Unternehmensbewertung mit Hilfe des Economic Value Added Konzepts vor dem Hintergrund der Umstellung des Rechnungswesens von HGB auf IFRS


Diplomarbeit, 2003

64 Seiten, Note: 2,7


Leseprobe

Inhaltsverzeichnis

Abbildungsverzeichnis

Tabellenverzeichnis

Abkurzungsverzeichnis

Symbolverzeichnis

1 Einfuhrung in den Untersuchungsgegenstand
1.1 Darstellung des Problemkreises
1.2 Zielsetzung und Aufbau der Arbeit

2 Unternehmensbewertung mit Hilfe des Economic Value Added Konzepts
2.1 Theoretische Grundlagen des EVA-Konzepts
2.2 Der EVA als periodenspezifischer Ubergewinn
2.2.1 Grundlegende Berechnungsmethodik des EVA
2.2.2 Basiskomponenten zur Berechnung des EVA
2.2.2.1 Das investierte Kapital
2.2.2.2 Der NOPAT
2.2.2.3 Der Kapitalkostensatz
2.2.3 Anpassungen an das Economic Model
2.2.3.1 Vom Accounting Model zum Economic Model
2.2.3.2 Die Konversionen
2.3 Die Berechnung des Shareholder Values
2.3.1 Berechnung des nicht-betriebsnotwendigen Vermogens und des Fremdkapitals
2.3.2 Berechnung des betriebsnotwendigen Vermogens
2.3.2.1 Der MVA als ErtragsgroBe
2.3.2.2 Das investierte Kapital als Substanzwert
2.4 Die Aussagekraft des EVA-Konzepts

3 Neutralisierung der Auswirkungen von HGB und IFRS auf die Berechnung des Shareholder Value
3.1 Basis der Rechnungslegungsdaten von HGB und IFRS
3.2 Grundlegende Rechnungslegungskonzeptionen nach HGB und IFRS
3.2.1 Jahresabschlusszwecke nach HGB und IFRS
3.2.2 Interessenregelung zwischen den Eigenkapitalgebern
3.2.3 Ansatz- und Bewertungsvorschriften von Aktiva nach HGB und IFRS
3.2.3.1 Allgemeine Ansatzvorschriften
3.2.3.2 Allgemeine Bewertungsvorschriften
3.3 Anpassungen der Rechnungslegungsdaten von HGB und IFRS an das Economic Model
3.3.1 Systematisierung der Anpassungen
3.3.2 Anpassungen dem Grunde nach
3.3.2.1 Nicht aktivierungsfahige Investitionen in immaterielle Werte
3.3.2.2 Successful Efforts Accounting
3.3.2.3 Anlagen im Bau
3.3.2.4 Operating-Leasing
3.3.2.5 Kurzfristige nicht zinstragende Verbindlichkeiten
3.3.2.6 Ingangsetzungs- und Erweiterungsaufwendungen
3.3.3 Anpassungen der Hohe nach
3.3.3.1 Grundlegende BewertungsmaBstabe fur das Vermogen
3.3.3.2 Behandlung des Goodwill
3.3.3.3 Langfristige Fertigungsauftrage
3.3.3.4 Lifo-Reserve
3.3.3.5 Latente Steuern

4 Kritische Wurdigung

5 Zusammenfassung und Fazit

Anhang

Literaturverzeichnis

Rechtsquellenverzeichnis

Abbildungsverzeichnis

Abbildung 1: Berechnung des MVAex-ante

Abbildung 2: Berechnung des investierten Kapitals und des MVA

Abbildung 3: Berechnung des Marktwert des betriebsnotwendigen Vermogens

Abbildung 4: Aufteilung des Kapitalwerts beim EVA-Konzept

Abbildung 5: Berechnung des Shareholder Values

Tabellenverzeichnis

Tabelle 1: Einfluss von Abschreibungen auf den Unternehmenswert

Tabelle 2: Einfluss des Leasings auf den Unternehmenswert

Tabelle 3: Kurzung des investierten Kapitals um das unverzinsliche Fremdkapital

Tabelle 4: Erhohung der NOPAT’s um die impliziten Fremdkapitalkosten

Tabelle 5: Anteilige Aktivierung von Gewinnen beim HGB-Abschluss

Tabelle 6: Unternehmenswertvergleich bei einem investiertem Kapital von 1000 GE

Tabelle 7: Unternehmenswertvergleich bei einem investiertem Kapital von 2500 GE

Abkurzungsverzeichnis

Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten

Symbolverzeichnis

Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten

1 Einfuhrung in den Untersuchungsgegenstand

1.1 Darstellung des Problemkreises

Fur die Anwendung des Economic Value Added (EVA)-Konzepts zur Un- ternehmensbewertung ist insbesondere der Beschluss des EU-Ministerrats vom Juni 2002 von besonderer Bedeutung. Danach sind alle kapitalmarkt- orientierten europaischen Unternehmen ab dem Jahr 2005 dazu verpflichtet, ihren Konzernabschluss nach den IFRS[1] - vormals IAS - aufzustellen.[2] Dies fuhrt bei Unternehmen, die ihre Rechnungslegung bereits auf die IFRS um- gestellt haben oder dieses planen, zu einer groBeren Harmonisierung des in- ternen und externen Rechnungswesens[3] und damit zu einer verstarkt auf die Informationsbedurfnisse externer Investoren ausgerichteten Unternehmens- publizitat. Aufgrund der gleichzeitigen Aufwertung der Jahresabschlusse als Informationsbasis wird fur Zwecke der Unternehmensbewertung das rech- nungslegungsbasierte EVA-Konzept von einer zunehmenden Zahl externer Investoren angewendet.[4] Allerdings besteht noch eine unsichere Rechtslage bezuglich der Anwendung der IFRS auf den Einzel- und Konzernabschluss nicht borsennotierter Unternehmen. Dabei sollen nicht kapitalmarktorien- tierte Unternehmen ein Wahlrecht zur Aufstellung ihres Konzernabschlusses nach dem HGB oder den IFRS bekommen.[5] Aufgrund vergleichsweise vie- ler nicht borsennotierter Unternehmen, kann dies insbesondere in Deutsch­land zu einer uneinheitlicheren Bilanzierung fuhren.[6] Um geeignete Investi- tionsentscheidungen treffen zu konnen, werden Investoren daher in starke- rem MaBe gezwungen sein, HGB- und IFRS-Abschlusse miteinander zu vergleichen. Somit ist eine Untersuchung der Einflusse von den Regelungen des HGB und der IFRS auf den mit dem EVA-Konzept berechneten Unter- nehmenswert von groBer Bedeutung.

1.2 Zielsetzung und Aufbau der Arbeit

Die Arbeit soil externen Investoren aufzeigen, wie sie mit dem EVA-Kon- zept[7] Unternehmen bewerten konnen. Dabei soil vor allem deutlich werden, wie man die nach HGB bilanzierenden Unternehmen mit denen, die ihren Jahresabschluss nach den IFRS aufstellen, untereinander vergleichen kann. In diesem Zusammenhang soll auch herausgearbeitet werden, wie die Ein- flusse der Rechnungslegungen so zu neutralisieren sind, dass mit Hilfe des EVA-Konzepts letztlich der gleiche Unternehmenswert berechnet wird.

Das 2. Kapitel soll zunachst die grundlegende Bewertungssystematik des EVA-Konzepts darstellen. Dazu wird zuerst die Berechnung des EVA er- lautert, bevor im Anschluss aufgezeigt wird, wie der Shareholder Value eines Unternehmens berechnet wird. Das Kapitel endet mit einer kritischen Wurdigung der Aussagekraft des EVA-Konzepts.

Das Ziel des 3. Kapitels besteht in dem Aufzeigen der Einflusse der HGB- und IFRS-Normen auf den Unternehmenswert und darin, wie diese so neu- tralisiert werden konnen, um rechnungslegungsunabhangig den gleichen Unternehmenswert zu erhalten. Durch die Erlauterung des theoretischen Aufbaus, die Art der Berucksichtigung verschiedener Interessengruppen sowie die grundlegenden Ansatz- und Bewertungsregeln der Rechnungsle- gungssysteme, werden zunachst die wesentlichen Unterschiede zwischen den HGB- und den IFRS-Normen dargestellt. AnschlieBend sollen Anpas- sungen diskutiert werden, um mit ihrer Hilfe die buchhalterischen Verzer- rungen auf die Berechnung des Unternehmenswerts zu neutralisieren.

Im Rahmen der kritischen Wurdigung werden nochmals die Starken und Schwachen des EVA-Konzepts gegenubergestellt. Ob ein Investor insbe- sondere mit Hilfe der Anpassungen in der Lage ist, die nach verschiedenen Rechnungslegungen bilanzierenden Unternehmen untereinander vergleichen zu konnen, ist schlieBlich Gegenstand der Zusammenfassung und des Fazits.

2 Unternehmensbewertung mit Hilfe des Economic Value Added Konzepts

2.1 Theoretische Grundlagen des EVA-Konzepts

Das EVA-Konzept stellt gegenwartig das meistbeachtete Ubergewinn- bzw. Residualgewinnverfahren dar.[8] Als solches wird der Marktwert des Eigen- kapitals bzw. der Shareholder Value anhand einer Ertrags- und einer Kapi- talgroBe ermittelt. Die Berechnung der ErtragsgroBe basiert dabei auf der Kapitalwertmethode. Nach dieser musste der Marktwert des Eigenkapitals eigentlich durch Diskontierung der Netto-Einnahmen des Investors berech- net werden. Da ihre Ermittlung in der Praxis jedoch zu komplex ist,[9] wird stattdessen der Marktwert des Eigenkapitals indirekt uber den Marktwert des Gesamtkapitals berechnet:

Marktwert des betriebsnotwendigen Vermogens + Marktwert des nicht-betriebsnotwendigen Vermogens = Marktwert des Gesamtkapitals - Marktwert des Fremdkapitals = Marktwert des Eigenkapitals[10]

Das betriebsnotwendige Vermogen berechnet sich dabei als Summe aus dem im Unternehmen investierten Kapital und dem Market Value Added (MV A) als Barwert aller zukunftig erwarteten Ubergewinne bzw. EVA. Nach dem Lucke-Theorem fuhrt die dem Verfahren zugrundeliegende Dis­kontierung von Gewinnen, unter Einhaltung bestimmter Bedingungen, zum gleichen Unternehmenswert wie zahlungsorientierte Barwertkonzepte.[11]

2.2 Der EVA als periodenspezifischer Ubergewinn

2.2.1 Grundlegende Berechnungsmethodik des EVA

Dem EVA-Konzept liegt die Annahme zugrunde, dass ein Unternehmen fur seine Eigner nur dann Wert schafft, wenn es nach Abzug samtlicher Kosten einen Gewinn (Economic Value Added) erzielt. Zu den abzugspflichtigen Kosten zahlen neben den operativen insbesondere auch die Kapital- bzw. Opportunitatskosten[12] der Eigen- und Fremdkapitalgeber.[13] Der perioden- spezifische EVA lasst sich dabei sowohl nach der Capital Charge- als auch nach der Value Spread-Formel berechnen. Beide Formeln konnen ineinan- der uberfuhrt werden und sind somit gleichwertig.[14] Formal gilt:

EVAcapltaicharge,t = N0PATt - WACCt * C-

EVAValueSpread,t = (ROICt - WACCt) * ICt-

Bei der Capital Charge-Formel werden vom steuerangepassten betrieblichen Gewinn des Unternehmens, dem sog. NOPAT (Net Operating Profit after Tax), die Kapitalkosten des Unternehmens abgezogen. Die Kapitalkosten berechnen sich dabei durch Multiplikation des zu Beginn der Periode im Unternehmen investierten Kapitals (Invested Capital) mit dem Gesamtka- pitalkostensatz WACC (Weighted Average Cost of Capital) des Unterneh- mens.[15] Da sich der EVA als StromgroBe auf eine gesamte Periode bezieht, wird in der Literatur teilweise vorgeschlagen, anstelle des am Periodenan- fang im Unternehmen investierten Kapitals, das in der Periode durchschnitt- lich gebundene investierte Kapital zu verwenden.[16]

Im Gegensatz zur Capital Charge-Formel, kann der Value Spread-Formel direkt abgelesen werden, dass ein Unternehmen nur dann Wert schafft, falls die Rendite auf das betrieblich eingesetzte Kapital hoher war als die Kapi- talkosten des Unternehmens. Die Kapitalrendite ROIC (Return on Invested Capital)[17] stellt dabei das Verhaltnis des NOPAT zum investierten Kapital dar. Bei einem positiven EVA ist es dabei dem Unternehmen in der abge- laufenen Periode gelungen, einen uber seinen Kosten liegenden Gewinn zu erwirtschaften und somit einen Vermogenszuwachs fur die Investoren zu erzielen.[18] Ein negativer EVA signalisiert hingegen, dass das Unternehmen seine Kosten nicht decken konnte.[19] Der Investor hatte bei einer Investition in ein anderes Unternehmen mit gleichem Risikoprofil eine hohere, bzw. in ein Unternehmen mit geringerem Risiko die gleiche Rendite erzielt.[20]

Die meisten Unternehmen sind heute jedoch mehr oder weniger stark diver- sifiziert. Da jeder Geschaftsbereich eine unterschiedliche Risikostruktur und damit unterschiedlich hohe Kapitalkosten aufweist, ist die Berechnung des EVA grundsatzlich fur jeden Geschaftsbereich eigenstandig vorzunehmen.[21] Der EVA einer Periode lasst sich bei einem diversifizierten Unternehmen nach der Capital Charge-Formel beispielhaft wie folgt berechnen:[22]

Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten

2.2.2 Basiskomponenten zur Berechnung des EVA

2.2.2.1 Das investierte Kapital

Die im Rahmen der Berechnung des EVA verwendete VermogensgroBe „ist das betriebsnotwendige, d.h. fur die Erwirtschaftung des NOPAT eingesetz- te Vermogen“.[23] Die Ermittlung des Vermogens bzw. Kapitals kann sowohl aktivisch (Operating Approach) als auch passivisch (Financing Approach) erfolgen.[24] Ausgangspunkt der Berechnung des investierten Kapitals beim Operating Approach ist die Bilanzsumme. Von ihr ausgehend werden eine Reihe von Anpassungen vorgenommen, um von der buchhalterisch geprag- ten zu einer okonomischeren GroBe zu gelangen.[25] Die Anpassungen wer­den dabei im Rahmen von vier sog. Konversionen[26] berucksichtigt, die alle nicht-betrieblichen, finanziellen, steuerlichen und bewertungstechnischen Verzerrungen beseitigen sollen.[27] Im Rahmen der Operating Conversion ist zunachst die Bilanzsumme um das nicht-betriebsnotwendige Vermogen zu kurzen, wodurch man das betriebsnotwendige Vermogen erhalt. Ausgehend von diesem, sind schlieBlich die ubrigen drei Konversionen vorzunehmen:

Bilanzsumme - Operating Conversion = betriebsnotwendiges Vermogen

+/- Funding Conversion, Shareholder Conversion, Tax Conversion = Investiertes Kapital28[28]

2.2.2.2 DerNOPAT

Hostettler definiert den NOPAT als den „buchhalterischen betrieblichen Gewinn nach einer steuerlichen Korrektur "[29] Neben dem Zinsaufwand fur das Fremdkapital berucksichtigt er auch keine Eigenkapitalkosten und stellt insbesondere deshalb lediglich eine buchhalterische und nicht okonomische GroBe dar. Als Gewinn nach angepassten Steuern,[30] aber vor Zinsen, geht der NOPAT damit von der Fiktion der vollstandigen Eigenfinanzierung aus.[31] Der Jahresuberschuss ist, neben den Fremdkapitalzinsen und den in der GuV ausgewiesenen Steuern, somit auch um das sog. Tax Shield zu kor- rigieren.[32] Dieses stellt dabei die Steuerersparnis dar, die dem Unternehmen durch die Abzugsfahigkeit der Fremdkapitalzinsen zukommt. In einem letz- ten Schritt mussen schlieBlich auf das bisher berechnete EBIT, die bereits kennengelernten Konversionen angewendet werden, um so den NOPAT zu erhalten. Wie das investierte Kapital, so ist damit auch der NOPAT einer okonomischeren Sichtweise angepasst. Dabei ist im Rahmen der Konversio­nen darauf zu achten, dass sich beide GroBen inhaltlich entsprechen. Bei der Anpassung einer GroBe muss stets die Auswirkung auf die andere GroBe mitberucksichtigt werden.[33] Der NOPAT wird somit wie folgt berechnet:

Jahresuberschuss /-fehlbetrag + Steuern (lt. GuV)

+ Zinsaufwand - Tax Shield = EBIT +/- Konversionen = NOPAT

2.2.2.3 Der Kapitalkostensatz

Durch den Kapitalkostensatz wird eine Investition mit einer alternativen ri- sikoaquivalenten Anlagemoglichkeit verglichen. Als Kapitalkostensatz wird dabei i.d.R. der WACC (Weighted Average Cost of Capital) verwendet.[34] Er setzt sich aus den Renditeforderungen der Eigen- und Fremdkapitalgebern, jeweils gewichtet mit ihren zu Marktwerten bewerteten Kapitalanteilen, zu- sammen. Der sich aus der Abzugsfahigkeit der Fremdkapitalzinsen ergeben- de Steuervorteil (Tax Shield) wird dabei durch die Kurzung des Fremdkapi- talzinssatzes um den Unternehmenssteuersatz berucksichtigt.[35]

Zur Preisbestimmung des Risikos und damit zur Berechnung der Rendite­forderungen der Eigenkapitalgeber, hat sich die marktbezogene Bewertung in Form des Capital Asset Pricing Models (CAPM) durchgesetzt.[36] Anhand eines linearen Zusammenhangs zwischen Rendite und Risiko, leitet es fur jedes ubernommene Risiko eine bestimmte Risikopramie ab.[37] Der Betafak- tor stellt dabei den Proportionalitatsfaktor dar.[38] Diese, aus dem gleichge- wichtigen Markt abgeleitete Pramie, enthalt nur das systematische Risiko, da annahmegemaB das unsystematische Risiko durch vollstandige Diversi- fikation eliminiert werden kann. Durch Zuschlag der Risikopramie zum risi- kolosen Zins, wird das Risiko im Nenner berucksichtigt (Risikozuschlags- methode).[39] Aufgrund der groBen Ermessensspielraume des Bewertenden bei der Festlegung der Modellparameter, wird dem Modell oftmals vorge- halten, dass es eine Objektivierung lediglich vortausche[40] Desweiteren ste- hen vor allem die restriktiven Modellannahmen,[41] sowie die Ermittlung des Betafaktors[42] im Mittelpunkt der Kritik.

2.2.3 Anpassungen an das Economic Model

2.2.3.1 Vom Accounting Model zum Economic Model

Der EVA soil den periodenspezifischen okonomischen Gewinn eines Unter- nehmens angeben.[43] Unter dem okonomischen Gewinn wird dabei die um die Einlagen und Entnahmen der Eigentumer korrigierte Differenz zwischen dem Ertragswert eines Unternehmens am Periodenende und -anfang ver- standen[44] Zu seiner Berechnung mussen die Daten der Rechnungslegung jedoch zunachst aufbereitet werden. Dazu wechselt man die Sichtweise von der eines buchhalterisch gepragten und vorsichtigen Glaubigers (Acounting Model) zu der eines risikofreudigen und optimistischen Aktionars (Econo­mic Model).[45] Die Verzerrungen der Rechnungslegung werden dabei durch Anpassungen beseitigt[46] Um einen Uberblick uber die einzelnen Anpassun­gen zu erhalten, bietet sich die Systematisierung von Hostettler an.[47] Er hat diese in vier Kategorien, den sog. Konversionen, eingeordnet. Diese sollen im Folgenden kurz erlautert werden.[48]

2.2.3.2 Die Konversionen

Damit der EVA einen betrieblichen Ubergewinn darstellt, muss im Rahmen der Operating Conversion das investierte Kapital und der NOPAT von allen nicht betrieblichen GroBen befreit werden. Deren Identifikation kann dabei unter Verwendung der Informationen aus der Segmentberichterstattung er- leichtert werden.[49] Typische Anpassungen sind z.B. Abschreibungen, Anla- gen im Bau, eigene Aktien oder Wertpapiere des Umlaufvermogens.[50]

Bei der Shareholder Conversion geht es hingegen um die Identifikation von Equity Equivalents.[51] Dabei handelt es sich um Werte, die aus betriebswirt- schaftlicher Sicht zu Unrecht entweder gar nicht aktiviert oder zu niedrig bewertet worden sind. Zur ersten Gruppe zahlen insbesondere Ausgaben, die sofort als Aufwand verbucht wurden, betriebswirtschaftlich aber Investi- tionscharakter haben, wie z.B. Ausgaben fur Marketing, fur Restrukturie- rungen oder fur Forschung- und Entwicklung. Zur zweiten Gruppe gehort, als Ergebnis des Vorsichts- und Imparitatsprinzips, z.B. die Berucksichti- gung stiller Reserven oder die Behandlung des Goodwills.

Ziel der Funding Conversion ist die vollstandige Erfassung samtlicher aus- gewiesener und versteckter Finanzierungsformen, sowie die Beseitigung der daraus entstehenden Abweichungen vom Economic Model.[52] Beispielsweise werden in der Bilanz ausgewiesene, nicht zinstragende kurzfristige Verbind- lichkeiten, wie z.B. passivische Rechnungsabgrenzungsposten oder Liefe- rantenkredite, von der Bilanzsumme abgezogen.[53] Dagegen wird betriebs- notwendiges Vermogen,[54] das in Form des Operating-Leasing bisher nicht in der Bilanz erfasst worden ist, nachtraglich aktiviert und somit der Bilanz- summe hinzugerechnet.

Nach Berucksichtigung samtlicher Konversionen muss im Rahmen der Tax Conversion schlieBlich der, in der GuV ausgewiesene Steueraufwand, dem Steueraufwand des Economic Model angepasst werden. Dieser wird unter der Annahme der vollstandigen Eigenfinanzierung berechnet und stellt da- her einen nur theoretisch zu zahlenden Steueraufwand dar.

[...]


[1] Unter dem Begriff „IFRS“ werden im Folgenden sowohl die vom IASC verabschiedeten IAS, als auch die ab 2001 vom IASB verabschiedeten IFRS verstanden. Vgl. Pilhofer (2002), S. 2.

[2] Vgl. Kahle (2003), S. 262.

[3] Vgl. Pellens/Tomaszewski/Weber (2000), S. 1830.

[4] Vgl. Siebrecht/Heidorn/Klein (2001), S. 560; vgl. dazu auch Ehrbar (1999), S. 29.

[5] Vgl. Kahle (2003), S. 264.

[6] Vgl. Bocking/Nowak (1999a) S. 175.

[7] Das EVA-Konzept wurde von der Unternehmensberatung Stern Stewart & Co. entwi- ckelt und lasst sich grundsatzlich zur Bewertung eines Unternehmens, zur finanziellen Performance-Messung und als Anreizsystem einsetzen. Vgl. Hostettler (2000), S. 21.

[8] Vgl. Eidel (2000), S. 69.

[9] Fur die Ermittlung des Marktwert des Eigenkapitals uber die Netto-Einnahmen des In­vestors, mussten neben den Zahlungen zwischen dem Unternehmen und dem externen Investor auch seine personlichen Steuerzahlungen sowie bei ihm evtl. auftretende Syner- gieeffekte mitberucksichtigt werden. Vgl. Mandl/Rabel (1997), S. 110ff.

[10] Wird bei der indirekten Ermittlung lediglich ein Marktwert des Eigenkapitals berechnet, so ergabe sich bei der direkten Ermittlung fur unterschiedliche Personen auch unter- schiedliche Marktwerte des Eigenkapitals. Vgl. Hostettler (2000), S. 181.

[11] Dabei mussen insbesondere die Periodengewinne und die Einzahlungsuberschusse in der Totalperiode ubereinstimmen und die Periodengewinne um kalkulatorische Zinsen fur das eingesetzte Kapital korrigiert werden. Vgl. Fischer/Vielmeyer (2002), S. 3.

[12] Bei Investitionen unter Unsicherheit sind die Eigenkapitalkosten des Unternehmens und die Opportunitatskosten externer Investoren i.d.R. verschieden. Vgl. Nippel/Scheinert (2000), S. 560. Im weiteren Verlauf der Arbeit wird jedoch deren Gleichheit unterstellt und beide Begriffe damit synonym verwendet.

[13] Vgl. Young/O’Byrne (2001), S. 18f.

[14] Vgl. Hostettler (2000), S. 46.

[15] Vgl. Steiner/Bruns (2002), S. 259.

[16] Vgl. Hostettler (2000), S. 44.

[17] Als Synonyme werde in der Literatur auch benutzt: ROI (Return on Investment), ROC (Return on Capital), RONA (Return on Net Assets), IRR (Internal Rate of Return).

[18] Vgl. Wehrheim/Schmitz (2001) S. 495.

[19] Die Kosten umfassen dabei die operativen Kosten und die Kapitalkosten in gleichem Mabe. Vgl. Ehrbar (1999), S. 146. Die Aussage, dass ein Unternehmen bei einem nega- tiven EVA nicht in der Lage war seine Kapitalkosten zu decken, kann deshalb auch nicht unterstutzt werden. Vgl. Hostettler (2000), S. 19f.; vgl. dazu auch Eidel (2000), S. 73.

[20] Vgl. Hostettler (2000), S. 20.

[21] Vgl. Hostettler (2000), S. 39f.

[22] Im Weiteren wird von einem nicht-diversifizierten Unternehmen ausgegangen. Dies hat keinen Einfluss auf die allgemeine Berechnungsmethodik des EVA, da die Berucksichti- gung mehrerer Geschaftsbereiche nur eine Erweiterung der allgemeinen Formel darstellt.

[23] Vgl. Hostettler (2000), S. 50.

[24] Hostettler bevorzugt den Operating Approach, da man dem Kapital im Gegensatz zu den Vermogensgegenstanden nicht ansehen kann, ob es betrieblich genutzt wird oder nicht. Vgl. Hostettler (2000), S. 43. Im Rahmen dieser Arbeit wird das investierte Kapital im Weiteren ebenfalls aktivisch ermittelt. Um sprachlich mit der uberwiegenden Literatur ubereinzustimmen, wird dennoch der Begriff „investiertes Kapital" beibehalten.

[25] „In der wirtschaftlichen Realitat ist Kapital das, was der Buchwert darstellen wurde, wenn die Buchhalter Finanzwissenschaftler waren." Ehrbar (1999), S. 70f.

[26] Zu den einzelnen Konversionen siehe Kapitel 2.2.3.2.

[27] Vgl. Hostettler (2000), S. 98.

[28] Neben dieser indirekten Berechnungsmethode, kann das investierte Kapital auch direkt als Summe aus Netto-Umlaufvermogen und betrieblichem Anlagevermogen berechnet werden. Vgl. Ehrbar (1999), S. 145.

[29] Vgl. Hostettler (2000), S. 19.

[30] Die im EVA-Konzept anzusetzenden Steuern werden in der Tax Conversion berechnet. Siehe dazu Kapitel 2.2.3.2.

[31] Der NOPAT stellt damit einen Gewinn dar, der den Eigen- und den Fremdkapitalgebern zusteht. Es handelt sich somit beim EVA-Konzept um einen sog. Entity-Approach.

[32] Das Tax Shield wird nicht in der GewinngroBe, sondern im Kapitalkostensatz beruck- sichtigt.Vgl. Bocking/ Nowak (1999b), S. 283; siehe dazu auch Kapitel 2.2.2.3.

[33] So zwingt z.B. die Aktivierung von F+E-Aufwendungen im investierten Kapital gleich- zeitig zu einer Korrektur des NOPAT. Dieser ist um die F+E-Aufwendungen der Periode zu erohen und um die Abschreibungen zu verringern. Siehe dazu auch Kapitel 3.4.I.2.

[34] Vgl. Hostettler (2000), S. 53.

[35] Vgl. Baetge/Niemeyer/Kummel (2002), S. 303.

[36] Zu den Unterschieden zwischen der individualistischen Wertkonzeption und der markt- bezogenen Bewertung der Renditeforderungen vgl. Kasperzak (2000), S. 466f.

[37] Vgl. Maier (2001), S. 299.

[38] “In a competitive market, the expected risk premium varies in direct proportion to beta.” Brealey/Myers (2000), S. 195.

[39] Vgl. Spremann (2002), S. 170.

[40] Vgl. Kasperzak (2000), S. 468.

[41] Zu den Modellannahmen des CAPM siehe Perridon/Steiner (2002), S. 270f.

[42] Vgl. Helmis/Timmreck/Richter (2002), S. 303.

[43] Vgl. Young/O’Byrne (2000), S. 35.

[44] Vgl. Dawo (2003), S. 36.

[45] Vgl. Hostettler (2000), S. 21.

[46] Stern Stewart & Co. sehen bis zu 164 Anpassungen vor, von denen aber nur bis zu 10 praktische Relevanz haben. Vgl. Eidel (2000), S. 236.

[47] Die hier vorgestellte Systematisierung der Anpassungen erfolgt zunachst nur, um dem Leser einen Uberblick uber die verschiedenen Arten der Anpassungen zu geben. Zur Systematisierung der Anpassungen im Rahmen dieser Arbeit siehe Kapitel 3.3.1.

[48] Vgl. Hostettler (2000), S. 98ff.

[49] Vgl. Hostettler (2000), S. 99.

[50] Da fur alle aufgezahlten Anpassungen jedoch auch Gegenbeispiele denkbar sind, in de­nen sie auch betriebsnotwendig sein konnen, kann letztlich nur im Einzelfall uber die Be- triebszugehorigkeit entschieden werden. Vgl. Bruns (1998), S. 83.

[51] Vgl. Hostettler (2000), S. 103.

[52] Vgl. Hostettler (2000), S. 100.

[53] Dadurch vermeidet man die schwierigere Korrektur des NOPAT um die z.B. in den be- schafften Waren enthaltenen Zinsaufwendungen. „Digging out the interest component of accounts such as trade payables is seldom worth the effort:” Young/O’Byme (2001), S. 44f. Siehe dazu auch Kapitel 3.4.1.6.

[54] Nicht-betriebsnotwendiges geleastes Vermogen, ist zwar nicht zu aktivieren, jedoch sind die entsprechenden Leasingraten aus dem NOPAT zu eliminieren.

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Details

Titel
Unternehmensbewertung mit Hilfe des Economic Value Added Konzepts vor dem Hintergrund der Umstellung des Rechnungswesens von HGB auf IFRS
Hochschule
Westfälische Wilhelms-Universität Münster  (Institut für Kreditwesen)
Note
2,7
Autor
Jahr
2003
Seiten
64
Katalognummer
V23572
ISBN (eBook)
9783638266710
Dateigröße
760 KB
Sprache
Deutsch
Schlagworte
Unternehmensbewertung, Hilfe, Economic, Value, Added, Konzepts, Hintergrund, Umstellung, Rechnungswesens, IFRS
Arbeit zitieren
Marc Börgers (Autor:in), 2003, Unternehmensbewertung mit Hilfe des Economic Value Added Konzepts vor dem Hintergrund der Umstellung des Rechnungswesens von HGB auf IFRS, München, GRIN Verlag, https://www.grin.com/document/23572

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