Die Konfessionspolitik auf dem Reichstag zu Augsburg 1566 vor dem Hintergrund der Kalvinisierung in der Kurpfalz


Seminararbeit, 2004

19 Seiten, Note: 1


Leseprobe


Inhaltsverzeichnis

1. Einleitung

2. Die Pfalzfrage auf dem Reichstag von 1566
2.1 Vorgeschichte
2.2 Vorverhandlungen
2.3 Beratungen in den Konfessionsparteien und Reichstagskurien
2.4 Die Initiative Maximilians II. gegen Friedrich III.
2.5 Abschluss und Ergebnis des Reichstages

3. Fazit

Literaturverzeichnis

Quellenverzeichnis

Anhang Bildmaterial

1. Einleitung

„[...] das ksl. Mt. dahin trachten wellte,

das die augpurgische confession sauber bliebe.“[1]

Kaiser Maximilian II war derjenige, der die Confessio Augustana „sauber“ halten wollte, wie es die Quelle ausdrückt. Auf seinem ersten Reichstag 1566 versuchte der Habsburger zwischen katholischem Lager und protestantischen Fürsten zu vermitteln. Viele Entscheidungen verzögerten sich durch sein als vorsichtig zu charakterisierendes Regierungs-Verhalten. Auf der anderen Seite stand Kurfürst Friedrich III. von der Pfalz, auch genannt „der Fromme“. Der dem Hause Pfalz-Simmern entstammende Kurfürst hatte den Kalvinismus mit brachialer Gewalt eingeführt und zum Unmut des Kaisers dies auch in benachbarten Territorien versucht.

Zwei Männer – der eine als „Saubermann“, der andere damit zum „Schmutzfink“ degradiert. Der eine traditionell katholisch, als Kaiser noch nicht lange im Amt, der Sorge dafür tragen wollte, dass aufgrund einer neu aufkommenden Religion in der Pfalz kein Chaos in der sonst lutherisch oder katholisch gefärbten Welt des Heiligen Römischen Reiches entstand. Er - der sich stets bei einen Landständen abzusichern versuchte, die zuweilen selbst nicht sicher waren, wofür sie votieren sollten.

Dagegen hielt Kurfürst Friedrich III., der schon mit Bildersturm und ‚Zwangsbekehrungen’ eine Ignoranz und Selbstsicherheit zeigte, wie es kaum einer der anderen Fürsten gewagt hätte. Er - der sich gegenüber dem Kaiser ex tempore in einer Rede verteidigte, strikt gegen das Papsttum wetterte und immer wieder eine Reformation des Katholizismus forderte.

Der eine – vorsichtig verhandelnd. Der andere – dreist tätig.

Auf dem Reichstag 1566 waren es diese beiden Männer, die sich in den Konfessionsverhandlungen zu messen hatten. Im Rahmen der Konfessionalisierung wagte ein einziger Landesherr im Heiligen Römischen Reich einen Rundumschlag seiner Konfession. Er stülpte seinem Land den Kalvinismus über - ohne Rücksicht auf Verluste. Erwartet hätte man auf diesem Reichstag 1566 aus heutiger Sicht einen Einspruch, eine Strafe o. ä., was den Abweichler zur Vernunft gerufen hätte. Wie kam es zu diesem politisch-religiösen Kräftemessen und wie ging es aus? Vor dem Hintergrund der uneingeschränkten Reichsgewalt stellt sich diese Frage als spannend heraus. Schaffte es dieser kalvinistische Einzelgänger mit seiner trotzigen Art den Kaiser als Oberhaupt des Reiches umzustimmen oder gar zu überstimmen? Dann schien die absolute Gewalt sich nicht mehr exklusiv in der Person des Kaisers zu konzentrieren. Ob der Reichstag 1566 also zu Gunsten Kaiser Maximilians II. ausging oder ob der pfälzische Kurfürst Friedrich III. seinen Glauben behaupten konnte, wird im Folgenden zu klären sein. Zu untersuchen ist auch, wie fest die protestantischen Stände zusammen standen. Seit Reformation und Religionsfrieden waren nicht allzu viele Jahre vergangen, so dass zu beobachten ist, wie weit und ob die evangelischen Reichsstände mittlerweile miteinander verwachsen waren und sich aufeinander abstimmten. Bildeten sie eine Gemeinschaft, die den Kalvinisten aus ihrer Mitte drängte, oder spielte Toleranz die tragende Rolle?

2. Die Pfalzfrage auf dem Reichstag von 1566

2.1 Vorgeschichte

Als ein Potpourri der Konfessionen und Glaubensrichtungen kann man die Kurpfalz nach der lutherischen Reformation von 1517 bezeichnen. Viele Einflüsse aus den umliegenden Regionen spielten eine Rolle für die Religionen der pfälzischen Bürger. Im Fokus soll an dieser Stelle die Kalvinisierungspolitik von Friedrich III. (Kurfürst 1559-1576) stehen. „Aus einer zunächst von Räten und Theologen forcierten Reformpolitik wurde bald ein persönliches Anliegen des Landesherrn, das über ihn auch stärker nach außen wirken konnte.“[2] Mit dem Ruf von Immanuel Tremellius, Zacharias Ursinus und Caspar Olevian rief man exponierte Vertreter des kalvinistischen Glaubens an die Heidelberger Universität. Eine „radikale Säuberungspolitik“[3] nahm ihren Lauf: anders denkende Theologen und Pfarrer wurden unter Druck gesetzt, Relikte des Katholizismus und Luthertum vernichtet und Klostergemeinschaften mit Auflösung gedroht.

Mit dem Beschluss des grundlegenden Reformwerks von 1563/64 (Heidelberger Katechismus, Liturgie- und Eheordnung sowie Polizeyordnung) geriet die Kurpfalz immer mehr in eine Außenseiterrolle. „All das machte […] die evangelischen Reichsfürsten misstrauisch.“[4] Vorbehalte im Reich –sowohl der altgläubigen wie auch der lutherischen Gebiete- gegen Friedrich III. verschärften sich zunehmend. Und auch innerhalb der Pfalz gingen nicht alle Stände konform mit der Kalvinisierungspolitik ihres Landesherrn. Sie reagierten aber nicht geschlossen mit Protest, sondern schwankten eher „zwischen Resistenz, Resignation und Rückzug“[5]. Die Menschen wanderte zum Gottesdienst ab in Nachbarterritorien, ignorierten die neuen Prediger und die landesherrlichen Mandate. „Überhaupt zeigte die Bevölkerung in der Kurpfalz ein gewisses Desinteresse an den theologischen Streitfragen [...].“[6]

Anders dagegen die Oberpfalz, die sich dank ihrer geographischen Lage, die sie weniger anfällig für religiöse Strömungen machte, und einer lutherischen Opposition aus Adel, Prälaturen und Landständen gegen die Kirchenpolitik Friedrichs III. behauptete. Nicht nur von innen begegnete ihm also die Opposition. Auch von außen wurde Protest laut, vorrangig von Herzog Christoph von Württemberg und Herzog Wolfgang von Pfalz-Zweibrücken. Als direkte Nachbarn standen sie in einem Konkurrenzverhältnis zur Kurpfalz, auf der anderen Seite befürchteten sie wohl durch Friedrichs III. Ausnahmepolitik eine Schwächung für die Stellung der Protestanten im Reich. Weitere evangelische Fürsten bekundeten ihr Missfallen, doch weder Religionsgespräche noch Ausgleichsverhandlungen änderten etwas an der Pfälzer Religionspolitik. Dazu kam, dass Friedrich III. sich zur Augsburger Konfession bekannte und somit theoretisch vom Religionsfrieden geschützt wurde.

Wirksamere Sanktionen konnte letztlich nur der Kaiser durchsetzen. Ferdinand forderte daher in einem Schreiben von 1563, dass Friedrich III. alle religiösen Neuerungen widerrufen solle. Verfolgt wurde dies aber nicht weiter, da man den Sachverhalt als zu prekär ansah, um ihn im Alleingang zu entscheiden. Deshalb entschlossen sich Kaiser Ferdinand und König Maximilian II. den Reichstag abzuwarten, den Ersterer allerdings nicht mehr erleben sollte.

Ende 1564 spitzte sich die Lage weiter zu, als Friedrich III. dazu überging Reformmaßnahmen in den Gebieten durchzuführen, in denen ihm nicht, nicht allein oder nur eingeschränkt die Herrschaftsrechte zustanden (z.B. Dorf Lampertheim, Dirmstein, Ladenburg, Oppenheim). „Der Augsburger Religionsfrieden hatte zwar das Reformationsrecht den Reichsfürsten zugesprochen, aber nicht klar definiert, mit welchem der vielen Einzelrechte von Territorialherrschaft das im Streitfall verbunden war. So gab es große Reibungspunkte in zahlreichen Randgebieten der Kurpfalz[...].“[7] Kaiser Maximilan II. selbst wandte sich 1565 in zwei Schreiben vom 10. Juli und 18. August an den Kurfürsten und forderte die Rücknahme seiner rechtswidrigen Maßnahmen –allerdings ohne mit reichsrechtlichen Sanktionen zu drohen. Zudem warf er ihm vor, eine „sektiererische Kirchenordnung eingeführt“[8] zu haben. „Auf die Versuche des Kaisers, das Problem zu generalisieren und für eine antikalvinistische Reichspolitik zu instrumentalisieren, ging der Kurfürst nicht ein, sondern versuchte nun seinerseits, die Frage auf das rein Rechtliche zu reduzieren […].“[9] Als Friedrich III. die Bedrohlichkeit der Lage bewusste wurde, unternahm er einen Beschwichtigungsversuch in Form von Briefen nach Wien. An der Entschlossenheit Maximilians II. zu handeln, änderte dies nichts mehr.

2.2 Vorverhandlungen

Wie Edel anmerkt, so sei die „eigentliche Stoßrichtung“ Maximilians II. schon früh erkennbar gewesen. Die Grundfrage habe sich damit beschäftigen sollen, ob die kalvinistische Kirchenpolitik des pfälzischen Kurfürsten überhaupt legitim sei. Die Übergriffe Friedrichs III. auf benachbarte Territorien und die von ihm angetriebene Einführung des Kalvinismus –so hob es der Kaiser hervor- seien nicht mit den Beschlüssen des Religionsfriedens und der Confessio Augustana vereinbar. Maximilian II. orientierte sich an den Ratschlägen des Mainzer Kurfürsten, er solle zunächst trotz seines katholischen Glaubens neutral auftreten und ein gewaltsames Vorgehen gegen Kurpfalz bis zum Reichstag zurückstellen. Damit gerate nicht er allein als traditionell katholischer Kaiser in die Rolle des Anklägers. Vielmehr seien dadurch die evangelischen Reichsstände gezwungen, sich mit der Frage der Legitimität des kalvinistischen Glaubens auseinanderzusetzen. „Zumindest konnte aber kein Zweifel bestehen, dass der Kaiser auf dem Reichstag einen massiven Angriff auf die kalvinistische Kirchenpolitik der Kurpfalz plante [...]“.[10]

Ohne die Unterstützung der Reichsfürsten war dieses Unterfangen taktisch nicht klug, auch wenn mit Hilfe des Reichsepiskopats und der Kurerzbischöfe zu rechnen war. In finanzieller Hinsicht war Maximilian II. besonders zu diesem Zeitpunkt von den Reichständen abhängig, da ein Übergriff der Osmanen auf das habsburgische Ungarn zu erwarten war und Truppen sowie Geld von den Fürsten benötigt wurden. Somit kann man davon ausgehen, dass die Reichsstände ihre Leistungen von einem Entgegenkommen in den Verhandlungspunkten abhängig machten.

[...]


[1] D. Heil, M. Lanzinner (Hrsg.), Deutsche Reichstagsakten, Reichsversammlungen 1556-1662, Der Reichstag zu Augsburg 1566, 1. Teilband, München 2002, Nr. 275. (RTA RVA 1566)

[2] A. Edel, Der Kaiser und Kurpfalz, Eine Studie zu den Grundelementen politischen Handelns bei Maximilian II. (1564-1576) (Diss.), Göttingen 1997, 167. (Edel, Kurpfalz)

[3] Edel, Kurpfalz, 168.

[4] M. Schaab, Geschichte der Kurpfalz, Band 2: Neuzeit, Stuttgart u. a. 1992, 40. (Schaab, Geschichte)

[5] Edel, Kurpfalz, 169.

[6] Edel, Kurpfalz, 170.

[7] Schaab, Geschichte, 41.

[8] D. Heil, M. Lanzinner (Hrsg.), Deutsche Reichstagsakten, Reichsversammlungen 1556-1662, Der Reichstag zu Augsburg 1566, Einleitungstexte des 1. Teilbandes, München 2002, 116. (Heil, Reichstagsakten)

[9] Edel, Kurpfalz, 188.

[10] Edel, Kurpfalz, 194.

Ende der Leseprobe aus 19 Seiten

Details

Titel
Die Konfessionspolitik auf dem Reichstag zu Augsburg 1566 vor dem Hintergrund der Kalvinisierung in der Kurpfalz
Hochschule
Universität Osnabrück  (Institut für Frühe Neuzeit)
Veranstaltung
Adel in der Frühen Neuzeit
Note
1
Autor
Jahr
2004
Seiten
19
Katalognummer
V23342
ISBN (eBook)
9783638264815
Dateigröße
582 KB
Sprache
Deutsch
Anmerkungen
Die Frage ist, wie die Evangelischen Konfessionsparteien zusammenstanden und ob der RT als Erfolg für den Habsburger Kaiser ausging oder für den Pfälzer Kurfürsten Friedrich III.
Schlagworte
Konfessionspolitik, Reichstag, Augsburg, Hintergrund, Kalvinisierung, Kurpfalz, Adel, Frühen, Neuzeit
Arbeit zitieren
Kristine Greßhöner (Autor:in), 2004, Die Konfessionspolitik auf dem Reichstag zu Augsburg 1566 vor dem Hintergrund der Kalvinisierung in der Kurpfalz, München, GRIN Verlag, https://www.grin.com/document/23342

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