Die Kommerzialisierung und Globalisierung des deutschen Profifußballs

Eine durch McDonaldisierung geprägte Entwicklung?


Hausarbeit, 2012

18 Seiten, Note: 1,3


Leseprobe


Inhaltsverzeichnis

1. Einleitung

2. Die McDonaldisierung der Gesellschaft
2.1 Die vier Dimensionen der McDonaldisierung
2.2 Die Irrationalität des Rationalen

3. Die Modernisierung des deutschen Profifußballs

4. Die Etablierung der Ultra-Kultur in Deutschland

5. Auswertung und Fazit

6. Literatur- und Quellenverzeichnis

1. Einleitung

Jede Woche strömen zahlreiche Besucher und Fußballfans in die Stadien der Bundesligisten, um ihren Verein durch lautstarken und farbenfrohen Support nach vorn zu peitschen oder um ein spannendes Fußballspiel zu sehen und sich am Sportevent Fußball zu erfreuen. Egal ob treue Fans, fußballzentrierter Event-Fan oder sportbegeisterte Familie: Für viele Menschen stellt der Stadionbesuch am Wochenende eine Faszination und Spektakel dar, das Woche für Woche als Ritual praktiziert wird. In der Ersten und Zweiten Liga steigen die Zuschauerzahlen seit Gründung der Profiligen im Jahre 1963 jährlich an. Dieser rasante Zuwachs wurde ermöglicht und beschleunigt durch eine Reihe von Modernisierungen um und nach der Jahrtausendwende, die in dieser Arbeit gründlich untersucht werden. Ergebnisse dieser Kommerzialisierung sind die Gewinnung neuer Zuschauergruppen, Mehrkomfort in Stadien und eine bessere internationale Vermarktung von Verein und Liga, die sich wiederum in die Generierung neuer Einnahmequellen auswirkt. Auch die fortschreitende Mediatisierung und die zunehmende Bedeutung des Internets sorgte dafür, dass der Fußball sich international vermarkten konnte und durch diese Globalisierung Zuschauer in aller Welt angesprochen werden können.

Eine ähnliche Entwicklung geht vom Franchise-Unternehmen McDonald’s aus. Der Konzern schaffte es in den 1950er Jahren, durch ausgefeilte Rationalisierung, „den Hamburger auf’s Fließband zu hieven“ und alle seine Geschäftsstrategien nachhaltig zu optimieren. Die Auswirkungen von McDonald’s, eine der einflussreichsten amerikanischen Entwicklungen des 20. Jahrhunderts[1], sind nicht nur innerhalb der Fast Food-Branche oder Gastronomie zu finden, McDonald’s hat ein breites Spektrum von Unternehmen und sogar den Lebensstil in großen Teilen der Welt beeinflusst.[2] Deren Geschäftsbasis, McDonaldisierung genannt, ist ein auf Rationalismus aufbauendes Geschäftsmodell der Fast Food-Branche, den Gewinn zu maximieren und möglichst effizient zu arbeiten. McDonald’s führte ein System ein, das sämtliche Arbeitsabläufe standardisiert und somit eine hohe Effizienz für Kunden und Restaurant bietet.

Untersucht und erörtert werden die vier Dimensionen der McDonaldisierung (Effizienz, Quantifizierbarkeit, Vorhersagbarkeit und Kontrolle), deren Auswirkungen auf die Gesellschaft und Kultur und die damit verbundenen ökonomischen und sozialen Effekte. Weiterer Untersuchungsgegenstand dieser Hausarbeit ist die Erörterung der Modernisierung des europäischen Spitzenfußballs, wobei der Fokus auf den deutschen Profifußball gelegt wird. Ergänzt wird die Entwicklung des deutschen Fußballsports durch die Darstellung und Untersuchung der um die 1990er Jahren entstehenden Ultra-Kulturen, die eine Parallelentwicklung zu der Modernisierung des Fußballs darstellt und die Irrationalität des Rationalen kritisiert. Abschließend soll die Forschungsfrage, inwiefern die Modernisierung und Globalisierung des Fußballs in Deutschland und Europa als eine durch McDonaldisierung geprägte Entwicklung angesehen werden kann, erörtert werden.

2. Die McDonaldisierung der Gesellschaft

Die Brüder Richard „Dick“ und Maurice „Mac“ McDonald hatten den Erfolg der in den USA sehr beliebten Hamburger-Restaurants erkannt und versuchten, ihr Restaurant durch umfangreiche, für den Kunden sichtbare und unsichtbare Änderungen von der Konkurrenz abzuheben, indem sie die quantitativ erfassbaren Prinzipien Geschwindigkeit, Umfang und niedrige Preise zur Geschäftsgrundlage machten und ein Hamburger-Fließband nach Vorbild des Fließbandes von Henry Ford. entwickelten[3]. 1955 übernahm Ray Croc das erste McDonald’s- Restaurant und baute das McDonald’s-Franchise-Imperium auf, indem er die Methoden der Brüder McDonald mit Elementen der Bürokratie[4], der wissenschaftlichen Betriebsführung und des Fließbandes kombinierte und somit die logische Weiterentwicklung der Rationalisierung entwickelte.[5]

Der US-amerikanische Soziologe George Ritzer definiert die McDonaldisierung der Gesellschaft als „den Vorgang, durch den die Prinzipien der Fast-Food Restaurants immer mehr Geschäfts- und Gesellschaftsbereiche auf der ganzen Welt beherrschen.“[6] Oft denken wir nicht bewusst mcdonaldisiert, sondern handeln unbewusst rational. Das Streben nach Effizienz und Vorhersehbarkeit ist zu einem unbewusst stattfindenden Prozess geworden, den wir quasi immer und überall im täglichen Leben beobachten können. Die McDonaldisierung wird von wirtschaftlichen Zielen und Bestrebungen begünstigt, sie ergibt sich aus unserer Kultur und der Tatsache, dass die McDonaldisierung inzwischen selbst als erstrebenswert gilt und sie entwickelt sich sehr schnell weiter, da sie im Einklang mit unserer Gesellschaft steht.[7] McDonald’s ist nicht das einzige Unternehmen, das die Prinzipien der McDonaldisierung verwirklicht, Ritzer verweist mit der Namensgebung lediglich auf die Tatsache, dass McDonald’s wichtigstes Symptom der McDonaldisierung war und ist.[8]

2.1 Die vier Dimensionen der McDonaldisierung

George Ritzer definiert vier grundlegende Elemente des Erfolgs von McDonald’s und der McDonaldisierung: McDonald’s bietet Effizienz, Essen und Service, die sich leicht quantifizieren und berechnen lassen[9], McDonald’s bietet Vorhersagbarkeit und es wird Kontrolle über die Menschen ausgeübt, die sich in die Welt von McDonald’s begeben.[10]

Der Gründer des modernen McDonald’s-Imperiums, Ray Kroc, schaffte es auf hervorragende Weise, die Prinzipien der Gebrüder McDonald auf ein modernes, globalisiertes Franchise-Imperium anzuwenden. Er entwickelte auf Grundlage der Bürokratie und der wissenschaftlichen Betriebsführung nach Taylor und des Ford’schen Fließbands vier grundlegenden Elemente der McDonaldisierung (Effizienz, Quantifizierbarkeit, Vorhersagbarkeit und Kontrolle), nach denen noch heute im Fast Food- Restaurant gearbeitet wird und die Vorbilder für Geschäftsmodelle in vielen Kulturen und Gesellschaften auf der ganzen Welt sind.[11]

Effizienz

Kroc hat erkannt, dass es zur Maximierung des Profits notwendig ist, größtmögliche Effizienz zu erlangen. Er entwickelte aus der Restaurantkette McDonald’s ein riesiges multinationales Franchising-Unternehmen, für das das Streben nach höchstmöglichster Effizienz die wichtigste Geschäftsgrundlage ist. Das Bestreben richtet sich darauf, das beste mögliche Mittel zu finden und anzuwenden, um das Optimum an Effizienz zu erreichen.[12]

Kroc war fasziniert von der Einfachheit und der Effektivität des Systems der Brüder McDonald. Ihn begeisterte, dass „Jeder Schritt bei der Herstellung des begrenzten Speiseangebots auf das Wesentliche reduziert [war] und mit einem Minimum an Aufwand vollzogen [wurde].“[13] Er entwickelte auf dessen Basis ein noch weiter verfeinertes System, dass es ermöglichte, im Fast Food-Restaurant wie am Fließband zu arbeiten und den Kunden in Minuten ein vollständiges Menu aus Hamburger, Getränk und Pommes zuzubereiten.

Es wurden standardisierte Gerichte entwickelt und detaillierte Anweisungen festgelegt, wie diese zubereitet werden sollten, es wurden einheitliche Zutaten für die Speisen definiert, die man mit dem gleichen Ergebnis immer gleich zubereiten konnte. Und in allen McDonald’s Filialen gleich schmecken. Bei McDonald’s werden die effizientesten Methoden in Ausbildungshandbüchern festgeschrieben und den Managern beigebracht, die sie dann ihrerseits ihren Angestellten vermitteln. Jeder Angestellte, der bei McDonald’s arbeitet, verrichtet wie bei Fords Fließband nur eine Reihe standardisierter, einfach zu beherrschender Handgriffe.[14], was höchsteffizient ist, da die Arbeiter diese in hohem Tempo durchführen können.

Die Zubereitung der Speisen ist aber nicht das Einzige, wo McDonald’s versucht, höchsteffizient zu arbeiten. Fast alle Bereiche und Tätigkeiten des Fast Food-Restaurants sind darauf ausgelegt, den Kunden möglichst schnell abzufertigen, so hat McDonald’s zur noch effizienteren Abfertigung der Kunden den Autoschalter entwickelt.[15] Für den Kunden ist der Autoschalter effizient, da er noch schneller sein Essen bekommt und er das Auto für den Bestellvorgang nicht einmal verlassen muss. Für das Restaurant ist der Autoschalter attraktiv, da die Kunden kein zusätzliches Personal beanspruchen, keinen Parkplatz beanspruchen und sogar den Müll selbst entsorgen. Auch die Beschaffenheit des Essens ist effizient gestaltet. Es handelt sich um mundfertig vorbereitete Gerichte, die mit der Hand gegessen werden können und auch unterwegs oder während einer Autofahrt einfach zu sich genommen werden können.[16]

Die Effizienz der McDonaldisierung geht aber nicht nur vom Restaurant, sondern auch von seinen Kunden aus. In der heutigen schnelllebigen Gesellschaft ziehen viele Menschen es vor, auf die Schnelle zu essen, als ein traditionelles Restaurant zu besuchen und dort erst auf den Kellner und dann vielleicht noch lange auf das Essen warten zu müssen.

Quantifizierbarkeit

Ritzer bezeichnet die Berechenbarkeit als zweite Dimension der McDonaldisierung: „Zur McDonaldisierung gehört die Betonung von Dingen, die sich berechnen, zählen und quantifizieren lassen. Quantität wird zum Maß für Qualität.[17]

McDonald’s betont bei der Auswahl seiner Speisen nicht Qualität, sondern Quantität. Man möchte dem Kunden glauben lassen, die ständig steigende Zahl der verkauften Hamburger sei nicht nur ein Zeichen des wirtschaftlichen Erfolgs, sondern auch ein Zeichen von Qualität. Das Schwergewicht bei der Auswahl der Speisen liegt auf der Nahrungsmenge, die der Kunde erhält. Es wird damit geworben, wie viel Fleisch ein Hamburger enthält, nicht aber, wie gut er schmeckt. Quantität geht im Fast Food-Restaurant auf Kosten der Qualität.

[...]


[1] Vgl. Ritzer 1995: 15

[2] Vgl. Ebd.

[3] Vgl. Ritzer 1995: 59f

[4] Bürokratie: „Spezielle Form sozialer Organisation und als solche eine Zuordnung von Personen und Positionen in einem hierarch. System der Über- und Unterordnung in Organisationen (…).Die Vorteile der B. liegen in ihrer techn. Leistungsfähigkeit, d.h. ihrer Berechenbarkeit, Stetigkeit und Verläßlichkeit gegenüber anderen Formen. Grundlage dieser techn. Leistungsfähigkeit ist das in der B. konzentrierte Fachwissen; bürokr. Verwaltung ist >Herrschaft kraft Wissens<.“ (F.A. Brockhaus 1986: 223f)

[5] Vgl. Ritzer 1995: 61

[6] Vgl. Ebd.

[7] Vgl. Ritzer 1995: 245

[8] Vgl. Ritzer 1995: 9

[9] Vgl. Ritzer 1995: 27f

[10] Vgl. Ritzer 1995: 29f

[11] Vgl. Ritzer 1995: 38

[12] Vgl. Ritzer 1995: 67

[13] Vgl. Ritzer 1995: 70

[14] Vgl. Ritzer 1995: 72

[15] Vgl. Ritzer 1995: 73

[16] Vgl. Ritzer 1995: 74

[17] Vgl. Ritzer 1995: 109

Ende der Leseprobe aus 18 Seiten

Details

Titel
Die Kommerzialisierung und Globalisierung des deutschen Profifußballs
Untertitel
Eine durch McDonaldisierung geprägte Entwicklung?
Hochschule
Justus-Liebig-Universität Gießen  (Institut für Soziologie)
Note
1,3
Autor
Jahr
2012
Seiten
18
Katalognummer
V232995
ISBN (eBook)
9783656499183
ISBN (Buch)
9783656499978
Dateigröße
499 KB
Sprache
Deutsch
Schlagworte
kommerzialisierung, globalisierung, profifußballs, eine, mcdonaldisierung, entwicklung
Arbeit zitieren
Julius Wiechmann (Autor:in), 2012, Die Kommerzialisierung und Globalisierung des deutschen Profifußballs, München, GRIN Verlag, https://www.grin.com/document/232995

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