Jamie P. Shea brachte die gewandelte Kernfunktion der Nordatlantikpakt-Organisation (NATO) auf eine kurze Formel: „For almost half a century the 1
task of the Western Allies was to prevent a war. Today it is to shape peace.“ Shea kennzeichnete mit diesen prägnanten Worten und schon der semantischen Gegenüberstellung von Krieg und Frieden den veränderten Charakter und mehr noch die Motivation der NATO in einer veränderten Zeit. Sie möchte nicht mehr nur Krieg verhindern, sondern Frieden schaffen, sogar dort aktiv sein, wo Krieg herrscht. Nur welche Mittel sind der Herstellung von Frieden dienlich? Wo sind die Grenzen des friedensschaffenden Handelns? Recht, Interesse, Risiko? Shea würde die Frage bejahen, ob die NATO bisher zurecht Krieg für den Frieden geführt hat.
Der NATO Sprecher stand wie kein anderer Mitarbeiter der Allianz während der Luftschläge gegen das serbische Regime und seine Streitkräfte in der Krisenprovinz Kosovo im Frühjahr 1999 im Mittelpunkt des öffentlichen Interesses. Fast drei Monate werden tägliche Pressekonferenzen abgehalten, die Welt hört und sieht mit. Shea informiert, analysiert, spricht Warnungen aus, rechtfertigt, entschuldigt und kämpft - für die Luftoperation der NATO, die die Weltöffentlichkeit in Befürworter und Gegner gespalten hat. Die NATO verfolgte mit ihrer Aktion unanfechtbare Ziele. Der NATO Sprecher wurde in der Zeit der Pressekonferenzen, die ihm neben dem Kosovokrieg wie ein „Krieg der Information“ erschien, nicht müde, zu betonen, dass die NATO Luftschläge im Namen der Menschenrechte gegen ein diktatorisches Regime geführt wurden - der offiziellen NATO Meinung nach offensichtlich Gut gegen Böse kämpfte.
Klar ist aber auch, dass die NATO mit ihrem Eingreifen in die offensichtlich innerstaatliche (serbische) Angelegenheit des Kosovokonflikts mehrere vertragliche Abmachungen missachtete, ja brach. Sie brach das Gewaltverbot, das in der Charta der Vereinten Nationen (VN) festgeschrieben ist. Sie missachtete die Hierarchie der institutionellen Kompetenzen, denn sie erhielt
kein Mandat der VN für ein militärisches Einschreiten gegen Serbien. Sie agierte militärisch, zwar ausgestattet mit einer Konsensentscheidung der souveränen 19 Mitgliedsstaaten der NATO, außerhalb ihres Territoriums, das heißt „out of area“. Sie konterkariert dabei die eigenen vertraglichen Verpflichtungen.
Inhaltsverzeichnis
1. Einleitung
2. Die NATO als „Wertegemeinschaft“
2.1 Der Nordatlantikvertrag und der „Wert“ der NATO
2.2 Strategische Neuausrichtung nach Ende des Kalten Krieges
2.2.1 Das „Neue Strategische Konzept“ von 1991
2.2.2 Das überarbeitete „Strategische Konzept“ von 1999
2.2.3 Die Strategie der Kooperation und des Dialogs
2.2.4 Die NATO und Europa
2.3 Die NATO und „out-of-area“-Einsätze
2.3.1 Krisenmanagement in Bosnien-Herzegowina
2.3.2 Kriseneinsatz im Kosovo
2.3.3 Die Dilemmata der Legitimation und Verhältnismäßigkeit
2.4 Die „neue“ Identität der NATO
3. Die NATO als Interessengemeinschaft
3.1 Interessenkonsens
3.2 Interessendivergenz
3.2.1 Die Vereinigten Staaten und die Führungsrolle in der NATO
3.2.2 Frankreich und die unteilbare Staatssouveränität
3.2.3 Deutschland und der „Sonderweg“
3.3 Die Bedeutung der NATO im nationalen Interesse
4. Das Spannungsfeld von Identität und Interesse
4.1 Werte als Handlungsmotiv der NATO?
4.2 Gemeinschaft ungleicher Interessen oder Was hält die NATO zusammen?
5. Schlußbemerkungen oder Die Zukunft der NATO
6. Literaturangaben.
1. Einleitung
Jamie P. Shea brachte die gewandelte Kernfunktion der Nordatlantikpakt-Organisation (NATO) auf eine kurze Formel: „For almost half a century the task of the Western Allies was to prevent a war. Today it is to shape peace.“[1] Shea kennzeichnete mit diesen prägnanten Worten und schon der semantischen Gegenüberstellung von Krieg und Frieden den veränderten Charakter und mehr noch die Motivation der NATO in einer veränderten Zeit. Sie möchte nicht mehr nur Krieg verhindern, sondern Frieden schaffen, sogar dort aktiv sein, wo Krieg herrscht. Nur welche Mittel sind der Herstellung von Frieden dienlich? Wo sind die Grenzen des friedensschaffenden Handelns? Recht, Interesse, Risiko? Shea würde die Frage bejahen, ob die NATO bisher zurecht Krieg für den Frieden geführt hat.
Der NATO Sprecher stand wie kein anderer Mitarbeiter der Allianz während der Luftschläge gegen das serbische Regime und seine Streitkräfte in der Krisenprovinz Kosovo im Frühjahr 1999 im Mittelpunkt des öffentlichen Interesses. Fast drei Monate werden tägliche Pressekonferenzen abgehalten, die Welt hört und sieht mit. Shea informiert, analysiert, spricht Warnungen aus, rechtfertigt, entschuldigt und kämpft - für die Luftoperation der NATO, die die Weltöffentlichkeit in Befürworter und Gegner gespalten hat.
Die NATO verfolgte mit ihrer Aktion unanfechtbare Ziele. Der NATO Sprecher wurde in der Zeit der Pressekonferenzen, die ihm neben dem Kosovokrieg wie ein „Krieg der Information“ erschien, nicht müde, zu betonen, dass die NATO Luftschläge im Namen der Menschenrechte gegen ein diktatorisches Regime geführt wurden - der offiziellen NATO Meinung nach offensichtlich Gut gegen Böse kämpfte.
Klar ist aber auch, dass die NATO mit ihrem Eingreifen in die offensichtlich innerstaatliche (serbische) Angelegenheit des Kosovokonflikts mehrere vertragliche Abmachungen missachtete, ja brach. Sie brach das Gewaltverbot, das in der Charta der Vereinten Nationen (VN) festgeschrieben ist. Sie missachtete die Hierarchie der institutionellen Kompetenzen, denn sie erhielt kein Mandat der VN für ein militärisches Einschreiten gegen Serbien. Sie agierte militärisch, zwar ausgestattet mit einer Konsensentscheidung der souveränen 19 Mitgliedsstaaten der NATO, außerhalb ihres Territoriums, das heißt „out of area“. Sie konterkariert dabei die eigenen vertraglichen Verpflichtungen.
Bei der Untersuchung zum Thema der vorliegenden Arbeit „Die Entwicklung der NATO in den 90er Jahren im Spannungsfeld von Identität und Interesse“ fallen mehrere Dilemmata und Spannungsfelder auf, in denen sich das Bündnis befand und noch befindet.
Die Arbeit möchte analysieren, inwieweit Sheas Beurteilung der Realität entspricht. Und wenn sie die Realität widerspiegelt, soll eruiert werden, welche Beweggründe die NATO hat, welche Motivation der Mitgliedstaaten im Handeln und Nichthandeln der NATO offenbar wird. Es ist zu hinterfragen, ob und in welchem Maße die NATO von einer Krieg vermeidenden Verteidigungsgemeinschaft zu einer friedenserhaltenden, Frieden schaffenden „Sicherheitspartnerschaft“[2] heranwachsen konnte und wie sie in Krisen heutiger Zeit für Frieden und Stabilität in einem bestimmten Wirkungskreis eintritt.
Trotz aller Beteuerungen, die NATO sei stets mehr gewesen als ein reines Verteidigungsbündnis, nämlich eine politische Wertegemeinschaft, hatte sie während des Ost-West-Konflikts in erster Linie eine zentrale Aufgabe zu erfüllen: Die Gewährleistung der Sicherheit ihrer Mitglieder vor einer übermächtig erscheinenden Bedrohung. Lord Ismay, der erste Generalsekretär der Allianz, brachte es auf den Punkt, als er bemerkte, die Aufgabe der NATO sei es, „to keep the Russians out, the Americans in, and the Germans down.“ Dass es sich dabei nicht nur um eine saloppe Redewendung handelte, belegt die noch 1995 „seriös“ formulierte Paraphrase, die NATO habe drei Zielen gedient: der Eindämmung der Sowjetunion, der Einbindung der Bundesrepublik Deutschland sowie der Institutionalisierung der amerikanischen Rolle im europäischen Sicherheitsmanagement.[3] Inwieweit ist dieser „klassische“ Aufgabenkatalog der NATO nach Ende des Systemkonflikts noch wirksam und notwendig? Welches Interesse besteht seitens der Mitgliedsstaaten an einem Fortbestand des westlichen Bündnisses und welche Divergenzen treten zutage? Welchen neuen Aufgaben hat sich die Allianz konkret zugewandt und wie sind diese zu beurteilen?
Ziel der vorliegenden Arbeit ist es, eine kritische Positionsbestimmung der NATO in der neu entstehenden „europäischen Sicherheitsarchitektur“ vorzunehmen.[4]
Wird die NATO ihre zentrale Bedeutung für die europäische Sicherheit behalten, verlieren oder mit anderen Institutionen teilen müssen? Welche „Leistungen“ erbringt die Allianz für die Sicherheit im postkonfrontativen Europa? Welchen Wert hat die „neue“ NATO? Hat das Bündnis durch seine bisherige Reformpolitik sich nicht schon in Ansätzen zu einem System kooperativer Sicherheit entwickelt?
Im ersten Teil der Arbeit werden die veränderten sicherheitspolitischen Rahmenbedingungen und die daraus resultierenden neuen sicherheitspolitischen Herausforderungen genauer dargestellt. Welche Auswirkungen haben diese auf die Rolle und die Identität des Bündnisses?
Der Titel des ersten Kapitels „Die NATO als Wertegemeinschaft“ ist gleichsam Kritik und Hoffnungsschimmer. Darunter werden in den folgenden Unterpunkten die Eckdaten der Entwicklung der NATO in den 90er Jahren vorgestellt. Wie lauten die wesentlichen Aussagen der politischen und strategischen Dokumente der NATO, der Nordatlantikvertrag, die neuen Strategischen Konzepte von 1991 und 1999? Wie lassen sie sich deuten? Was deuten sie an?
Insbesondere die Strategie der Kooperation und des Dialogs aber auch das Verhältnis zu Europa sollen herangezogen werden, um die neue Wertigkeit der NATO zu verdeutlichen.
Was das öffentliche Meinungsbild über die NATO in den 90er Jahren dagegen besonders geprägt hat, waren die Kriseneinsätze der NATO im Balkan. Hier musste sie die neu gewonnene Wertigkeit unter Beweis stellen - von außen wie von innen einem starken Druck ausgesetzt. Zusammenfassend soll die „neue“ Identität der NATO umschrieben werden.
Die NATO sah sich in einer Zeit des Umbruchs neuen Unsicherheiten und Gefährdungen, aber auch neuen Chancen des Einsatzes für den Frieden und der Konsolidierung der europäischen Sicherheit gegenüber. Schleichend wurde deutlich: Das Friedenssicherungssystem der VN ist mangelhaft: Weder vor noch nach der Wende hat es Kriege wirksam verhindern können. Schon dies zeigt an, dass die Ursache für die Unzulänglichkeit der VN-Friedenssicherung nicht auf der „Lähmung“ durch den Ost-West-Konflikt beruht hat.[5]
Die NATO hat in ihrem Selbstwerdungsprozess erkannt, dass sie unlängst mehr war als das klassische Verteidigungsbündnis. Die Gegenüberstellung von „kollektiver Sicherheit“, wie sie etwa im Rahmen der VN geschaffen werden sollte, einerseits, sowie „kollektiver Verteidigung“, wie sie in Allianzen wie der NATO vertraglich fixiert wurde, andererseits, ist schon von Anfang an problematisch gewesen: Regionalorganisationen wie die Organisation Amerikanischer Staaten, die Organisation der Afrikanischen Einheit oder die Arabische Liga dienen der organisationsinternen Streitschlichtung und Friedenssicherung, zugleich aber auch der kollektiven Verteidigung.
Die NATO wurde zum Initiator und Motor einer breit angelegten kooperativen gesamteuropäischen Sicherheitspolitik. Im institutionellen Miteinander stellen die NATO, die Organisation für Sicherheit und Zusammenarbeit in Europa (OSZE) und die Europäische Union (EU) die zentralen Pfeiler des europäischen Sicherheitssystems zu Beginn des 21. Jahrhunderts dar. Resultat ist das vielzitierte „framework of interlocking institutions“. Mit dieser NATO-Wortschöpfung ist das Geflecht ineinandergreifender Institutionen gemeint, die im Idealfall arbeitsteilig zu ein kooperatives europäisches Sicherheitssystem begründen sollen. Die Erweiterungsprozesse der EU und der NATO dienen dem gleichen Ziel, nämlich der Stabilisierung Mitteleuropas. Die europäischen Bemühungen konzentrieren sich darauf, die EU militärisch handlungsfähig zu machen und eine ausgewogenere euro-atlantische Partnerschaft zu schaffen.[6]
Das Ende des Ost West Konflikts hatte in Europa zu einem regelrechten „Institutionalisierungsschub“ geführt.[7] Durch eine Vielzahl von Institutionen und Organisationen versuchte man nicht nur das größer gewordene Deutschland einzubinden, sondern auch den Zerfall des Sowjetimperiums in geordnete Bahnen zu lenken. Eine Analyse der einschlägigen Dokumente ergibt, dass sich die Allianz zunehmend von einem reagierenden zu einem agierenden Bündnis gewandelt hat. Mit den neuen Kooperationsstrukturen ist die NATO über ihre bisherige Funktion als reines Verteidigungsbündnis hinausgetreten. Zum einen reagierte die Allianz damit auf die Sicherheitsbedürfnisse der ostmitteleuropäischen Länder, zum anderen definierte sie damit eine neue Aufgabe für sich selbst. In diesem Zusammenhang ist auch die Frage nach neuen Mitgliedern zu sehen. Konnte die NATO durch eine Ausdehnung zur Befriedung der latenten inner- und zwischenstaatlichen Konflikte Osteuropas beitragen? Und zeugt dies schon von ihrer tatsächlichen allmählichen Transformation von einem System kollektiver Verteidigung in ein System kollektiver Sicherheit? Und wenn ja, würde sie dann nicht auch das Schicksal der bisherigen Systeme kollektiver Sicherheit, (Völkerbund, VN) treffen - das der „relativen Machtlosigkeit“[8] ?
Bis dahin gehört zum neuen Selbstverständnis der NATO auch die Anerkennung und Umsetzung des Prinzips der staatenübergreifenden Solidarität. Zunehmend wichtig wird nicht nur eine Multilateralisierung der Sicherheitspolitik der Staaten, sondern auch ein sinnvolles Zusammenwirken von multilateralen Organisationen. Die Funktionsbedingungen kollektiver Sicherheitsvorsorge haben sich derart entwickelt, dass übergreifende „kollektive Sicherheitssysteme“ wie die VN kaum mehr ohne partikulare kollektive Akteure wie etwa die NATO auskommen.[9]
Eine weitere neue Aufgabe der NATO besteht demnach in ihrer Bereitschaft, künftig den VN bzw. der OSZE für friedenserhaltende und friedensschaffende Aktionen zur Verfügung zu stehen. In diesem Zusammenhang stellt sich die Frage, ob die NATO dadurch zu einem[10] Interventionsinstrument werden könnte, welches je nach Bedarf von seinen Mitgliedern instrumentalisiert werden kann. Oder könnte ihr im Gegenteil als Bestandteil eines integrierten multiinstitutionellen Konfliktmanagements die Rolle eines ausführenden Organs im Auftrag der VN zukommen?[11]
Der Wert der „neuen“ NATO liegt auf der Hand. Die neue NATO ist dank ihrer Strukturen, ihrer operationellen Fähigkeiten und der Mitgliedschaft der USA die einzige glaubwürdige Sicherheitsorganisation in Europa, welche die Sicherheit und Stabilität für den gesamten euro-atlantischen Raum garantieren kann. Sie leistet einen wichtigen Beitrag zum kollektiven Sicherheitssystem der VN. Sie führt die traditionelle Aufgabe der kollektiven Verteidigung im Sinne des Art. 51 der VN-Charta weiter. Sie ist auch der Grundstein der transatlantischen Zusammenarbeit, denn das Engagement der Vereinigten Staaten ist weiterhin zur Sicherstellung des strategischen Gleichgewichtes in Europa unverzichtbar. Die militärischen Kapazitäten der NATO sind aber auch für ein wirksames europäisches Krisenmanagement wichtig.
Die NATO hatte in den 90er Jahren eine relativ große Popularität. Nie gab es so viele Staaten, die gerne Mitglied des Bündnisses werden wollen. Den vielfältigen Konzepten, Vorschlägen und Diskussionen über die Zukunft der europäischen Sicherheit ist eines gemein: Nahezu alle sehen in der Allianz, zumindest mittelfristig, eine unverzichtbare Institution zur Gewährleistung der europäischen Sicherheit. Ungeachtet dieser Stabilitätsfunktion steht die NATO jedoch langfristig vor der Frage, welchem Zweck die Aufrechterhaltung der teuren und für alle Mitgliedsstaaten mit Souveränitätsverzicht verbundenen Allianzstrukturen angesichts des Wegfalls der unmittelbaren Bedrohung dient. Denn so unstrittig die Existenz der NATO als solche sein mag, über ihre künftige Rolle herrscht alles andere als Einigkeit.
Die westliche Allianz ist ein intergouvernementales Verteidigungsbündnis von 19 souveränen Staaten. Dies bedeutet im Klartext: Die NATO ist kein homogener Akteur, sondern verkörpert vielmehr neben bürokratischen Eigeninteressen die unterschiedlichsten Interessen (z.B. USA - Frankreich) und Machtpotentiale (z.B. USA - Luxemburg) der verschiedenen Mitgliedsstaaten. Die NATO kann als Organisation nur tätig werden, wenn unter allen Mitgliedsstaaten Konsens herrscht und tendiert deshalb zu einer Politik des kleinsten gemeinsamen Nenners. Dies führt uns zum zweiten Teil der Arbeit.
Ist die NATO treffender mit dem Begriff der „Interessengemeinschaft“ zu beschreiben? Und wie würden die Argumente dafür und dagegen lauten? Welche Interessendivergenzen gab und gibt es, über welche Themenpunkte konnte und kann Konsens erzielt werden? Im zweiten Teil der wird ein Blick auf die Politik der nationalstaatlichen Akteure USA, Frankreich und Deutschland geworfen. Alle drei Staaten können als Mächte bezeichnet werden, deren Machtpotential in Europa verhältnismäßig groß bis sehr groß ist. Damit verbunden ist die Chance, dass alle drei Staaten einen maßgeblichen Einfluss auf die weitere Gestaltung und Entwicklung einer europäischen Sicherheitsordnung haben werden.[12] Interessant ist hier vor allem, welche Bewegungen und was für Annäherungen zwischenzeitlich stattgefunden haben, aber auch, welche Empfindlichkeiten und Gegensätze nach wie vor bestehen. Welche Rolle der westlichen Allianz wird von welchem Staat favorisiert, und welche Gründe gibt es dafür?[13] Welche spezifische Interessen verfolgen die amerikanische, die französische und die deutsche Regierung hinsichtlich der westlichen Allianz?
Eine Darstellung der Positionen dieser drei wichtigen Mitgliedsstaaten ist sinnvoll, da die bisher vorgenommenen Reformen der NATO sowie die Auseinandersetzung um die künftigen Aufgaben der Allianz und ihre Stellung im europäischen Institutionengefüge im wesentlichen durch die divergierenden Interessen der USA und Frankreichs bestimmt wurden. Während die USA in der Allianz die entscheidende Institution für die europäische Sicherheit sehen und folgerichtig für eine[14] Aufgabenerweiterung der NATO plädieren, sträubt sich Frankreich gegen eine solche politische Aufwertung der Allianz und damit verbunden des amerikanischen Einflusses. Paris favorisiert eine eigenständige europäische Verteidigung, langfristig in Form einer Gemeinsamen Europäischen Außen- und Sicherheitspolitik (GASP) innerhalb der EU. Die Bundesregierung versucht sowohl die atlantische als auch die europäische Position miteinander zu versöhnen, indem sie für eine Stärkung des europäischen Pfeilers innerhalb der NATO eintritt.
Nach dem Wegfall der gemeinsamen Bedrohung drohte scheinbar die Renationalisierung der Sicherheits- und Verteidigungspolitik. Die Partikularinteressen der Mitgliedsstaaten gewannen an Gewicht je mehr das überragende gemeinsame Interesse der Gefahrenabwehr schwand.
Neue Sicherheitsrisiken haben weniger einen globalen als einen lokalen, zeitlich und räumlich begrenzten Bedrohungscharakter. Die Mitgliedsstaaten der NATO perzipieren Risiken entsprechend unterschiedlich und reagieren verschieden. In der Realität mußte die nicht nur die NATO erfahren, dass die Unterschiedlichkeit und teilweise Gegensätzlichkeit nationaler Interessen der Mitgliedsstaaten zu einer weitgehenden Lähmung der NATO und anderer Institutionen im internationalen Krisenmanagement führen können.[15]
Die USA sind aus den Umwälzungen als die einzig verbleibende Supermacht hervorgegangen.[16] Es spricht nichtsdestotrotz vieles dafür, dass der Zerfall der bipolaren Weltordnung nicht zur unipolaren Welt einer „pax americana“ führen wird, sondern vielmehr zu einer multipolaren Welt, in der die USA die Rolle eine „primus inter pares“ einnehmen.[17]
Dabei stellt sich die Frage hinsichtlich der amerikanischen Präsenz in Europa und der amerikanischen Dominanz innerhalb der NATO. Nachdem die Notwendigkeit des amerikanischen Schutzes entfällt, ist eine Gewichtsverschiebung innerhalb der Allianz zugunsten der europäischen Verbündeten zu beobachten. Gleichzeitig ergibt sich die Notwendigkeit, die transatlantischen Beziehungen auf eine neue Grundlage zu stellen, die über die rein sicherheitspolitische Beziehung hinausweist und eine breitere Palette bis hin zu wirtschaftlichen Fragen umfasst.
Im letzten Kapitel sollen die „zwei Seelen“ der NATO einander gegenübergestellt werden. Ist die NATO eine „Wertegemeinschaft“, oder ist sie es nur, wenn es die Situation bedarf, um zusammenzuschweißen oder gar zu legitimieren? Ist die NATO denn eine Interessengemeinschaft, oder ist diese Behauptung nicht ein Widerspruch in sich angesichts der unterschiedlichen nationalen Meinungen, Interessen und Wahrnehmungen im Bezug auf die NATO?
Wie kommt die NATO aus diesem Spannungsfeld aus Identität und Interesse heraus?
Die Meinungen in der verwendeten Literatur gehen darüber auseinander.
Bei der Bearbeitung der Thematik konnte ich meinen eigenen Erfahrungshorizont nicht außer Betracht lassen. Ich absolvierte ein dreimonatiges Praktikum im Internationalen Stab der Nordatlantikpakt-Organisation, wobei meine Zeit dort knapp zwei Wochen nach dem Ende der Luftoperation begann. Im Zuge eines dokumentarischen Projekts zu der Pressearbeit der NATO innerhalb des Kosovokonflikts kam ich häufig mit dem NATO Pressesprecher und seinen Mitarbeitern zusammen, die in den 79 Tagen der „aircampaign“ eine Medienkampagne, wie Shea es ausdrückte, einen Medienkrieg führen mussten. Ich hatte die Gelegenheit zu hinterfragen, wie die Rechtfertigung vor der Weltöffentlichkeit unter den Mitarbeitern selbst ankam, inwieweit Selbstkritik oder Selbstverherrlichung die Ereignisse im Hauptquartier mitbestimmten. Meine Beurteilung habe ich in die Arbeit mit einfließen lassen.
2. Die NATO als „Wertegemeinschaft“
Mit dem Zusammenbruch der kommunistischen Herrschaft veränderte sich die sicherheitspolitische Ausgangslage, die die defensive und doch konfrontative Grundhaltung der NATO begründet hatte. Mit dem Verschwinden der Gegenseite, institutionell in Form des Warschauer Paktes zu begreifen, geriet die NATO in den Augen vieler in eine „Legitimationskrise“[18]. Nichtsdestotrotz tritt sie bis heute als die selbstbewusste und funktionierende Sicherheitsorganisation des europäischen Kontinents auf, und trotzte allen kritischen Stimmen, die eine Selbstauflösung forderten.
Die NATO besteht seit dem 4. April 1949 vorwiegend als Militärbündnis zur kollektiven Selbstverteidigung ihrer zunächst 12, heute 19 Mitgliedstaaten innerhalb ihres Territoriums . Von Anbeginn der Allianz an war ihr Sinn und Zweck nicht zu verschleiern: Gemeinsamer Schutz vor militärischer Bedrohung durch den Kommunismus in Gestalt der stets als konventionell stark überlegen beschriebenen Sowjetunion und ihrer Verbündeten.[19] Die vertragschließenden Parteien beschlossen, die Freiheit, das gemeinsame Erbe und die Zivilisation ihrer Völker, die auf den Grundsätzen der Demokratie, der Freiheit der Person und der Herrschaft des Rechts beruhen, zu gewährleisten, so die das Bündnis legitimierende Leitidee in der Präambel des Gründungsvertrages.
Augenscheinlich werden gemeinsame Werte der machtpragmatischen Zwecksetzung übergeordnet. Da es sich aber letztendlich primär um ein durch die bipolar definierten Machtverhältnisse bestimmtes Militärbündnis handelte und immer noch handelt, werden diese Werte eher großzügig ausgelegt. So konnten in der Vergangenheit die Türkei, Portugal oder Griechenland auch unter diktatorischen Regimen dem Pakt angehören.[20]
Doch an die Stelle eines Selbstauflösungsprozesses trat in den 90er Jahren ein Prozess der Erneuerung und Anpassung. Ist die Motivation politischer Art? Steckt die ehemalige Verteidigungsgemeinschaft ihre sicherheitspolitischen Ziele neu ab und will ihrem Anspruch einer „Wertegemeinschaft“ gerechter werden, oder steckt reiner Selbsterhaltungstrieb dahinter? Werden Militärlogiker zu Friedenslogikern? Oder kann auch schon im Selbstverständnis dieser „Wertegemeinschaft“, im „Geltungsanspruch des demokratisch-konstitutionellen Ordnungsparadigmas im Sinne einer der Humanität verpflichteten politisch-sozialen Lebensform“ eine Existenzberechtigung abgelesen werden, zumal dieser nicht nur nach innen, sondern auch nach außen offensiv vertreten wird?[21]
Welche Werte stellen nun das Fundament der atlantischen Gemeinschaft dar? Grundsätzlich kann man Grundwerte und Spezialwerte ausmachen, die die Inhalte einer atlantisch-militärischen Kultur preisgeben.
So verbindet die westlichen Industriegesellschaften der Glaube an die individuelle Freiheit, die Gleichheit, Gleichstellung und Gleichbehandlung aller Menschen vor dem Gesetz, demokratische Entscheidungsprozesse, die Herrschaft des Rechts, die Beachtung von Menschenrechten, das zivile Oberkommando über das Militärwesen, die freie Marktwirtschaft und der internationale Freihandel. Dies sind die Grundwerte, bestehend aus den Schnittmengen von Werten, die allen Mutterkulturen des Bündnisses gemeinsam sind. Das konstitutive Element des Bündnisses war die Gegnerschaft zu kommunistischen und autoritären Werten, was gleichsam eine Opferbereitschaft der atlantischen militärischen Eliten für die gemeinschaftlichen Werte voraussetzt.[22]
Auf die Grundwerte aufbauend und diese ergänzend kennzeichnen Spezialwerte die atlantisch-militärische Kultur. Es herrscht Transparenz, d.h. militärische Daten der Mitgliedstaaten der Allianz werden den Partnerstaaten zugänglich und vergleichbar gemacht. Im unmittelbaren Zusammenhang dazu steht der Spezialwert der Berechenbarkeit von militärischen Fähigkeiten und Absichten der Bündnisstaaten. Dies wiederum reproduziert gegenseitiges Vertrauen und wechselseitige Verlässlichkeit. Bei kontinuierlichem Informationsaustausch und Dialog wird eine Annäherung von gegenseitigen Erwartungen und militärpolitischen Präferenzen erreicht. Versprechungen bleiben realistisch und einlösbar. „Die ursprüngliche Sicherheitsgegnerschaft wurde zunehmend in eine Sicherheitspartnerschaft umgewandelt“[23], die mehr als nur Gewaltverzicht untereinander propagiert und realisiert. Letztlich resultiert ein weiterer, imposanter Spezialwert der Allianz: Frieden.
Darin liegen Chance, Risiko, aber auch Herausforderung für Deutschland, für Europa und für das westliche Bündnis, die NATO. Man kann den Wandel gestalten, wenn man klare Ziele hat, wenn man aus sicherer und gesicherter Grundlage handelt und trotz aller Risiken die weite Perspektive einer Friedensordnung in und für Europa nicht aus dem Auge verliert.
Karl-Heinz Kamp glaubt nicht, dass die NATO eine Legitimationskrise hatte. „Natürlich hatte die NATO eine wechselnde Popularitätskurve. Doch mittlerweile ist die Schlange derer, die in die NATO reinwollen, dramatisch lang. Die NATO hatte immer eine Existenzberechtigung gehabt. Was wäre denn heute, wenn sie nicht da wäre? Die NATO hatte wahrscheinlich eine Marketingkrise, aber keine Legitimationskrise.“[24]
Die transatlantische Gemeinschaft hat nicht nur überdauert, sondern ist zum Leitbild geworden, dem sich viele Länder auf der Suche nach Lösungen für ihre Probleme zuwenden. Gemeinsamen Grundüberzeugungen waren ein weitaus stärkeres Bindeglied als Zwang es jemals sein kann.[25] „Jahrzehntelang wandten wir Hunderte von Milliarden von Dollar auf, um eine glaubwürdige Truppenpräsenz in Europa aufrechtzuerhalten. Machtpolitische Interessen können solche Opfer und Risiken nicht erklären. Dafür zahlt man nicht einen solchen Preis. Wir zahlten ihn, weil Menschen bedroht waren, die unsere Werte und unsere Lebensordnung teilten und denen wir uns deshalb über jedes Kostenkalkül hinaus verbunden fühlten.“[26]
Die Abwehr der sowjetischen Bedrohung[27] war zwar der Anlass zur Gründung der NATO, keineswegs aber ihr ausschließlicher Daseinszweck. Die NATO war und ist vielmehr der höchste Ausdruck der Solidarität freier Staaten, die sich verpflichten, in der Gefahr füreinander einzustehen.
Seitens der NATO gab es keinerlei Versuche, aus der offenkundigen Schwäche des ehemaligen Gegners machtpolitisches Kapital zu schlagen. Vielmehr reagierte das Nordatlantische Bündnis seinem Wesen entsprechend als es auf dem Gipfel von London im Sommer 1990 erklärte, dass die Sowjetunion nicht mehr sein Gegner sei und dass man ihr die Hand zur Versöhnung reiche. Zu den zahlreichen Beiträgen, die zu diesem großen Brückenschlag nach Osten inzwischen geleistet worden sind, zählt auch die von US-Außenminister Baker und Außenminister Genscher entwickelte Vision einer „transatlantischen Gemeinschaft von Vancouver bis Wladiwostok.“[28]
2.1 Der Nordatlantikvertrag und der „Wert“ der NATO
Der Nordatlantikvertrag von 1949 basiert auf Artikel 51 der Charta der VN, der das naturgegebene Recht unabhängiger Staaten auf individuelle und kollektive Verteidigung bekräftigt. Der NATO-Vertrag besteht aus einer Präambel und 14 Artikeln, wobei in der Präambel sowohl die Zielsetzung des Vertrags als auch die Methode zur Erreichung dieses Ziels niedergelegt werden. Dabei berufen sich die NATO-Staaten auf die Charta der VN und bekräftigen ihre Entschlossenheit zur Verteidigung ihrer „Lebensform“. Dies soll neben dem militärischen Bereich zusätzlich auf politischem, wirtschaftlichem, sozialem und kulturellem Gebiet erfolgen. Der Vertrag unterscheidet damit zwischen einem engeren Begriff der Verteidigung der Mitgliedstaaten und einem weiteren Begriff ihrer Sicherheit.[29]
In Artikel 1 verpflichten sich die Parteien, „in Übereinstimmung mit der Satzung der Vereinten Nationen, jeden internationalen Streitfall, an dem sie beteiligt sind, auf friedlichem Wege so zu regeln, dass der internationale Friede, die Sicherheit und Gerechtigkeit nicht gefährdet werden und sich in ihren internationalen Beziehungen jeder Gewaltandrohung oder Gewaltanwendung zu enthalten, die mit den Zielen der Vereinten Nationen nicht vereinbar ist“.
Artikel 2 des Washingtoner Vertrages hebt neben dem Ziel der Friedenssicherung die Bereitschaft der Parteien hervor, „zur weiteren Entwicklung friedlicher und freundschaftlicher internationaler Beziehungen“ beizutragen“. Dieser Artikel geht somit über die Fragen der Verteidigung hinaus und erstreckt sich auf die Förderung von Voraussetzungen für Stabilität, Wohlergehen und wirtschaftliche Zusammenarbeit unter den Bündnisstaaten.
Die Bestimmungen der Artikel 1 und 2 sowie die Präambel bilden offengestanden die Basis der NATO als Wertegemeinschaft, die über den Begriff einer Militärallianz deutlich hinausgeht.
Artikel 3 des NATO-Vertrages bildet in diesem Zusammenhang die Rechtsgrundlage für die Rüstungskooperation und für die militärische Integration[30], d. h., die Parteien werden „einzeln und gemeinsam durch ständige und wirksame Selbsthilfe und gegenseitige Unterstützung die eigene und die gemeinsame Widerstandskraft gegen bewaffnete Angriffe erhalten und fortentwickeln“[31]. Artikel 3 ist somit als ein Argument der NATO für eine politische Allianz und als Basis für eine transatlantische Kooperation, die im Rahmen der NATO-neu eine besondere Bedeutung über die Grenzen der NATO-Partnerländer erlangt hat.[32]
Artikel 4 regelt die politische Konsultation der Partner für den Fall einer Bedrohung. Die Konsultation kann von jedem Mitglied - also auch einem sich nicht bedroht fühlenden - gefordert werden. Insbesondere dann, wenn einer der Mitgliedstaaten beabsichtigt, einseitige Maßnahmen zu treffen, die Einfluss auf die Verteidigungskraft der Allianz insgesamt haben können, besteht zumindest eine politische Verpflichtung zu vorherigen Konsultationen mit den übrigen Vertragsparteien. Im übrigen ist diese Funktion nach der Auflösung des Warschauer Paktes auch auf die Konsultation mit Nicht-NATO-Staaten ausgedehnt worden - nicht zuletzt mit der Intention, eine unkontrollierte Ausnutzung des nach wie vor vorhandenen militärischen Potentials zu Zwecken, welche die Sicherheit der NATO-Bündnispartner gefährden könnten, auszuschließen. Das ursprünglich nur für Krisensituationen vorgesehene Gebot hat sich in der Praxis zu einer der Hauptfunktionen der NATO entwickelt.[33]
In der mittlerweile engen Zusammenarbeit mit den Staaten Mittel- und Osteuropas ist eine Aktivierung der in den Art. 1 bis 4 des Vertrages durchaus angelegten „indirekten Krisenmanagementrolle der Allianz“ zu erblicken. Art. 2 des Nordatlantikvertrages bezieht sich zwar unmittelbar nur auf die Beziehungen der Vertragsparteien untereinander. Dennoch legen Initiativen wie die „Partnerschaft für den Frieden“ sowie der von den Vertragsparteien ausgesprochene Wunsch nach einer Verstärkung der politischen Rolle des Bündnisses den Schluss nahe, dass sie bei der Kooperation mit den Staaten des früheren Warschauer Paktes von den unter anderem in Art. 2 des Nordatlantikvertrages enthaltenen „Kompetenzreserven für eine außermilitärische Zusammenarbeit“ Gebrauch machen wollten. Jedenfalls haben sich seit der Gründung der Organisation eine Vielzahl wirtschaftlicher Kontakte zwischen den jetzigen Vertragsparteien entwickelt, die zur Stärkung und Aufrechterhaltung des Vertrauen zwischen ihnen wesentlich beitragen.[34] Die NATO fungierte in einer spezifischen Form eines kollektiven Sicherheitssystems: Sie stellte einen „politischen Transformationsrahmen“ für den graduellen Wandel der europäischen politischen Beziehungen dar, der den Rückgriff auf militärische Mittel zur Status-quo-Veränderung ausschloss.[35]
Artikel 5 ist das Kernstück des Nordatlantikvertrages. In ihm ist das Prinzip der kollektiven Verteidigung niedergelegt. Allerdings enthält dieser Artikel keine automatische militärische Beistandspflicht, da es jedem Mitgliedstaat überlassen bleibt, unverzüglich und im Zusammenwirken mit den anderen Partnern lediglich die Maßnahmen zu treffen, einschließlich der Anwendung militärischer Gewalt, die er für erforderlich hält. Grundsätzlich sind deshalb von der Anwendung von Waffengewalt bis hin zur Einnahmen einer „wohlwollenden Neutralität“ alle Aktionen denkbar.[36] Die Beistandsverpflichtung geht hinter die Regelung des Brüsseler Pakts zurück, in dem in Artikel V eine automatische militärische Beistandspflicht festgelegt ist.[37] Die USA waren ursprünglich nicht bereit, einer automatischen Beistandsverpflichtung - wie von den Europäern gewünscht - zuzustimmen. Im Vordergrund der amerikanischen Überlegungen stand vor allem die politische Absicherung des wirtschaftlichen Wiederaufbaus in Europa[38].
Der Artikel 5 ist rein defensiver Natur im Sinne der Charta der VN und sieht vor, dass die Verteidigungsmaßnahmen als eine Art Maßnahmen bei Gefahr in Verzug nach Wirksamwerden der vom Sicherheitsrat der VN getroffenen Maßnahmen eingestellt wurden. Der Artikel 5 des NATO-Gründungsvertrages ist somit als „commitment of best endeavour“ zu verstehen, also als eine „Zusage besten Bemühens“ unter Vorbehalt der nationalen Letztentscheidung. Artikel 5 besitzt eine mächtige Abschreckungswirkung und hat in Kombination mit den politischen und militärischen Strukturen der NATO sowie starken militärischen Mitteln die Nordatlantische Allianz glaubwürdig gemacht.[39]
Weder in Art. 4 noch in Art. 5 des Vertrages findet eine geographische Beschränkung des Bündniszweckes statt, den Mitgliedern gegenseitigen Schutz zu bieten. Gleiches gilt für Art. 6 des Vertrages. Dieser definiert zwar den Raum, innerhalb dessen die Bündnispartner zur gegenseitigen Hilfeleistung verpflichtet sind, auch er begründet jedoch keine weitergehenden Beschränkungen. Das Gebiet, innerhalb dessen ein Angriff auf eine Vertragspartei den Bündnisfall auslöst, das Angriffsgebiet also, kann deshalb nach dem Wortlaut des Vertrages durchaus verschieden sein von dem Operationsgebiet der NATO als demjenigen Raum, in dem ein Tätigwerden zur Abwehr eines Angriffs oder sonstiger Bedrohungen der Sicherheit der NATO-Partner zulässig ist. Die Begrenzung der Beistandspflicht der NATO-Bündnispartner auf das in Art. 6 genannte Gebiet ist daher eher als eine künstliche Grenze mit rein militärstrategischer Bedeutung anzusehen, der völkerrechtlich keine darüber hinausgehende Bedeutung zukommt. Im Grunde genommen ist die sogenannte „out-of-area-Problematik also kein territoriales, sondern ein funktionales Problem. Es geht darum, ob militärische Maßnahmen der NATO ausschließlich zu dem Zweck ergriffen werden dürfen, die Verteidigung ihrer Mitgliedstaaten zu gewährleisten, oder ob auch die Verfolgung darüberhinausgehender Ziele ein militärisches Vorgehen der NATO als Organisation rechtfertigt. Die Beschränkung der Bündnisverpflichtung der NATO-Mitgliedstaaten auf das in Art. 6 Nordatlantikvertrag definierte Gebiet jedenfalls schließt konzertierte Aktionen von Streitkräften der NATO-Staaten auch außerhalb dieses geographischen Gebiets nicht aus.[40]
Die NATO verstand sich immer als eine ins System der VN eingebettete Organisation, d. h. auf das Recht der kollektiven Verteidigung wird ausschließlich für den Fall des Versagens des globalen Systems der kollektiven Sicherheit zurückgegriffen. Diese Subsidiarität der NATO ist deutlich in Artikel 7 des Washingtoner Vertrages verankert. Artikel 8 verpflichtet die Vertragsparteien zur Loyalität, keine dem NATO-Vertrag widersprechenden internationalen Verpflichtungen zu unterhalten. In Artikel 9 wird die Einrichtung des Nordatlantikrates erwirkt. Artikel 10 bildet die Rechtsgrundlage für die Aufnahme weiterer europäischer Staaten, die einstimmig erfolgen muss.
Die Artikel 11 bis 14 befassen sich mit der Ratifizierung, den Möglichkeiten einer Änderung und Kündigung des Vertrags, der seit dem 24. August 1969, dem zwanzigsten Jahrestag seines Inkrafttretens, von jedem Mitgliedstaat mit einer einjährigen Frist gekündigt werden kann. Von dieser Option hat bis heute noch kein Mitgliedstaat Gebrauch gemacht. Die Gültigkeitsdauer des Washingtoner Vertrags ist damit im Gegensatz zu anderen Militärbündnissen unbegrenzt.[41]
Bei der NATO handelt es sich um ein multifunktionales Gebilde, d. h. um eine Organisation, die mehrere Aufgaben erfüllt. Die Allianz verstand sich nie als Kriegspakt oder Militärpakt, derartige Terminologie stammt noch aus dem 19. Jh. bzw. aus der Vorkriegszeit, in der sich zwei oder mehrere Staaten gegen jemand anderen verbündet hatten. Dem im Völkerrecht verankerten Gebot der Verhältnismäßigkeit der Mittel folgend wird der Einsatz militärischer Mittel nur für den Fall vorgesehen, dass alle anderen Mittel wie wirtschaftlicher oder politischer Druck ohne Erfolg eingesetzt worden sind.
Entgegen der Theorie, dass die NATO „is not designed to keep peace among its members but rather to protect and advance the interests of the members in dealing with the world around them“, hat sich das Bündnis in der Praxis rasch zum einem funktionierenden System kollektiver Sicherheit, politischer Konsultationen und Zusammenarbeit zwischen Westeuropa und Amerika entwickelt und ist ein zentrales Forum der sicherheitspolitischen Konzeption zwischen Europa und Nordamerika, d. h., alle zentralen Probleme und Weichenstellungen werden in den NATO-Strukturen diskutiert. Durch Kooperation und Transparenz entfaltete die NATO eine wichtige Innenwirkung im Bereich der Friedenssicherung, so zum Beispiel bei der Einbindung der neuen deutschen Streitkräfte ab 1955 in die gemeinsame multinationale Militärstruktur oder durch die erfolgreiche Konfliktprävention zwischen Griechenland und der Türkei, die im Rahmen der NATO einander kooperativ gebunden sind.[42] Ihre politische Qualität lag theoretisch von Anfang an in der Freiwilligkeit ihres Zusammenschlusses: Das Bündnis „musste nur nach außen schützen, nicht nach innen binden“. In der Praxis war der kollektive Beistand dagegen straff organisiert. Die Aufstellung möglichst vieler NATO Partner entlang der innerdeutschen Grenze während des Kalten Krieges hätte ein opting out, ein nationales Ablehnen der kollektiven Beistands, nur schwer ermöglicht. Heute sind diese Rahmenbedingungen nicht mehr gegeben und die kollektive Beistandspflicht kann wieder als nationale Fall zu Fall Entscheidung angesehen werde.[43]
Ein integrierter Planungs- und Führungsapparat soll die Bündnispartner aneinander binden, und zwar im Rahmen von Kooperations- und Koordinationsvereinbarungen, einer übergreifenden Streitkräfte- und Einsatzplanung, der Bildung multinationaler Verbände und Stäbe sowie der Stationierung von Einheiten auf dem Gebiet verbündeter Staaten. Durch diese Verflechtung soll im Rahmen eine Renationalisierung der Landesverteidigung und somit der Rückfall in nationale Alleingänge verhindert werden.
Laut Michael Rühle ist der Wert der NATO damals wie heute identisch: „Das Schaffen von Berechenbarkeit der transatlantischen Gemeinschaft, Schutz vor äußerer Bedrohung, Rationalisierung von Verteidigung, in gewisser Weise auch Einschränkung von Renationalisierung von Verteidigung, Integration.“ Mit der strategischen Neuausrichtung hat sich seiner Meinung nach „nichts dramatisch geändert, sonst wäre die NATO auch nicht mehr da“.[44]
2.2 Strategische Neuausrichtung nach Ende des Kalten Krieges
Die NATO-Strategie unterlag in der Vergangenheit zwei wesentlichen Einflussfaktoren: zum einen dem politischen und dem Kräfteverhältnis zwischen den USA und der Sowjetunion/ Russland und zum anderen der Interessenverbindung zwischen den beiden Polen des Nordatlantikpaktes, Europa und Nordamerika.[45]
Die jeweilige NATO Strategie stand der Bedrohung gegenüber. Die Bedrohung war nicht statisch, und die NATO Strategie musste an veränderte Umstände angepasst werden.[46]
Im Dezember 1967 nahm die NATO das Harmelkonzept an. Offiziell heißt dieses Dokument „Die künftigen Aufgaben der Allianz - Der Harmel-Bericht“. Er ist noch heute ein wichtiges Grundlagendokument. Nach Artikel 5 des Berichtes hat die Atlantische Allianz hat zwei Hauptfunktionen. „Die erste besteht darin, eine ausreichende militärische Stärke und politische Solidarität aufrecht zu erhalten (...). Außerdem schließt die Situation der Unstabilität und Ungewissheit noch immer eine ausgewogene Verminderung der Streitkräfte aus. Unter diesen Umständen werden die Bündnispartner zur Sicherung des Gleichgewichts der Streitkräfte das erforderliche militärische Potential aufrechterhalten und dadurch ein Klima der Stabilität, der Sicherheit und des Vertrauens schaffen. In diesem Klima kann die Allianz ihre zweite Funktion erfüllen: die weitere Suche nach Fortschritten in Richtung auf dauerhaftere Beziehungen, mit deren Hilfe die grundlegenden politischen Fragen gelöst werden können. Militärische Sicherheit und eine Politik der Entspannung stellen keinen Widerspruch, sondern eine gegenseitige Ergänzung dar. Die kollektive Verteidigung ist ein stabilisierender Faktor in der Weltpolitik. (...)[47]
Der europäisch-amerikanische Interessenausgleich wurde 1968 in der MC 14/3, dem Konzept der Flexiblen Reaktion gefunden.[48] Für den Fall, dass konventionelle Verteidigung einen Angriff nicht abwehren konnte, wurde die Vorbedachte Eskalation in die nukleare Dimension angedroht. Der Rückgriff auf die stärkste Stufe der Abschreckung, die Allgemeine Nukleare Reaktion sollte den Aggressor in seiner eigenen Existenz treffen, wenn die beiden ersten Stufen versagen sollten.
Die Harmel-Doktrin und MC 14/3 haben zwanzig Jahre lang die Sicherheit der NATO und damit Europas bestimmt. Die neue deutsche Ostpolitik wurde entwickelt. Der Helsinki-Prozess mit der Konferenz über Sicherheit und Zusammenarbeit wurde eingeleitet. Rüstungskontrollversuche wurden aussichtsreicher. Die historische Wahrheit gebietet, festzustellen, dass an der Spitze dieser neuen, positiven Dynamik der „konstruktive Einsatz der Allianz im Interesse der Entspannung“ stand.[49]
Die höchst unterschiedlichen Strategieauffassungen auf beiden Seiten des Atlantiks wurden durch die gemeinsame Bündnisstrategie weitgehend zugedeckt. Die von der NATO übernommene, wenn auch leicht modifizierte amerikanische Strategie der flexiblen Antwort wurde auf das politische Ziel ausgerichtet, durch Abschreckung den Frieden zu bewahren und im Kriegsfalle den Aggressor am Erfolg zu hindern. Diese Strategie sah nun drei Reaktionsformen vor, um jeder Art von Angriff angemessen begegnen zu können: Direktverteidigung, Vorbedachte Eskalation und Allgemeine Nukleare Reaktion[50].[51] Die Interpretation der Strategie, aber ebenso die drei definierten Reaktionsarten, hatten den Vorzug, dass Europäer und Amerikaner ihre unterschiedlichen strategischen Bedürfnisse zwar mit Kompromissformeln überdecken konnten. Zugleich aber war damit der gravierende Nachteil verbunden, dass die gemeinsame Strategie je nach nationaler Interessenlage recht unterschiedlich ausgelegt wurde: die Amerikaner betonten die Elemente Direktverteidigung und Horizontale Eskalation (Eröffnung einer anderen Front) mit konventionellen Mitteln; die europäischen NATO-Staaten, vor allem die Deutschen unterstrichen die Elemente Direktverteidigung und Vorbedachte Eskalation mit nuklearen Mitteln.[52]
Die wichtigste Veränderung im militärischen Kräfteverhältnis zwischen den beiden Weltmächten und zugleich zwischen den beiden Bündnissen NATO und Warschauer Pakt bestand in der nuklear-strategischen Parität, die in den siebziger Jahren von der Sowjetunion erreicht wurde.[53] Den Europäern wurde bewusst, dass die nuklearstrategische Parität für Westeuropa ein zweischneidiges Schwert wurde: Für USA und Sowjetunion bedeutete die verfestigte und sogar in Verträgen geregelte Parität bei den nuklear-strategischen Interkontinentalwaffen zunächst einmal stabile Abschreckung: durch den Einsatz dieser Waffen konnte keiner etwas gewinnen, sondern nur jeder alles verlieren.
Stabile Abschreckung zwischen den Weltmächten kam zwar auch NATO-Europa zugute; zugleich aber bedeutete das nukleare Patt, dass die USA die nuklear-strategische Überlegenheit und alle für Westeuropa damit verbundenen Vorteile verloren hatte. Für die Deutschen als Nation ohne eigenes nukleares Abschreckungspotential stellte sich dieser Verlust als besonders folgenreiche Entwicklung heraus, denn nuklear-strategische Parität bedeutete: Die Nachteile der geographischen Asymmetrie traten schärfer als vorher zutage.[54]
Die wachsenden Spannungen, die sich Mitte der achtziger Jahre innerhalb der NATO über die divergierenden Interpretationen der gemeinsamen Strategie entwickelt hatten, erfuhren mit der Politik des sowjetischen Staats- und Parteichefs Michail Gorbatschow plötzlich eine völlig neue Herausforderung. Plötzlich eröffnete sich für die USA die Chance, zu weitreichenden Vereinbarungen in der nuklearen Abrüstung zu kommen.[55]
Bereits anlässlich des Gipfeltreffens zwischen dem amerikanischen Präsidenten Ronald Reagan und Gorbatschow in Reykjavik 1986 begann sich zwischen Ost und West Konsens und Kooperation anstelle der jahrzehntelangen Konfrontation zu entwickeln. Die Rolle der NATO habe sich seit 1989 grundsätzlich geändert: „Im kalten Krieg war die NATO eine Worst-Case-, heute ist sie als politisches Steuerungselement eine Best-Case-Institution.“ Die NATO ist somit nicht mehr nur ein „passiver Schutzschild für Europa“.
Anlässlich des 40jährigen Jubiläums der NATO stellten die Staats- und Regierungschefs der Partnerländer im Rahmen eines Gipfeltreffens im Mai 1989 in Brüssel fest,[56] dass Rüstungskontrolle sowie vertrauensbildende und sicherheitsfördernde Maßnahmen die Grundlagen der Ost-West-Beziehungen bilden sollen. Der amerikanische Präsident George Bush nützte den Gipfel, um eine einseitige Reduzierung der konventionellen Streitkräfte in Europa anzukündigen. Dieser Schritt ebnete den Weg zur Unterzeichnung des KSE-Vertrages im Jahre 1990.
Im Mai 1989 erfolgte seitens der NATO die Annahme des Beschlusses eines umfassenden Konzepts für Rüstungskontrolle und Abrüstung, dem richtungsweisenden Dokument für den Rüstungskontrollprozess. Dieses Dokument ist somit das erste wichtige politische Dokument, das sich auf die von Harmel vorgeschlagene Entspannungspolitik stützte, und eines der wichtigsten Dokumente, die das Ende des Ost-West-Konfliktes einleiteten.
„Now that NATO has won the Cold War, what does it want to achieve? Should it continue in its present form? If so, what should its role be now that the military and geopolitical situations are very different? Or, should it change altogether, by metamorphosing into a CSCE-type all-European military alliance?[57]
Neun Monate später, im Februar 1990, erschien seitens der NATO auch das in politischer Hinsicht richtungweisende „Wittmann-Papier“[58]. Oberst Wittmann kam zu dem Ergebnis, dass aufgrund der neuen Situation der Entspannung sowohl die NATO als auch der Warschauer Pakt eine in erster Linie politische Rolle spielen werden, u. a. in Fragen der Rüstungskontrolle. Mit dem „Wittmann-Bericht“ wurde eindeutig die neue Richtung der NATO-Strategie aufgezeigt, die lautete: Sicherung der Stabilität in Europa, Schaffung kleiner professionellerer und flexiblerer Einheiten für die Entsendung in Krisengebiete.[59]
Die wichtigsten Aufgaben der NATO umfassen in naher Zukunft, so strich im Mai 1990 Generalsekretär Manfred Wörner hervor,
a) die Unterstützung der mittel- und osteuropäischen Länder in ihrem Bemühen, funktionierende demokratische und marktwirtschaftliche Systeme aufzubauen,
b) den Aufbau eines neuen Sicherheitssystems für ganz Europa,
c) die verstärkte Verankerung eines vereinten Deutschlands in den westlichen Strukturen der Europäischen Gemeinschaften und der NATO,
d) wie in der Vergangenheit, Verhinderung von Krieg und militärischer Aggression[60].
Die NATO-Strategie der flexiblen Reaktion und das Konzept der Vorneverteidigung wurden auf ihren Aktualitätsbezug überprüft. Das Überdenken einer neuen politischen und militärischen Strategie gipfelte am 5./6. Juli 1990 in der Konferenz von London. Gemäß der Londoner Erklärung muss sich die NATO als kollektive Verteidigungsorganisation den verändernden Umständen in Europa anpassen, gleichzeitig wurden die Regierungen der Warschauer Pakt-Staaten eingeladen, diplomatische Beziehungen mit der NATO zu unterhalten.[61]
Als Ziel der NATO wurde die Mitwirkung an der „Gründung einer europaweiten gerechten und andauernden Friedensordnung“ in die Londoner Deklaration aufgenommen. Laut dem Londoner Vertrag wurde die NATO-Strategie „forward defence“ nicht mehr als zeitgemäß erachtet, anstatt dessen erklärte die NATO die „forward presence“ zum neuen Prinzip. Getreu dem „Wittmann-Papier“ wird in der Londoner Erklärung der Aufbau kleiner nationaler Kampfeinheiten angestrebt, die sich in multinationalen Armeekorps zusammenschließen.[62]
In der Londoner Erklärung heißt es aber auch: „Wir müssen solidarisch bleiben, um den langen Frieden, dessen wir uns in den vergangenen vier Jahrzehnten erfreuten, auch künftig zu bewahren. (...) Wir bekräftigen, dass die Sicherheit und Stabilität nicht allein in der militärischen Dimension liegen; wir beabsichtigen, die politische Komponente unserer Allianz, wie sie in Artikel 2 unseres Vertrags niedergelegt ist, zu stärken“.
Die Londoner Erklärung „Die Nordatlantische Allianz im Wandel“ ist eines der Schlüsseldokumente zur Überwindung der deutschen und der europäischen Teilung. Nur zehn Tage[63] nach dem Londoner Gipfel am 16. Juli 1990 gab Gorbatschow im Kaukasus seine Bedenken gegen eine NATO-Mitgliedschaft Deutschlands auf. Die Deklaration richtete sich direkt an die Warschauer Pakt-Staaten und enthält das Angebot einer feierlichen Erklärung zum Gewaltverzicht.[64]
Weiterhin beinhaltet die Londoner Erklärung eine Selbstverpflichtung der NATO zu einer umfassenden Struktur- und Strategiereform.[65] Damit erweist sich die Londoner Erklärung auch als Schlüsseldokument für den Weg der NATO zu einem neuen Selbstverständnis und einer neuen Strategie, denn die Bestimmungsfaktoren der bisherigen Strategie - Abschreckung, Vorneverteidigung und Konfrontation - waren allesamt hinfällig.
Für die neue Strategie wurden auch schon konkrete Vorgaben gemacht:[66] Die Strategie der flexiblen Antwort soll durch eine Strategie ersetzt werden, die sich nicht nur auf weit weniger nukleare Waffen abstützt, sondern diese zu Waffen „des wahrhaft letzten Rückgriffs“ zurückstuft; die integrierte Vorneverteidigung - mitten in Deutschland - soll durch ein Konzept ersetzt werden, das auf die Verteidigung an den Grenzen der Allianz ausgerichtet ist. Die künftige Streitkräftestruktur soll über kleinere und umstrukturierte aktive Streitkräfte verfügen. Diese Streitkräfte werden hochmobil und anpassungsfähig sein, so dass den Verantwortlichen der Allianz bei der Entscheidung über die Reaktion auf eine Krise ein Höchstmaß an Flexibilität gegeben ist. Das Bündnis wird sich zunehmend auf multinationale Korps abstützen.[67]
Nach der Londoner Erklärung war klar: Die NATO richtet sich nicht mehr auf einen großen Angriff aus dem Osten ein, sondern auf die Beherrschung von Krisen und Konflikten neuer Art. Der Akzent in der Strategie verschiebt sich - weg von der Vorbereitung hinreichender Verteidigung als Substanz glaubwürdiger Abschreckung, hin zur Friedensgestaltung, Krisenvorsorge und Krisenbeherrschung. Die sich nun herausbildenden Kommando- und Streitkräftestrukturen mussten und müssen diesen grundlegenden Wandel im strategischen Ansatz reflektieren.[68]
1992 erklärte der NATO-Rat seine Bereitschaft, Friedensoperationen im Rahmen der OSZE und der VN auch außerhalb des Bündnisgebietes zu unterstützen.[69]
„In this dramatically changed security environment Article V‘s mutual defense commitment as the very foundation of the Alliance has been put in NATO‘s 'back pocket'. Instead of confining its task exclusively in terms of collective defense as in the past, NATO is asked to focus on more diverse tasks not covered by Article V.“ „New security threats are more geographically and functionally diverse and less predictable“.[70]
Ein Jahr später bekennt sich die NATO in der Kopenhagener „Erklärung zu Mittel- und Osteuropa“ vom 6./7. Juni 1991[71] zu einer integrativen Sicherheitsordnung Gesamteuropas. Dort heißt es u.a.: „Unsere gemeinsame Sicherheit kann am besten durch die Weiterentwicklung eines Geflechts ineinandergreifender Institutionen und Beziehungen gesichert werden, die eine umfassende Architektur bilden, deren wesentliche Elemente das Bündnis, der europäische Integrationsprozess und die Konferenz für Sicherheit und Zusammenarbeit in Europa (KSZE) sind.“[72] Die NATO betont hier zum ersten Mal explizit die Notwendigkeit einer sinnvollen Arbeitsteilung zwischen dem Bündnis der EG/WEU und der KSZE, wobei die Reihenfolge auch die Rangfolge symbolisiert.
Die Frage, ob die Allianz eine stärkere politische Rolle übernehmen oder ob sie sich auf ihre klassischen Aufgaben als militärisches Verteidigungsbündnis beschränken soll, ist unter den einzelnen Mitgliedsländern nach wie vor umstritten. Unstrittig ist jedoch, dass die NATO durch die vertiefte Zusammenarbeit mit den ehemaligen Warschauer Vertragsstaaten[73] und mit der Sowjetunion bzw. mit der GUS bereits ihr politisches Spektrum erweitert hat.
In der allianzinternen Diskussion um die Reform der NATO lassen sich zwei Positionen unterscheiden:
1. Die Minimalisten: Sie versuchen, den Aufgabenbereich der NATO sowohl thematisch als auch regional zu begrenzen. Aufgabe der NATO sei in erster Linie die Verteidigung der Mitgliedsstaaten nach Art. 5 des NATO-Vertrags. Eine Erweiterung des Bündnisses wird abgelehnt. Regional habe sich die Rolle der NATO auf das NATO-Gebiet nach Art. 6, nördlich des Wendekreises des Krebses, zu beschränken. Alle anderen Aspekte der Sicherheit seien „out-of-area“ und sollten entweder im westeuropäischen Rahmen oder im KSZE- oder UNO-Rahmen behandelt werden. Der Hauptvertreter der minimalistischen Position ist Frankreich.
2. Die Maximalisten: Sie betonen im Gegensatz zu den Minimalisten den politischen Charakter des Bündnisses und wollen diesen nicht nur erhalten, sondern stärken. Darüber hinaus sehen sie die Aufgabe der Allianz auch in der Beilegung von politischen Krisen in Form von Konfliktverhütung und Konfliktschlichtung. Ihnen zufolge kann die NATO prinzipiell auch außerhalb des Vertragsgebiets tätig werden, da sich Artikel 5 nur auf eine Beistandsverpflichtung beziehe, aber nicht verbiete, darüber hinaus tätig zu werden. Zu den wichtigsten Anhängern dieser Position gehören die USA und Großbritannien.[74] Sie akzeptieren zwar die Bemühungen um eine europäische Identität in Sicherheits- und Verteidigungsfragen,[75] [76] fürchten jedoch eine europäische Blockbildung und Marginalisierung der USA innerhalb der NATO.
Die bisherigen Reformen scheinen eher in Richtung der Maximalisten zu führen. So spricht gegenwärtig alles dafür, dass die NATO künftig größere Verantwortung für die gesamteuropäische Sicherheit zu übernehmen gewillt ist. Nichtsdestotrotz bemühen sich auch die anderen europäischen Institutionen (EU, Westeuropäische Union (WEU), OSZE) darum, ihre Kompetenzen und Verantwortlichkeiten, aber auch ihr Instrumentarium zu erweitern und/oder zu effektivieren. Während die VN und die OSZE über die notwendige Legitimation verfügen, ist der Standortvorteil der NATO im europäischen Institutionenwettstreit ihr militärisches Potential. Beschlüsse, dieses Potential unter gewissen Umständen anderen Organisationen und Institutionen zur Verfügung zu stellen, könnten ein Schritt in Richtung eines wirksamen Institutionennetzwerks sein, bei dem die einzelnen Institutionen nicht miteinander konkurrieren, sondern sich ergänzen.
Zur Bewältigung der vielfältigen Herausforderungen, denen sich das Bündnis gegenüber sieht, ist ein breit angelegter sicherheitspolitischer Ansatz erforderlich. Die NATO hat in der Phase der strategischen Neuausrichtung dahingehend neue Akzente gesetzt: In der Ausweitung und Erweiterung nach Mittel- und Osteuropa, in der „Europäisierung“ der Allianz, in der Bereitschaft, als Mandatnehmer der VN bzw. der OSZE aufzutreten, und schließlich in der Bereitschaft, notfalls auch ohne VN-Mandat zu intervenieren.[77]
„The two main rationales for the Alliance's „internal adaption“ - defining a new command structure and establishing new institutions - have been changing collective defense needs (with greater attention to limited, subregional contingencies ) and the emergence of crisis management and peace operations as a major new mission. Of the new institutions, Combined Joint Task Forces (CJTF) are probably the most important.“[78]
Das von den USA 1993 eingebrachte und im Juni 1996 in Berlin verabschiedete Konzept geht gänzlich im Idealbild der neuen Strategie auf. Seit Mitte 1997 sind sowohl von seiten der NATO als auch von der WEU Details über die konkrete Ausformung des CJTF-Konzeptes ausgearbeitet worden. Dabei sind drei Möglichkeiten zu unterscheiden: Zum einen ein reiner NATO-Einsatz, zum zweiten ein NATO-Einsatz plus CJTF unter Beteiligung von Nicht-NATO-Staaten (das sogenannte IFOR/SFOR-Modell) und drittens ein CJTF-Einsatz unter der Führung der WEU. Letzteres würde eine einstimmige Entscheidung des Nordatlantikrates voraussetzen, der WEU die Führung zu übertragen, die dann wiederum bei ihren Mitgliedern je nach nationaler Interessenlage um Beiträge ersuchen könnte.[79] Die Vereinigten Staaten hatten unterschiedliche Motive, die Idee der CJTF auf den Plan zu bringen. Zum einen galt es, den europäischen Bestrebungen einer stärkeren Europäischen Sicherheits- und Verteidigungsidentität (ESVI) entgegenzukommen. Zum anderen war es notwendig, das Prinzip der Lastenverteilung zu bewerben, bei dem die europäischen Partner zusätzliche Risiken und Verantwortlichkeiten akzeptieren und dazu beitragen müssten, die politischen und ökonomischen Kosten der internationalen Ordnungsmachtrolle der USA zu senken. „A broader motive was to make NATO‘s command structures and asset-utilization arrangements more flexible to allow for greater European roles and the formation of „coalitions of the willing“. It was assumed that all 16 NATO Allies would be unlikely to take action together in all cases falling short of aggression against the Alliance .“[80]
Stefanie Babst resümiert: „Auf dem Papier sollte das Konzept der CJTF dazu dienen, flexiblere multinationalere Einsätze von Streitkräften zu ermöglichen.“ Die Franzosen, die Briten und natürlich die Amerikaner haben über Jahre in ihre Streitkräfte und neue Fähigkeiten investiert, die Streitkräfte reorganisiert und wo nötig reduziert, um sie den neuen Apparationsprofilen anzupassen. Das haben die überwiegende Zahl der anderen europäischen Staaten, bzw. ihre Regierungen, verpasst oder nur sehr zögerlich umgesetzt. Offene Kritik: „Da sind wir Deutschen an erster Stelle, wobei es für Staaten wie Deutschland ein hohes Maß und Muss an Wandlungsfähigkeit bedeutete, Streitkräfte nun nach Bosnien und in den Kosovo zu schicken. Das hat Bundesregierungen aber nicht entbinden können, von der Verantwortung die Streitkräfte neu zu organisieren.“
Voraussetzung für einen Einsatz im Rahmen des CJTF-Konzeptes ist und bleibt die Zustimmung der USA, was der eigenständigen Entwicklung der ESVI und der operationellen Rolle der WEU die entsprechenden Grenzen setzt. Dort setzt auch die französische Kritik an, die „frühzeitig Bedenken gegen dieses Konzept“ äußerten, da sie eine zu große Abhängigkeit von amerikanischen Komponenten befürchteten.[81]
Fest steht: Mit der Überwindung des Ost-West-Konflikts und dem Fortfall seiner Disziplinierungsfunktion sind Kriege in Europa wieder führbar geworden und stellen die für Sicherheit zuständigen Organisationen vor neue Aufgaben.
[...]
[1] Interview mit Jamie P. Shea, NATO-Hauptquartier in Brüssel, 16.07.1999.
[2] Tuschhoff, Christian: Das Zusammenwirken atlantischer Eliten im Militärbereich oder: Gibt es eine atlantische militärische Kultur? in: Kremp, Werner (Hg.): Gibt es eine atlantische politische Kultur?, Trier 1996, S. 116.
[3] Schneider, Heinrich, Europäische Sicherheitsarchitektur. Konzeptionen und Realitäten, Verlag Peter Lang, Rechts- und Sozialwissenschaftliche Reihe, Band 15, Frankfurt am Main, 1996, S. 78.
[4] Unter dem Begriff der "europäischen Sicherheitsarchitektur" wird hier die Gesamtheit der für die Sicherheitspolitik relevanten europäischen Institutionen verstanden. Vgl. Karádi, Matthias Z.: Die Reform der Atlantischen Allianz. Bündnispolitik als Beitrag zur kooperativen Sicherheit in Europa?, Forschungsberichte Internationale Politik, Münster, Hamburg 1994, S. 10.
[5] Vgl. Schneider, in: Hochleitner, Erich P.: Das europäische Sicherheitssystem zu Beginn des 21. Jahrhunderts, Wien Köln Weimar 2000, S. 33.
[6] Vgl. Hochleitner, in: Hochleitner, Erich P.: Das europäische Sicherheitssystem zu Beginn des 21. Jahrhunderts, Wien Köln Weimar 2000, S. 7.
[7] Karádi, Matthias Z.: Die Reform der Atlantischen Allianz. Bündnispolitik als Beitrag zur kooperativen Sicherheit in Europa?, Forschungsberichte Internationale Politik, Münster, Hamburg 1994, S. 12.
[8] Schneider, Hochleitner, Erich P.: Das europäische Sicherheitssystem zu Beginn des 21. Jahrhunderts, Wien Köln Weimar 2000, S. 34.
[9] Schneider, Hochleitner, Erich P.: Das europäische Sicherheitssystem zu Beginn des 21. Jahrhunderts, Wien Köln Weimar 2000, S. 34.
[10] Karádi, Matthias Z.: Die Reform der Atlantischen Allianz. Bündnispolitik als Beitrag zur kooperativen Sicherheit in Europa?, Forschungsberichte Internationale Politik, Münster, Hamburg 1994, S. 14.
[11] Karádi, Matthias Z.: Die Reform der Atlantischen Allianz. Bündnispolitik als Beitrag zur kooperativen Sicherheit in Europa?, Forschungsberichte Internationale Politik, Münster, Hamburg 1994, S. 15.
[12] Koslowski, Gerd, Die NATO und der Krieg in Bosnien-Herzegowina. Deutschland, Frankreich und die USA im Internationalen Krisenmanagement, Greifswald 1995, S. 11.
[13] Karádi, Matthias Z.: Die Reform der Atlantischen Allianz. Bündnispolitik als Beitrag zur kooperativen Sicherheit in Europa?, Forschungsberichte Internationale Politik, Münster, Hamburg 1994, S. 30.
[14] Karádi, Matthias Z.: Die Reform der Atlantischen Allianz. Bündnispolitik als Beitrag zur kooperativen Sicherheit in Europa?, Forschungsberichte Internationale Politik, Münster, Hamburg 1994, S. 13.
[15] Koslowski, Gerd, Die NATO und der Krieg in Bosnien-Herzegowina. Deutschland, Frankreich und die USA im Internationalen Krisenmanagement, Greifswald 1995, S. 15.
[16] Karádi, Matthias Z.: Die Reform der Atlantischen Allianz. Bündnispolitik als Beitrag zur kooperativen Sicherheit in Europa?, Forschungsberichte Internationale Politik, Münster, Hamburg 1994, S. 21.
[17] Karádi, Matthias Z.: Die Reform der Atlantischen Allianz. Bündnispolitik als Beitrag zur kooperativen Sicherheit in Europa?, Forschungsberichte Internationale Politik, Münster, Hamburg 1994, S. 23.
[18] Borinski, Philipp: Die neue NATO-Strategie. Perspektiven militärischer Sicherheitspolitik in Europa, Hessische Friedens- und Konfliktforschung - Report 1/1993, S. 1.
[19] Koch, Jutta: Die Nato: Ein Militärbündnis auf der Suche nach neuen Aufgaben, in: Birchenbach, Hanne-Margret (Hrsg.), Jahrbuch Frieden 1993. Konflikte - Abrüstung - Friedensarbeit, München 1994, S. 115 f.
[20] Gebhardt, Jürgen: Gibt es eine atlantische politische Kultur?, in: Kremp, Werner (Hg.): Gibt es eine atlantische politische Kultur?, Trier 1996, S. 3.
[21] ebd. S. 7.
[22] Tuschhoff, Christian: Das Zusammenwirken atlantischer Eliten im Militärbereich oder: Gibt es eine atlantische militärische Kultur? in: Kremp, Werner (Hg.): Gibt es eine atlantische politische Kultur?, Trier 1996, S. 113 f.
[23] ebd. S. 116.
[24] Interview mit Karl-Heinz Kamp, Konrad-Adenauer-Stiftung in Berlin, 21.07.2003.
[25] Kimmitt, Mathiopoulos, Margarita: Das neue Europa, Bonn Berlin 1992, S. 153.
[26] Kimmitt, Mathiopoulos, Margarita: Das neue Europa, Bonn Berlin 1992, S. 154.
[27] Kimmitt, Mathiopoulos, Margarita: Das neue Europa, Bonn Berlin 1992, S. 155.
[28] Kimmitt, Mathiopoulos, Margarita: Das neue Europa, Bonn Berlin 1992, S. 156.
[29] Varwick, Johannes; Woyke, Wichard: NATO 2000. Transatlantische Sicherheit im Wandel, Opladen 1999, S. 20
[30] Vgl. Heinrich Schneider, Europäische Sicherheitsarchitektur, Konzeptionen und Realitäten, aus: Rechts- und Sozialwissenschaftliche Reihe, Verlag Peter Lang, Frankfurt am Main 1996, S. 76.
[31] Aus: Der Nordatlantikvertrag, Washington D.C., 4. April 1949, Artikel 3, in: NATO-Handbuch, Anhang V111, 249, hrsg. vom NAfO Presse- und Informanonsdienst, Brüssel 1995.
[32] Hauser, Hochleitner, Erich P.: Das europäische Sicherheitssystem zu Beginn des 21. Jahrhunderts, Wien Köln Weimar 2000, S. 274.
[33] Holstein, Alexia: Das Verhältnis des Sicherheitsrates der Vereinten Nationen zu NATO und OSZE, Schriften zum öffentilchen, europäischen und internationalen Recht, Bd. 4, Stuttgart 1996, S. 153 f.
[34] Holstein, Alexia: Das Verhältnis des Sicherheitsrates der Vereinten Nationen zu NATO und OSZE, Schriften zum öffentilchen, europäischen und internationalen Recht, Bd. 4, Stuttgart 1996, S. 152 f.
[35] Pradetto, S. 141
[36] Holstein, Alexia: Das Verhältnis des Sicherheitsrates der Vereinten Nationen zu NATO und OSZE, Schriften zum öffentilchen, europäischen und internationalen Recht, Bd. 4, Stuttgart 1996, S. 154 f.
[37] Varwick, Johannes; Woyke, Wichard: NATO 2000. Transatlantische Sicherheit im Wandel, Opladen 1999, S. 22.
[38] Martin Dahinden und Andreas Wenger, Die Nato 50 Jahre nach ihrer Gründung - eine Allianz im Wandel, Zürich, S. 5.
[39] Hauser, Hochleitner, Erich P.: Das europäische Sicherheitssystem zu Beginn des 21. Jahrhunderts, Wien Köln Weimar 2000, S. 277.
[40] Holstein, Alexia: Das Verhältnis des Sicherheitsrates der Vereinten Nationen zu NATO und OSZE, Schriften zum öffentilchen, europäischen und internationalen Recht, Bd. 4, Stuttgart 1996, S. 168.
[41] Varwick, Johannes; Woyke, Wichard: NATO 2000. Transatlantische Sicherheit im Wandel, Opladen 1999, S. 25.
[42] Hauser, Hochleitner, Erich P.: Das europäische Sicherheitssystem zu Beginn des 21. Jahrhunderts, Wien Köln Weimar 2000, S. 278.
[43] Vgl. Kamp, Karl-Heinz: Die Flexibilisierung der NATO: Konzept und Perspektiven, Sankt Augustin 1996, S. 3.
[44] Interview mit Michael Rühle, NATO-Hauptquartier inBrüssel, 28.07.2003.
[45] Wellershoff, Dieter: Mit Sicherheit. Neue Sicherheitspolitik zwischen gestern und morgen, Bonn 1999, S. 108.
[46] Heuser, Beatrice: NATO, Britain, France, and the FRG. Nuclear strategies and forces for Europe 1949-2000, Basingstoke 1997, S. 1.
[47] Wellershoff, Dieter: Mit Sicherheit. Neue Sicherheitspolitik zwischen gestern und morgen, Bonn 1999, S. 110.
[48] Wellershoff, Dieter: Mit Sicherheit. Neue Sicherheitspolitik zwischen gestern und morgen, Bonn 1999, S. 109.
[49] Wellershoff, Dieter: Mit Sicherheit. Neue Sicherheitspolitik zwischen gestern und morgen, Bonn 1999, S. 111.
[50] Die erste Reaktionsform, die im NATO-Jargon „Direktverteidigung" genannt wurde, bestand darin, dass die NATO dem Angreifer mit denselben Mitteln begegnen sollte, die er einsetzt. Entweder wäre damit die Aggression gescheitert oder der Aggressor hätte sich entscheiden müssen, ob er Art und Umfang des Angriffes ausweiten, ob er eskalieren wollte. Die zweite Reaktionsform, die sogenannte Vorbedachte Eskalation, konnte in der Entscheidung der NATO bestehen, den Konflikt räumlich auszuweiten, für den Gegner eine zweite Front zu eröffnen oder: der Angreifer wäre durch den Einsatz von Nuklearwaffen auf ausgewählte Ziele auf das Missverhältnis zwischen Gewinnchance und Risiko hingewiesen worden, zugleich würde er getroffen, wo er besonders verwundbar ist.Die dritte Reaktionsform, die Allgemeine Nukleare Reaktion, das stärkste Abschreckungsmittel der NATO, sollte schließlich eine umfassende Reaktion mit Nuklearwaffen auf einen entsprechenden Angriff der Gegenseite sein können.
[51] Weisser, Ulrich: Sicherheit für ganz Europa. Die Atlantische Allianz in der Bewährung, Stuttgart 1999, S. 42 f.
[52] Weisser, Ulrich: Sicherheit für ganz Europa. Die Atlantische Allianz in der Bewährung, Stuttgart 1999, S. 44 f.
[53] Weisser, Ulrich: Sicherheit für ganz Europa. Die Atlantische Allianz in der Bewährung, Stuttgart 1999, S. 45
[54] Weisser, Ulrich: Sicherheit für ganz Europa. Die Atlantische Allianz in der Bewährung, Stuttgart 1999, S. 47.
[55] Weisser, Ulrich: Sicherheit für ganz Europa. Die Atlantische Allianz in der Bewährung, Stuttgart 1999, S. 51.
[56] Hauser, Hochleitner, Erich P.: Das europäische Sicherheitssystem zu Beginn des 21. Jahrhunderts, Wien Köln Weimar 2000, S. 284.
[57] Meiers, Franz-Josef: NATO’s peacekeeping dilemma, Bonn 1996, S. 4.
[58] Benannt nach dem Oberst der Bundeswehr Dr. Klaus Wittmann, Titel: The Alliance Security beyond KSE.
[59] Hauser, Hochleitner, Erich P.: Das europäische Sicherheitssystem zu Beginn des 21. Jahrhunderts, Wien Köln Weimar 2000, S. 285
[60] Wörner, Manfred: The Atlantic Alliance and European Security in the 1990s, Adress by Secretary General Manfred Wörner to the Bremer Tabaks Collegium, Brussels, 17. Mai 1990.
[61] Hauser, Hochleitner, Erich P.: Das europäische Sicherheitssystem zu Beginn des 21. Jahrhunderts, Wien Köln Weimar 2000, S. 286.
[62] Hauser, Hochleitner, Erich P.: Das europäische Sicherheitssystem zu Beginn des 21. Jahrhunderts, Wien Köln Weimar 2000, S. 287.
[63] Karádi, Matthias Z.: Die Reform der Atlantischen Allianz. Bündnispolitik als Beitrag zur kooperativen Sicherheit in Europa?, Forschungsberichte Internationale Politik, Münster, Hamburg 1994, S. 45
[64] Dieser Vorschlag wurde am 19.11.1991 anläßlich des Pariser KSZE-Gipfels realisiert. In einer Gemeinsamen Erklärung der 22 Staaten heißt es dort in Anlehnung an Ziffer 6 der Londoner Erklärung: "Die Unterzeichnerstaaten erklären feierlich, dass sie... nicht mehr Gegner sind, sondern neue Partnerschaften aufbauen und einander die Hand zur Freundschaft reichen." Siehe Bulletin Nr. 137/1991, S.1422.
[65] Londoner Erklärung, Ziffer 2, in: Bulletin Nr. 90/1990, S.777.
[66] Weisser, Ulrich: Sicherheit für ganz Europa. Die Atlantische Allianz in der Bewährung, Stuttgart 1999, S. 60.
[67] Weisser, Ulrich: Sicherheit für ganz Europa. Die Atlantische Allianz in der Bewährung, Stuttgart 1999, S. 61.
[68] Weisser, Ulrich: Sicherheit für ganz Europa. Die Atlantische Allianz in der Bewährung, Stuttgart 1999, S. 61.
[69] Varwick, Johannes; Woyke, Wichard: NATO 2000. Transatlantische Sicherheit im Wandel, Opladen 1999, S. 135
[70] Meiers, S. 3.
[71] in: Bulletin Nr. 66/1991, S. 528/529.
[72] ebda, S. 528. Reinhard Mutz bemerkt treffend, dass sich die Kopenhagener Erklärung wie eine einzige Laudatio auf die Schlussakte von Helsinki und die Charta von Paris liest, in: FEST/HSFK/IFSH (Hrsg.), FRIEDENSGUTACHTEN 1991, S. 132/133.
[73] Am 25.2.1991 unterzeichneten die Außen- und Verteidigungsminister der WVO-Staaten in Budapest eine Vereinbarung, wonach die Militärstruktur am 31.3.1991 erlischt. Am 1. Juli 1991 wurde auch die politische Struktur des Warschauer Vertrages aufgelöst.
[74] vgl. hierzu Peter Schmidt: Konkurrenten oder Partner? NATO, WEU, EG und die Bemühungen um eine Reorganisation der Sicherheitspolitik in Westeuropa, Stiftung Wissenschaft und Politik, Ebenhausen Juni 1991, S. 16/17.
[75] Hans Georg Ehrhart: Die Sicherheitspolitik des Westens: NATO, EG, WEU, in: FEST/HSFK/IFSH, FRiEDENSGUTACHTEN 1992, S.225.
[76] Karádi, Matthias Z.: Die Reform der Atlantischen Allianz. Bündnispolitik als Beitrag zur kooperativen Sicherheit in Europa?, Forschungsberichte Internationale Politik, Münster, Hamburg 1994, S. 66
[77] Varwick, Johannes; Woyke, Wichard: NATO 2000. Transatlantische Sicherheit im Wandel, Opladen 1999, S. 55
[78] Yost, David S.: NATO transformed. The Alliance‘s New Roles in International Security, United States Institute of Peace Press, Washington 1998, S. 199.
[79] Varwick, Johannes; Woyke, Wichard: NATO 2000. Transatlantische Sicherheit im Wandel, Opladen 1999, S. 132
[80] Yost, David S.: NATO transformed. The Alliance‘s New Roles in International Security, United States Institute of Peace Press, Washington 1998, S. 200
[81] Kamp, 1996, S. 9.
- Arbeit zitieren
- Juliane Polenthon (Autor:in), 2003, Die Entwicklung der NATO in den 90er Jahren im Spannungsfeld von Identität und Interesse, München, GRIN Verlag, https://www.grin.com/document/23869
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