Ansatzpunkt der Beschäftigung mit Aby Warburg im Rahmen des Seminars „Geschichtsschreibung im 19. Jahrhundert“ waren Verbindungen und Parallelen zwischen Warburg und Jacob Burckhardt.
Warburg äußert sich in seinen Schriften nur ein einziges Mal explizit zu seinem Verhältnis zu Jakob Burckhardt, nämlich im Vorwort zur Studie Bildniskunst und florentinisches Bürgertum:
„Als vorbildlicher Pfadfinder hat Jakob Burckhardt der Wissenschaft das Gebiet der italienischen Kultur der Renaissance erschlossen und genial beherrscht; aber es lag ihm fern, das neuentdeckte Land selbstherrlich auszunutzen; im Gegenteil erfüllte ihn wissenschaftliche Selbstverleugnung so sehr, dass er das kulturgeschichtliche Problem, anstatt es in seiner ganzen künstlerisch lockenden Einheitlichkeit anzupacken, in mehrere äusserlich unzusammenhängende Teile zerlegte, um jeden für sich mit souveräner Gelassenheit zu erforschen und darzustellen.“ 1
Daß in der Kultur der Renaissance die Kunst keine direkte Behandlung erfuhr, führt Warburg hier vor allem auf ökonomisch-pragmatische Gründe zurück, auch wenn es in seinen Augen einen Mangel darstellt, den er in den eigenen Arbeiten - auch wenn er dies sehr vorsichtig formuliert - auszugleichen gedenkt: „Dass wir uns der überlegenen Persönlichkeit Jakob Burckhardts bewusst sind, darf uns nicht hindern, auf der von ihm gewiesenen Bahn weiterzuschreiten.“ 2 Im folgenden bezeichnet Warburg seinen Aufsatz zur florentinischen Bildniskunst auch ausdrücklich als „Ergänzung“ zu einem posthum veröffentlichten Aufsatz Burckhardts über das Porträt (aus den Beiträgen zur Kunstgeschichte von Italien, 1898); ein Um-stand, der zeigt, in welch hohem Maße er sich Burckhardts Arbeiten verpflichtet sah. Vor allem aber war das, was Burckhardt für eine kunstgeschichtliche Kulturgeschichte geleistet hatte, für Warburg, wie die oben zitierten Äußerungen belegen, ein Punkt, an den er in seinen eigenen Arbeiten anknüpfen konnte, über den er aber auch hinausgehen wollte.
Inhaltsverzeichnis
- Aby M. Warburg: Heranführung an einen ungewöhnlichen Kulturwissenschaftler.
- Warburg und Burckhardt: die Peripherie als geistiges Zentrum
- Aby Warburg - Person und Werk.
- Von der Privatbank über die Privatklinik zur Privatbibliothek: Stationen einer Kunsthistoriker-Laufbahn.......
- Biographie und Bibliophilie..
- ‘Zauberhauch der Bücherreihen’: Die Kulturwissenschaftliche Bibliothek Warburg (K.B.W.)
- Wider „grenzpolzeiliche Befangenheit“: Warburgs Theorie und Methode.
- Pathosformeln.......
- Reise zu den Archetypen
- Mnemosyne und soziales Gedächtnis..
- 'Denkraum der Besonnenheit'.
- Abschließender Exkurs: Warburgs Seminar über Jacob Burckhardt im Jahre 1927......
Zielsetzung und Themenschwerpunkte
Die Hausarbeit befasst sich mit Aby Warburg und seinem Beitrag zur Kulturwissenschaft. Im Fokus stehen die Verbindungen und Parallelen zwischen Warburg und Jacob Burckhardt, sowie Warburgs innovative Theorie und Methode.
- Warburgs Verhältnis zu Burckhardt und die Fortführung von dessen Ansätzen
- Warburgs Kulturwissenschaftliche Bibliothek Warburg (K.B.W.) als Schlüsselprojekt
- Warburgs Theorie der Pathosformeln und die Reise zu den Archetypen
- Die Bedeutung von Mnemosyne und sozialem Gedächtnis für Warburgs Werk
- Warburgs kritische Auseinandersetzung mit der Abgrenzung zwischen Mittelalter und Renaissance
Zusammenfassung der Kapitel
- Kapitel 1: Aby M. Warburg: Heranführung an einen ungewöhnlichen Kulturwissenschaftler. Warburg und Burckhardt: die Peripherie als geistiges Zentrum
Dieses Kapitel untersucht die Verbindungen zwischen Aby Warburg und Jacob Burckhardt, zwei bedeutenden Kulturwissenschaftlern des 19. Jahrhunderts. Es wird Warburgs Kritik an Burckhardts fokussierter Betrachtungsweise der Renaissance beleuchtet und seine eigene ambitionierte Zielsetzung, die gesamte Einheitlichkeit der Kulturgeschichte zu erfassen, vorgestellt.
- Kapitel 2: Von der Privatbank über die Privatklinik zur Privatbibliothek: Stationen einer Kunsthistoriker-Laufbahn
Dieses Kapitel zeichnet die Biografie Warburgs nach und beleuchtet seinen Werdegang vom Bankier zum Kunsthistoriker, der seine Passion für Kunstgeschichte in der Gründung seiner eigenen Bibliothek verwirklichte.
- Kapitel 3: ‘Zauberhauch der Bücherreihen’: Die Kulturwissenschaftliche Bibliothek Warburg (K.B.W.)
Dieses Kapitel widmet sich Warburgs Bibliothek, dem Kern seiner kulturwissenschaftlichen Arbeit. Es wird die Konzeption und die Bedeutung der Bibliothek als lebendiges Forschungszentrum vorgestellt.
- Kapitel 4: Wider „grenzpolzeiliche Befangenheit“: Warburgs Theorie und Methode
Dieses Kapitel erörtert Warburgs Theorie der Pathosformeln und ihre Rolle in der Kulturwissenschaft. Es beleuchtet die Bedeutung von Archetypen und Mnemosyne für Warburgs Konzept des sozialen Gedächtnisses sowie seine methodische Kritik an der strikten Trennung zwischen Mittelalter und Renaissance.
Schlüsselwörter
Aby Warburg, Jacob Burckhardt, Kulturwissenschaft, Renaissance, Pathosformeln, Mnemosyne, soziales Gedächtnis, Bibliothek Warburg, Bildniskunst, Florentinisches Bürgertum.
- Arbeit zitieren
- Jutta Faehndrich (Autor:in), 1999, Aby Warburg - Kunstgeschichte als Kulturwissenschaft, München, GRIN Verlag, https://www.grin.com/document/23210