Konzeption eines Rahmenmodells zur Einführung von Wissensmanagement-Technologien mit Fokus auf die Benutzerakzeptanz


Diplomarbeit, 2006

138 Seiten, Note: 2,00


Leseprobe

INHALTSVERZEICHNIS

Einleitung

Problemstellung

Vorgehensweise

1 Der Wissensbegriff
1.1 Daten - Information - Wissen
1.2 „Stilles“, Implizites und Explizites Wissen
1.3 Individuelles und kollektives Wissen

2 Wissensmanagement
2.1 „The New Knowledge Management” (TNKM)
2.2 The Knowledge Life Cycle (KLC)
2.2.1 Technologische Anforderungen des KLC
2.3 Organisationales Lernen
2.3.1 Komplexe adaptive Systeme (CAS)
2.4 Technologische und soziale Dimension des WM

3 Wissensmanagement-Technologien
3.1 Abgrenzung und Definition
3.2 Spezifikation von WM-Technologien
3.3 Design-Prinzipien zur Implementierung und Integration
3.4 Grenzen der Technologien

4 Einführung von WM-Technologien
4.1 Modelle zur Einführung & Erfolgsmessung von WMS
4.1.1 Technology Acceptance Model
4.1.2 DeLone und McLeans IS Success Model
4.2 Individuelle Differenzen
4.2.1 Geschlecht
4.2.2 Alter
4.2.3 Intellektuelle Leistungsfähigkeit
4.2.4 Erfahrung
4.2.5 Kultureller Hintergrund
4.2.6 Zusammenfassende Analyse
4.3 Einführung von WMS als Change-Prozess
4.3.1 Dynamik von Veränderungen
4.3.2 Akzeptanz durch Partizipation

5 Reflexion des Status Quo

6 Rahmenmodell zur Einführung von WMS

7 Schlussbemerkung

8 Bibliographie

ABBILDUNGSVERZEICHNIS

Abbildung 1: Die drei Wissenstypen [ElFi04, 11]

Abbildung 2: Die Wissenstreppe [Nort02, 39]

Abbildung 3: Übertragungsprozess beim Wissenstransfer [ScHa03, 4 zit. Maie02]

Abbildung 4: Daten-Informations-Wissens-Zyklus [ElFi03, 19]

Abbildung 5: Wissensspirale nach Nonaka und Takeuchi [NoTa97, 84]

Abbildung 6: 3-Säulen-Modell des Wissensmanagements [WoDA99, 752]

Abbildung 7: Bausteine des Wissensmanagements [PrRR99, 56]

Abbildung 8: Knowledge Management Cube [WoDA99, 757]

Abbildung 9: Erste und Zweite Generation des WM [Elro02, 10]

Abbildung 10: Knowledge Processing & Management [Elro02, 7]

Abbildung 11: The Knowledge Life Cycle [ElFi03, 52, Elro00, 47]

Abbildung 12: Nested Knowledge Domains [Elro02, 11]

Abbildung 13: Complex Adaptive System (CAS) Model [Elro02, 20]

Abbildung 14: IT-Unterstützung im Wissensmanagement [WoDA99, 751]

Abbildung 15: Positionierung der Wissensmanagementsysteme

Abbildung 16: Technologie vs. Komplexität [Alle03, 85]

Abbildung 17: Theory of Reasoned Action [DaBW89, 984]

Abbildung 18: Technology Acceptance Model [DaBW89, 985]

Abbildung 19: Psychological Attachment Model [MaGa99, 4]

Abbildung 20: PAM - Commitment to Use [MaGa05, 138]

Abbildung 21: TAM2 - Erweiterung des TAM [VaDa00, 188]

Abbildung 22: DeLone & McLean IS Success Model [DeMc92, 87]

Abbildung 23: Updated D&M IS Success Model [DeMc03, 24]

Abbildung 24: KMS Success Model [JeOl03, 2523]

Abbildung 25: Kräftefeld [RoCo03, 148]

Abbildung 26: Spektrum akzeptanzfördernder Anreize [RoCo03, 199]

Abbildung 27: Stufen der Umsetzung einer Veränderung [RoCo03, 207]

Abbildung 28: „Basisgerüst“ des Rahmenmodells

Abbildung 29: Rahmenmodell zur Einführung von WMS

TABELLENVERZEICHNIS

Tabelle 1: Zwei Arten von Wissen [NoTa97, 73]

Tabelle 2: Typologie des Wissens [ElFi03, 27 f.]

Tabelle 3: "Containers" of Knowledge [Elro02, 12]

Tabelle 4: Klassifikation von WM-Interventionen [ElFi03, 82]

Tabelle 5: Individuelle soziale Determinanten [SuZh05, 72]

Anmerkung:

Aus Gründen der einfacheren Lesbarkeit habe ich auf eine geschlechtsneutrale Differenzierung, z.B. BenutzerInnen, verzichtet. Entsprechende Begriffe gelten im Sinne der Gleichbehandlung grundsätzlich für beide Geschlechter. Ich bitte die Leser, im speziellen die Leserinnen, um Verständnis.

EINLEITUNG

Gemäß einer weltweiten Studie des Cambridge Information Network bestätigen 85 % der CIOs (Chief Information Officers), dass Wissensmanagement (WM) einen Wettbewerbsvorteil bringt, jedoch lediglich acht Prozent der Firmen aktiv an einer Umsetzung arbeiten und nur für sieben Prozent der CEOs (Chief Executiv Officers) hat das Thema Priorität [ZuSc03, 7].

Wissensmanagement ist ein Thema, welchem in der wissenschaftlichen Literatur große Aufmerksamkeit geschenkt wird und die Zahl der veröffentlichten Publikationen ist kaum zu überblicken. Dies ist nicht zuletzt darauf zurückzuführen, dass das Forschungsfeld u. a. Arbeiten aus den verschiedensten Bereichen, wie z.B. Personalwirtschaftslehre, Organisation, Wirtschaftsinformatik, Informatik, Soziologie und auch Psychologie umfasst [ScHa03, 1].

Wissen ist ungreifbar, (noch) nicht bilanzierbar und auch kaum messbar. Da jedoch in der Managementpraxis nur das gemanagt wird, was auch tatsächlich gemessen wird, ist dies möglicherweise Grund dafür, dass lediglich acht Prozent der Firmen aktiv an einer Umsetzung arbeiten und Wissensmanagement scheinbar eher als neue „Mode“ anzusehen ist. Wissen ist kontextuell und wird in der Praxis gerne mit Information verwechselt, wodurch folglich häufig teure IT-Systeme unter der Flagge des Wissensmanagement installiert werden - leider ohne Erfolg. IT ermöglicht zwar die notwendige Geschwindigkeit, um Informationen zu verteilen und Menschen zu vernetzen, das „stille Wissen“ hinter den offenen Informationen bleibt jedoch oft völlig ungenutzt [ZuSc03, 7f.]. Um allerdings auch dieses „implizite“ Wissen, nutzbar zu machen bedarf es gezielter Wissensmanagementaktivitäten und diese Aktivitäten werden durch den Einsatz von Technologien, also Wissensmanagement-Technologien unterstützt. Diese Wissensmanagement-Technologien müssen allerdings, bevor sie eingesetzt werden können, zuerst in einem Unternehmen implementiert werden.

In der vorliegenden Arbeit wird ein theoretischen Rahmenmodells zur Einführung solcher Wissensmanagement-Technologien (KMS) in Unternehmen, mit Fokus auf die Benutzerakzeptanz entwickelt. Dabei werden bereits bestehende Modelle aus der Literatur herangezogen, welche die Basis dieses Modells darstellen und diese sind großteils von zwei traditionellen Modellen, dem „Technology Acceptance Model“ (TAM) von Fred Davis und dem „DeLone and McLean IS Success Model“ (D&M IS SM) von William DeLone und Ephraim McLean, abgeleitet.

Da in diesen Modellen teilweise die soziokulturellen Aspekte vernachlässigt werden, werden in meinem Rahmenmodell sowohl sozial beeinflussende Faktoren, kognitive Instrumente als auch individuelle Differenzen, wie z.B. demographische und situationsbezogene Faktoren, Berücksichtigung finden.

Wer innerhalb einer Organisation eine Veränderung durchführt, z.B. eine neue Wissensmanagement-Technologie einführt, greift damit in bestehende soziale Systeme ein und es werden Menschen berührt [RoCo03, 134]. Um darzustellen, dass mit der Einführung von Wissensmanagement-Technologien meist große organisationale Veränderungen einhergehen, wird das entwickelte Modell schließlich in ein „Change Environment“ eingebettet.

PROBLEMSTELLUNG

In der Forschung wird häufig argumentiert, dass Informationstechnologien sehr positiven Einfluss auf die Anwendung bzw. Verwendung von Wissen haben können. Forschungsergebnisse bzgl. Wissensmanagementsysteme (KMS) zeigen allerdings, dass derartige Systeme oft scheitern, wenn sie in Unternehmen implementiert werden [StLi04, 1]. Wissensmanagementsysteme zielen in erster Linie darauf ab Wissensarbeiter zu unterstützen. Es wird jedoch behauptet, dass diese Systeme in der Praxis leider nicht so effektiv wie möglich genutzt werden [ScBT03, 1].

Im Zuge der anhaltenden Betriebsmittelinvestitionen, wird dem Verstehen und Schaffen bestimmter Bedingung, unter welchen Informationstechnologien in menschlichen Organisationen akzeptiert und verwendet werden, hohe Priorität zugesprochen. Es ist erwiesen, dass das Verstehen, warum Individuen Systeme akzeptieren oder ablehnen, eine der größten Herausforderungen in der wissenschaftlichen Forschung ist [MoTu04, 1].

Money und Turner schlagen vor, dass die bisherige TAM- (Technology Acceptance Model) basierte Forschung als Basis für zukünftige Untersuchungen im Bereich der Benutzerakzeptanz in Bezug auf die Einführung neuer Technologien dienen kann. Allerdings scheint auch klar zu sein, dass noch andere Faktoren eine Rolle spielen, beispielsweise jene, welche mit den komplexen, soziokulturellen, organisationalen Verflechtungen verknüpft sind. Diese Faktoren müssen erforscht und nach Money und Turner eventuell in einem komplexeren theoretischen Modell einbezogen werden. Es ist möglicherweise auch notwendig, das gegenwärtige TAM Konstrukt durch andere theoriebasierte individuelle Überzeugungen bzw. Vorstellungen zu ergänzen [MoTu04, 8].

Daraus leitet sich die zentrale Fragestellung meiner Diplomarbeit ab die lautet: Welche Elemente und Konstrukte muss ein umfassendes, wissenschaftlich fundiertes Rahmenmodell für die Einführung von Wissensmanagement-Technologien beinhalten, das den Erfolg bei der Einführung eines solchen Systems auch in Bezug auf die Benutzerakzeptanz erklärt und zudem darlegt, wie diese einzelnen Elemente und Konstrukte zusammenwirken?

Das Ziel dieser Diplomarbeit ist die Erarbeitung eines solchen theoretischen Rahmenmodells zur Einführung von Wissensmanagement-Technologien (KMS) in Unternehmen, mit Fokus auf die Benutzerakzeptanz und die individuellen Determinanten des einzelnen Benutzers. Als Grundlage für dieses Rahmenmodell dienen bereits bestehende Modelle und Theorien aus der wissenschaftlichen Literatur, sowie Erkenntnisse zahlreicher empirischer Studien aus diesem Wissenschaftsbereich. Das Vorgehen bei der Erarbeitung des Ergebnisses wird im Folgenden erläutert.

VORGEHEN

Die Antwort auf die vorliegende Fragestellung, soll im Rahmen dieser Diplomarbeit schrittweise erarbeitet werden. Um schlussendlich ein entsprechendes Ergebnis bieten zu können ist es notwendig sich der Tragweite des Themenbereichs klar zu sein. Geht es um die Einführung von Wissensmanagement-Technologien in einem Unternehmen, so übernimmt primär der Kernbereich des Wissensmanagements die tragende Rolle. In weiterer Folge ist die Bedeutung der Technologien im Wissensmanagement zu erfassen sowie die Anforderungen, welche dieser Wissenschaftsbereich an sie stellt abzugrenzen. Werden diese Wissensmanagement-Technologien eingeführt, so geht damit meist ein entscheidender Veränderungsprozess im Unternehmen einher, weshalb sich die Thematik an dieser Stelle mit dem Bereich des Change Managements überschneidet. Um ein besseres Verständnis dafür zu bekommen warum neue Technologien von Benutzern angenommen bzw. abgelehnt werden, liegt der Fokus dieser Arbeit auf der Benutzerakzeptanz. Dabei spielen nicht zuletzt auch individuelle Determinanten jedes einzelnen Benutzers eine entscheidende Rolle und deshalb müssen auch diese bereits bei der Einführung von Technologien im Unternehmen Beachtung finden [vgl. MoTu04, 8].

Dieser kurze Überblick gibt bereits annähernd Aufschluss über die detaillierte Vorgehensweise zur Erarbeitung meiner Zielsetzung. Beginnen werde ich meine Arbeit mit der Aufarbeitung der relevanten Grundlagen aus dem Wissensmanagement, um die Basis für die weiterführende Thematik in Bezug auf die Wissensmanagement-Technologien und deren Einführung in Organisationen zu schaffen. Für jeden Arbeitsschritt meines Vorgehens ist ein eigenes Kapitel vorgesehen.

Im ersten Schritt, Kapitel 1, erfolgt die Definition und die Differenzierung des Wissensbegriffes an sich. Es wird beschrieben aus welchen Elementen Wissen besteht und wie, nach Auffassung verschiedener Autoren, neues Wissen generiert wird. Wissen ruht in den Köpfen der Menschen und unterliegt damit menschlicher Komplexität [DaPr98, 32 f.]. In der Literatur werden daher mehrere Wissensarten bzw. Wissenstypen unterschieden. Diese Differenzierung ist für das Wissensmanagement allgemein und speziell in Bezug auf die im Wissensmanagement verwendeten Technologien von entscheidender Bedeutung, vor allem wenn es darum geht Wissen technologisch zu erfassen, abzubilden, zu speichern und in weiterer Folge wieder für andere zugänglich zu machen. Die Differenzierung der Wissenstypen zeigt, dass das Erfassen, Abbilden, Speichern, etc. allerdings nicht ausnahmslos ohne weiters möglich ist, da es persönliches, kontextspezifisches Wissen in den Köpfen der Mitarbeiter gibt, welches kaum bzw. nur sehr schwer kommunizierbar ist [NoTa97, 72]. Um allerdings auch dieses „verborgene“ Wissen, in der Literatur als „implizites“ Wissen bezeichnet, nutzbar zu machen bedarf es gezielter Wissensmanagementaktivitäten.

Das bringt mich zum zweiten Schritt meiner Vorgehensweise, der ganzheitlichen Betrachtung des Wissensmanagements. Das Wissensmanagement hat die Aufgabe die „Ressource Wissen“ systematisch zu managen um es folglich sinnvoll im Unternehmen nutzen zu können [Mühl05, 20]. Dabei geht es in erster Linie um die Planung, Steuerung und Kontrolle jener Aktivitäten, welche für diese unternehmensweite Wissensnutzung relevant sind [PrRR99, 6 f.]. Es werden konkrete Modelle vorgestellt, welche die verschiedenen Dimensionen und Aktivitäten des Wissensmanagements darstellen. Interessant dabei ist, welche Position hier den Technologien zugewiesen wird. Wichtig in Kapitel 2 ist vor allem die Betrachtung der ersten und zweiten Generation des Wissensmanagements, denn während es bei der ersten Generation primär um die Verwaltung und Verteilung von Wissen geht, wird in der zweiten Generation („The New Knowledge Management“) das Augenmerk auch auf die Erzeugung von neuem Wissen gerichtet. Dadurch ergibt sich eine völlig neue Perspektive in Bezug auf das Wissensmanagement, da nach Ansicht mancher Autoren in diesem Fall die Wissensverwendung und die Wissensentwicklung klar vom Wissensmanagement abzugrenzen ist [ElFi03, 60]. Folglich ist der „Knowledge Life Cycle“ (KLC) von Interesse, da dieser die Entwicklung und die Verwendung von Wissen als zwei zentrale Prozesse integriert. Es gilt diesbezüglich zu erarbeiten, welche technologischen Anforderungen der KLC stellt und inwiefern der Einsatz von Wissensmanagement-Technologien diese beiden Kernprozesse unterstützt. Letztlich soll in Kapitel 2 noch geklärt werden, inwieweit die soziale Dimension des Wissensmanagements mit der technologischen Dimension des Wissensmanagements verknüpft ist, denn die sozialen Aktivitäten und die dabei häufig eingesetzte technologische Unterstützung lassen auf eine enge Verknüpfung dieser beiden Dimensionen schließen.

Nach Aufarbeitung der Grundlagen des Wissensmanagements und einer kurzen Beleuchtung der Bedeutung von Technologien allgemein in dieser Wissenschafts- bzw. Managementdisziplin, werde ich mich im nächsten und dritten Schritt den Wissensmanagement-Technologien im Detail zuwenden. Zuerst erfolgt ein Versuch die Wissensmanagement-Technologien von den allgemeinen Informationstechnologien abzugrenzen und Kriterien herauszuarbeiten, welche ein Wissensmanagementsystem als solches kennzeichnen. Ein WMS hat die Aufgabe die Aktivitäten des Wissensmanagements zu unterstützen [MaHä01, 498]. Dabei ist von Interesse, ob dafür eine bestimmte Architektur bzw. spezielle Funktionalitäten gegeben sein müssen und inwiefern hier auch dem Aspekt der Benutzerfreundlichkeit Beachtung geschenkt werden soll. In der Literatur wird immer wieder auf die bedeutende Rolle der Technologien im Wissensmanagement hingewiesen, wobei allerdings manche Autoren auch die technologischen Grenzen aufzeigen und betonen dass die Präsenz von Technologien alleine noch keine lernende Organisation ausmacht [DaPr98, 272].

In der Erarbeitung meiner Zielsetzung spielt der Mensch vom ersten Schritt an als Mitglied einer Organisation, eine zentrale Rolle. Fassen wir kurz zusammen: Wissen ist menschliches Gedankengut welches idealerweise durch erfolgreiches Wissensmanagement innerhalb einer Organisation sinnvoll genutzt wird. Diese Nutzung wird durch den Einsatz von Technologien, also Wissensmanagement-Technologien unterstützt, wobei es unumgänglich ist dieses Wissen, also individuelles Wissen, vorher zu externalisieren, technologisch zu erfassen und so aufzubereiten, dass es der gesamten Organisation zur Verfügung steht. Diese Wissensmanagement-Technologien müssen allerdings, bevor sie eingesetzt werden können, zuerst in einem Unternehmen eingeführt, also implementiert werden.

In Kapitel 4 geht es schließlich um die Einführung solcher Wissensmanagement-Technologien in einem Unternehmen, wobei in diesem vierten Schritt der Fokus auf der Benutzerakzeptanz liegt. Wissensmanagementsysteme können nur dann ihren Zweck erfüllen und ihre unterstützende Wirkung zeigen, wenn sie von den Benutzern, also von den Mitarbeitern der Organisation angenommen und akzeptiert werden. Daher ist das Vorhersagen von individuellem Verhalten, d. h. das Schätzen der Nutzungsintention nicht nur im Bereich der Sozialpsychologie sondern auch in technologischen Bereichen von großem Interesse [vgl. DaWa85, 599]. So gibt es in der Literatur zahlreiche theoretische Modelle die sich mit der Vorhersage der Systemnutzung und den damit verbundenen Determinanten befassen. Diese Modelle werden in Kapitel 4 zuerst erklärt und analysiert um schließlich festzustellen, ob und inwiefern diese konkret im Bereich der Wissensmanagement-Technologien herangezogen werden können. Als nächstes begebe ich mich auf die literarische Suche nach weiteren individuellen Determinanten, welche in Bezug auf die Akzeptanz neuer Technologien eine Rolle spielen, jedoch in den jeweiligen Modellen noch keine Berücksichtigung gefunden haben. Da es bei der Einführung von neuen Wissensmanagementsystemen nicht nur darum geht den Mitarbeitern ein Computersystem als Ergänzung für die Durchführung ihrer Aufgaben zur Seite zu stellen, sondern diese Implementierung prinzipiell mit einer großen organisationalen Veränderung einher geht, wird in diesem Kapitel letztlich auch beleuchtet, welchen Beitrag das Change Management in Bezug auf die Benutzerakzeptanz liefern kann.

Das Ergebnis dieser vier Arbeitsschritte liefert die Basis zur Beantwortung meiner zentralen Fragestellung der vorliegenden Diplomarbeit. Eine kurze Reflexion dieser geschaffenen Grundlage liefert letztlich den Grundstein für den Versuch, ein umfassendes, wissenschaftlich fundiertes theoretisches Rahmenmodell zur Einführung von Wissensmanagement-Technologien (KMS) in Unternehmen, mit Fokus auf die Benutzerakzeptanz, zu erstellen.

1 Der Wissensbegriff

Die ersten beiden Kapitel sollen dazu dienen die relevanten Grundlagen aus dem Wissensmanagement aufzuarbeiten, um die Basis für weiterführende Kapitel zu schaffen. Daher wird dieses erste Kapitel dem Wissensbegriff an sich gewidmet. Es erfolgt ein Definitionsversuch des Wissensbegriffs, sowie eine Differenzierung der unterschiedlichen Elemente aus welchen Wissen besteht bzw. Wissen generiert wird. Zuerst betrachten wir die Differenzierung der drei Wissenstypen nach McElroy und Firestone, welche zwischen physischem, mentalem und kulturellem Wissen unterscheiden. Weiters wird in der Literatur häufig auf die Differenzierung zwischen Daten, Information und Wissen hingewiesen, den drei Elementen, welche nach Ansicht mancher Autoren die Basis der Wissensgenerierung darstellen. Ebenso von zentraler Bedeutung ist die Unterscheidung zwischen „tacit“, also „stillem“ Wissen, sowie implizitem und explizitem Wissen. Diese verschiedenen Differenzierungsansätze sind für das Wissensmanagement allgemein und speziell in Bezug auf die im Wissensmanagement eingesetzten Technologien von entscheidender Bedeutung, vor allem wenn es darum geht Wissen technologisch zu erfassen, abzubilden, zu speichern und folglich anderen Mitarbeitern innerhalb einer Organisation zugänglich zu machen. Letztlich fassen wir noch eine Unterscheidung ins Auge, die Differenzierung zwischen individuellem und kollektivem Wissen. Diese Unterscheidung ist dann von Bedeutung, wenn es um das Lernen einer Organisation, oder wie in der Literatur häufig als „organisationales Lernen“ bezeichnet, geht.

Die Abgrenzung des Wissensbegriffes ist nach Ansicht mancher Autoren eher schwierig, da sich zum einen das Verständnis vom Wissensbegriff in der Wissenschaft deutlich von dem unscharfen Alltagsverständnis des Begriffs unterscheidet. Zum anderen ergeben sich Schwierigkeiten da der Begriff in den verschiedenen wissenschaftlichen Disziplinen, die sich mit verschiedenen Aspekten von Wissen beschäftigen, sehr unterschiedlich definiert und differenziert wird [ScHa03, 2].

Es ist nahezu verwunderlich, dass angesichts der erheblichen Relevanz von Wissen als Unternehmensressource, in der Praxis noch keine allgemein akzeptierte Definition darüber vorzufinden ist. Ein Grund dafür mag möglicherweise sein, dass die Grundsatzüberlegung, was „Wissen“ im unternehmerspezifischen, organisatorischen Kontext bedeutet, bisher noch nicht jene Bedeutung erlangt hat, die ihr eigentlich zustehen würde [Mühl05, 9]. Andererseits sind die meisten Autoren im Bereich Wissensmanagement scheinbar der Ansicht, dass sich Diskussionen über die Definition und den Gegenstand von Wissen eher auf ein Minimum reduzieren sollten, denn entweder wird der Begriff einfach ohne weiteres verwendet, oder es wird eine bevorzugte Definition geboten, allerdings ohne nähere Begründung [ElFi03, 1].

Auch Davenport und Prusak wollen, wie sie festhalten, sich nicht anmaßen eine exakte Definition von dem zu liefern, was es bedeutet etwas zu „wissen“. Sie bieten eine Arbeitsdefinition, eine pragmatische Beschreibung von Wissen, welche im Umgang mit Unternehmenswissen als Verständnisbasis dienen soll. Diese Arbeitsdefinition lautet folgendermaßen:

„Wissen ist eine fließende Mischung aus strukturierten Erfahrungen, Wertvorstellungen, Kontextinformationen und Fachkenntnissen, die in ihrer Gesamtheit einen Strukturrahmen zur Beurteilung und Eingliederung neuer Erfahrungen und Informationen bietet. Entstehung und Anwendung von Wissen vollziehen sich in den Köpfen der Wissensträger. In Organisationen ist Wissen häufig nicht nur in Dokumenten oder Speichern enthalten, sondern erfährt auch eine allmähliche Einbettung in organisatorische Routinen, Prozesse, Praktiken und Normen [DaPr98, 32].“

Diese pragmatische Beschreibung macht zweifellos deutlich, dass Wissen keineswegs wohl geordnet oder einfach zu erfassen ist. Wissen setzt sich aus verschiedenen Elementen zusammen, ist zum Teil fließend und zum Teil auch formell strukturiert. Wissen kann intuitiv sein, ist schwer in Worte zu fassen und kaum in vollem Umfang logisch nachvollziehbar. Es ruht in den Köpfen der Menschen und unterliegt damit menschlicher Komplexität und Unvorhersagbarkeit [DaPr98, 32f.].

Auch McElroy und Firestone teilen die Ansicht, dass Wissen aus vielen verschiedenen Facetten besteht und betrachten es einerseits von einem allgemeinen Standpunkt aus und andererseits durch ein Rahmenmodell, in welchem sie drei Typen von Wissen unterscheiden. Der allgemeine Standpunkt wird wie folgt formuliert:

„Knowledge is a tested, evaluated and surviving structure of information (e.g., DNA instructions, synaptic structures, beliefs, or claims) that may help the living system that developed it to adapt [ElFi04, 10].”

Die weitere Betrachtung durch das von ihnen gewählte Rahmenmodell, für welches Karl Popper bereits 1972 den Grundstein gelegt hatte, ergibt die Differenzierung der folgenden drei Wissenstypen [ElFi03, 5f.]:

- Physisches Wissen (W1):
„[…] encoded structures in physical systems (such as genetic encoding in DNA) that allow those objects to adapt to an environment;”
- Mentales Wissen (W2):
„[…] beliefs and belief predispositions (in minds) about the world, the beautiful, and the right that we believe have survived our tests, evaluations, and experience;”
- Kulturelles Wissen (W3):
„[…] sharable linguistic formulations, knowledge claims about the world, the beautiful, and the right, that have survived testing and evaluating by the agent (individual, group, community, team, organisation, society, etc.) acquiring, formulating, and testing and evaluating the knowledge claims.”

Die folgende Abbildung bietet eine Darstellung dieser drei Wissenstypen und veranschaulicht deren abstrakte Beziehungen zueinander:

Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten

Abbildung 1: Die drei Wissenstypen [ElFi04, 11]

Geht man nach Karl Popper, so beginnt die Wissensentwicklung von Lebewesen beim physischen Wissen (W1). Sie werden geboren mit genetisch codiertem Wissen, wodurch sie die Fähigkeit besitzen mit der Außenwelt zu interagieren, sich anzupassen und zu lernen. Sie haben sozusagen ein Gehirn, aber keinen Geist. Der Geist, das mentale Wissen (W2), entsteht erst demzufolge als Kontrollmechanismus für das Gehirn. Ferner entwickeln sich Geschöpfe, die nicht nur ein Gehirn, einen Geist und ein (Un-)Bewusstsein haben, sondern auch eine Kultur und eine Sprache, welcher sie sich bedienen (W3) [ElFi03, 10]. In dieser Arbeit wird in erster Line dem mentalen und kulturellen Wissen Aufmerksamkeit geschenkt, da eben diese beiden Wissenstypen für das Wissensmanagement entscheidend sind.

Nach McElroy und Firestone umfasst das mentale Wissen (W2), in erster Line Überzeugungen („beliefs“) und Überzeugungstendenzen bzw. -veranlagungen (Prädispositionen), von einzelnen Personen, Gruppen, Teams oder Organisationen. Diese Überzeugungen werden nach subjektiven, jedoch nicht logisch nachvollziehbaren Regeln, Bewertungsprozessen unterzogen und folglich wird an ihnen festgehalten oder sie werden verworfen. Subjektive Überzeugungstenenzen sind „persönliches, psychisches Wissen“ in der Art, dass sie nur im Inneren des „wissenden Subjektes“ existieren und nicht auf Sprache reduziert werden können. Dadurch haben andere keinen direkten Zugang zu diesem Wissen und es ist nicht ihr Eigenes [ElFi03, 12 f.].

Sprechen McElroy und Firestone von kulturellem Wissen (W3), so meinen sie damit sprachliche Formulierungen und Wissensansprüche, welche Theorien, Argumente, Modelle, Beschreibungen, Probleme, Kunstwerke, öffentliche politische Erklärungen und alle diese kulturellen Objekte, welche Inhalte zum Ausdruck bringen, umfassen [ElFi03, 15]. Wissensansprüche ergeben sich aus Überzeugungen, situativen Kräften, kulturellen und sozialen Einflüssen, sowie individueller Kreativität und werden in Form von o. a. Objekten des kulturellen Wissens zum Ausdruck gebraucht. Sie sind sprachliche Ausdrücke, mit dem Zweck, damit unsere Probleme zu lösen bzw. auch neue Probleme zu schaffen [ElFi03, 9].

Diese Wissensansprüche existieren außerhalb der „wissenden Subjekte“ und sind nicht an deren Existenz gebunden und sagen nichts über die individuellen Überzeugungen von deren Autor aus. Daraus ergibt sich die Objektivität dieses kulturellen Wissens bzw. dieser Wissensansprüche. Es kann unter (handelnden) Personen ausgetauscht werden, egal ob es deren Überzeugungen entspricht, und zudem kann bewusst über dessen organisationale Gültigkeit gesprochen werden. Kulturelles Wissen ist nicht „persönlich“, da einerseits jedes Mitglied einer Organisation Zugang zu diesem Wissen haben kann und andererseits es sich häufig durch Interaktionen mehrerer Handelnder ergibt [ElFi03, 15].

Bereits diese Differenzierung der drei Wissenstypen zeigt, dass das technologische Erfassen, Abbilden und Speichern von Wissen nicht ohne weiteres und ausnahmslos möglich ist, da es persönliches und kontextspezifisches Wissen in den Köpfen der Mitarbeiter gibt, welches kaum bzw. nur sehr schwer kommunizierbar ist [NoTa97, 72]. Bei der Differenzierung der drei Wissenstypen lässt sich ableiten, dass Technologien primär bei kulturellem Wissen greifen. Auf den zweiten Blick spielen sie auch bei situativen Überzeugungen eine Rolle, wenn diese implizit oder explizit sind, da implizites Wissen zwar nur sehr schwer, aber dennoch (teilweise) kommunizierbar ist.

Während sich vielleicht manche Autoren mit dieser Differenzierung des Wissensbegriffes zufrieden geben, haben sich andere einer weiteren Unterscheidung gewidmet, die Unterscheidung zwischen Daten, Information und Wissen. Laut Probst, Raub und Romhardt sind dies genau jene Elemente, welche das Wissen eines Unternehmens eigentlich ausmachen [vgl. PrRR99, 35]. Durch die Aussage von Willke, dass ohne eine klare Unterscheidung zwischen Daten, Information und Wissen, Wissensmanagement zum Scheitern verurteilt ist, wird die Wichtigkeit die dem Verständnis dieser Elemente beigemessen werden sollte, verdeutlicht [vgl. Mühl05, 10]. Doch was sind nun die Unterschiede zwischen Daten, Information und Wissen in menschlichen Organisationen?

1.1 Daten - Information - Wissen

Wird von „Wissen“ gesprochen, so sind weder Daten noch Information gemeint und dennoch sind diese Begriffe eng miteinander verwandt und können ineinander überführt werden [DaPr98, 25].

Daten repräsentieren diskrete, objektive Fakten und sind nach Syntaxregeln aus Zeichen aufgebaut. Diese Daten werden dann zu Information, wenn sie dem Ziel der Nutzenstiftung einem konkreten Nutzungskontext zusammengestellt werden. In weiterer Folge kann handlungsorientierte Information als Wissen bezeichnet werden [ScHa03, 3]. Ein Beispiel: Daten sind Zahlen wie 110,35 und bestehen möglicherweise aus einer Reihe von Ziffern oder auch Buchstaben. Verwendet man diese Zahlen in einem bestimmten Kontext, so werden sie zu Information, etwa zum Kurs einer Aktie: OMV 110,35 Euro. Die Vernetzung dieser Information mit weiteren Informationen führt folglich zu Wissen, etwa zu Wissen über das Funktionieren von Finanzmärkten [ScHa03, 3].

Klaus North ist derselben Ansicht und behauptet Wissen ist das Ergebnis der Informationsverarbeitung durch das Bewusstsein und Information ist sozusagen der Rohstoff, aus welchem Wissen generiert wird. Dieses Wissen wird folglich wieder in Form von Information kommuniziert und gespeichert [Nort02, 38]. Durch die Wissenstreppe von North, in Abbildung 2, wird dieser Prozess bzw. der Zusammenhang zwischen den einzelnen Begriffen dargestellt:

Zeichen, Daten und Informationen bilden die ersten drei Stufen der Wissenstreppe. North geht allerdings noch weiter und behauptet, dass auch das Können, also das „Wissen WIE“, das richtige Handeln und nicht zuletzt die Kernkompetenzen einer Organisation entscheidend für deren Wettbewerbsfähigkeit sind. Aus dieser Wissenstreppe leitet er zum einen das strategische Wissensmanagement und zum anderen das operative Wissensmanagement ab [Nort02, 40 f.].

Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten

Abbildung 2: Die Wissenstreppe [Nort02, 39]

Das strategische Wissensmanagement durchläuft die Treppe von oben nach unten, um daraus abzuleiten, welche Kompetenzen, welches Wissen und Können benötigt werden, um wettbewerbsfähig zu sein. Das operative Wissensmanagement lt. North beinhaltet die Vernetzung von Informationen zu Wissen, Können und Handeln. Betrachtet man die Wissenstreppe, so ist die Bereitstellung, Speicherung und Verteilung von Informationen Vorraussetzung für den Wissensaufbau und -transfer [Nort02, 41 f.]. So gesehen spielen Technologien in Bezug auf die Wissenstreppe in erster Linie auf den unteren Stufen eine entscheidende Rolle, wo es darum geht „Wissen“ in seinen Bestandteilen so zu erfassen und zu speichern, dass auch folglich im umgekehrten Sinn strategisch darauf zugegriffen werden kann.

Einige Autoren sind der Meinung, dass es unmöglich sei „Wissen“ zu übertragen. Es werden nur Daten übertragen, welche vom empfangenden System, oder von einem Individuum interpretiert werden und auf diese Weise wieder den Charakter von Information bzw. Wissen annehmen. Wenn davon ausgegangen werden kann, dass die Interpretation im Sinne des Senders erfolgt und der Empfänger weiters diese Information zu entsprechendem Wissen vernetzt, kann von Wissenstransfer gesprochen werden [ScHa03, 3f.]. An dieser Stelle will ich jedoch kritisch anmerken, dass eine Interpretation des Empfängers im Sinne des Senders eher völlig unwahrscheinlich ist und daher meiner Ansicht nach dies keine geeignete Prämisse für den Wissenstransfer darstellt. Aus meiner Sicht ist dies allerdings keineswegs bedenklich, sondern vielmehr sehe ich darin das Potenzial für neues Wissen. Würde jeder Empfänger erhaltene Information gleich dem Sender interpretieren, würde dies die Schaffung von neuem Wissen und die Erzeugung von neuem Gedankengut schwer blockieren. Die folgende Abbildung 3 stellt diesen Übertragungsprozess nach Maier vereinfacht dar:

Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten

Abbildung 3: Übertragungsprozess beim Wissenstransfer [ScHa03, 4 zit. Maie02]

McElroy und Firestone teilen die Meinung, welche in den vorangegangenen Erläuterungen dargestellt wurde nicht. Sie vertreten eine neue Auffassung, welche in Abbildung 4 veranschaulicht wird [ElFi03, 18 f.].

Nach McElroy und Firestone sind Daten, Information und Wissen unterschiedliche Informationsarten. Diese bestehen nicht aus Daten. Ihrer Auffassung nach entstehen Daten und Wissen aus bereits „zuvor existierender Information“. Das heißt, Information, Daten, Wissen und auch bestehende Probleme werden dazu verwendet, um daraus im „Knowledge Life Cycle“ (KLC) mehr Information als auch neues Wissen zu erzeugen [ElFi03, 18 f.]. Darin besteht nun auch ein wesentlicher und auch entscheidender Unterschied zur vorherigen Auffassung. Im Wissens-Lebens-Zyklus geht es primär darum, neues Wissen zu generieren und im Sinne des Unternehmens weiter zu nutzen. Dabei ist es sehr wohl notwendig bestehendes Wissen aufzugreifen, neue Aspekte (z.B. neue Problemstellungen) zu berücksichtigen, folglich mit zusätzlichen Daten und Informationen zu ergänzen und letztlich auch neu zu interpretieren und daraus neues Wissen zu erzeugen. Im Detail werde ich mich dem Wissens-Lebens-Zyklus später in Kapitel 2.2 widmen.

Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten

Abbildung 4: Daten-Informations-Wissens-Zyklus [ElFi03, 19]

Eine weitere im Wissensmanagement weit verbreitete Differenzierung ist jene auf Michael Polanyi zurückgehende und durch Nonaka und Takeuchi bekannt gewordene und etwas vereinfachte Unterscheidung zwischen explizitem und implizitem Wissen [ScHa03, 2].

1.2 „Stilles“, Implizites und Explizites Wissen

We can know more than we can tell [Pola83, 4]” schrieb Michael Polanyi, womit er den Blick auf eine bis dahin völlig vernachlässigte Form von Wissen lenkt. Polanyi unterscheidet drei Wissensarten und differenziert zwischen (1) „tacit knowledge“, also „stillem Wissen“, welches in keiner Form ausgedrückt werden kann und „stillem Wissen“, welches sehr wohl expliziert werden kann, und daher auch als (2) explizites Wissen bezeichnet wird. Die dritte Kategorie von Wissen lt. Polanyi ist (3) implizites Wissen, welches aus „impliziten Überzeugungen“ besteht und nur schwer bzw. nur teilweise expliziert werden kann [ElFi03, 21 f. zit. Pola58].

Wie bereits erwähnt ist der Grundgedanke Polanyis von Nonaka und Takeuchi vereinfacht worden. Sie haben die Unterscheidung zwischen explizitem und implizitem Wissen von Polanyi aufgegriffen und gehen davon aus, dass Wissen durch die Interaktion dieser beiden Wissensarten entsteht [ElFi03, 20 f.].

Unter implizitem Wissen verstehen Nonaka und Takeuchi persönliches, kontextspezifisches und daher nur schwer kommunizierbares Wissen von Individuen [NoTa97, 72]. Als Beispiel dieser Wissensform werden häufig künstlerische Fähigkeiten oder Geschicklichkeiten technischer oder sportlicher Natur genannt [Mühl05, 15 f.]. Explizites Wissen hingegen ist für sie dokumentierbar als auch übertragbar und es kann ebenso artikuliert und in formale Sprache gefasst und weitergegeben werden. Diese Form von Wissen lässt sich mit Hilfe von Informations- und Kommunikationstechnologien speichern, verarbeiten und auch übertragen [Mühl05, 16].

Tabelle 1 verdeutlicht die Unterschiede zwischen implizitem und explizitem Wissen. Beispielsweise ist Erfahrungswissen lt. Nonaka und Takeuchi in der Regel körperlich und subjektiv, während das Verstandswissen meist explizit und objektiv ist. Implizites Wissen wird „hier und jetzt“ geschaffen und besitzt eine „analoge“ Qualität, dagegen dreht sich explizites Wissen um vergangene Ereignisse oder Dinge von „damals“. Explizites Wissen wird durch Handlungen sequentiell erzeugt und zielt auf eine kontextfreie Theorie [NoTa97, 73].

Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten

Tabelle 1: Zwei Arten von Wissen [NoTa97, 73]

Das Problem für die Wirtschaftsinformatik besteht nun darin, dass im Gegensatz dazu implizites Wissen nicht bzw. nur ausgesprochen schwierig mit Hilfe von Informations- und Kommunikationstechnologien übertragen werden kann. Daher konzentrieren sich die in der Wirtschaftsinformatik diskutierten Systeme häufig auf das explizite Wissen, wobei dadurch die Gefahr besteht das implizite Wissen zu vernachlässigen [ScHa03, 2 f.].

Nach Nonaka und Takeuchi können allerdings diese beiden Wissensformen ineinander überführt werden [NoTa97, 74 ff]. Diese Transformation spielt vor allem dann eine wesentliche Rolle wenn implizites Wissen in einer recherchierbaren Form gespeichert werden soll, d.h. expliziert werden soll. Implizites Wissen lässt sich nur schwer kommunizieren und vor allem nur unvollständig formalisieren, da es in den Köpfen einzelner Individuen gespeichert ist. Es beinhaltet kognitive Elemente als auch subjektive Einsichten, Wahrnehmungen, Intuitionen, Erfahrungen, Gefühle Wertvorstellungen, Ideale und auch eine technische Komponente. Letztere repräsentiert das Know-How, welches zur Erfüllung von Aufgaben notwendig, jedoch nur unvollständig beschreibbar ist. Explizites Wissen hingegen ist beschreibbares, formalisierbares und zeitlich stabiles Wissen, welches strukturiert und in sprachlicher Form in Datenbanken, Produktionsbeschreibungen oder Formeln aber auch in Systemen, Prozessen oder Technologien angelegt werden kann [WoDA99, 749 f.]. Abbildung 5 zeigt das Modell der Wissensumwandlung („Wissensspirale“) nach Nonaka und Takeuchi:

Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten

Abbildung 5: Wissensspirale nach Nonaka und Takeuchi [NoTa97, 84]

Die Sozialisation ist der Erfahrungsaustausch, aus dem implizites Wissen wie etwa gemeinsame mentale Modelle oder technische Fähigkeiten entstehen. Ein Mensch kann ohne Sprache unmittelbar implizites Wissen von anderen erwerben, z.B. durch Beobachtung oder Nachahmung [NoTa97, 75ff.].

Die Externalisierung ist ein Prozess der Artikulation von implizitem Wissen in expliziten Konzepten, wobei bei diesem essentiellen Prozess das implizite Wissen die Form von Metaphern, Analogien, Modellen oder Hypothesen annimmt [NoTa97, 75ff.]. Die Transformation des impliziten Wissens in explizites Wissen ist ein wichtiger Teil jedes Innovationsprozesses. Der Dialog und das gemeinsame Nachdenken helfen, implizites Wissen hervorzuholen und an die Oberfläche zu bringen. Einer erinnert sich an eine ähnliche Geschichte und der andere erzählt eine weitere Anekdote. Dann beginnen beim Dritten die Verbindungen zu „leuchten“ und er beginnt eine Spur aufzunehmen. So wird implizites Wissen externalisiert [ZuSc03, 47].

Die Kombination ist ein Prozess der Erfassung von Konzepten innerhalb eines Wissenskomplexes und dient dazu verschiedene Bereiche von explizitem Wissen zu verbinden. Der Austausch und die Kombination von Wissen erfolgt über Medien wie Dokumente, Besprechungen, oder Computernetzwerke und kann in weiterer Folge zu neuem Wissen führen [NoTa97, 75ff.].

Die Internalisierung als vierte Möglichkeit der Wissensumwandlung ist ein Prozess der Eingliederung von explizitem Wissen in implizites Wissen und kann mit „learning by doing“ verglichen werden. Werden Erfahrungen durch Sozialisation, Externalisierung und Kombination in Form von gemeinsamen mentalen Modellen internalisiert, so werden diese zu einem wertvollen Wissenskapital [NoTa97, 75ff.].

McElroy und Firestone gehen auch vom Grundgedanken Polanyis aus und unterscheiden ebenso zwischen drei Arten von Wissen [ElFi03, 22]:

- „explicit knowledge“ (explizites Wissen)
Explizites Wissen entsteht aus Überzeugungen welche in irgendeiner Form zum Ausdruck gebracht werden.
- „tacit knowledge“ („stilles“ Wissen)
Dieses “stille” Wissen besteht häufig aus “beliefs”, also Überzeugungen und ist meist unbewusst verankert und nicht, oder nur zum Teil, möglich es zum Ausdruck zu bringen.
- „implicit knowledge“ (implizites Wissen)
Implizites Wissen ist vergleichbar mit mentalen Modellen und besteht aus Erkenntnissen und Überzeugungen, welche (noch nicht) ausgedrückt wurden, jedoch zum Ausdruck gebracht werden können.

Die bisherigen Erläuterungen zum Wissensbegriff haben eine Reihe von Unterscheidungen und Differenzierungen diesbezüglich aufgezeigt und ins Licht gerückt. In Tabelle 2 sind die verschiedenen Wissenstypen und deren Differenzierung anschaulich zusammengefasst [ElFi03, 26 f.]:

(1) das physische Wissen,
(2) das mentale Wissen, hier wird wiederum zwischen dem situativen Wissen und den Überzeugungstendenzen bzw. Wissensveranlagungen (Prädispositionen) des mentalen Wissens unterschieden, eine Unterscheidung die bislang eher vernachlässigt wurde, und
(3) das kulturelle Wissen.

Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten

Tabelle 2: Typologie des Wissens [ElFi03, 27 f.]

Beim situativen Wissen wird wiederum zwischen „tacit“, also „stillem“ Wissen, implizitem und explizitem Wissen unterschieden. Unter dem situativen impliziten Wissen versteht man Wissen, welches mit anderem Wissen verknüpft ist und (noch nicht) expliziert wurde, allerdings explizit gemacht werden kann. Auch beim kulturellen Wissen wird eine weitere Differenzierung getroffen und zwischen implizitem und explizitem kulturellen Wissen unterschieden. Implizites kulturelles Wissen ist jenes, welches logisch von explizitem Wissen hergeleitet werden kann. Explizites kulturelles Wissen nach McElroy und Firestone sind z.B. Wissensansprüche an strukturierte Datenbanken, unterschiedlichste Arten von Modellen wie konzeptuelle Modelle, Data- und Object-Models, Einflussmodelle, Beurteilungsmodelle, deskriptive Wissensansprüche, Validierungskriterien, Methoden oder Anwendungssoftware, etc. [ElFi03, 26 ff.].

McElroy und Firestone sind davon überzeugt, dass diese Klassifizierung eine gute Grundlage für das Wissensmanagement darstellt. Sie weisen ausdrücklich auf die im Wissensmanagement lange vernachlässigte Differenzierung zwischen situativem Wissen und den Wissensveranlagungen bzw. Überzeugungstendenzen hin. Letztere sind von spezieller Bedeutung, wenn es um die Kontinuität des persönlichen, individuellen Verhaltens geht und spielen eine virtuelle Rolle, nicht nur beim Treffen von Entscheidungen, sondern auch primär beim Lernen [ElFi03, 26 ff.].

In Bezug auf die Einführung von Wissensmanagement-Technologien macht Tabelle 2 deutlich, dass primär das mentale und kulturelle Wissen von Bedeutung ist. Zum einen weil mentales situatives Wissen als auch kulturelles Wissen expliziert werden kann und andererseits, weil die Kontinuität des persönlichen, individuellen Verhaltens, also die mentalen Wissensveranlagungen bzw. Überzeugungstendenzen, eine große Rolle in Bezug auf die Vorhersage von Verhaltensintentionen der Benutzer spielen.

Eine weitere und im Zuge dieser Arbeit letzte Differenzierung des Wissensbegriffes stellt die Form des individuellen und kollektiven bzw. organisationalen Wissens dar.

1.3 Individuelles und kollektives Wissen

Probst, Raub und Romhardt halten fest, dass Individuen die Fähigkeit besitzen, Daten in Wissen zu transformieren und dieses im Sinne des Unternehmens einzusetzen [PrRR99, 39]. Aus diesem Grund wird Wissen häufig als an Personen gebunden betrachtet und es wird die Ansicht vertreten, dass Wissen in den Köpfen von Personen „gespeichert“ ist. Diese Betrachtungsweise reicht jedoch nicht aus, denn viele Prozesse, welche die Grundlage für das erfolgreiche Agieren von Organisationen schaffen, beinhalten vielmehr Elemente kollektiven Wissens, das heißt, dass funktionierende Prozesse in Organisationen auf einem erfolgreichen Zusammenspiel zahlreicher Beteiligter beruhen [PrRR99, 39 f.]. Für den Erfolg eines wissensorientierten Unternehmens ist lt. North entscheidend, wie der Prozess, individuelles Wissen in kollektives Wissen und kollektives Wissen in individuelles Wissen zu transformieren, gestaltet ist [Nort02, 41]. Mit diesem Begriff des kollektiven oder organisationalen Wissens geht häufig der Begriff der organisationalen Wissensbasis einher.

Die organisationale Wissensbasis setzt sich lt. Probst et al. aus den individuellen und kollektiven Wissensbeständen zusammen, worauf ein Unternehmen zur Lösung seiner Aufgaben zurückgreifen kann. Darüber hinaus umfasst sie die Daten und Informationsbestände, auf welche individuelles und auch kollektives Wissen aufbaut. Die organisationale Wissensbasis unterliegt regelmäßigen Veränderungen, wobei diese Veränderungsprozesse unter dem Begriff des organisationalen Lernens, welchem wir uns in Kapitel 2.3 widmen, zusammengefasst werden können [PrRR99, 46].

Es ist eine absolute Vorraussetzung sich der vielen verschiedenen Facetten des Wissensbegriffes bewusst zu werden, denn nur so ist es auch langfristig möglich das gesamte Wissen im Unternehmen nutzbar zu machen. Ist man sich dessen bewusst in welcher Form Wissen im Unternehmen vorhanden ist und vor allem dass sich auch „verborgenes“ Wissen hinter den offenen Informationen versteckt, so können die Wissensmanagementaktivitäten gezielter ausgerichtet werden und Technologien entsprechend eingesetzt werden.

Jedes Unternehmen hat das Bestreben erfolgreich zu sein, woraus sich folglich auch ein entsprechender Bedarf an gezieltem Management der Ressource Wissen ableiten lässt. Lt. Mühlethaler werden allerdings nur etwa 20 - 30 % des vorhandenen organisationalen Wissens tatsächlich genutzt. Diese Erkenntnis lässt das große Produktivitätspotentiale vermuten, welches sich in einem gezielten Wissensmanagement versteckt und erhöht so die Sensibilität für das Management des Wissens [Mühl05, 19].

2 Wissensmanagement

Nachdem der Wissensbegriff einer ausführlichen Betrachtung unterzogen wurde komme ich zum Wissensmanagement (WM), dem zweiten Teil meiner Grundlagenaufarbeitung und zugleich dem Kernbereich der vorliegenden Arbeit. Wie bereits anfänglich erwähnt geht es im Wissensmanagement primär darum die „Ressource Wissen“ systematisch zu managen um sie folglich sinnvoll im Unternehmen nutzen zu können [Mühl05, 20]. Im vorliegenden Kapitel werden wir der Frage nachgehen, über welche Gestaltungsdimensionen das Wissensmanagement verfügt und welche Wissensmanagementaktivitäten dieser wissenschaftlichen Disziplin zugeordnet werden. Wichtig für diese Arbeit ist dabei jene Rolle, welche dabei den Technologien zugeordnet wird. Vor allem die Betrachtung der ersten und zweiten Generation des Wissensmanagements werden wir Beachtung schenken. Nach McElroy und Firestone ergibt sich durch „The New Knowledge Management“ (TNKM) eine völlig neue Perspektive in Bezug auf das Wissensmanagement, denn laut Ansicht der Autoren ist diesbezüglich die Wissensverwendung und die Wissensentwicklung ganz klar vom Wissensmanagement abzugrenzen [ElFi03, 60].

[...]

Ende der Leseprobe aus 138 Seiten

Details

Titel
Konzeption eines Rahmenmodells zur Einführung von Wissensmanagement-Technologien mit Fokus auf die Benutzerakzeptanz
Hochschule
Johannes Kepler Universität Linz  (Institut für Wirtschaftsinformatik Communications Engineering)
Note
2,00
Autor
Jahr
2006
Seiten
138
Katalognummer
V232347
ISBN (eBook)
9783656483489
ISBN (Buch)
9783656483526
Dateigröße
1901 KB
Sprache
Deutsch
Schlagworte
Wissensmanagement-Technologie, Technology Acceptance Model, Theory of Reasoned Action, DeLone und McLeans IS Success Model, Knowledge Management System Success Model, Benutzerakzeptanz, Behavioral Intention, Perceived Usefulness, Perceived Ease of Use, Change Management
Arbeit zitieren
Mag. MSc Elisabeth Perndorfer (Autor:in), 2006, Konzeption eines Rahmenmodells zur Einführung von Wissensmanagement-Technologien mit Fokus auf die Benutzerakzeptanz, München, GRIN Verlag, https://www.grin.com/document/232347

Kommentare

  • Noch keine Kommentare.
Blick ins Buch
Titel: Konzeption eines Rahmenmodells zur Einführung von Wissensmanagement-Technologien mit Fokus auf die Benutzerakzeptanz



Ihre Arbeit hochladen

Ihre Hausarbeit / Abschlussarbeit:

- Publikation als eBook und Buch
- Hohes Honorar auf die Verkäufe
- Für Sie komplett kostenlos – mit ISBN
- Es dauert nur 5 Minuten
- Jede Arbeit findet Leser

Kostenlos Autor werden