Linguistisch ist Italien als eine in sich stark differenzierte Sprachenlandschaft und durch eine große sprachliche Heterogenität zu beschreiben. Zum einen ist die Republik Italien ein Vielspra-chenstaat, in dem über 2,5 Millionen Menschen eine nichtitalienische Muttersprache sprechen. Zum anderen stellt sich Italien aufgrund historischer Bedingungen diatopisch als ein recht hete-rogenes Sprachgebiet dar und ist damit bis heute „ein Eldorado für Dialektforscher“ geblieben. Nicht nur die späte nationale Einigung Italiens, sondern auch die späte italienische Sprachnor-mierung, die sich über Jahrhunderte bis ins 19. Jahrhundert hinzog, trugen zur bis heute existen-ten Sprachheterogenität bei.
In dieser Hausarbeit ist primär der Blick auf Italien als eine sich darstellende Dialektlandschaft gerichtet, wobei die Region Apulien und deren Mundarten sprachgeschichtlich genauer betrach-tet werden. Dass der Gebrauch des Dialekts in Italien und im Besonderen in Apulien noch stark verbreitet ist, zeigt die Umfrage des wissenschaftlichen Instituts Doxa in Apulien von 1996. Darin gaben 68% der befragten Bürger Apuliens an, sowohl Standarditalienisch als auch Dialekt im Alltag zu sprechen. Fast 18% von den Befragten meinte zudem, ausschließlich Dialekt zu sprechen.
Generell sind die italienischen Dialekte noch immer je nach Region recht stark gegenwärtig, auch wenn das Prestige und die Verbreitung der Dialekte vor allem ab der zweiten Hälfte aufgrund der Standardisierung des Italienischen vor allem durch Schulreformen zurückgegangen ist.
Im Folgenden soll zum Einen erläutert werden, was genau unter dem Begriff „Dialekt“ zu ver-stehen ist und inwieweit man von „italienischen Dialekten“ sprechen kann. Zum Anderen erfolgt eine Darstellung über die Herausbildung der Dialekte, um anschließend die dialektale Gliederung Italiens sowie allgemeine sprachliche Charakteristika der Dialektgruppen beschreiben zu können. Im Anschluss daran wird dann die Region Apulien als Dialektlandschaft genauer beschrieben.
2. Italien als Dialektlandschaft
2.1. Sprache vs. Dialekt
Die Termini „Sprache“ und „Dialekt“ bzw. „Mundart“, der als Synonym für „Dialekt“ gebraucht wird, sind wissenschaftlich schwer abzugrenzen. Beides sind Kommunikationsmittel und beide stellen ein jeweiliges Sprachsystem dar, dass sich unter anderem anhand phonetischer, morpho-logischer, syntaktischer und lexikalischer Regelmäßigkeiten beschreiben lässt. (...)
Inhaltsverzeichnis
- Einleitung
- Italien als Dialektlandschaft
- Sprache vs. Dialekt
- Die Herausbildung der italienischen Dialekte
- Die dialektale Gliederung Italiens
- Die norditalienischen Dialekte
- Die toskanischen Dialekte
- Die mittel- und süditalienischen Dialekte
- Die Dialektlandschaft Apuliens
- Geschichtlicher Abriss der Region Apulien
- Die dialektale Gliederung der Mundarten Apuliens
- Literarische Textbeispiele apulischer und salentinischer Dialekte
- Zwei Gedichte in apulischer Mundart
- Zwei Textbeispiele in salentinischer Mundart
- Ausblick
Zielsetzung und Themenschwerpunkte
Diese Hausarbeit untersucht Italien als Dialektlandschaft, wobei die Region Apulien und ihre Mundarten sprachgeschichtlich in den Mittelpunkt gerückt werden. Der Fokus liegt auf der Beschreibung und Analyse der dialektalen Vielfalt Italiens, insbesondere der Besonderheiten der apulischen Dialekte.
- Die Abgrenzung zwischen „Sprache“ und „Dialekt“ im italienischen Sprachraum
- Die Entstehung der italienischen Dialekte durch die Entwicklung des Vulgärlateins und die Einflüsse der vorrömischen Sprachen
- Die dialektale Gliederung Italiens und die sprachlichen Charakteristika der verschiedenen Dialektgruppen
- Die sprachliche Situation in Apulien, die Geschichte der Region und die dialektale Gliederung der apulischen Mundarten
- Literarische Beispiele apulischer und salentinischer Dialekte
Zusammenfassung der Kapitel
Die Einleitung erläutert die linguistische Vielschichtigkeit Italiens als Sprachenlandschaft, die durch die Existenz von mehreren Muttersprachen sowie die sprachliche Heterogenität durch Dialekte geprägt ist. Die späte nationale Einigung und die späte Standardisierung des Italienischen haben zu der bis heute bestehenden Sprachvielfalt beigetragen.
Kapitel 2 widmet sich der Definition des Begriffs „Dialekt“ im Vergleich zur „Sprache“ und untersucht die Entstehung der italienischen Dialekte. Es werden die verschiedenen Kriterien zur Unterscheidung zwischen Sprache und Dialekt vorgestellt, wie beispielsweise Überregionalität, Normiertheit und literarische Vertretung. Anschließend wird die Herausbildung der Dialekte durch den Einfluss des Vulgärlateins und der vorrömischen Sprachen erläutert.
Kapitel 3 befasst sich mit der Dialektlandschaft Apuliens, der Geschichte der Region und der dialektalen Gliederung der apulischen Mundarten. Es werden literarische Beispiele aus der apulischen und salentinischen Mundart präsentiert.
Schlüsselwörter
Italien, Dialektlandschaft, Sprache, Dialekt, Vulgärlatein, Mundart, Apulien, Salentinisch, Italienisch, sprachliche Heterogenität, diatopische Variation, linguistische Profil, sprachgeschichtlicher Abriss, literarische Textbeispiele.
- Arbeit zitieren
- Milena Gutsch (Autor:in), 2011, Italien als Dialektlandschaft, München, GRIN Verlag, https://www.grin.com/document/231155