In der vorliegenden Hausarbeit zum Kurs "Literarische Anthropologie im 18.
Jahrhundert" wird im Roman "Der Sieg der Natur über die Schwärmerey oder die
Abentheuer des Don Sylvio von Rosalva, eine Geschichte worinn alles Wunderbare
natürlich zugeht" die Anthropologie untersucht, die mit Hilfe metamorphischer
kunstvoll im Text eingewebter Fäden entfaltet wird. Um mit diesem Thema ein
zusammenhängendes und darin umfassendes Bild zu erhalten, erscheint eine Vorgehensweise
im Sinn einer möglichst genauen Definition der Begriffe Metamorphose
und Anthropologie sinnvoll.
„Mit ihr [Metamorphose] werden bevorzugt Fragen der Identität, des Bezugs von
Vergangenem und Neuem […] behandelt.“ Vor diesem Hintergrund eignen sich
Metamorphosen für eine nähere Betrachtung im Kontext der literarischen Anthropologie
im 18. Jahrhundert, das in besonderem Maß von gravierenden Einschnitten
in den verschiedensten Lebensbereichen geprägt ist und somit - wenn nicht
realen - zumindest assoziativen Verbindungen zu wesenhaften Verwandlungen im
Menschen eine tragende Rolle zukommen lässt. Als Beispiel sei der Aufschwung
der Naturwissenschaften genannt, vor allem der Medizin. „Der Mensch ist weder
Körper, noch Seele allein; er ist die Harmonie von beyden […]“. Mit diesem Zitat
Ernst Platners (1744-1818) aus seinem Werk Anthropologie für Ärzte und
Weltweise (1772) wird einem Paradigmenwechsel der Weg geebnet: Erstmals
wird auch der Seelenzustand des Menschen als Objekt für empirische Studien betrachtet,
wodurch weitreichende Konsequenzen für den Stellenwert des Individuums
sowie für gesellschaftliche, politische, soziale und philosophische
Entwicklungen ausgelöst werden. Aber schon zuvor, in der ersten Hälfte des 18. Jahrhunderts, ergibt sich mit Einflüssen aus England und Frankreich eine eigentümliche
Stimmung, die von einer großen, Leib und Seele umfassenden Spanne
gekennzeichnet ist: [...] Ziel ist es, ausgehend von konzisen Begriffen Metamorphose und Anthropologie
zu untersuchen, worin konkret diese Hinwendung besteht. Inwieweit existiert ein
Wechselverhältnis zwischen Verwandlungen und mit der ganzheitlichen Betrachtung
des Menschen zu gewinnenden Veränderungen in Seele und Körper? Wie
werden zunächst baumelnde, flüchtige Verwandlungsfäden in einen anthropologischen
Zusammenhang gewebt? Wie werden Immanuel Kants (1724-1804) berühmte
Frage Was ist der Mensch? und die im Zuge der erst aufkeimenden
Anthropologie ergänzte Welch ein Mensch bin ich? beantwortet?
Inhaltsverzeichnis
- Einleitung
- Begriffe
- Metamorphose
- Anthropologie
- Wielands Don Sylvio - Anthropologie entlang metamorphischer Fäden
- Klotho: Leit-Metamorphose als Movens der Anthropologie
- Lektüre als auslösendes Moment
- Autobiographie als Ideengeberin - Mythos als Pate
- Lachesis: Übergriff und Überfall - Zugriff und Zufall
- Anthropologie als Netz aus Verwandlungsfäden
- Zwei Gesichter der Erzeugungstechniken
- Atropos: Wechsel der Perspektive
- Vom Nicht-Ort zum Heil-Ort
- Vernetzung der Anthropologie hinter Spiegelbildlichkeit
- Klotho: Leit-Metamorphose als Movens der Anthropologie
- Fazit
- Literaturverzeichnis
Zielsetzung und Themenschwerpunkte
Die vorliegende Hausarbeit untersucht die Anthropologie in Christoph Martin Wielands Roman "Die Abenteuer des Don Sylvio von Rosalva", indem sie die Rolle von Metamorphosen im Text analysiert. Die Arbeit zielt darauf ab, zu zeigen, wie Wieland die Metamorphose als Mittel einsetzt, um die ganzheitliche Betrachtung des Menschen im 18. Jahrhundert zu beleuchten, und wie sich diese anthropologische Perspektive im Wechselspiel von Vernunft und Sinnlichkeit entfaltet.
- Die Bedeutung von Metamorphosen für die literarische Anthropologie des 18. Jahrhunderts
- Die Rolle der Einbildungskraft und der Sinnlichkeit in der Gestaltung der Anthropologie
- Die Verbindung von Vernunft und Sinnlichkeit in Wielands Roman
- Die Interaktion von Mensch und Natur im Kontext von Metamorphosen
- Die Entwicklung des anthropologischen Blicks in Don Sylvios Geschichte
Zusammenfassung der Kapitel
Die Einleitung führt in das Thema der Hausarbeit ein und stellt den Roman "Die Abenteuer des Don Sylvio von Rosalva" als Gegenstand der Untersuchung vor. Es wird die Bedeutung von Metamorphosen für die literarische Anthropologie des 18. Jahrhunderts erläutert und die Relevanz der Begriffe Metamorphose und Anthropologie im Kontext des Romans hervorgehoben.
Das zweite Kapitel befasst sich mit der Definition der Begriffe Metamorphose und Anthropologie, wobei auf die Vielfältigkeit der Interpretationen und die Bedeutung des hermeneutischen Zirkelschlusses eingegangen wird.
Das dritte Kapitel analysiert die Rolle der Metamorphosen in Wielands Roman. Es wird gezeigt, wie die Leit-Metamorphose des Don Sylvio die Anthropologie im Text vorantreibt und wie die Einbildungskraft und die Sinnlichkeit in diesem Prozess eine zentrale Rolle spielen.
Das vierte Kapitel untersucht die Auswirkungen der Leit-Metamorphose auf andere Figuren im Roman. Es wird gezeigt, wie die Verwandlung des Don Sylvio andere Personen in der Diegese beeinflusst und wie sich ein Netz aus Verwandlungsfäden entwickelt.
Das fünfte Kapitel beleuchtet die Wechselwirkung von Zufall und Metamorphose in Don Sylvios Geschichte. Es wird gezeigt, wie die Leit-Metamorphose durch den Zufall beeinflusst wird und wie diese Interaktion die Anthropologie im Roman prägt.
Das sechste Kapitel betrachtet die Rückverwandlung des Don Sylvio und die damit verbundene Zerstörung seiner gesteigerten Sinnlichkeit. Es wird gezeigt, wie der Perspektivenwechsel die Anthropologie in der Geschichte des Don Sylvio neu definiert.
Das siebte Kapitel analysiert die Vernetzung der Anthropologie in der Geschichte des Prinzen Biribinker. Es wird gezeigt, wie die Spiegelbildlichkeit der Binnengeschichte zur Anthropologie beiträgt und wie die Interaktion von Mensch und Natur in diesem Kontext dargestellt wird.
Schlüsselwörter
Die Schlüsselwörter und Schwerpunktthemen des Textes umfassen die literarische Anthropologie, Metamorphosen, Einbildungskraft, Sinnlichkeit, Vernunft, Wirklichkeit, Fiktion, Imagination, Individuum, Gesellschaft, Natur, Don Sylvio von Rosalva, Christoph Martin Wieland, 18. Jahrhundert, Romantik, Empfindsamkeit, Aufklärung, Lektüre, Geschichte, Erzähltechnik, Perspektivenwechsel, Spiegelbildlichkeit, Intertextualität, commercium mentis et corporis.
- Quote paper
- Frank Tichy (Author), 2013, Wielands "Die Abenteuer des Don Sylvio von Rosalva": Anthropologie entlang metamorpher Fäden, Munich, GRIN Verlag, https://www.grin.com/document/232652