Die unermessliche Vielfalt menschlicher Erscheinungen hat den Menschen
gedrängt, Ordnung zu schaffen, die Phänomene seiner Welt nach Klassen,
Gattungen, Arten und Typen zu gruppieren. Wir haben bei der
Lehrveranstaltung „Persönlichkeitstheorien“ den Begriff der Persönlichkeit
definiert als „ein bei jedem Menschen einzigartiges, relativ stabiles und den
Zeitablauf überdauerndes Korrelat des Verhaltens“ (vgl. Tewes & Wildgrube
1999, S. 273). Ich glaube, dass es am Anfang des heutigen Referates
lohnenswert ist, diese Definition erneut zu reflektieren. Unter
„Verhaltenskorrelat“ werden unterschiedliche Aspekte wie Bedingung,
Ordnung, System, Produkt oder Abstraktion des Verhaltens und Erlebens
verstanden. Die Persönlichkeit ist also nicht das Verhalten und Erleben selbst,
sondern vielmehr ein Gefüge von Dispositionen. Zu diesen Dispositionen
gehören zum einen die Merkmale des offenen, objektiv registrierbaren
Verhaltens, zum anderen aber auch Merkmale der Kognition, Emotion und
Motivation. Das jeweilige Dispositionsgefüge ist bei jedem Menschen
einzigartig (vgl. Tewes & Wildgrube 1999, S. 273). Für uns ist nun weiterhin
von Bedeutung, dass bspw. aktuelle Stimmungslagen o.ä. per definitionem
keine Persönlichkeitsmerkmale darstellen. Nur diejenigen Merkmale, die zum
einen zeitlich überdauernd konstant bleiben und zum anderen situationsstabil
sind, werden als Persönlichkeitsmerkmale bezeichnet. Wir sollten uns bei der
folgenden Darstellung der histrionischen Persönlichkeitsstörung zudem stets
bewusst sein, dass es sich bei Begrifflichkeiten wie „Persönlichkeit“ um keine
real existierenden Entitäten handelt, sondern dass die Persönlichkeit eine
„hypothetische Konstruktion ist, dessen hinreichende, empirisch kontrollierte
Präzisierung –wenn überhaupt- erst in ferner Zukunft zu erwarten ist“ (Tewes&Wildgrube 1999, S. 273). Dies war meines Erachtens die Quintessenz
unserer Diskussion um den Begriff der Persönlichkeit. Ich habe mich zur
Darstellung dieser teilweise bereits bekannten Sachverhalte entschlossen,
weil ich es gerade bei der Untersuchung von Persönlichkeitsstörungen für
wichtig halte, dass wir uns bewusst machen, dass Typologisierung und
Kategorisierung stets zu stereotypem Denken verführen (vgl.Guss 1997, S.155). Man kann nicht oft genug darauf hinweisen, dass jede Kategorie stets
auch eine bestimmte methodologische Vorstellung darüber einschließt, wie
man wissenschaftlich vorzugehen hat, um einen Gegenstand adäquat zu
erfassen (vgl.Holzkamp 1985, S.27f.).
Inhaltsverzeichnis
- 1. Begriffliche Grundlegungen
- 1.1. Statt einem Vorwort eine Definition: Zum Begriff der Persönlichkeit
- 1.2. Einführung in das Thema „Histrionische Persönlichkeitsstörung“
- 2. Zur Histrionischen Persönlichkeitsstörung
- 2.1. Merkmale
- 2.2. Histrionische Persönlichkeitsstörung nach dem DSM-IV
- 2.3. Histrionische Persönlichkeitsstörung nach dem ICD 10
- 3. Der Kommunikationsstil histrionischer Persönlichkeiten
- 4. Erklärungsansätze für die Entstehung einer HPS
- 4.1. Der tiefenpsychologische Erklärungsansatz
- 4.2. Der kognitive und der rollentheoretische Erklärungsansatz
- 5. Psychosoziale Folgen
Zielsetzung und Themenschwerpunkte
Dieses Referat befasst sich mit der histrionischen Persönlichkeitsstörung (HPS). Ziel ist es, den Begriff der HPS zu definieren, ihre Merkmale zu beschreiben und verschiedene Erklärungsansätze für ihre Entstehung zu beleuchten. Der Fokus liegt auf dem Verständnis der Störung im Kontext der Kommunikationspsychologie.
- Definition und Abgrenzung der histrionischen Persönlichkeitsstörung
- Merkmale und Symptome der HPS
- Kommunikationsstil histrionischer Persönlichkeiten
- Psychologische Erklärungsansätze für die Entstehung der HPS
- Psychosoziale Folgen der HPS
Zusammenfassung der Kapitel
1. Begriffliche Grundlegungen: Dieses Kapitel beginnt mit einer Definition des Begriffs „Persönlichkeit“ als ein einzigartiges, relativ stabiles und zeitüberdauerndes Verhaltenskorrelat. Es betont die Bedeutung der zeitlichen Konstanz und Situationsstabilität von Merkmalen für deren Klassifizierung als Persönlichkeitsmerkmale. Weiterhin wird die Problematik der Typologisierung und Kategorisierung von Persönlichkeitsstörungen angesprochen und die Gefahr des stereotypen Denkens hervorgehoben. Der Abschnitt führt in die Thematik der Persönlichkeitsstörungen ein und erläutert, dass HPS weder Neurosen noch Psychosen zugeordnet werden kann, obwohl gewisse Assoziationen bestehen. Die historische Entwicklung des Verständnisses von Hysterie, dem Vorgängerbegriff der HPS, wird skizziert, von der Vorstellung des „wandernden Uterus“ bis hin zu Freuds psychoanalytischer Perspektive, die die Symptome als Erinnerungssymbole traumatischer Erlebnisse interpretiert.
2. Zur Histrionischen Persönlichkeitsstörung: Dieses Kapitel beschreibt die Merkmale der histrionischen Persönlichkeitsstörung (HPS), beginnend mit der Namensänderung von „hysterischer“ zu „histrionischer“ Persönlichkeitsstörung aufgrund der negativen Konnotation des vorherigen Begriffs. Es werden die zentralen Merkmale der HPS aufgeführt, darunter die übermäßige und dysfunktionale Emotionalität, Dämmerzustände, Wahnvorstellungen, körperliche Beschwerden ohne organische Ursache und das ständige Verlangen nach Aufmerksamkeit. Der Bezug auf Dostojewskis „Die Brüder Karamasow“ veranschaulicht das Merkmal des Verlangens nach Aufmerksamkeit anhand des Beispiels der Figur Lisa.
Schlüsselwörter
Histrionische Persönlichkeitsstörung, HPS, Persönlichkeit, Kommunikationsstil, Erklärungsansätze, Symptome, DSM-IV, ICD-10, Kommunikationspsychologie, Psychoanalyse, Kognitive Psychologie, Rollentheorie, Psychosoziale Folgen.
Häufig gestellte Fragen (FAQ) zum Referat: Histrionische Persönlichkeitsstörung
Was ist der Gegenstand dieses Referats?
Das Referat behandelt die Histrionische Persönlichkeitsstörung (HPS). Es definiert den Begriff, beschreibt die Merkmale und beleuchtet verschiedene Erklärungsansätze für ihre Entstehung. Der Schwerpunkt liegt auf dem Verständnis der Störung im Kontext der Kommunikationspsychologie.
Welche Themen werden im Referat behandelt?
Die behandelten Themen umfassen die Definition und Abgrenzung der HPS, ihre Merkmale und Symptome, den Kommunikationsstil histrionischer Persönlichkeiten, psychologische Erklärungsansätze für die Entstehung der HPS (tiefenpsychologisch, kognitiv, rollentheoretisch) und die psychosozialen Folgen der HPS.
Wie ist das Referat strukturiert?
Das Referat gliedert sich in fünf Kapitel: 1. Begriffliche Grundlegungen (inkl. Definition von Persönlichkeit und Einführung in HPS), 2. Zur Histrionischen Persönlichkeitsstörung (Merkmale, DSM-IV und ICD-10 Kriterien), 3. Der Kommunikationsstil histrionischer Persönlichkeiten, 4. Erklärungsansätze für die Entstehung einer HPS (tiefenpsychologisch, kognitiv und rollentheoretisch), und 5. Psychosoziale Folgen.
Was wird unter dem Begriff "Persönlichkeit" verstanden?
Das Referat definiert Persönlichkeit als ein einzigartiges, relativ stabiles und zeitüberdauerndes Verhaltenskorrelat. Die zeitliche Konstanz und Situationsstabilität von Merkmalen sind entscheidend für deren Klassifizierung als Persönlichkeitsmerkmale.
Wie wird die Histrionische Persönlichkeitsstörung im Referat definiert und eingeordnet?
Die HPS wird als eigenständige Persönlichkeitsstörung definiert, die weder den Neurosen noch den Psychosen zugeordnet werden kann, obwohl gewisse Assoziationen bestehen. Die historische Entwicklung des Verständnisses von Hysterie (dem Vorgängerbegriff) wird ebenfalls beleuchtet.
Welche Merkmale der HPS werden beschrieben?
Es werden zentrale Merkmale wie übermäßige und dysfunktionale Emotionalität, Dämmerzustände (im ursprünglichen Kontext), Wahnvorstellungen (im ursprünglichen Kontext), körperliche Beschwerden ohne organische Ursache und das ständige Verlangen nach Aufmerksamkeit beschrieben. Der Bezug auf Dostojewskis „Die Brüder Karamasow“ veranschaulicht das Verlangen nach Aufmerksamkeit.
Welche Erklärungsansätze für die Entstehung der HPS werden vorgestellt?
Das Referat präsentiert tiefenpsychologische, kognitive und rollentheoretische Erklärungsansätze für die Entstehung der HPS.
Welche Schlüsselwörter sind relevant für das Referat?
Schlüsselwörter sind: Histrionische Persönlichkeitsstörung, HPS, Persönlichkeit, Kommunikationsstil, Erklärungsansätze, Symptome, DSM-IV, ICD-10, Kommunikationspsychologie, Psychoanalyse, Kognitive Psychologie, Rollentheorie, Psychosoziale Folgen.
Wie werden die DSM-IV und ICD-10 Kriterien in das Referat eingebunden?
Das Referat bezieht sich auf die Kriterien der Histrionischen Persönlichkeitsstörung nach DSM-IV und ICD-10, um die diagnostischen Aspekte der Störung zu verdeutlichen.
Welche psychosozialen Folgen der HPS werden thematisiert?
Das Referat thematisiert die psychosozialen Folgen der HPS, jedoch werden die konkreten Folgen im gegebenen Auszug nicht detailliert beschrieben.
- Arbeit zitieren
- Christoph Obermeier (Autor:in), 2002, Die histrionische Persönlichkeitsstörung, München, GRIN Verlag, https://www.grin.com/document/23158