Die Kontroverse der Atombewaffnung in der Bundesrepublik Deutschland


Unterrichtsentwurf, 2013

13 Seiten, Note: 2,0


Leseprobe


1. Arbeitsergebnisse (AEs)

1. Die Regierung Nordkorea‘s treibt das Atomwaffenprogramm energisch voran. Aufgrund der durchgeführten Atomtests Nordkorea‘s kam es im Februar 2013 zu künstlich verursachten Erdstößen deren Auswirkungen sich in mehreren Ländern bemerkbar machten. Nordkorea bezeichnet den Atomtest als Maßnahme zum Schutz für die eigene nationale Sicherheit.
2. Nach der Wiederbewaffnung Deutschlands setzt sich Bundeskanzler Konrad Adenauer für eine Atombewaffnung in der Bundesrepublik Deutschland ein. Er unterscheidet dabei zwischen den taktischen und den großen Atomwaffen. Dabei rechtfertigt er die taktischen Atomwaffen, indem er sie als Weiterentwicklung der Artillerie bezeichnet. In der Bevölkerung entwickelte sich eine Protestbewegung gegen die Atombewaffnung Deutschlands.
3. Atomwaffen sind das Ergebnis der modernen Entwicklung, der man gezwungen ist sich anzupassen. Sie legitimierten die deutsche Sicherheit in den fünfziger Jahren und unterstützen den Frieden.
4. Im Appell der „Göttinger Achtzehn“ (Atomwissenschaftler) von 1957 wird keine Unterscheidung zwischen den verschiedenartigen Atomwaffen vorgenommen. Die fortführende Entwicklung in der Waffentechnik ist unberechenbar und der zerstörenden Wirkung werden keine Grenzen gesetzt.
5. Die Atombewaffnung Deutschlands ist eine politische Frage, bei welcher jedoch die Wissenschaft mit einbezogen werden muss. Sie hat eine Verantwortung bezüglich der Aufklärung der resultierenden Folgen, welche die Allgemeinheit vor der Unwissenheit schützen soll.
6. Atomwaffen dienen den Regierungen weniger für die "Landesverteidigung" im Krieg als vielmehr für ihre außenpolitische Stärke im Frieden. Nur das atomare Drohpotenzial gibt einer Regierung „volle Souveränität“ und Gleichberechtigung im Verhältnis zu anderen Staaten.

2. Geplanter Verlauf

Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten

3. Bemerkungen zur Lerngruppe

Es handelt sich um die Klasse 10b des XY-Gymnasiums mit 12 Schülerinnen und 18 Schülern. Ich unterrichte die Klasse seit Schuljahresbeginn in dem Grundkurs Geschichte. Das Interesse der Lerngruppe an Geschichte ist erwartungsgemäß disparat, dem Entwicklungsstand entsprechend aber zunehmend auf kognitive Durchdringung angelegt. Acht Schüler/innen können historische Denk- und Erkenntnisprozesse fast selbstständig in allen Stufungen gestalten (...) und verfügen über das hierzu notwendige deklarative und prozessuale Wissen. 15 Schüler/innen können diese Leistungen mit Hilfestellungen erbringen. Ihr Interesse an Geschichte ist themengebunden (...). 7 Schüler sind in Geschichte eher schwach und lösen sich schwer von konkret-narrativen Geschichtserzählungen (...).

4. Didaktische Reflexion, Didaktische Reduktion:

Die geplante Stunde ist eingebettet in die Unterrichtsreihe „Deutschland nach 1945“, die eng an die vorausgegangene Unterrichtsreihe „Die Entstehung einer bipolaren Welt“ anknüpft, wo die Themen „Atomare Bedrohung der Welt“ und „Entspannung und Koexistenz“ ausführlich behandelt wurden. Thematisiert wurde vor allem das atomare Wettrüsten und in den letzten Stunden die Begrenzung der strategischen Atomwaffen. Nachdem wir die vorherige Stunde mit einem Planspiel zur Wiederbewaffnungsdiskussion eröffnet hatten, haben wir uns abschließend mit der Konzeption der wichtigsten Ereignisse der Wiederbewaffnung Deutschlands in einer Zeitleiste auseinandergesetzt. Durch die didaktische Reduktion, die unvermeidbar ist, soll in der geplanten Stunde lediglich die Kontroverse um die Atombewaffnung thematisiert werden. Mit Vollendung der geplanten Stunde soll das Thema Wiederbewaffnung abgeschlossen werden. Die Atombewaffnung stellt einen Höhepunkt der Wiederbewaffnungsdiskussion dar und wurde von der Bevölkerung mehrere Monate lang mit zahlreichen Protestbewegungen stark bekämpft[1]. Vor dem Hintergrund des zweiten Weltkriegs und der damit verbundenen Demilitarisierung, die unter anderem im Potsdamer Abkommen beschlossen wurde, wurde Deutschland wiederbewaffnet und erreichte mit der Atombewaffnung ihre fast vollkommende Souveränität zurück. Auf Grund dieser didaktischen Reduktion erfolgt die Auswahl der Quellen, die auf die für diese Stunde zentralen Aussagen gekürzt wurden und den Schülern ermöglichen, Konrad Adenauers Meinung, die er am 4. April 1957 auf der Bundespressekonferenz dargelegt hat und für eine atomare Bewaffnung Deutschlands spricht, selbstständig zu erarbeiten . Auf der anderen Seite stellt die Quelle, von dem Appell der „Göttinger Achtzehn“, welche am 12. April 1957 veröffentlich wurde und die Gegenposition dar. Die Debatte für eine Befürwortung und einen Verzicht der Atomwaffen im Bezug auf die Vergangenheitspolitik soll im Mittelpunkt der Stunde stehen. Auch heute noch ist die Frage über eine atomare Bewaffnung und deren Verfügung aktuell. Gerade in den letzen Tagen, an denen Nordkorea mit Atomwaffen droht, gewinnt das Thema wieder große Bedeutung. Dieser aktuelle Bezug verdeutlicht bereits die gesellschaftliche Relevanz dieses Topos, da die Schüler und Schülerinnen als Träger unserer Gesellschaft einen Überblick über die kontroverse Entwicklung der atomaren Bewaffnung in Deutschland haben müssen, um die aktuellen poltischen Entscheidungen verstehen zu können. Da Nordkorea aktuell mit Atomwaffen und einen „totalen Krieg“ droht, ist der Bezug zur Lebenswelt zumindest in dieser Hinsicht eröffnet. Der Gegenwartsbezug soll so wahrgenommen werden und den Schülern erkennbar machen, was das Nachdenken über die Vergangenheit, mit ihrer eigenen Gegenwart oder Zukunft zu tun hat.[2] Anhand der zwei Quellen soll es den Schülern und Schülerinnen ermöglicht werden, Fragen an die Vergangenheit zu stellen, sprich sich in die Vergangenheit und in die handelnden Akteure (Konrad Adenauer und Atomwissenschaftler) hineinzuversetzen.[3] Ob die Aufrüstung von Atomwaffen der Preis für die Sicherheit ist, soll aus den vorliegenden Quellen herausgearbeitet werden und das Problemziel darstellen. Mit dem Bezug auf die aktuelle Relevanz des Themas, soll eine vorschnelle Äußerung, die eventuell gegen Konrad Adenauers Meinung spricht vermieden werden. (Würden wir uns ohne die Gewissheit, dass sich Atomwaffen auf deutschem Boden befinden in der heutigen Welt sicher fühlen?) Das Problemziel soll auch auf die aktuelle Debatte der Atomtest in Nordkorea aufmerksam machen. Die acht Schüler, welche schnell Denk- und Erkenntnisprozesse selbständig gestalten können werden relativ zügig den Zusammenhang aus der letzten Stunde ziehen und vielleicht den Grund für die generelle Wiederbewaffnung Deutschlands (Koreakrieg) aufwerfen und analysieren. Die zwei Quellen sollen auf das didaktische Prinzip der Multiperspektivität aufmerksam machen. Es soll den Schülern vermittelt werden, dass Geschichte immer aus einer bestimmten Perspektive wahrgenommen und überliefert wird und das sich diese Wahrnehmungsweisen je nach Situation, Interesse oder Mentalität der Beteiligten erheblich unterscheiden können.[4]

4.1 Sachanalyse

„Soll man die potentielle militärische Stärke Westdeutschlands in vollem Umfang wieder herstellen?“[5] Diese Frage ist Grundlage der zu behandelnden Thematik und wird häufig in der Wissenschaft als die „Wiederbewaffnungsdiskussion“ bezeichnet. Ausgangspunkt dieser Frage sind zwei weltpolitische Ereignisse. Zum einen die Zündung der ersten sowjetischen Atombombe im August 1949 und zum anderem die Gründung der Volksrepublik China am 1. Oktober 1949.[6] Dies führte im Herbst 1949 in den USA zu einer regierungsinternen Diskussion um die Neubewertung der internationalen politisch-militärischen-strategischen Lage und weiterführend um die Konsequenzen für die amerikanische Außen- und Militärpolitik aus den veränderten Bedingungen.[7] Nach dieser Diskussion, die ihren Höhepunkt im Korea-Krieg[8] (1950-1953) fand, da dieser als „Schock“ und als „Blitz“ empfunden und beschrieben wurde, veranlasste Präsident Truman die Prüfung der militärischen Erfordernisse.[9] Dies gab unteranderem den Anlass, dass die Wiederbewaffnungsfrage der Bundesrepublik Deutschland von 1949 bis 1956 nicht nur in den USA und von den anderen Siegermächten diskutiert wurde, sondern auch in Öffentlichkeit und Politik, in Hinblick auf den erst wenige Jahre zurückliegenden Krieg. Weiterhin intensivierte sich die Diskussion über die Bewaffnung der Bundesrepublik auf nationaler und internationaler Ebene, seitdem aus den westlichen Besatzungszonen im Jahre 1949 ein Staat geworden war. Die nahezu vollständige Souveränität der Bonner Republik erreichte die Bundesrepublik mit der Aufhebung des Besatzungsstatus, durch das Bundesministerium der Verteidigung und letztendlich der damit verbundenen Gründung der Bundeswehr am 12. November 1955.[10] Die ersten 1000 Freiwilligen Soldaten traten ihren Dienst am 2. Januar 1956 an und zwei Monate später wurde die allgemeine Wehrpflicht eingeführt.[11] Somit kam zunächst ein wenig Ruhe in die Wiederbewaffnungsdiskussion bzw. in die öffentliche Diskussion um die Bundeswehr. Diese Ruhe wurde allerdings zügig wieder beigelegt, […] „als die amerikanische Strategie seit dem Herbst 1956 vorsah, die konventionellen Streitkräfte in Europa zugunsten einer Ausrüstung mit Atomwaffen zu reduzieren.“[12] Adenauer und der Verteidigungsminister vertraten seit April 1957 öffentlich die Meinung, dass auch die Bundesrepublik im gewissen Maße über Atomwaffen verfügen müsse. Zahlreiche Protestbewegungen in der Bevölkerung und zunehmende Kritik von deutschen Atomwissenschaftlern (Göttinger Achtzehn) konnten die Stationierung von Atomwaffen auf deutschem Boden nicht verhindern. Die Bundesrepublik erhielt allerdings keine Verfügungsmacht über die Atomwaffen.[13] Auf der Kontroverse über die Atombewaffnung Deutschlands soll das Hauptaugenmerk der geplanten Stunde liegen. Die Göttinger 18 waren eine Gruppe von 18 hochangesehenen Atomforschern aus der Bundesrepublik Deutschland. Am 12.April 1957 wendeten Sie sich in der Göttinger Erklärung gegen die vom Bundeskanzler Konrad Adenauer und Verteidigungsminister Franz Josef Strauß angestrebte Aufrüstung der Bundeswehr mit Atomwaffen. Die Äußerungen Adenauers vor der Bundespressekonferenz am 4. April 1957 in welcher er vermerkte, dass taktische Atomwaffen lediglich eine „Weiterentwicklung der Artellerie“ wären und das die Bundeswehr mit diesen „beinahe normalen Waffen“ ausgerüstet werden müsse, war der Anlass der Göttinger Achtzehn für die gemeinsame Göttinger Erklärung.[14] Adenauer und sein Verteidigungsminister wollten möglichst schnell Atomwaffen erhalten. Die Bundeswehr sollte die modernste Ausrüstung bekommen damit die deutschen Truppen nicht mehr durch eine im Verhältnis zu den anderen NATO-Streitkräften schwächere Bewaffnung ausgezeichnet ist.[15] Adenauer betont auf der Bundespressekonferenz, dass die Entwicklung im vollem Gange sei und kennzeichnet dies an der Tatsache, „[…]daß Großbritannien schon vor Wochen erklärt, daß es eine nukleare Macht werden [wolle]“.[16] Dieser Entwicklung muss Deutschland sich anpassen und auch mit nuklearen Waffen ausgerüstet werden. Außerdem legitimieren die Atomwaffen die Weltanschauung des Friedens. Die Göttinger Erklärung informiert über die Feststellung, dass „taktische Atomwaffen“ eine ähnliche Wirkung wie die Hiroshima-Bombe haben. Es gibt gegen „strategische Atomwaffen“ (Wasserstoffbomben) keinen wirksamen Schutz.[17] So stellen die Göttinger Achtzehn das Politische Argument in den Raum, dass so ein kleines Land, wie die Bundesrepublik es ist auf den Besitz von Atomwaffen jeder Art verzichten soll. Die beiden vorliegenden Quellen verdeutlichen die Kontroverse um die Atombewaffnung Deutschlands. Den Appell der Göttinger Achtzehn habe ich bewusst ausgesucht, da mithin ein direkter Bezug auf die Quelle von Adenauer vorhanden ist und die Schüler so die Möglichkeit haben, zwei unterschiedliche Meinungen und deren Argumente zu vergleichen.

[...]


[1] Schildt, Alex: Politische Entscheidungen und Einstellungen. In: Informationen zur politischen Bildung 256 (1997), S. 10-24, hier. S. 19.

[2] Mayer, Ulrich; Pandel, Hans-Jürgen; Schneider, Gerhard (Hrsg.): Handbuch Methoden im Geschichtsunterricht, Schwalbach/Ts. 2011, S.91-112.

[3] Ansatz eines Handlungsorientierten Unterricht, Vgl. Schaubild, Völkel, Bärbel: Handlungsorientierung. In: Mayer, Ulrich; Pandel, Hans-Jürgen; Schneider, Gerhard (Hrsg.): Handbuch Methoden im Geschichtsunterricht, Schwalbach/Ts. 2011 S.49-64, hier, S. 57.

[4] Sauer, Michael: Geschichte unterrichten. Eine Einführung in die Didaktik und Methodik, Seelze-Velber 2010, S. 81-85.

[5] Haffner, Sebastian: Die deutsche Frage. 1950-1961: Von der Wiederbewaffnung bis zum Mauerbau. Hrsg. v. Rainer Nitsche. Berlin 2002, S. 34.

[6] Mai, Gunther: Westliche Sicherheitspolitik im Kalten Krieg. Der Korea-Krieg und die deutsche Wiederbewaffnung 1950. In: Militärgeschichte seit 1945 4 (1977), S. 13.

[7] Ebenda, S. 13.

[8] Am 25. Juni 1950 brach der Korea-Krieg aus. Der Überraschende Beginn der Kämpfe in dem geteilten Land löste im fernen Europa Angst aus, das ein Überfall des Ostens auf die Bundesrepublik und damit der Beginn des dritten Weltkrieges unmittelbar bevorstehen könnte.

[9] Mai, S. 1 u. 13.

[10] Kronenberg, Volker: Grundzüge deutscher Außenpolitik 1949-1990. In: Informationen zur politischen Bildung 304 (2009), S.14-32, hier S.18.

[11] Schildt, S.19.

[12] Vgl. Schildt, S. 19.

[13] Ebenda S. 19.

[14] Kraus, Elisabeth: Atomwaffen für die Bundeswehr? In: Physik Journal 6, Nr. 4, April 2007.

[15] Köhler, Henning: Adenauer. Eine politische Biografie. 2. Bd. Frankfurt 1997, S. 422f.

[16] Ruhl, Klaus-Jörg: Mein Gott, was soll aus Deutschland werden?, München 1985, S. 408.

[17] Ruhl, S. 409.

Ende der Leseprobe aus 13 Seiten

Details

Titel
Die Kontroverse der Atombewaffnung in der Bundesrepublik Deutschland
Hochschule
Johannes Gutenberg-Universität Mainz
Note
2,0
Autor
Jahr
2013
Seiten
13
Katalognummer
V233277
ISBN (eBook)
9783656495864
ISBN (Buch)
9783656495819
Dateigröße
1603 KB
Sprache
Deutsch
Schlagworte
kontroverse, atombewaffnung, bundesrepublik, deutschland
Arbeit zitieren
Sofia Schneider (Autor:in), 2013, Die Kontroverse der Atombewaffnung in der Bundesrepublik Deutschland, München, GRIN Verlag, https://www.grin.com/document/233277

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