolitik spiegelt die Wirtschaftentwicklung Chinas wider. Vor den 90er Jahren gab es in China keine echte Wahrungspolitik, weil das Wirtschaftsystem noch planwirtschaftlich war. Die Wechsel- kurspolitik wird aus politischen Grunden festgelegt. Deswegen wird in dieser Arbeit besonders die Wechselkurspolitik seit 1990 diskutiert. Die Wechselkurspolitik Chinas steht gegenwartig in zentralem Fokus der internationalen Finanzmarkte. Die Handelspartnerlander von China z.B. die USA, Japan und die EU werfen China vor, dass sich China mittels eines unterbewerteten RMB einen unfairen Wettbe- werbsvorteil verschafft. China gerat zunehmend unter Druck, seine Wahrung RMB aufzuwerten. Das Ziel dieser Arbeit ist zu analysieren, wie die chinesische Wechselkurspolitik sich in den vergangenen Jahren entwickelt hat, welche Rolle die Wechselkurspolitik fur die Wirtschaftentwicklung Chinas gespielt hat und wie die Wechselkurspolitik in Zukunft festgelegt wird.
1.2 Aufbau der Arbeit
Die vorliegende Arbeit besteht aus drei Teilen. Daher wird an dieser Stelle lediglich die Grobstruktur der Arbeit erlautert. In Kapitel 2 wer- den die Grundlagen dieser Arbeit vorgestellt. Es wird in drei Teile un- tergliedert: Im ersten Teil werden die Funktion und Bedeutung des Devisenmarktes sowie die Konzepte des Wechselkurses dargestellt.
Im zweiten Teil geht es um die unterschiedlichen Wechselkurssys- teme, namlich ihre Entwicklung, Klassifikation und ihre Vor- und Nachteile. Im dritten Teil wird die allgemeine Wechselkurspolitik dis- kutiert, was der Grundstein fur die Analyse der chinesischen Wechselkurspolitik ist. Kapitel 3 ist der Schwerpunkt dieser Arbeit. In die- sem Kapitel wird zuerst die Entwicklung der chinesischen Wechselkurspolitik, besonders die Wechselkurspolitik seit 1990, dargestellt. Danach werden die Grunde fur die Wahl der Wechselkurspolitik ana- lysiert und die gegenuberstehenden Forderungen prasentiert. Im letzten Kapitel werden die heutigen Auseinandersetzungen uber den RMB dargestellt. Die Arbeit endet mit einer Zusammenfassung und einem Ausblick auf die zukunftige Entwicklung der chinesischen Wechselkurspolitik.
2. Grundlagen
2.1 Devisenmarkt und Wechselkurs
2.1.1 Funktionen des Devisenmarktes
Als Devisenmarkt bezeichnet man den globalen Markt, auf dem ver- schiedene Wahrungen gehandelt werden. Hierbei liegt keine Bindung an einen festen Borsenplatz vor, sondern entsteht der Markt durch ein weltweites Netz von Interbankbeziehungen. Der Devisenhandel voll- zieht sich meist uber Computer, Telex oder Telefon in den Devisen- handelsburos von Banken und Maklern. Der Devisenhandel ist ein weltweiter GroGhandel, der jeweils an mehreren Handelsplatzen gleichzeitig und nahezu rund um die Uhr stattfindet.[1] Mit einem durchschnittlichen Umsatz von 3,2 Billionen US-Dollar pro Tag ist der Devisenmarkt der mit Abstand liquideste Finanzmarkt der Welt.[2]
Auf dem Devisenmarkt treffen Devisenangebot und Devisennach- frage aufeinander. Die von den verschiedensten Akteuren angebo- tenen und nachgefragten Devisen sind auslandisches Geld, welches Kaufkraft in fremder Wahrung verkorpert.[3] Diese Kaufkraft in fremder Wahrung benotigt man nicht nur zum Kauf von Waren und Dienst- leistungen auf den auslandischen Gutermarkten. Sie werden auch zur Anlage liquider Mittel auf auslandischen Finanzmarkten oder auch zur Ruckzahlung von Auslandskrediten verwendet. Die Funktion des Devisenmarktes besteht grundsatzlich darin, Kaufkraft von Inlandswah- rung in Auslandswahrung umzuwandeln.[4]
Die Geschaftsbanken, die meistens als Spekulanten und Broker auf- treten, sind eine der wichtigsten Teilnehmergruppen am Devisenmarkt. Der groGte Teil des Devisenhandels vollzieht sich auf dem In- terbankmarkt. Da die Transaktionen den Wert von $1 Mio. Dollar oder mehr betragen, werden die meisten Transaktionen auf dem Inter- bankmarkt zwischen den groGen Finanzinstituten durchgefuhrt. Der Einzelhandel und kleine Geschafte haben keinen Zugang zum Inter- bankmarkt. Deswegen werden die Devisengeschafte mit relativ klei- neren Betragen in kleinen regionalen Banken oder Zweigstellen mit einer nicht so gunstigen Verrechnungsrate wie auf dem Interbank- markt durchgefuhrt.[5] Die Zentralbanken sind ebenfalls ein wichtiger Akteur auf dem Devisenmarkt. Aus wirtschaftspolitischen Grunden, oder um das Gleichgewicht auf dem Devisenmarkt wiederherzustel- len, konnen sie durch Devisenmarktinterventionen in den Markt ein- greifen. Durch das Zusammentreffen von Devisenangebot und Devi- sennachfrage von diesen Marktteilnehmern auf dem Devisenmarkt bildet sich der Wechselkurs zwischen zwei Wahrungen.[6]
2.1.2 Konzept des Wechselkurses
Auf dem Devisenmarkt bildet sich der nominale Wechselkurs als Preisverhaltnis zwischen zwei Wahrungen. Grundsatzlich gibt der nominale Wechselkurs an, in welchem Verhaltnis die Wahrung eines Landes gegen die Wahrung eines anderen Landes getauscht werden kann. Da an jeder Transaktion zwei Wahrungen beteiligt sind, lasst sich der nominale Wechselkurs dabei in der Mengen- oder der Preisnotierung ausdrucken. Die Preisnotierung gibt den Preis einer Einheit der auslandischen Wahrung in Einheiten der inlandischen Wahrung an. Bei Mengennotierung ist es umgekehrt.[7] Um die Kaufkraft und Wettbewerbsfahigkeit von zwei oder mehren Wahrun- gen zu vergleichen ist der nominale Wechselkurs allein nicht ausrei- chend. Man muss realen und effektiven Wechselkurs anwenden.
2.1.2.1 Kaufkraftparitat und realer Wechselkurs
An dem realen Wechselkurs kann man die Kaufkraft eines Landes ablesen. Das Theorem der Kaufkraftparitat besagt also, dass ein Euro in allen Landern die gleiche Kaufkraft haben muss. Um Preis- niveauunterschiede auszugleichen, schwanken deshalb die Wech- selkurse zwischen zwei Wahrungen. Wenn ein Markt vollig wettbe- werbsorientiert ist, konnen wir nicht vom Weiterverkauf der Waren in andere Lander profitieren. Da es keine Transaktionskosten gibt, konnen die Preisunterschiede der Waren sofort durch Arbitragen ausgeglichen werden. Das Theorem der Unterschiedslosigkeit der Preise besagt, dass die Waren zum selben Zeitpunkt an verschiede- nen Orten zu einheitlichen Preisen gehandelt werden sollen. Die Kaufkraftparitat ist eine Erweiterung des Gesetzes der Unterschiedslosigkeit der Preise. Anhand eines reprasentativen Waren- korbs bietet die Kaufkraftparitat die Moglichkeit, die Kaufkraft der unterschiedlichen Wahrungen zu vergleichen.[8]
Um die Kaufkraftparitat zu berechnen, kalkulieren Wissenschaftler zuerst den nominalen Preis eines reprasentativen Warenkorbs des Landes. Dieser Preis steht fur das Preisniveau eines Landes, das die Kaufkraft einer Wahrung angibt. Das Preisniveau ist ein gewichteter nominaler Preis der Guter und Dienstleistungen, die in einer Wirt- schaft am meisten konsumiert werden.[9]P$ ist z.B. der Preis fur den reprasentativen Warenkorb in den USA. P€ steht fur den Preis des gleichen Warenkorbs in der EU. Die Kaufkraftparitat gibt an, in wel- cher GroGe der Wechselkurs zwischen US-Dollar und Euro sein soll. S ist der Dollar Preis fur ein Euro.[10]P(t, €) = 1/P€ und P(t, $) = 1/P$ stehen fur das jeweilige Preisniveau in der EU und den USA.
Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten
Ein sinkendes Preisniveau bezeichnet man als Deflation, ein stei- gendes Preisniveau als Inflation. Steigt das Preisniveau in der Volkswirtschaft, sinkt die Kaufkraft der Wahrung. Der reale Wech- selkurs bezeichnet das Verhaltnis, zu dem ein reprasentativer War- enkorb eines Landes gegen einen reprasentativen Warenkorb eines anderen Landes getauscht werden kann.
Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten
Hierbei steht S(t,$/€) fur den nominalen Wechselkurs zwischen Euro und Dollar. Der reale Wechselkurs ist damit als ein Index defi- niert.[11] Der reale Wechselkurs ist ein MaG fur die Entwicklung der Preise von einem reprasentativen Warenkorb der einen Volkswirtschaft im Verhaltnis zur anderen.
2.1.2.2 Effektiver Wechselkurs
Bei der Beurteilung der internationalen Wettbewerbsfahigkeit eines Landes auf dem Weltmarkt reicht die Betrachtung einzelner (bilate- raler) Wechselkurse oft nicht mehr aus. Wird die Inlandswahrung gegenuber einigen Wahrungen auf- und gegenuber anderen Wah- rungen abgewertet, so stellt sich die Frage, ob die Inlandswahrung insgesamt an Wert gewonnen oder verloren hat. Vielmehr wird der multilaterale Wechselkurs relevant. Er bezieht sich nicht nur auf zwei Lander, sondern auf alle internationalen Handelspartner, mit denen das Inland besonders intensiven AuGenhandel betreibt und mit denen es auf dem Weltmarkt konkurriert.[12]
Um diese Frage zu beantworten, wird ein gewogener nominaler Au- Genwert bzw. ein nominaler effektiver Wechselkurs gebildet. Der ef- fektive Wechselkurs oder auch multilaterale Wechselkurs misst die Wertentwicklung der inlandischen Wahrung gegenuber einem Wah- rungskorb. Der Wahrungskorb wird aus den Wahrungen der wich- tigsten Handelspartner nach ihren entsprechenden Handelsgewich- ten gebildet.[13]Solche Gewichte entsprechen der quantitativen Be- deutung des jeweiligen Landes fur die inlandischen Exporte und Im- porte. Zur Festlegung der Gewichte wird die Summe aus Exporten und Importen mit dem betrachteten Land zu allen Exporten und Im- porten des Inlandes ins Verhaltnis gesetzt:
Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten
gi steht fur das jeweilige Handelsgewicht des jeweiligen Landes. ei (Mengennotierung) fur den bilateralen Wechselkurs der Inlandswah- rung gegenuber der jeweiligen Fremdwahrung i. Durch die Aufsum- mierung der gewichteten Wechselkurse erhalt man den effektiven Wechselkurs:
Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten
Die preisliche Wettbewerbsfahigkeit eines Landes ist nicht nur von nominalen Wechselkursen abhangig, sondern auch von der relativen Guterpreisentwicklung gegenuber anderen Landern. Der reale effek- tive Wechselkurs ist ein wichtigerer Indikator fur die internationale Wettbewerbsfahigkeit als der nominaler effektive Wechselkurs.[14]
2.1.2.3 Bestimmungsfaktoren von Wechselkursen
Durch das Zusammentreffen von Devisenangebot und Devisennach- frage auf dem Devisenmarkt bildet sich der Wechselkurs. Die tagli- chen Schwankungen im Kurs einer Wahrung werden grundsatzlich durch die Wechselwirkung von Angebot und Nachfrage hervorgerufen. Der Wechselkurs wird damit durch die Einflussfaktoren des Devi- senangebots und der Devisennachfrage determiniert. Die Einflussfaktoren, die letztlich einen Anstieg oder Ruckgang des Angebots bzw. der Nachfrage nach einer Wahrung verursachen, sind aber schwierig zu isolieren. Als wesentliche Bestimmungsfaktoren des Wechselkur- ses einer Wahrung konnen daher gelten[15]:
- Konjunktur
Ein Staat mit guten Entwicklungsmoglichkeiten zieht Kapital aus anderen Landern an. China hat sich in den letzten 30 Jahren schnell entwickelt. Die Reform des marktwirtschaftlichen Systems in China schafft fur die auslandischen Investoren und Anleger viele Investiti- onsmoglichkeiten. Um die auslandischen Investoren anzuziehen, bietet die chinesische Regierung den auslandischen Investoren noch besondere Begunstigungen wie z.B. steuerliche Bevorzugung. Die chinesische Wahrung RMB wird verstarkt nachgefragt. RMB unter- liegt deswegen seit vielen Jahren Aufwertungsdruck.
- Die Leistungsbilanzsituation
Um die Importe zu finanzieren brauchen die Importeure Fremdwah- rungen. Um die in heimischer Wahrung anfallenden Produktionskos- ten zu bezahlen, bieten die Exporteure die aus dem Exportgeschaft entstandenen Erlose in Fremdwahrung auf dem Devisenmarkt an. Werden beispielweise in den USA vermehrt chinesische Waren im- portiert, so spiegelt sich das in einer gesteigerten Nachfrage nach RMB wider. Der RMB-Dollar-Kurs steigt soweit, bis die zusatzliche Devisennachfrage befriedigt ist.[16]Dies spricht fur eine Aufwertung des RMB.
- Die Zinsdifferenz
Die nominale Zinsdifferenz zum Ausland ist von entscheidende Be- deutung fur internationale Kapitalbewegungen und damit auch fur den Wechselkurs.
- Die Attraktivitat der betreffenden Wahrung
Die Attraktivitat einer Wahrung steht in engem Zusammenhang mit der subjektiv wahrgenommenen „Qualitat“ einer Wahrung, die maG- geblich durch die Einschatzungen der Geld- und Finanzpolitik des betreffenden Landes bestimmt wird.
Es gibt noch andere Einflussfaktoren, z.B. Inflation, Erwartung der Marktteilnehmer, Direktinvestitionen und Deviseninterventionen der Zentralbanken. Alle diese Einflussfaktoren gehen laufend mit unter- schiedlicher Gewichtung in die Bestimmung der Wechselkurse ein. Es ist schwierig die Kursbildung zu analysieren, weil die Einflussfaktoren oft in unterschiedliche Richtungen weisen. Der Wechselkurs reflektiert die am Markt bewerteten Erfolgsaussichten der betreffenden Volkswirtschaft. Hohe und niedrige Wechselkurse konnen daher mit der wirtschaftlichen Starke oder Schwache eines Landes in Ver- bindung gebracht werden.[17]
2.2 Wechselkurssysteme
2.2.1 Entwicklung der internationalen Wechselkurssysteme
Die meisten Industriestaaten fuhrten am Ende des 19. Jahrhunderts einen Goldstandard ein, der sich gegenuber dem Bimetallismus bzw. dem Silberstandard durchsetzte. Der Goldstandard stand im engen Zusammenhang mit der damaligen Entwicklung der Weltwirtschaft. Gold wurde als eine transportable, universelle und stabile Einheit zur Wertbestimmung gesehen. Der Preis der eigenen Wahrung eines Landes wurde in Einheiten von Gold fixiert. Hierbei ubernahm das Land die Verpflichtung, zu diesem Kurs jederzeit Gold gegen die ei- gene Wahrung zu tauschen.[18]
Nachdem der erste Weltkrieg ausgebrochen war, verboten viele Lander den freien Export des Goldes und brachten die Banknoten in Umlauf, die nicht umtauschbar waren, um die Rustungsausgaben zu finanzieren. Der Goldstandard wurde sodann tatsachlich suspendiert. In der Zeit zwischen den beiden Weltkriegen versuchte man den Goldstandard in einer modifizierten Form wiederherzustellen. Im Jahr 1922 hat die internationale Wirtschaftskonferenz in Italien empfohlen, neben Gold auch Devisen als Devisenreserven zu halten. Die Devi- sen konnten im Ausland gegen Gold getauscht werden. Aber unter der Einwirkung der Wirtschaftskrise zwischen 1929 und 1933 hoben die meisten Lander dieses System allmahlich auf.[19]
Nach dem Zusammenbruch des restaurierten Goldstandards war das internationale Wahrungssystem sehr unorganisiert, was zu Storungen des regularen Welthandels und des internationalen Kapitalverkehrs fuhrte. Um die Stabilitat der Wechselkurse zu sichern, wurden im Juli 1944 auf der internationalen Wahrungs- und Finanzkonferenz der Vereinten Nationen der Internationale Wahrungsfonds (IWF) ge- grundet und das Bretton-Woods-System als Wechselkurssystem be- schlossen. Die Paritaten samtlicher Mitgliedslander wurden gegenu- ber dem Gold und/oder dem Dollar fixiert. Es handelt sich dabei um ein System fester Wechselkurse, bei dem die Wechselkurse innerhalb einer Bandbreite von 1% von der Paritat abweichen durften. Die Goldkonvertibilitat des Dollars bildete den Kern des BWS. Da die Zentralbanken der Mitgliedslander Dollar beim amerikanischen Schatzamt zu einer festen Goldparitat einlosen konnten, war der US-Dollar Leitwahrung und mit Gold als Reservewahrung hinterlegt.[20] Um die Weltwirtschaft neu zu ordnen und die wachsenden Kosten des Korea- und Vietnamkriegs zu finanzieren, ubten die USA eine expansive Geldpolitik aus. Aber die Goldreserven wurden nicht so schnell erhoht. Die USA war nicht mehr bereit, Dollar gegenuber Gold zum vereinbarten Preis zu konvertieren. Um den Dollaruberhang abzubauen und damit inflationare Effekte zu vermeiden, wurden 1969 die Sonderziehungsrechte (SZR) ins Leben gerufen. Sie sollten eine Art Weltwahrung werden. Aber am Ende haben sie die Erwartungen nicht erfullt.[21] Nach einer Abwertung des US-Dollars und der folgen- den Aufhebung der Goldeinlosungsverpflichtung fur diese Wahrung, wurde das Bretton-Woods-System im Jahr1973 auGer Kraft gesetzt. AuGer den Ostblockstaaten und China waren bis 1973 fast alle Lander der Erde beteiligt.[22]
Im Jahr 1976 hatte der IWF nach dem Jamaica Agreement seinen Mitgliederlandern die Wahl des Wechselkurssystems per Gesetz freigestellt.[23]Die wichtigsten Welthandelslander gingen zu mehr oder weniger flexiblen Wechselkurssystemen („managed floating") uber. In den letzten Jahren ging die Tendenz bei den Wechselkurssystemen weg von den Zwischenformen. Die Anzahl der Lander hatte stark zugenommen, die zu einem vollig flexiblen oder extrem rigiden Wechselkursregime ubergegangen waren.[24]
2.2.2 Klassifikation von Wechselkurssystemen
Grundsatzlich lassen sich die Wechselkurssysteme in drei Gruppen unterteilen: Wahrungen mit flexiblem Wechselkurs, Wahrungen mit festem Wechselkurs mit Bindung an eine Einzelwahrung oder einen Wahrungskorb und Wahrungen mit stufenweisen Kursanpassungen bzw. Bandbreitenanpassungen.
Entsteht der Wechselkurs frei durch das Angebots- und Nachfrage- verhalten auf dem Devisenmarkt, liegt ein System flexibler Wechsel- kurse vor. Bei einem flexiblen Wechselkurssystem sind staatliche Eingriffe grundsatzlich nicht notwendig. Flexible Wechselkurse ent- sprechen dem Prinzip einer marktwirtschaftlichen Preisbildung auf dem Devisenmarkt. Beispiele fur Wahrungen mit vollig flexiblen Wechselkursen sind US-Dollar, Yen, Euro und Pound. In Systemen fester Wechselkurse vereinbaren die beteiligten Lander einen festen Leitkurs und versuchen diesen durch Interventionen konstant oder innerhalb der vereinbarten Bandbreite zu halten. Der Wechselkurs kann dabei von der Zentralbank an eine andere Wahrung oder an einen Wahrungskorb gebunden werden. Der Wahrungskorb ist eine Kombination von unterschiedlichen Wahrungen mit spezifischen Ge- wichten. China hat sein Wechselkurssystem am 21 Juli 2005 von ei-nem festen Wechselkursystem zu einem Wahrungskorb-System umgewandelt. Der Wahrungskorb enthalt mehr als zehn Wahrungen, vor allem US-Dollar, Euro, japanischen Yen und manche asiatische Wahrungen. Allerdings ist nach wie vor eine sehr starke Fokussierung auf den US-Dollar zu beobachten. Aber China hat nicht erlautert, wie die Gewichte jeglicher Wahrungen verteilt werden.[25]
Im gegenwartigen Weltwahrungssystem existieren innerhalb des durch feste und flexible Wechselkurse abgesteckten Spektrums eine Reihe weiterer Wechselkursregelungen:
- Wechselkursregelung ohne eigenes gesetzliches Zahlungsmittel Mehrere Lander einigen sich, eine gemeinsame Wahrung zu ver- wenden und eine gemeinsame Wahrungspolitik zu betreiben oder ein Land verwendet die Wahrung eines anderen Landes als alleiniges gesetzliches Zahlungsmittel.
- Wechselkursregelung in Form eines Currency Board: Hierbei ubernimmt ein Land einseitig die Verpflichtung, den Wech- selkurs der Inlandswahrung zu einer auslandischen Wahrung fest- zuhalten. Im Unterschied zu einem normalen Festkurssystem wird bei einem Currency Board eine Beschrankung der Geldpolitik per Gesetz oder Verfassung festgelegt und somit eine Veranderung des Wech- selkurses ausgeschlossen.
- Feste Wechselkurse mit Bindung an eine Einzelwahrung oder ei- nen Wahrungskorb:
Hier wird die Wahrung des betreffenden Landes formell oder de facto mit einer festen Paritat an eine groGe Wahrung oder einen Wahrungskorb gebunden. Der Wechselkurs kann dabei innerhalb einer Bandbreite (z.B. 1%) um den Leitkurs schwanken.
[...]
1 Vgl. Caspers (2002), S. 38.
2 Vgl. Liu (2008), S. 30.
3 Vgl. Mlakar (2006), S. 6.
4 Vgl. Caspers (2002), S. 36.
5 Vgl. Bekaert / Hodrick (2009), S. 36.
6 Vgl. Mlakar (2006), S. 25.
7 Vgl. Caspers (2002), S. 47.
8 Vgl. Bekaert / Hodrick (2009), S. 265.
9 Vgl. Wang (2005), S. 32.
10 Vgl. Bekaert / Hodrick (2009), S. 281.
11 Vgl. Bekaert / Hodrick (2009), S. 288.
12 Vgl. Caspers (2002), S. 72.
13 Vgl. Wang (2005), S. 14.
14 Vgl. Caspers (2002), S. 83.
15 Vgl. Caspers (2002), S. 55.
16 Vgl. Mlakar (2006), S. 25.
17 Vgl. Caspers (2002), S. 58.
18 Vgl. Caspers (2002), S. 159.
19 Vgl. Sheng (2008), S. 20.
20 Vgl. Sheng (2008), S. 23.
21 Vgl. Hüfner (2009).
22 Vgl. Caspers (2002), S. 166.
23 Vgl. Eun / Resnick (2007), S. 32.
24 Vgl. Roth (2006).
25 Vgl. Bekaert / Hodrick (2009), S. 136.
- Quote paper
- Tao Liu (Author), 2010, Die Chinesische Wechselkurspolitik seit 1990, Munich, GRIN Verlag, https://www.grin.com/document/230292