Leseprobe
Inhaltsverzeichnis
1. Einleitung
2. Herkunft des Namens, der Sprache und kurze Geschichte der Sinti und Roma
3. Religion und religiöse Bräuche der Sinti und Roma
4. Gesellschaftliche Struktur und die Stellung der Frau
5. Wirtschaftsleben und Kultur der Sinti und Roma
6. Sinti und Roma heute im Alltag und in den Medien
7. Fazit und weiterführende Gedanken
8. Quellenverzeichnis
1. Einleitung
Heute leben weltweit ungefähr zwölf Millionen Sinti und Roma, wobei sich die Mehrheit von ihnen in Europa aufhält. Seit über 600 Jahren sind sie auch in Deutschland anzutreffen. Indien wird als Ursprungsland angesehen, jedoch leben die meisten Sinti und Roma ein Nomadendasein in unterschiedlichen Ländern.
Trotzdem haben sie eine gemeinsame Kultur, Sprache und Weltanschauung, die je nach Aufenthaltsort von den jeweiligen Kulturen und Traditionen leicht angefärbt wird, was dieses Volk multikulturell und plurilingual werden lässt. Die Gruppe der Sinti und Roma wurde lange Zeit verfolgt und ermordet und wird in vielen Ländern bis heute aufgrund von Vorurteilen oder aber der Angst, dass sie durch ihr Nomadendasein unangepasst sind, diskriminiert. Man redet vom sogenannten Antitziganismus[1], der seinen Höhepunkt im Nationalsozialismus fand, als Sinti und Roma, ähnlich wie Juden, ermordert wurden, denn sie wurden beschuldigt zu stehlen, zu morden und Krankheiten, wie die Pest und die Cholera, über die Bevölkerung zu bringen. Der Name […] „Zigeuner“ ist […] aus dem altgriechischen Wort „atsínganoi“ […]“[2] abgeleitet und bedeutet übersetzt das „Unberührbare“.[3]
In dieser Hausarbeit werde ich auf die Völkergruppe der Sinti und Roma näher eingehen, die Geschichte, die Politik und die Namensherkunft beleuchten, sowie Aufschluss darüber geben, welche Religionen, Traditionen, Bräuche, sowie Lebens- und Gesellschaftsformen sie haben. Dabei werde ich besonders die Stellung der Frau und das Kastensystem betrachten. Anschließend werde ich auf das Wirtschaftsleben und die Kultur eingehen und das moderne Bild der Sinti und Roma im Alltag und in den Medien beleuchten, wobei ich zwei verschiedene Lieder der Künstlerinnen Shakira und Jennifer Lopez in Hinblick auf ihre thematische Relevanz interpretieren werde. Auch die Hymne der Sinti und Roma werde ich in dieser Hausarbeit näher beleuchten und analysieren. In einer kritischen Reflexion werde ich zu einem abschließenden Fazit gelangen.
2. Herkunft des Namens, der Sprache und kurze Geschichte der Sinti und Roma
Die Bezeichnung Sinti und Roma hat zwei verschiedene Bedeutungen. „„Sinti“ geht zurück auf die indische Provinz „Sindh“ […]“[4], die als Ursprungsregion der Sinti angesehen wird, und „[…] „Rom, die Einzahl von „Roma“, bedeutet „Mensch“ […]“[5]. Der Name Rom wird neben der Bedeutung als Volksname, auch im Kontext des Ehegatten verwendet, woraus sich viele verschiedene Bedeutungen weiter entwickelten.
Der Name Roma enthält Merkmale, die auch Namen einiger anderer Völker besitzen, wie z.B. die Juden, Kiova, Ainu, Zunji, Dene und die Inuit, woraus man schließen könnte, daß sie sich ihrer kulturellen und ethnischen Identität bereits bewußt waren, als sie noch im Nordwesten Indiens lebten.[6] Indische Forscher sind außerdem der Meinung, dass „[…] der Name Roma von Rama stammen könnte, […] einer der indischen Gottheiten […] ist […] daneben die altindische Bezeichnung für Menschen, die die „Schönen Künste“, Musik und Tanz […]“[7] praktizierten.
Die Sprache der Roma und Sinti heißt Romanes und entspringt dem Sanskrit. Wenn man sich den Grundwortschatz sowie die Grammatik ansieht, stellt sich heraus, dass Romanes, auch romani chib genannt, zur indogermanischen Sprachenfamilie gehört.
Nach Grundwortschatz und grammatikalischem System ist die Sprache der Roma (auch: romani chib) eine neuindoarabische (also indogermanische) Sprache.
In der Sprache der Roma gibt es acht Fälle. Die Deklination der Substantive beruht auf zwei Formen: der regelmäßigen (vom sanskritischen Nominativ oder Akkusativ) und der unregelmäßigen (aus dem sanskritischen Genitiv abgeleitet). Eine kleinere Anzahl der Substantive endet auf –a, häufiger auf –o (Maskulinum) oder –i (Femininum). Das Neutrum gibt es nicht mehr. Im Plural lauten die Endungen –a oder –e. Die Adjektive enden auf –o (Maskulinum) oder –i (Femininum), im Plural auf –e. Bei der Konjugation gibt es drei Personen, zwei Numeri und fünf Zeiten (Präsens, Imperfekt, Perfekt, Plusquamperfekt und Futur) […] Der Vierte Weltkongress der Romani Union (1990) beauftragte eine internationale Arbeitsgruppe von Linguisten, Vorschläge für die Standardisierung des Alphabets und der Sprache zu unterbreiten.[8]
Romanes enthält viele Lehnwörter aus verschiedenen Ländern, wie zum Beispiel aus Persien oder Armenien, die Auskunft darüber geben, dass sich die Sinti und Roma bei ihrer Wanderung nach Europa wahrscheinlich längere Zeit in diesen Ländern aufgehalten haben.[9] Bis in die zweite Hälfte des 20. Jahrhunderts wurde Romanes nur mündlich überliefert. Heute kann man die Sprache an Universitäten in Prag, Paris und Njitra studieren, um in den nachfolgenden Generationen die Sprache trotz des Assimilierungsdrucks zu sichern. Das Volk der Sinti und Roma ist ein multikulturelles Volk, denn ihre Sprache und ihre Kultur vereinigt alte indische Traditionen mit neueren Traditionen aus den verschiedenen Ländern der Welt, in denen sie sich aufgehalten haben. Auch im Romanes spiegeln sich plurilinguale Einflüsse verschiedener weltweiter Regionen, wie sich an Lehnwörtern und der bereits beschriebenen Grammatik erkennen lässt, denn Romanes setzt sich aus verschiedenen Sprachen zusammen, gehört jedoch der neuindoarabische (also indogermanische) Sprachfamilie an.[10]
Für die Wanderung kann man verschiedene Gründe verantwortlich machen. Man könnte eine Hungersnot oder Missernten als Grund angeben, aber auch politische und religiöse Verfolgungen, die das Volk der Sinti und Roma in ein Nomadenvolk verwandelte. Die Wanderung ging von Asien aus und führte über Gebiete der heutigen Türkei bis nach Europa. Die Sinti und Roma tauchten vor 600 Jahren das erste Mal in Deutschland auf.
Geschichtliche Forschungen haben gezeigt, dass die meisten Sinti und Roma aus Indien stammen und ihre Heimat während der Eroberungszüge des Feldherrn Mahmud von Ghazni verließen, der in beinahe zwanzig Kriegszügen von 1000-1027 n. Chr. Nordindien plünderte. Seitdem wurden die Sinti und Roma heimatlos und fanden vorübergehen immer wieder einen Platz innerhalb der bestehenden Kultur eines anderen Landes oder einer anderen Region.
„Der Prozeß der Suche und Niederlassung zog sich über eine Zeitspanne von vielen hundert Jahren hin und setzt sich bis in unsere Zeit fort.“[11] Anfangs wurden die Sinti und Roma als Pilger akzeptiert und toleriert, aber seit dem 16. Jahrhundert waren sie seitens der staatlichen Gesetzgebung in vielen Ländern härtesten Verfolgungsmaßnahmen ausgesetzt. In Rumänien zum Beispiel, waren sie seit dem 14. Jahrhundert Sklaven. Auch in Spanien waren sie „[…] in Ungnade gefallen, man hatte ihnen sogar die Zungen abgeschnitten, die Augen ausgestochen und die Bewohner zur Jagd auf die Roma aufgehetzt.“[12] In den restlichen Teilen von Europa geschah es ähnlich: man erklärte sie als vogelfrei und setzte sie somit dem Mord aus. „In Deutschland wurden in der Periode von 1500 bis 1800 148 Edikte gegen die Roma erlassen.“[13]
Die Leidensgeschichte der Sinti und Roma ging auch im 17. und 18. Jahrhundert weiter, sie wurden „gehetzt und getötet, wie das Wild in den Wäldern, mit dem man sie als Gleichstehende erachtete“[14]. Auch die Zahl der Gesetzte gegen die Sinti und Roma erhöhte sich, was zu einem „[…] Zigeunerwahn[…]“[15] führte, sodass das Wort Zigeuner zunehmend eine rassistische und diskriminierende Konnotation annahm.[16]
Das fahrende Volk der Zigeuner ist seit dem 15. Jahrhundert, in dem es zum ersten Mal in Deutschland aufgetreten ist, ein schädlicher Fremdkörper in der deutschen Kultur geblieben. Alle Versuche, die Zigeuner an die Scholle zu fesseln und an eine seßhafte Lebensweise zu gewöhnen, sind fehlgeschlagen. Auch drakonische Strafen konnten sie von ihrer unsteten Lebensführung und ihrem Hange zu unrechtmäßigem Vermögenserwerb nicht abbringen. Trotz vielfacher Vermischung sind ihre Abkömmlinge wieder Zigeuner geworden mit den gleichen Eigenschaften und Lebensgewohnheiten, die schon ihre Vorfahren besessen hatten.[17]
Der Antiziganismus erreichte seinen Höhepunkt in Deutschland zur Zeit des Nationalsozialismus, als zwischen 1900 und 1933 insgesamt über 500.000 Sinti und Roma, neben Millionen von Juden, in Konzentartionslagern gesteckt und ermordet wurden. „Die Ghettoisierung der Roma begann schon im Mai 1936 […] Berlin vor den Olympischen Spielen „zigeunerfrei“ zu machen.“[18] Der Rassenforscher Dr. Adolf Würth schrieb 1938 „Die Zigeunerfrage ist […] in erster Linie eine Rassenfrage. So wie der nationalsozialistische Staat die Judenfrage gelöst hat, so wird er auch die Zigeunerfrage […] regeln müssen.“[19]
Nach den Schrecken des Holocaust gelang es den Sinti und Roma sich erstmalig politisch zu fomieren. Versuche nationaler Versammlungen und Organisationen hatte es bereits 1878 gegeben, als Josef Reinhardt Sinti und Roma aus Italien, Spanien und Rußland nach Nürnberg einlud, „[…]um über die Bildung einer Organisation zu beraten, die die Interessen der Sinti und Roma gegenüber einzelnen Staaten vertreten sollte.“[20]
[...]
[1] http://www.antiziganismus.de/2.html
[2] http://www.helles-koepfchen.de/zigeuner-oder-sinti-und-roma.html
[3] http://www.helles-koepfchen.de/zigeuner-oder-sinti-und-roma.html
[4] http://www.helles-koepfchen.de/zigeuner-oder-sinti-und-roma.html
[5] http://www.helles-koepfchen.de/zigeuner-oder-sinti-und-roma.html
[6] http://www.mariellamehr.com/geschichte_der_roma.htm
[7] http://www.mariellamehr.com/geschichte_der_roma.htm
[8] www.mariellamehr.com/geschichte_der_roma.htm
[9] vgl. http://www.helles-koepfchen.de/zigeuner-oder-sinti-und-roma.html
[10] vgl. http://www.mariellamehr.com/geschichte_der_roma.htm
[11] http://www.mariellamehr.com/geschichte_der_roma.htm
[12] http://www.mariellamehr.com/geschichte_der_roma.htm
[13] http://www.mariellamehr.com/geschichte_der_roma.htm
[14] Hohmann: 1988, S. 64
[15] http://www.mariellamehr.com/geschichte_der_roma.htm
[16] Dillmann: 1905, S. 13
[17] http://www.mariellamehr.com/geschichte_der_roma.htm
[18] http://www.minderheiten.org/roma/ueberblick/3.1.holocaust.htm
[19] Herbert Hofmann Analyse Anthropologischer Zeitschriften in Der Zeit Von 1933 Bis 1945, S 12
[20] http://www.mariellamehr.com/geschichte_der_roma.htm