Anhand des Textes von Sunil Bhatia (2002), „Orientalism in Euro-American and Indian
psychology: Historical representations of ‘natives’ in colonial and postcolonial contexts“
sollen in dieser Arbeit der Einfluss des Orientalismus auf die Entwicklung der Psychologie
in der sogenannten 3. Welt und mögliche Alternativen zu einem eurozentristischen
Psychologiekonzept untersucht werden. Die Arbeit gliedert sich in zwei Teile: Im ersten, allgemeinen soll kurz der Begriff
des Orientalismus nach Said (1979) eingeführt werden, um daraufhin den historischen
Zusammenhang von Wissenschaft und Kolonialismus/Rassismus näher zu erläutern. Anschließend
erfolgt die Darstellung und Bewertung von Entwicklungen in der Psychologie,
die versuchten, o. g. Zusammenhang zu kritisieren, vor allem die kulturvergleichende Psychologie.
Im zweiten Teil geht es spezifischer um die Psychologie in Indien: Zum einen wird die
Entwicklung (oder treffender: der Import) der mainstream-Psychologie im kolonialen und
postkolonialen Indien thematisiert, zum anderen werden die Möglichkeiten und Grenzen
von alternativen, indigenen Konzepten angesprochen. In Kapitel 4 werden die zusammenfassenden Thesen Bhatias vorgestellt.
Inhaltsverzeichnis
- Einleitung
- Orientalismus und wissenschaftliche Rechtfertigungen von Kolonialismus und Rassismus
- Orientalismus
- Wissenschaft und Technik als Rechtfertigung und Mittel der „Civilizing Mission“
- Zeitgenössische Kritik am Orientalismus
- Kulturvergleichende Psychologie
- Die Entwicklung der Psychologie in Indien: Eine zweite Kolonisierung und mögliche Alternativen
- Indigene, indische Psychologie
- Diskussion
Zielsetzung und Themenschwerpunkte
Die Arbeit untersucht den Einfluss des Orientalismus auf die Entwicklung der Psychologie in der sogenannten 3. Welt, insbesondere in Indien. Es werden sowohl die historischen Zusammenhänge zwischen Wissenschaft und Kolonialismus/Rassismus als auch die Möglichkeiten und Grenzen von alternativen, indigenen Psychologiekonzepten beleuchtet.
- Die Rolle des Orientalismus in der Konstruktion von „Anderen“ und seine Verwendung zur Legitimierung von Kolonialismus und Unterdrückung.
- Die Verbindung von Wissenschaft und Kolonialismus und die Verwendung wissenschaftlicher Erkenntnisse zur Rechtfertigung der „Civilizing Mission“
- Die Kritik am Orientalismus in der Psychologie und die Entwicklung von kulturvergleichenden Ansätzen.
- Die Geschichte der Psychologie in Indien im Kontext des Kolonialismus und Postkolonialismus.
- Die Erforschung von indigenen, indischen Psychologiekonzepten als mögliche Alternative zu einem eurozentristischen Verständnis der Psychologie.
Zusammenfassung der Kapitel
Einleitung: Der Autor führt in die Arbeit ein und erläutert die Relevanz des Textes von Sunil Bhatia (2002) für die Untersuchung des Orientalismus in der Psychologie. Er strukturiert die Arbeit in zwei Teile: einen allgemeinen Teil, der den Begriff des Orientalismus und die historischen Zusammenhänge von Wissenschaft und Kolonialismus beleuchtet, und einen spezifischen Teil, der sich mit der Entwicklung der Psychologie in Indien auseinandersetzt.
2. Orientalismus und wissenschaftliche Rechtfertigungen von Kolonialismus und Rassismus: Dieses Kapitel behandelt den Begriff des Orientalismus nach Edward Said (1979) und seine vier Dogmen. Es wird die Verbindung von Wissenschaft und Kolonialismus/Rassismus im Kontext der „Civilizing Mission“ beleuchtet und die Rolle der Psychologie als wissenschaftliche Rechtfertigung für Rassismus und Imperialismus diskutiert. Dazu werden verschiedene Pioniere der Psychologie und ihre Verstrickung in den wissenschaftlichen Rassismus, wie Francis Galton, Herbert Spencer und G. Stanley Hall, vorgestellt.
2.1 Orientalismus: Der Autor erklärt das Konzept des Orientalismus als eine Ideologie, die den Westen als überlegen und den Osten als unterlegen darstellt. Diese Ideologie wird als Rechtfertigung für Kolonialismus und Unterdrückung verwendet.
2.2 Wissenschaft und Technik als Rechtfertigung und Mittel der „Civilizing Mission“: In diesem Abschnitt wird die Rolle der Wissenschaft in der Rechtfertigung und Durchsetzung des Kolonialismus thematisiert. Konzepte wie Rationalität, Modernität und Wissenschaftlichkeit werden als exklusives Merkmal der westlichen Zivilisation angesehen und zur Begründung der Überlegenheit des Westens verwendet. Die Wissenschaften liefern auch praktische Mittel zur Klassifizierung und Bewertung von „Anderen“.
2.3 Zeitgenössische Kritik am Orientalismus: Dieses Unterkapitel befasst sich mit der Kritik am wissenschaftlichen Rassismus und Orientalismus, die nach dem Zweiten Weltkrieg, der Dekolonisierung und der Bürgerrechtsbewegung in den USA verstärkt aufkam. Es werden verschiedene Kritiker, wie Lévy-Bruhl, die Psychoanalyse und die Bengal Renaissance, vorgestellt.
2.4 Kulturvergleichende Psychologie: Der Autor diskutiert die Entwicklung der kulturvergleichenden Psychologie als Versuch, die kulturrelativen Aspekte von psychologischem Wissen zu berücksichtigen und die eurozentrischen Vorurteile in der Psychologie zu kritisieren. Allerdings wird auch die Gefahr von neuen Formen des Essentialismus im Kontext der kulturvergleichenden Forschung aufgezeigt.
3. Die Entwicklung der Psychologie in Indien: Eine zweite Kolonisierung und mögliche Alternativen: Das dritte Kapitel befasst sich mit der Geschichte der Psychologie in Indien im Kontext des Kolonialismus und Postkolonialismus. Es wird die Einführung und Durchsetzung der eurozentrischen Psychologie im kolonialen Indien thematisiert, die als eine Form der „zweiten Kolonisierung“ betrachtet wird. Der Autor beleuchtet auch die Möglichkeiten und Grenzen von alternativen, indigenen Psychologiekonzepten.
3.1 Indigene, indische Psychologie: In diesem Abschnitt werden verschiedene Ansätze der indigenen Psychologie in Indien vorgestellt, die auf traditionellen, spirituellen und kulturellen Ressourcen des Landes aufbauen und eine Alternative zu einem eurozentrischen Verständnis von Psychologie bieten.
Schlüsselwörter
Die Arbeit behandelt zentrale Themen wie Orientalismus, Kolonialismus, Rassismus, Wissenschaft, Psychologie, Kulturvergleichende Psychologie, Indigene Psychologie, Indien, Postkolonialismus und Kritik an eurozentrischen Perspektiven.
- Quote paper
- Harald Kliems (Author), 2004, Orientalismuskritik in der Psychologie, Munich, GRIN Verlag, https://www.grin.com/document/24206