Proteine im Phloem

Eine phytopathologische Untersuchung


Bachelorarbeit, 2012

65 Seiten, Note: 1,0


Leseprobe


Inhaltsverzeichnis

1 Verzeichnisse
1.1 Abbildungsverzeichnis
1.2 Tabellenverzeichnis
1.3 Abkürzungsverzeichnis
1.4 Formelverzeichnis

2 Zusammenfassung

3 Einleitung
3.1 Pflanzliche Abwehrmechanismen
3.1.1 Elicitoren
3.1.2 Microbe-associated-molecular-patterns (MAMPs)
3.2 Das Phloem
3.2.1 Nährstofftransport im Phloem
3.3 Verschluss der Siebelemente
3.3.1 P-Proteine in den Siebelementen
3.3.1.1 Proteine in Cucurbita maxima (PP1 und PP2)
3.3.1.2 Forisome in Vicia faba
3.3.2 Verschluss der Siebelemente durch Callose

4 Ziel der Arbeit

5 Material
5.1 Pflanzenmaterial
5.2 Lösungen
5.2.1 Puffer
5.2.2 Farbstoffe
5.2.3 Verbrauchsstoffe
5.2.4 Microbe-associated-molecular-patterns (MAMPs)
5.3 SDS-Page (SDS-Polyacrylamidgelelektrophorese)
5.4 Geräte
5.4.1 Mikroskopie
5.4.2 Software
5.5 Verbrauchsmittel

6 Methoden
6.1 Beobachtung im intakten Gewebe (in-vivo-Technik)
6.1.1 Aufbereitung der intakten Versuchspflanzen
6.1.1.1 Forisomreaktion durch einen Brennreiz
6.1.1.2 Forisomreaktion durch MAMPs
6.1.1.3 Färbung des Phloems
6.2 Probenentnahme von Cucurbita maxima
6.2.1 Eindimensionale SDS-Page

7 Ergebnisse
7.1 Beobachtung des intakten Phloems
7.1.1 Forisomreaktion nach flg22-Applikation
7.1.1.1 Untersuchung der Lage im Siebelement in Vicia faba
7.1.1.2 Fluoreszenzmikroskopie (CFDA)
7.1.2 Forisomreaktion auf Chitin (N-acetylchitooctaose)
7.1.2.1 Position und Lage der Forisome bei glc8-Applikation
7.2 Eindimensionale SDS-Page mit Phloemsaft

8 Diskussion

9 Literaturverzeichnis

10 Danksagung

11 Eidesstattliche Erklärung

1 Verzeichnisse

1.1 Abbildungsverzeichnis

Abb. 1: Vicia faba (links) und Cucurbita maxima (rechts) -Versuchspflanzen im Gewächshaus des IFZ

Abb. 2: in-vivo-Technik des intakten Phloems

Abb. 3: Darstellung der in-vivo-Technik bei Vicia faba

Abb. 4: Brennreiz an Vicia faba

Abb. 5: Phloemsaftentnahme von Cucurbita maxima

Abb. 6: Konfokalmikroskopische Aufnahme eines Forisoms in Vicia faba

Abb. 7: Konfokalmikroskopische Aufnahme einer Forisomreaktion nach flg22-Applikation in Vicia faba

Abb. 8: Konfokalmikroskopische Aufnahmen einer Forisomreaktion nach flg22-Applikation mit CMEDA/CMFDA

Abb. 9: Konfokalmikroskopische Aufnahme einer Änderung der Lage nach der Rekondensation durch flg22 in Vicia faba

Abb. 10: Darstellung der Forisomreaktion in Vicia faba durch flg22

Abb. 12: Darstellung der verschiedenen Positionen im Siebelement

Abb. 13: Positionen der Forisome im Siebelement

Abb. 14: Darstellung der jeweiligen Kontaktmöglichkeiten der Forisome im Siebelement von Vicia faba

Abb. 15: Darstellung der Positionen und der jeweiligen Kontaktart der Forisome im Siebelement von Vicia faba

Abb. 16: Dispersion der Forisome durch flg22-Applikation in Vicia faba

Abb. 19: Änderung der Farbintensität von CFDA durch flg22

Abb. 21: Coomassie-Blue-Färbung einer eindimensionalen SDS-Page mit Phloemsaft von Kontroll- und gereizten Pflanzen von Cucurbita maxima

Abb. 22: Darstellung der möglichen Wirkungsweise von Forisomenreaktionen

1.2 Tabellenverzeichnis

Tabelle 1: Anzahl der Forisome mit Dispersion durch flg22

Tabelle 2: Lageänderung der Forisome durch flg22

Tabelle 3 Gemessene Abweichung in % der Farbintensität von PP1/PP2 anhand der SDS-Page

1.3 Abkürzungsverzeichnis

Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten

1.4 Formelverzeichnis

Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten

2 Zusammenfassung

Durch ihre sessile Lebensweise sind Pflanzen dauerhaft einer Vielzahl an Mikroorganismen ausgesetzt. Der Angriff von Phytopathogenen führt dabei zu einem Verlust der Qualität und Veränderung der Physiologie der Pflanze. Durch den reversiblen Verschluss der Siebelemente (Sieve Element Occlusion, SEO) haben höhere Pflanzen einen Schutzmechanismus entwickelt, um eine Verbreitung der Mikroorganismen oder entstehender Toxine, durch eine Unterbrechung des Massenstroms, zu unterbinden. Zudem können lokal, durch den Verschluss der Siebelemente verschiedene Stoffe im Phloem der betroffenen Region akkumulieren, um dann nach Öffnung der Siebelemente systemisch als Signalstoffe zu dienen. Aus diesem Grund wird vermutet, dass der Stopp des Massenstroms, der eine weitere Ausdehnung der durch das Pathogen verursachten Schäden verhindert, innerhalb der pflanzlichen Immunantwort einzuordnen ist.

Die vorliegende Arbeit beschäftigt sich daher mit Schutzmechanismen die im Leitsystem des Phloems nach Applikation von mikrobiellen Elicitoren, so genannten Microbe-associated-molecular-patterns (MAMPs), zu finden sind. Konkret wurde ein potenzieller proteinvermittelter Siebelementverschluss der Versuchspflanzen Vicia faba und Cucurbita maxima nach flg22 (Flagellin) und glc8 (Chitin) Applikation untersucht.

Im Phloem von Vicia faba, welche zur Familie der Fabaceae (Schmetterlingsblütler) zählen, existieren große spindelförmige Proteine, die bei einer Verletzung der Pflanze dispergieren. Diese Dispersion führt zu einem Verschluss der Siebelemente. Die phloemspezifischen Proteine in den Fabaceae heißen Forisome und beteiligen sich aktiv am Schutz der Pflanze (van Bel, A.J. E. et al. 2003). Das Ziel der Experimente an Vicia faba bestand darin, eine Reaktion der Forisome auf glc8 und flg22 zu überprüfen. Ebenfalls sollte ein Zusammenhang zwischen Lage und Position der Forisome im Siebelemente und der Reaktivität dokumentiert werden.

Als weitere Versuchspflanze diente Cucurbita maxima aus der Familie der Cucurbitaceae. Im Phloem dieser Pflanzen kommen ebenfalls phloemspezifischen Proteine vor, PP1 und PP2, die an einem Verschluss der Siebelemente beteiligt sind. Ziel der Experimente mit Cucurbita maxima war es, eine flg22 vermittelte Veränderung der Konzentration dieser Proteine im Phloemsaft zu untersuchen.

Die gewonnenen Ergebnisse zeigen, dass in Anwesenheit von flg22 die Forisome in Vicia faba mit einer Ca2+-abhängigen und reversiblen Konformationsänderung reagieren. Was die Schlussfolgerung zulässt, dass die flg22 Appliaktion einen gezielten Siebelementverschluss ausgelöst hat. Auch weisen die Ergebnisse der Untersuchung zu Lage und Position der Forisome im Siebelement darauf hin, dass die Mehrheit der Forisome in „basipetaler Position“ mit Kontakt zur Siebplatte und Plasmamembran auf eine Reizapplikation reagierten. Die Ergebnisse von Vicia faba zeigen somit, dass die Erkenntnisse von Furch, A. C. U. et al. (2009) auch auf biotische Reize zu übertragen sind. Hingegen bei den Untersuchungen mit glc8-Applikation auf das intakte Phloem konnten keine Reaktionen der Forisome beobachtet und daher die Ergebnisse von Gaupels, F. et al. (2008) nicht bestätigt werden.

Die Ergebnisse der Untersuchungen an Cucurbita maxima zeigten, in Reaktion auf das bakterielle flg22, dass eine zeitlich bedingte Abnahme der Proteine PP1/PP2 erkennbar waren. Diese Beobachtungen lassen den Schluss zu, dass die Proteine agglutiniert sind und ebenfalls aktiv am Verschluss der Siebelemente beteiligt sind. Somit konnten auch hier die Erkenntnisse von Furch, A. C. U. et al. (2010) auf einen biotische Reiz übertragen werden.

Zusammenfassend konnte bewiesen werde, dass Pflanzen auf Applikation von bakteriellen Elicitoren mit proteinvermitteltem Siebelementverschluss reagieren und das dieser Verschluss Teil der pflanzlichen Immunantwort ist.

Um jedoch Aussagen über komplexe Zusammenhänge und Gründe dieser Reaktion des Phloems treffen zu können, sind noch weiter Untersuchungen und Wiederholungen nötig.

3 Einleitung

Pflanzen sind eine der wichtigsten Grundlagen für die Existenz von Leben auf unserer Erde. Ihnen werden zwei bedeutende Funktionen zugeschrieben. Erstens sind Pflanzen der element­are Baustein der Vegetationsdecke und stellen eine Nahrungsquelle für Tiere, Pilze und Mikro­ben dar. Zweitens dienen sie als Nutzpflanzen der menschlichen Ernäh­rung. Aus diesem Grund ist der Mensch abhängig von einer ertragreichen Pflanzenproduktion. Vor allem nimmt diese Abhängigkeit angesichts der globalen Bevölkerungs­entwicklung zu, da die Landwirtschaft zwangsläufig weiter intensiviert werden muss. Des Weiteren ist das heutige Wissen über die Nutzpflanzenproduktion noch sehr gering und es bestehen erhebliche internationale Unterschiede im Anbau der Kulturen. Durch diese Problematik entstehen Hungersnöte in vielen Entwicklungsländern, während potenzielle Erträge meist nicht erreicht werden können. Diese Umstände verdeutlichen, dass Forschung und Entwicklung für die pflanzliche Erzeugung essenziell sind.

Pflanzen sind konstant abiotischen und biotischen Stressbedingungen ausgesetzt, weshalb sie sich in ihrer Entwicklung diverse Abwehrmechanismen angeeignet haben (Hallmann, J. et al. 2007). Diese Abwehrmechanismen entstehen zum größ­ten Teil durch die Interaktion zwischen Pflanzen und Pathogenen. Die Pflanze schützt sich vor Bakterien, Viren und Pilzen durch strukturelle, biochemische oder chemische Mecha­nismen. Als Reaktion darauf entwickelten sich bei den Pflanzenpathogenen mit der Zeit mehrere Formen der Be­siedlung und Penetration in die Pflanze. Insbesondere die Blätter und Wurzeln stehen im engen Kontakt mit Pathogenen, da hier natür­liche Öffnungen (Stomata, Lentizellen, Nektarien) und Wunden vorhanden sind (Buchanan, B. et al. 2000).

3.1 Pflanzliche Abwehrmechanismen

Die Pflanze besitzt spezifische Abwehrstoffe, die sie gegen Schaderreger einsetzt. Manche Abwehrstoffe können schon vor der Besiedlung in der Pflanze vorhanden sein (präinfektionell), andere wiederum durch einen Angriff aktiviert werden (postinfektionell). Präinfektionelle Barrieren sind zum Beispiel die Kutikula, die Zell­wand und abschreckende Stoffe (Toxine), welche die Pflanze vor einem Befall beschützen. Bei den postinfektionellen Barrieren gibt es Papillen, PR-Proteine und Phytoalexine, die durch den Angriff von Pathogenen ausgelöst werden. Für diese Gruppe der Abwehrstoffe, die akti­viert und induziert werden, benötigt die Pflanze bestimmte Erkennungsmechanismen. In die­sem Fall sind es so genannte Elicitoren, die durch den Schaderreger, wie Pilze, Oomyzeten und Bakterien abgegeben werden (Hallmann, J. et al. 2007).

3.1.1 Elicitoren

Pathogene setzen z.B. Toxine, Peptide oder Fettsäuren frei, welche die Pflanze mithilfe von Rezeptoren erkennen kann. Durch das Binden dieser Elicitoren an spezifische Rezeptoren werden Signalkaskaden ausgelöst, die der Abwehr der Pflanze dienen. Diese Sub­stanzen können eine Hypersensitivitätsreaktion (HR) auslösen, wodurch ein Zelltod der infizierten Zelle stattfindet. Bei diesem Mechanismus soll die Verbreitung des Pathogens unter­bunden werden. Die Hypersensitivitätsreaktion aktiviert ebenfalls weitere Signale wie z.B. Salicylsäure oder induziert PR-Proteine (Chitinasen, Proteasen) (Hallmann, J. et al. 2007). Es existieren generelle und spezifische Elicitoren. Bei Ersteren spricht man von Microbe-associated-molecular-patterns (MAMPs), die durch spezifische Oberflächen­strukturen des Pathogens mithilfe von Pattern-Recognition-Receptors (PRRs) von der Pflanze erkannt werden (Nürnberger, T. et al. 2002).

3.1.2 Microbe-associated-molecular-patterns (MAMPs)

Durch die Erkennung von MAMPs werden in der Pflanze Signalkaskaden ausgelöst. Es exis­tieren verschiedene MAMPs, wie zum Beispiel Harpine oder Flagellin von Pseudomonas syringae, die bakterielle Proteine darstellen. In den Zellwänden von Pilze kommt das Polysaccharid Chitin vor, das ebenfalls eine Pflanzenabwehr hervorrufen kann. Aber auch bei den Oomyceten sind MAMPs vorhanden, vor allem in den Gat­tungen Phytophtora und Pythim, gibt es verschiedene Abwehr auslösende Zellwandproteine (Nürnberger, T. et al. 2002).

Die MAMPs werden durch spezifische Oberflächen­strukturen des Pathogens mithilfe von PRRs von der Pflanze erkannt (Nürnberger, T. et al. 2002) wodurch in der Pflanze Signalkaskaden – sogenannte Pattern-Triggered-immunity (PTI) – ausgelöst werden.

Einen gut untersuchten Mechanismus der PTI (horizontale Resistenz) stellt die Erkennung des bakte­riellen Flagellins (flg22) durch Flagellin-Sensing-2-Rezeptoren (FLS2-Rezep­toren) dar (Boller, T. et al. 2009). Durch die Bindung des flg22 an den FLS2-Rezeptor (Gómez-Gómez, L. et al. 2001) bildet dieser einen Komplex mit einer Brassinosteroid-Insensitive 1-Associated Kinase 1 (BAK1). Dieser aktivierte Komplex löst unter anderem einen lokalen Anstieg von Ca2+ im Cytosol aus (Blume, B. et al. 2000). Es wird vermutet, dass der Ausbruch von Ca2+ ein Aktivator für die Ca2+-abhängige NADPH-Oxidase ist (Ogasawara, M.A. et al. 2008), die für die Entstehung von Reaktive Sauerstoffspezies (ROS) benötigt wird. Diese ROS sind wahrscheinlich Signale, die innerhalb der PTI ablaufen und sowohl lokal als auch systemisch weitere Immunreaktionen auslösen können, um eine weitere Ausbreitung des Erregers zu verhindern (Hallmann, J. et al. 2007).

Als Antwort auf das hochsensible Abwehrsystem der Pflanzen haben viele Pathogene Effektoren entwickelt, die als sogenannte Suppressoren die Immunantwort der Pflanze unterdrücken, sodass sie die Besiedlung durch einen Pathogen nicht „bemerkt“. Im Unterschied zur PTI beschreibt die Effector-Triggered-Immunity (ETI) eine direkte oder indirekte Interaktion des Pathogens mit der Pflanze. Damit ein Patho­gen die PTI unterdrücken kann, benötigt es Effektoren oder Toxine (Schwessinger, B. et al. 2008), mittels derer es die natürlichen Barrieren der Pflanze überwinden kann. Jedoch entwickelten die Pflan­zen diverse Resistenzen gegen einige Effektoren. Diese Art der vertikalen Resistenz baut auf der Gen-für-Gen-Hypothese auf. Diese Theorie besagt, dass die Pflanze mehrere Resistenz-Gene (R-Gene) hat, zu denen es passende, komplementäre Avirulenz-Gene (AVR-Gene) im Pathogen gibt. Aus dieser Interaktion entsteht eine Hypersensitivitätsreaktion (HR), die zu ei­nem rapiden lokalen Zelltod führt (Boller, T. et al. 2009).

Neben dieser lokalen Reaktion der Pflanze ist auch eine systemische Ausbreitung von Signalen möglich. Diese Signale bewirken, dass bei einem Befall mit einem Pathogen auch an den nicht befallenen Stellen Resistenzen entstehen (systemisch erworbene Resistenz). Die systemischen Signale sorgen dafür, dass die Pflanze in Alarmbereitschaft versetzt wird. Eine wichtige Rolle spielen hierbei Jasmonsäure, Ethylen und Salicylsäure (Pieterse, C. M. J. et al. 2009). Als Folge der systemischen Resistenz wird die Pflanze sensibilisiert und kann bei einem erneuten Angriff von Pathogenen schneller reagieren (Hallman, J. et al. 2007).

Damit die Pflanzen auf Angriffe zeitnah reagieren können, muss eine Koordination zwischen verschiedenen Pflanzenteilen, zum Teil über große Strecken, gewährleistet sein. Um eine solche Kommunikation zwischen Wurzel und Spross zu ermöglichen, entstand im Laufe der Evolution das Vaskularsystem, dass aus zwei Leitbahnen besteht. Diese Leitbahnen werden Xylem und Phloem genannt. Beide Leitsysteme dienen zudem als Verteiler von Assimilaten und Wasser in der Pflanze. Das Xylem ist aus toten Zellen (Tracheen, Tracheiden) aufgebaut und die Xylemelemente gehören zum Apoplasten. Das Phloem hingegen besteht aus lebendigen Zell­en (Siebelemente, Geleitzellen) und die Phloemzellen werden dem Symplasten zugeordnet. Durch die Möglichkeit Phytohormone transportieren zu können, ermöglichen sowohl Xylem als auch Phloem eine Signalkette zwischen Wurzel, Spross und Blättern (Schubert, S. 2006). Im Phloem werden aber nicht nur Phytohormone und Photoassimilate transportiert, sondern auch essenzielle Stoffe, vor allem stickstoffhaltige Verbindungen (Aminosäuren, Amide, Nukleotide), organische Säuren (Fettsäuren), anorganische Ionen, Proteine, Fette und RNAs (van Bel, A.J.E. et al. 2003). Diese essenziellen Stoffe sind wichtig für die Entwicklung der Pflanze und dienen ebenfalls als Informations- oder Signalmoleküle (Ruiz - Medrano, R. et al. 2001). Damit nimmt das Phloem im Überleben der Pflanze eine besondere Stellung ein.

3.2 Das Phloem

Das Leitgewebe Phloem besteht aus Siebelementen (SE) und Geleitzellen (CC), die sich aus einer gemeinsamen Mutterzelle differenziert haben. Die Siebelemente bilden Sieb­röhren, die durch Siebplatten (SP) verbunden sind. Durch teilweise Auflösung der Zellwände befinden sich in den Siebplatten diverse Siebporen. Diese Siebporen ermöglichen mit einem Durchmesser von ca. 1 µm, einen kontinuierlichen Massenstrom, der den Transport von Substanzen von Zelle zu Zelle und so in der gesamten Pflanze ermöglicht.

Am Ende der Ontogenese weisen die Geleitzellen (CC) ein dichtes, hochaktives Cytoplasma mit einem vergrößerten Kern und zahlreichen Mitochondrien auf. Jedoch erfahren die Zellen des Siebelements (SE) einen anderen Prozess, der als programmierter Zell-Halbtod bezeichnet wird. Bei diesem Prozess zerfällt der Kern, die Vakuolenmembran und das Cytoskelett bilden sich zurück und Ribosome, Golgi-Apparat und Mitochondrien werden reduziert. Nach dieser Entwicklung bleiben die Plasmamembran und eine dünne randständige Cytoplasmaschicht, das Endoplasmatische Retikulum (ER) sowie phloemspezifische Plastiden und P-Proteine übrig (van Bel, A.J.E. et al. 2003). Durch diese Reduktion haben die Siebelemente die Fähigkeit verloren eigenständig für ihren Erhalt zu sorgen. Diese Aufgabe wird daher von den Geleitzellen übernommen, wodurch die Sieb­elemente und die Geleitzellen einen gemeinsamen Komplex (SE/CC) eingehen, der über Plasmodesmen ver­knüpft ist (Schubert, S. 2006).

3.2.1 Nährstofftransport im Phloem

Zwischen dem Xylem und dem Phloem herrschen zwei unabhängige Mechanismen der Nährstoffverlagerung, obwohl beide Transportwege parallel verlaufen. Die Verlagerung im Xylem ist einseitig und verläuft akropetal. Im Phloem existiert hingegen ein selektiver und auch energieabhängiger basipetaler Transport (Buchanan, B. et al. 2000).

Dabei herrschen im Phloemsaft verschiedene Zusammensetzungen von Inhaltsstoffen. Die höchsten Konzentrationen sind vor allem bei Saccharose, Aminosäuren und Kalium. Niedrige Konzent­rationen sind bei Bor, Calcium und Ammonium vorhanden. Durch diese niedrigen Konzent­rationen kann es oft zu physiologischen Mangelkrankheiten kommen. Daher können Krankheiten wie Spitzendürre, Fruchtendfäule und Stippigkeit auftreten (Schubert, S. 2006).

Erklärt wird der Langstreckentransport im Phloem durch die Druckstromtheorie nach Münch E. (1930). Diese besagt, dass der Fluss der Stoffe auf der Differenz des osmotischen Drucks zwischen den verschiedenen Bereichen des Phloems beruht, wodurch Nährstoffe von „source“ zu „sink“ verlagert werden. Das „source“ dient hierbei der Aufnahme von Photoassimilaten und Phytohormonen (Beladungsphloem) und das „sink“ hat die Aufgabe, diese aufgenommenen Assimilate oder Phytohormone abzu­geben (Entladungsphloem). Die Sinkaktivität ist hierbei der bestimmende Faktor über den Ort der Entladung im Phloem. Durch dieses Phänomen können Nährstoffe in der Wurzel sowie im Spross verteilt werden (van Bel, A.J.E. et al. 2003). Die Theorie des isolierten Massenstroms wird seit langer Zeit als Ursache für die Nährstoffverlagerung gesehen. Jedoch wird bei diesem Mechanismus nicht berücksichtigt, dass die Siebröhren durchlässige, schlecht isolierte Einheiten sind. Wegen dieser Eigenschaft können Makro- und Mikromoleküle entlang des Phloems aufgenommen und abgegeben werden. Dieses Konzept führt dazu, dass ein dauerhafter Austausch von Molekülen zwischen Siebelementen und an­grenzenden Zellen entsteht (van Bel, A. J. E. et al. 2011).

Aufgrund dieser Abgabe- und Aufnahmetransporte (release/retrival) im Phloem können Mikromoleküle zwischen den Siebelement/Geleitzellen (SE/CC) Komplexen und Parenchymzellen unter source-begrenzen­den Bedingungen übertragen werden („apoplasmatic hopping“). Es wird vermutet, dass auch Makromoleküle zwischen Siebelementen und Geleitzellen verteilt werden, durch ein „symplasmatic hopping“. Im Gegensatz zu den Mikromolekülen werden Makromoleküle durch Pore-Plasmodesmos-Units (PPU) reguliert. Das „molecular hopping“ bietet eine flexiblere Verteilung von Mole­külen in der Pflanze als der Massenstrom. Durch das „symplasmatic hopping“ wird die Verlagerung von Makromolekülen in der ganzen Pflanze dynamischer und mobiler. Ebenfalls könnte dieser Mechanismus eine große Bedeutung für die sys­temische Signalübertragung im Phloem darstellen, womit auch Phytohormone transportiert werden könnten (van Bel A. J. E. et al. 2011).

3.3 Verschluss der Siebelemente

Durch den großen Druck im Phloem und die Verkettung der Siebelemente hätte bereits eine kleine Verletzung der Siebelemente zur Folge, dass Phloemsaft und somit wertvolle Energie und Bausteine in großem Maße austreten könnten. Zudem könnten Mikroorganismen und entstehende Toxine sich ungehindert in der gesamten Pflanze ausbreiten. Jedoch hat die Pflanze verschiedene Schutz- und Verteidigungsmechanismen entwickelt, einen Verlust des essenziellen Phloemsafts und eine Verbreitung von Pathogenen zu verhindern. So ist die Pflanze in der Lage durch vorsorglich synthetisierte Substanzen, wie phloemspezifische Proteine (P-Proteine) und anderen rasch synthetisierte Stoffe, wie Callose, die Siebelemente bei einem Befall vorrübergehend zu verschließen (van Bel, et al. 2003).

Durch diesen Verschluss schützen sich Siebelemente lokal und können zudem systemisch den weiterer Transport des Pathogens und/oder der entstehenden Toxine stoppen. Einzuordnen ist der Verschluss der Siebelemente wahrscheinlich als ein Signal innerhalb der Immunreaktion der Pflanze. Dafür spricht der Einfluss von Ca2+ und reaktiven Sauerstoffspezies (ROS) beim Verschluss der Siebelemente. Diese Moleküle sind nachweislich an der Immunreaktion der Pflanze auf Pathogenbefall beteiligt (Gaupels, F. et al. 2008).

3.3.1 P-Proteine in den Siebelementen

Bei einer Verletzung des Phloems werden P-Proteine vom Phloemstrom mitgerissen, wodurch die Proteine die Siebplatten verstopfen. Durch die Verstopfung werden die darauffolgenden Siebelemente vor zu großem Turgordruck beschützt, sowie ein zu großer Phloemsaftverlust verhindert. Weiterhin entsteht eine Barriere für potenzielle Phytopathogene und ihre Toxine.

[...]

Ende der Leseprobe aus 65 Seiten

Details

Titel
Proteine im Phloem
Untertitel
Eine phytopathologische Untersuchung
Hochschule
Justus-Liebig-Universität Gießen  (Phytopathology)
Veranstaltung
Phytomedizin
Note
1,0
Autor
Jahr
2012
Seiten
65
Katalognummer
V231364
ISBN (eBook)
9783656484721
ISBN (Buch)
9783656486008
Dateigröße
2329 KB
Sprache
Deutsch
Schlagworte
phloem, Proteine, Ackerbohne, PAMP, Pathogenabwehr
Arbeit zitieren
Daniel Dittrich (Autor:in), 2012, Proteine im Phloem, München, GRIN Verlag, https://www.grin.com/document/231364

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