Die "Neue Frau": ein Konstrukt der Medien
Man könnte vermuten, dass dieser Typus einer modernen Frau im Grunde eine Erfindung der Medien (Film, Rundfunk, Zeitschriften, Werbung), d. h. ein künstlich erzeugtes Leitbild bzw. ein "Konstrukt" gewesen ist, das man für ganze Heerscharen von jungen aufstrebenden Frauen unter dem Gesichtspunkt der kommerziellen Vermarktung geschaffen hat und das von der zeitgenössischen Literatur bereitwillig aufgegriffen wurde, weil man auf ein aufnahmebereites Lesepublikum setzte. Dies gilt zum Beispiel für den Roman "Das kunstseidene Mädchen" (1932) von Irmgard Keun, der ein grandioser Verkaufserfolg wurde. Dessen Protagonistin arbeitet als Stenotypistin und träumt von einer großen Karriere als Schauspielerin. Sie verkörpert die Sehnsucht vieler junger Frauen dieser Zeit und wird zu einem beliebten Identifikationsmodell.
Das traditionelle Frauenbild und neue Frauentypen
Man gelangt zu einer realistischen Einschätzung dieses Phänomens, wenn man sich vergegenwärtigt, dass in den Zwanziger Jahren des vergangenen Jahrhunderts das traditionelle Frauenbild, das sich bis zum Ende der Kaiserzeit erhalten hatte, grundsätzlich in Frage gestellt wurde. Dieses überholte Frauenbild wurde jedoch nicht durch ein einheitliches, alle gesellschaftlichen Bereiche umfassendes neues Bild der Frau abgelöst. Vielmehr nutzten viele Frauen der 20er Jahre im Zuge der Demokratisierung und des gesellschaftlichen Wertewandels neu gewonnene Entfaltungsmöglichkeiten und entwickelten dabei Erfindungsreichtum und Experimentierfreude. Dies führte zu einer Vielzahl neuer Frauentypen, die in Filmen, in Zeitschriften oder auf Werbeplakaten als "Girl", "Flapper", "Garςonne", "Vamp" (" femme fatale") oder auch als "Dame" große Verbreitung fanden und zu beliebten Motiven von Künstlern, Fotografen, Filmemachern, Werbefachleuten und Literaten wurden. Doch die große Vielfalt an Möglichkeiten wirkte keineswegs nur beglückend, sondern erzeugte auch Unsicherheiten.
Inhaltsverzeichnis
- Einleitung
- Die "Neue Frau"
- Wirkungsbereiche der modernen Frau
- "Wie eine Rutschbahn, auf der man heruntersaust": Doris, das kunstseidene Mädchen von Irmgard Keun
Zielsetzung und Themenschwerpunkte
Diese Arbeit untersucht das Bild der Frau in den 1920er Jahren in Deutschland, beleuchtet durch Kunst, Kultur und Kommerz. Sie analysiert die Entwicklung des Frauenbildes im Kontext des gesellschaftlichen Wandels und der damit verbundenen Herausforderungen und Ambivalenzen.
- Die "Neue Frau" als Medienkonstrukt und gesellschaftliches Ideal
- Konkurrierende Frauenbilder und ihre Darstellung in Kunst und Literatur
- Die berufstätige Frau und ihre Wahrnehmung in der Gesellschaft
- Das Spannungsfeld zwischen traditionellen und modernen Rollenvorstellungen
- Die Ambivalenz weiblicher Lebensentwürfe in den 1920er Jahren
Zusammenfassung der Kapitel
Einleitung: Die Einleitung führt in die Thematik des Frauenbildes der 1920er Jahre ein und skizziert die zentralen Fragestellungen der Arbeit. Sie legt den Fokus auf die Diskrepanz zwischen dem idealisierten Bild der "Neuen Frau" und der rauen Wirklichkeit vieler Frauen dieser Zeit.
Die "Neue Frau": Dieses Kapitel analysiert das aufkommende Ideal der "Neuen Frau" und seine verschiedenen Ausprägungen. Es untersucht, wie dieses Bild in den Medien konstruiert wurde und welche Erwartungen an Frauen gestellt wurden. Die Diskussion um die Vereinbarkeit von Tradition und Moderne im Leben der Frau steht im Mittelpunkt. Es werden verschiedene Erscheinungsformen und Typen der "Neuen Frau" vorgestellt, die je nach Kontext und Medium unterschiedlich dargestellt werden.
Wirkungsbereiche der modernen Frau: Dieses Kapitel beleuchtet die verschiedenen Lebensbereiche der Frau in den 1920er Jahren, darunter Berufstätigkeit, Familie, Freizeit und Unterhaltung. Es wird gezeigt, wie sich die veränderten gesellschaftlichen Bedingungen auf das Leben der Frauen auswirkten und welche Herausforderungen und Chancen sich daraus ergaben. Der Einfluss des Krieges und der unmittelbaren Nachkriegszeit auf die Rolle der Frau wird ebenfalls thematisiert. Die Kapitel untersucht den Schein und die Wirklichkeit der weiblichen Angestellten und deren oft schwierige Lebenssituation. Sport, Jugend und Schönheit werden als wichtige Aspekte des neuen Körpergefühls der Frau beleuchtet, ebenso wie die Rolle des Kinos und des Jazz in der Freizeitgestaltung.
"Wie eine Rutschbahn, auf der man heruntersaust": Doris, das kunstseidene Mädchen von Irmgard Keun: Dieses Kapitel analysiert die Figur Doris aus Irmgard Keuns Roman "Das kunstseidene Mädchen" als Beispiel für eine moderne, emanzipierte Frau der 1920er Jahre. Es wird untersucht, wie Doris sich in einer von Männern dominierten Welt behauptet, welche Herausforderungen sie meistert und welche Konsequenzen ihre Unabhängigkeit hat. Der Fokus liegt auf Doris' Streben nach Unabhängigkeit, ihren Beziehungen und ihrer kritischen Auseinandersetzung mit traditionellen Geschlechterrollen. Ihre Entscheidung, keine traditionelle Ehe einzugehen, wird als Ausdruck ihres Strebens nach Selbstbestimmung interpretiert, und die damit verbundenen gesellschaftlichen Konsequenzen werden beleuchtet.
Schlüsselwörter
Neue Frau, Weimarer Republik, Frauenbild, Medien, Kunst, Literatur, Emanzipation, Tradition, Moderne, Berufstätigkeit, Familie, Gesellschaftlicher Wandel, Geschlechterrollen, Ambivalenz, Konkurrierende Frauenbilder, Kommerz, Sexualität.
Häufig gestellte Fragen (FAQs): Bild der Frau in den 1920er Jahren in Deutschland
Was ist der Gegenstand dieser Arbeit?
Diese Arbeit untersucht das Bild der Frau in den 1920er Jahren in Deutschland anhand von Kunst, Kultur und Kommerz. Sie analysiert die Entwicklung des Frauenbildes im Kontext des gesellschaftlichen Wandels und der damit verbundenen Herausforderungen und Ambivalenzen, mit einem Fokus auf die Diskrepanz zwischen dem idealisierten Bild der "Neuen Frau" und der Realität.
Welche Themen werden behandelt?
Die Arbeit behandelt die "Neue Frau" als Medienkonstrukt und gesellschaftliches Ideal, konkurrierende Frauenbilder in Kunst und Literatur, die berufstätige Frau und ihre gesellschaftliche Wahrnehmung, das Spannungsfeld zwischen traditionellen und modernen Rollenvorstellungen und die Ambivalenz weiblicher Lebensentwürfe in den 1920er Jahren. Es werden Aspekte wie Sport, Jugend, Schönheit, Kino und Jazz als Einflussfaktoren auf das Leben der Frau beleuchtet.
Welche Kapitel umfasst die Arbeit?
Die Arbeit gliedert sich in eine Einleitung, ein Kapitel über die "Neue Frau", ein Kapitel über die Wirkungsbereiche der modernen Frau und ein Kapitel zur Analyse der Figur Doris aus Irmgard Keuns Roman "Das kunstseidene Mädchen". Die Einleitung führt in die Thematik ein und skizziert die zentralen Fragestellungen. Die weiteren Kapitel analysieren das Ideal der "Neuen Frau", die Lebensbereiche der Frauen (Beruf, Familie, Freizeit), und die Darstellung einer emanzipierten Frau in der Literatur.
Wie wird die "Neue Frau" dargestellt?
Das Kapitel zur "Neuen Frau" analysiert das aufkommende Ideal und seine verschiedenen Ausprägungen. Es untersucht die mediale Konstruktion dieses Bildes und die damit verbundenen Erwartungen an Frauen. Die Vereinbarkeit von Tradition und Moderne im Leben der Frau und die verschiedenen Erscheinungsformen und Typen der "Neuen Frau" werden diskutiert.
Welche Rolle spielt die Literatur in der Analyse?
Die Figur Doris aus Irmgard Keuns "Das kunstseidene Mädchen" dient als Fallbeispiel für eine moderne, emanzipierte Frau der 1920er Jahre. Die Analyse fokussiert auf Doris' Streben nach Unabhängigkeit, ihre Beziehungen und ihre Auseinandersetzung mit traditionellen Geschlechterrollen. Ihre Entscheidung gegen eine traditionelle Ehe wird als Ausdruck ihres Strebens nach Selbstbestimmung interpretiert.
Welche Schlüsselwörter charakterisieren die Arbeit?
Schlüsselwörter sind: Neue Frau, Weimarer Republik, Frauenbild, Medien, Kunst, Literatur, Emanzipation, Tradition, Moderne, Berufstätigkeit, Familie, Gesellschaftlicher Wandel, Geschlechterrollen, Ambivalenz, konkurrierende Frauenbilder, Kommerz, Sexualität.
Für wen ist diese Arbeit gedacht?
Diese Arbeit ist für die akademische Verwendung gedacht und dient der Analyse von Themen im Zusammenhang mit dem Frauenbild der 1920er Jahre in Deutschland. Sie eignet sich für Studierende und Wissenschaftler, die sich mit diesem Thema beschäftigen.
- Arbeit zitieren
- Hans-Georg Wendland (Autor:in), 2013, Schöner Schein und raue Wirklichkeit. Frauen der Zwanziger Jahre im Spiegel von Kunst, Kultur und Kommerz, München, GRIN Verlag, https://www.grin.com/document/233688