Klientelbeziehungen in der späten römischen Republik


Hausarbeit, 2010

14 Seiten, Note: 2,7


Leseprobe


Inhaltsverzeichnis

1. Einleitung

2. Hauptteil
2.1 Das römische Klientelwesen – Eine Begriffsdefinition
2.2 Die Entstehung des Klientelwesens in der römischen Republik
2.3 Einfluss des Klientelwesens auf das politische Mitwirkungsrecht sowie, das allgemeine Gesellschaftsleben
2.4 Exkurs – Heeresklientel

3. Schluss

4. Literaturverzeichnis
4.1 Quellen
4.2 Literatur

1. Einleitung

Das römische Klientelwesen, das in der Fachliteratur als ein Schutz bietendes Nah- und Treueverhältnis zwischen dem Patron und seinem Klienten beschrieben wird[1], könnte ebenfalls ein auf Machtmissbrauch beruhendes Herrschaftsverhältnis gewesen sein.[2] Das Klientelverhältnis (lat. clientela), entwickelte sich ursprünglich „auf der Grundlage einer moralisch-religiösen, nicht juristischen Treueverpflichtung (…) zu einer (gegenseitigen) Unterstützungsbeziehung mit einer klaren Rollenverteilung“.[3] Dieses Verhältnis zwischen untergeordneten Personen mit geringer Macht, den Klienten, und den einflussreichen Patronen, durchzieht die gesamte römische Gesellschaft. Dieses hatte nicht nur großen Einfluss auf das allgemeine Gesellschaftsleben, sondern auch auf das politische Mitwirkungsrecht, da die meisten Klienten, in einer Klientelbeziehung, in der Regel ihren Patron bei Wahlen und öffentlichen Auftritten unterstützten. In dieser Arbeit soll untersucht werden, in wie weit das Klientelwesen in der späten römischen Republik eine der wesentlichen Voraussetzungen war, unter denen die staatliche Ordnung stand und funktionierte. So werden zu Beginn die Begriffe „Klient“ und „Patronus“ definiert, im Anschluss daran die politische Funktion der Klientelverhältnisse, sowie deren Einfluss auf das soziale Leben untersucht. Außerdem wird noch die Entwicklung des Klientelwesens, von den Ständekämpfen bis zum Ende der Republik beschrieben werden. Zum Klientelwesen liegt bereits eine recht umfangreiche Forschungsliteratur vor. In der älteren Forschungsliteratur wird das Klientelwesen eher als ein soziales Phänomen beschrieben, in der neueren Forschung hingegen, von beispielsweise Aloys Winterling oder Jochen Bleicken, ebenfalls als ein politisches betrachtet. So vergleicht Winterling zum Beispiel das Patron-Klient-Verhältnis mit einer Freundschaft, wie wir sie heute kennen, da beides Formen interpersonaler Beziehungen sind, sich allerdings in den wesentlichen Dingen voneinander unterscheiden. Das Freundschaftsverhältnis in der heutigen Gesellschaft ist durch eine symmetrische Struktur gekennzeichnet, das heißt es herrscht eine gewisse Gleichheit unter den Beteiligten. Das römische Klientelwesen hingegen ist durch Hierarchie gekennzeichnet, es herrscht eine Ungleichheit zwischen den Beteiligten, man spricht hier auch von einer Asymmetrie.[4] „Im Kontext der aristokratischen Gesellschaft symbolisieren Freundschaft und Klientel daher politische Handlungsfähigkeit und Durchsetzungschancen des einzelnen.“[5] Man spricht auch von einer Reziprozität des Klientelverhältnisses, dieses ist als soziales und moralisches Strukturprinzip für die gesamte griechische Antike nachgewiesen worden. Reziprozität ist ein sogenanntes „Prinzip der Gegenseitigkeit“, welches materielle, soziale und politische Bedingungen miteinander verknüpft.[6] So dienten Klientelbeziehungen ebenfalls dazu sich in Geldangelegenheiten, sowie auf der politischen Ebene zu unterstützen, da die Klienten ihrem Patron bei Wahlen halfen, und sich auf diesem Wege gegenseitig ihre Zukunft sicherten. Aus diesem Grunde werden Beziehungen dieser Art, welche heutzutage noch immer existieren, wenn auch auf einer anderen Ebene, in unserer Zeit eher als Korruption bezeichnet. Im alten Rom hingegen wurden sie als ethisch positiv aufgefasst und mehr oder weniger, von der Unter- sowie Oberschicht, erwartet.[7] Nach der Auffassung von Matthias Gelzer, bilden Klientelbeziehungen einen Bestandteil der sozialen Struktur im alten Rom, politische Angelegenheiten oder Institutionen wie Magistratur, Volksversammlung und Senat dürfen jedoch nicht außen vor gelassen werden.[8] Die Quellenlage zum Klientelwesen vor der Kaiserzeit ist als problematisch zu bezeichnen. Außer einiger weniger Quellen, zu denen unteranderem das „Commentariolum petitionis“ von Quintus Tullius Cicero gehört, welches in dieser Arbeit als Hauptquelle fungieren wird, gibt es nur wenig erhaltene Originalquellen denen man entnehmen kann, dass das Klientelwesen eine zentrale politische Funktion übernommen hat. In der Sekundärliteratur werde ich mich hauptsächlich an der von Aloys Winterling betriebenen Forschung orientieren, welcher sich auf den Vergleich zwischen dem Klientelwesen und der Freundschaft (lat. amicitia) konzentriert und die These vertritt, dass das soziale Leben und das politische System im alten Rom nicht getrennt voneinander existieren konnten und die amicitia und das Klientelwesen kaum voneinander zu unterscheiden waren. Dieser These bezüglich werde ich noch Christian Meiers „Res publica amissa“ hinzuziehen. Außerdem an Wilfried Nippel, welcher sich mit der Klientel, der Gesellschaftsstruktur und dem politischen System in der römischen Republik befasst hat und sich auf die Forschung Matthias Gelzers bezieht. Die Forschung Jochen Bleickens, welcher der Frage nachgeht, wie sich das Klientelsystem und die Nobilität entwickelt haben, sowie die Stabilität des Klientelwesens hinterfragt, wird außerdem Thema dieser Arbeit sein.

2. Hauptteil

2.1. Das römische Klientelwesen – Eine Begriffsdefinition

Unter Klientelwesen versteht man eine gesellschaftliche Einrichtung, bei der ein Klient und ein Patron in einem festen persönlichen Abhängigkeitsverhältnis zu einander stehen.[9] Als Klient (lat. cliens, clientes) wird im antiken Rom ein freier Abhängiger eines mächtigen römischen Bürgers bezeichnet. Er hatte im Zwölftafelrecht festgelegte Rechte und Pflichten gegenüber seinem patronus, welcher in diesem Abhängigkeitsverhältnis die höherrangige Position bezeichnet, und befand sich in einem sogenannten Treueverhältnis (lat. fides) zu diesem . Neben den unterschiedlichsten sozialen Verpflichtungen eines Klienten gegenüber seinem Patron ist es wichtig zu erwähnen, dass sich cliens und patronus nicht anklagen oder als Zeugen gegeneinander vor Gericht aussagen durften. Sie sollten also gegenseitig ihrem gesellschaftlichen Status beziehungsweise ihrer Macht, oder vielmehr der Macht und der politischen und sozialen Stellung des patronus, nicht Schaden und sich helfen ihren Status in der Gesellschaft aufrechtzuerhalten. So wurde der Klient auch von seinem Patron vor Gericht vertreten und in Rechtsfragen beraten.[10] Der Klient hingegen unterstütze seinen Patron bei Wahlen und half ihm einen möglichst hohen Rang im Senat zu erhalten.[11] Das Schutz- und Treueverhältnis zwischen Klient und Patron veränderte sich so mit der Zeit mehr und mehr zu einer „politischen gesellschaftlichen und sittlichen Beziehung(…)“.[12] Die Bindung zwischen den beiden war zudem so gefestigt, beziehungsweise festgelegt worden, dass sich ein Klient nur durch Tod, ohne Hinterlassung von Erben aus ihr befreien konnte oder indem er sich der Plebs anschloss, und somit eine sozial schwächere Position in der Gesellschaft einnahm, bis es zu den Ständekämpfen und zur Bildung der Nobiles kam.[13]

2.2. Die Entstehung des Klientelwesens in der römischen Republik

In der Anfangsphase der römischen Republik war es üblich, dass die Patrizier, die Personen des gehobenen Standes, der Adel, als Patrone fungierten und die weniger mächtigen und ärmeren Menschen als ihre Klienten. Die Plebejer hingegen standen allein da und bildeten eigene Patronageverhältnisse, auf die ich jedoch in dieser Arbeit nicht weiter eingehen werde.[14] Als sich jedoch in der späteren römischen Republik die Nobilität bildete, wurde aus den Patriziern und den Plebejern eine Gruppe, da plebejische Familien begonnen sich in der Endphase der Ständekämpfe mit dem patrizischen Adel zusammenzuschließen. Zu dieser sogenannten Nobilität gehörten diejenigen Personen, die die höchsten Ämter in der Republik besetzten. So kam es, dass die Plebejer, welche somit auch zum höchsten Stande gehörten, beziehungsweise gehören konnten, da sich ja nur einige Familien dem patrizischen Adel anschlossen, nun auch Klienten haben konnten und in das Klientelsystem integriert waren. Nachdem Rom sich immer mehr erweiterte, vergrößerte sich auch die Zahl der zur Nobilität zählenden Familien. Somit wurde das Klientelsystem, welches zu Anfang noch sehr persönlich war, da der Patron nahezu jeden seiner Klienten kannte und man sich regelmäßig traf, eher undurchsichtig und unübersichtlich. Da einige Römer sich einfach zur Klientel eines Patron zählen konnten, weil einer ihrer Vorfahren einmal in einer Schlacht für diesen gekämpft hatte oder selbst nur in der gleichen Stadt wie dieser gelebt hatten, wurde es für die Nobilis immer schwieriger zu wissen, wer alles zu ihrem Klientel gehört. Es fand kaum noch persönliche Kommunikation zwischen dem Patron und seinen Klienten statt, da diese teilweise sehr weit voneinander entfernt lebten, oder der Patron sich nicht darüber im Klaren war wer zu seinen Klienten zählt. Allein durch die Entstehung der Nobilität nahm das Nah- und Treueverhältnis des Klientelwesens eine sehr viel größere Bedeutung an. Um die Ämterlaufbahn antreten zu können und einen möglichst hohen Rang im Senat zu erlangen benötigte man die Gunst des Volkes und somit dessen Beliebtheit. So war es also von Vorteil so viele Klienten wie möglich zu haben, die einen unterstützten. Attraktiv für die Klienten war, dass sie durch den direkten Kontakt zu Amtsbewerbern die Möglichkeit hatten, an der politischen Willensbildung teilzuhaben. So wie sich das römische Reich vergrößerte und auch die Nobilität eine immer größere Gruppe wurde, wurde somit auch die Zahl ihrer Klienten immer höher. Hier kommt dann die Frage auf, warum sich manche Klienten noch immer zu einem bestimmten Patron zählten und sich für diesen bei Wahlen einsetzten, da doch das eigentlich Nah- und Treueverhältnis der Fürsorge in dem Sinne nicht mehr bestand. Denn nachdem Rom sich erweitert hatte und die Nobilität aus 20 bis 30 Familien bestand, war es den Patronen kaum noch möglich die Masse ihrer Klienten zu überschauen, geschweige denn mit allen zu kommunizieren.[15] Nach Jochen Bleicken wäre es falsch dem Klientelwesen „einen institutionellen Rahmen zu geben“, also das wechselseitige Geben und Nehmen ins Zentrum zu stellen, so wie manche Historiker es taten. Bleicken beschreibt das Charakteristikum der Klientel als „die Vagheit der Verpflichtung und die Formlosigkeit der Zugehörigkeit“. Was man als sehr zutreffend bezeichnen kann, wenn man nochmal darüber nachdenkt, dass es möglich war, sich einem Patron allein aus dem Grunde, dass ein Vorfahre in derselben Stadt wie der Patron gelebt hat, anschließen konnte. So stellt Bleicken im Weiteren die Behauptung auf, dass die Sozialordnung Roms niemals ernsthaften Belastungen ausgesetzt war und so aus reiner Trägheit der Gesellschaft, welche mit dem System noch immer zufrieden ist (die Bauern werden ausreichend mit Land versorgt, Besitzlose und entlassende Veteranen werden versorgt), einfach weitergeführt wird.[16] Dieser Formlosigkeit, die Bleicken beschreibt ist allerdings eine der wesentlichen Voraussetzungen unter denen das römische Gesellschaftssystem, sowie das politische System stand und funktionierte, im Folgenden wird dies näher erläutert.

[...]


[1] A. W. Lintott, s.v. cliens, in: DNP Bd. 3, 1996-2005, Sp.32-33.

[2] Karl Wilhelm Weeber : Alltag im alten Rom: ein Lexikon, Zürich 1995, 2. Aufl., S. 211.

[3] K.W. Weeber: Alltag im alten Rom, S. 211.

[4] Aloys Winterling: Freundschaft und Klientel im kaiserzeitlichen Rom, in: Historia 56, 2008, S. 2.

[5] A. Winterling: Freundschaft und Klientel, S. 3.

[6] Sitta von Reden, s.v. Reziprozität, in: DNP Bd. 3, 1996-2005, Sp.32-33.

[7] A. Winterling: Freundschaft und Klientel, S. 2.

[8] Matthias Gelzer: Die Nobilität der römischen Republik, Stuttgart 1912 S. 116.

[9] Aloys Winterling: Klientel und Freundschaft in: Oldenbourg Geschichte Lehrbuch Antike, München 2007 2. Aufl. S. 174.

[10] A. W. Lintott, s.v. cliens, in: DNP Bd. 3, 1996-2005, Sp.32-33.

[11] Christian Meier: Res publica amissa, Wiesbaden 1980, 40.

[12] A. W. Lintott, s.v. patronus, in: DNP Bd. 9, 1996-2005, Sp. 422.

[13] Geza Alföldy: Römische Sozialgeschichte 2. Aufl., Wiesbaden 1979 S. 8-9.

[14] Martin Jehne: Die römische Republik – von der Gründung bis Caesar, München 2006 S. 27-28.

[15] Jochen Bleicken: Die Nobilität der römischen Republik, in Gymnasium 88, 1981, S. 241-245.

[16] Jochen Bleicken: Nobilität d. röm. Rep., S. 246.

Ende der Leseprobe aus 14 Seiten

Details

Titel
Klientelbeziehungen in der späten römischen Republik
Hochschule
Universität Bremen
Note
2,7
Autor
Jahr
2010
Seiten
14
Katalognummer
V231549
ISBN (eBook)
9783656475712
ISBN (Buch)
9783656476801
Dateigröße
493 KB
Sprache
Deutsch
Schlagworte
klientelbeziehungen, republik
Arbeit zitieren
Yvonne Kruschel (Autor:in), 2010, Klientelbeziehungen in der späten römischen Republik, München, GRIN Verlag, https://www.grin.com/document/231549

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