Analyse von Sylvia Plaths Todeslyrik am Beispiel des Gedichts 'Lady Lazarus'


Rezension / Literaturbericht, 2011

12 Seiten, Note: 1,3


Leseprobe


Inhaltsverzeichnis

1. Einleitung
2.1 Das lyrische ‚I‘ in ‚Lady Lazarus‘
2.2 Abgrenzung zu der „Confessional Poetry“ am Beispiel der Holocaust-Motive

3. Die Lyrik als Medium

4. Schluss

Literaturverzeichnis

1. Einleitung

Am 11. Februar 1963, gegen sechs Uhr morgens, öffnete Sylvia Plath das Fenster im Schlafzimmer ihrer Kinder, bevor sie hinunter in die Küche ihrer Wohnung lief, deren Tür und die Fenster verschloss und mit Handtüchern abdichtete, um anschließend Suizid durch Vergasung zu begehen. Auf ihrem Arbeitstisch befanden sich einundvierzig sorgfältig in einer schwarzen Mappe abgeheftete Gedichte, die Plath in den letzten drei Monaten ihres Lebens geschrieben hatte, und welche unter dem Namen ‚Ariel‘ als Gedichtband posthum veröffentlicht wurden. Eines dieser Gedichte war ‚Lady Lazarus‘. Der Freitod Plaths löste, nicht zuletzt dadurch, dass Plath neben Anne Sexton und anderen erfolgreichen Kolleginnen zu Lebzeiten Mitglied und Teil einer Bewegung wurde, begründet durch Robert Lowells ‚Life Studies‘ und später bekannt als ‘confessional mode of poetry‘, eine schier endlose Kontroverse aus. Einer der wohl geachtetsten Lyrikkritiker des 20. Jahrhunderts, M. L. Rosenthal, dessen damalige Abhandlung über die „neue Lyrik“ zu der am meisten beachteten wurde, definierte die ‘Confessional Poetry’ als die Dichtung, in der das private Leben des Dichters selbst zum Thema wird, und zwar gerade dann, wenn er sich der Hürde einer psychischen Krise ausgesetzt sieht. Plath erreichte in den letzten Monaten ihres Lebens den Höhepunkt ihres literarischen Könnens. In dem Vorwort für ‚The Journals of Sylvia Plath‘, einem Auszug von Tagebucheinträgen der Jahre 1950 bis 1962, schrieb Hughes über Plaths “real self”, das letztendlich unter ihren “false selves“ zum Vorschein getreten war und einen triumphierenden Ausdruck in den Gedichten der ‚Ariel‘, die Gedichte, die sie in dem letzten halben Jahr ihres Lebens geschrieben hatte und welche den einzigen Grund für ihre Anerkennung als Lyrikerin darstellten, fand.

Der Schriftsteller und Literaturkritiker A. Alvarez, der erste in England, der Plaths Talent entdeckte und mit zahlreichen Publikationen ihrer Gedichte in der Zeitung Observer – dessen Herausgeber er in den Sechzigern im Resort Literatur war – förderte, sah in ihrem Selbstmord den letzten verzweifelten Versuch den Tod, den sie in ihren Gedichten so drastisch konzentriert hatte, endgültig auszutreiben. Auch Edward Butscher, Verfasser einer kritischen Plath Biografie psychoanalytischen Ansatzes, gründete den Mythos von Plath als suizidalen Frau, deren Lyrik in der ‚Ariel‘ zu einer Wunde ausartete, die unweigerlich in den Tod führen musste. Dies sind zwei von Dutzend Ansätzen den Tod in den Gedichten Plaths mit ihrem eigenen Tod und ihrer Rolle als Bekenntnislyrikerin in Verbindung zu bringen.

Sylvia Plath hielt ihr gesamtes Leben in Tagebüchern fest. 1982 veröffentlichte Hughes einzelne ausgewählte Einträge unter dem Titel ‚The Journals of Sylvia Plath‘. Im Vorwort äußert sich Hughes wie folgt zu der vorliegenden Auswahl:

[…]the selection just published here contains about a third of the whole bulk. Two other note-books survived for a while after her death. They continued from where the surviving record breaks off in late 1959 and covered the last three years of her life. The second of these two books her husband destroyed, because he did not want her children to have to read it […] The earlier one disappeared more recently (and may, presumably, still turn up).

Die Tagebucheinträge, die Plaths letzte Monate abdeckten, die Einträge, die sie schrieb, während sie die Gedichte der ‚Ariel‘ verfasste, wurden zerstört. Und auch das Exemplar mit den vorangegangenen Einträgen, welches laut Hughes „verschwand“, ist bis heute, wie sich leicht vermuten lässt, nicht wieder aufgetaucht. Die Veröffentlichung der Tagebücher sollte in erster Linie die Beziehung zwischen den Gedichten der ‚Ariel‘ und Plaths Leben rekonstruieren. Durch Hughes verlor das Vorhaben jedoch an Perspektive. Plaths Todesumstände werden nie vollkommen aufgeklärt werden können. Auch die Widersprüchlichkeiten, den Suizidakt selbst und die Erfolgsaussichten, die sich Plath ausgerechnet hatte, sind umstritten. Das Rekonstruieren eines Zusammenhangs von den stark mit dem Motiv des Todes durchzogenen ‚Ariel‘-Gedichten und Plaths Selbstmord stellt für Anhänger der Bekenntnislyrik eine unüberwindbare Hürde dar, geht es um den Versuch zu beweisen, dass der Tod in der Lyrik zu Plaths eigenem Tod führte.

Doch ist der Ansatz, der stets gewählt wurde, der richtige? Führte der Tod in der Lyrik die Lyrikerin zu ihrem eigenen Tod oder sah Plath sich nicht viel mehr dazu gezwungen, den Suizidakt mit der Absicht zu sterben zu vollziehen oder ohne sie, um ihrer Todeslyrik die notwendige Authentizität zu verleihen?

Plath kultivierte in ihren Werken die Todesobsession, die in frühester Kindheit mit dem Tod des Vaters ihren Anfang fand, die bereits mit zwanzig Jahren zu dem ersten Suizidversuch führte und schließlich in einem erfolgreichen Suizid – intendiert oder nicht – mündete, als der Verlust des Vaters mit dem Verlust des Ehemannes, der stets als Vaterfigur fungierte, wieder Einfluss auf ihr Leben nahm. Auch die oft gestellte und diskutierte Frage, ob Plath wirklich sterben wollte, ist in Bezug auf ihre Lyrik irrelevant. In erster Linie war Sylvia Plath ein literarisches Genie, das bereits im Alter von acht Jahren das erste Gedicht veröffentlichte und dessen Leben seitdem vom Schreiben beherrscht war. So ist es nicht von der Hand zu weisen, dass die Glaubwürdigkeit ihres literarischen Schaffens absolute Priorität für sie besaß. Sollte sie sich tatsächlich dafür entschieden haben zu sterben, so war dies für Plath, unabhängig von ihrer literarischen Kunst, die letzte wirklich persönliche Entscheidung.

[...]

Ende der Leseprobe aus 12 Seiten

Details

Titel
Analyse von Sylvia Plaths Todeslyrik am Beispiel des Gedichts 'Lady Lazarus'
Hochschule
Johannes Gutenberg-Universität Mainz  (Komparatistik)
Note
1,3
Autor
Jahr
2011
Seiten
12
Katalognummer
V231796
ISBN (eBook)
9783656485490
ISBN (Buch)
9783656764601
Dateigröße
489 KB
Sprache
Deutsch
Schlagworte
analyse, sylvia, plaths, todeslyrik, beispiel, gedichts, lady, lazarus
Arbeit zitieren
Olga Suchow (Autor:in), 2011, Analyse von Sylvia Plaths Todeslyrik am Beispiel des Gedichts 'Lady Lazarus', München, GRIN Verlag, https://www.grin.com/document/231796

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