Seit Mitte der 80er Jahre ist in der einschlägigen soziologischen Literatur zunehmend
von der Entstehung einer Risikogesellschaft, dem Wandel familialer Strukturen und einer Pluralisierung der Lebensformen, die Rede. Gestiegene Scheidungsraten und
gesunkene Heiratszahlen, sowie eine tendenziell strukturelle Rücksichtslosigkeit
gegenüber Familien und das hohe Armutsrisiko alleinerziehender Mütter,
sind Teil jener gesellschaftlicher Veränderungen, die als Produkt einer fortschreitenden
Modernisierung betrachten werden. Dabei scheint besonders der
Arbeitsmarkt indirekt eine zweckrationale Haltung der Menschen zu fordern und
soll deshalb den Dreh- und Angelpunkt gesellschaftlicher Individualisierung darstellen. Nach Ulrich Beck haben sich im Laufe der Moderne
die Wahlmöglichkeiten und Chancen zur eigenen optimalen Lebensgestaltung
- unabhängig von sozialer Herkunft und Schichtzugehörigkeit - deutlich
erhöht. Diese Freiheit gestaltet sich jedoch ambivalent. Sie geht mit dem Verlust
der Sicherheit und Stabilität privater Beziehungen einher. Das vergesellschaftete
Individuum ist gezwungen die eigene Biographie aktiv so zu entwerfen,
dass sich sein Lebenslauf optimiert. Es entstehen sogenannte „Patchwork“- Biographien, die aus verschiedenen
Lebensphasen zusammengebastelt werden. Diese Sequenzen auf den Lebensrhythmus
eines anderen Menschen abzustimmen, wird bei zunehmender
Mobilitäts- und Aufwandserfordernis immer schwieriger, was nach Beck, in der
gegenwärtig postmodernen Gesellschaft zu einem Wandel privater Beziehungen
führt. Häufig wird der Zerfall der industriellen Kleinfamilie, also der stabilen
Beziehung zwischen den in einem Haushalt lebenden Ehepartnern und ihren
Kindern, proklamiert. Aber kann durch den Verlust von
Traditionen und Klassenbindungen wirklich eine generellen Bindungslosigkeit
und eine Instabilität privater Beziehungen entstehen, so dass der moderne
Mensch sein Leben tendenziell alleine verbringt? Oder produziert der fortschreitende
soziale Wandel lediglich neue Plurale Lebensformen, welche die Individuen
nach ihren eigenen subjektiven Bedürfnissen gestalten können?
Die Beantwortung dieser Fragen beginnt mit der Aufarbeitung historischer, gesamtgesellschaftlicher
Veränderungen in Deutschland, seit dem Zeitalter der
Industrialisierung (2.). Der strukturelle Aspekt behandelt die funktionale Ausdifferenzierung
des Systems und die damit verbundene Auflösung ständischer
Grenzen (2.1.),[...]
Inhalt
1. Einleitung
2. Modernisierung und funktionale Differenzierung in ihren Anfängen
2.1. Der strukturelle Aspekt
2.2. Der kulturelle Aspekt
3. Individualisierung
3.1. Drei Dimensionen der Individualisierung nach Ulrich Beck
3.2. Die erste Individualisierungsphase der Bundesrepublik Deutschland
3.3. Die zweite Individualisierungsphase der Bundesrepublik Deutschland
4. Risiken einer postmodernen Gesellschaft und die veränderte Lage
der Frau
5. Strukturelle Veränderungen der Familie
5.1. Heiratsentwicklung und Scheidungen
5.2. Die Entstehung neuer Lebensformen
6. Schluss
Literaturverzeichnis
- Quote paper
- Laura Straka (Author), 2010, Zerfall oder Wandel der Familie?, Munich, GRIN Verlag, https://www.grin.com/document/232996