In einem Zeitungsartikel der Frankfurter Rundschau vom 9.7.1986 war zu lesen: „Eine bestrickende Bilanz haben Abiturientinnen an einem Schweinfurter Gymnasium vorgelegt. Während ihrer letzten beiden Schuljahre strickten und häkelten sie während der Unterrichts- und Wartezeiten 93 Pullis, 17 Pullunder, elf Paar Handschuhe, zehn Jacken, vier Paar Socken und drei Schals.“ 1
Ob Stricken, Briefchen schreiben, Zeitung lesen, Namen in die Tischplatte schnitzen oder einfach nur mit dem Nachbarn schwatzen: Für diese und andere Nebentätigkeiten bringen Schüler größtes Interesse auf. 2 Außenstehende denken oft, dass dies unrealistische Übertreibungen oder gar Horrorszenarien seien. Doch wie sieht es in der Realität aus? Der Schwerpunkt dieser Erkundung liegt nicht etwa in den Ursachen oder den Ausprägungen dieser Unterrichtsstörungen. Dies ist zweifellos ein sehr interessantes Thema, würde aber den Rahmen dieser Arbeit sprengen. Vielmehr soll untersucht werden, inwieweit ein Zusammenhang zwischen der Intensität der im Unterricht entstehenden Unruhe insbesondere mit den vom Lehrer angewandten Unterrichtsformen und weiteren Aspekten besteht. Dies sollte während einer 2-wöchigen Beobachtung einer 9. und einer 10. Klasse einer Wirtschaftsschule herausgefunden werden.
2. Begriffsklärung
Bevor auf die Ergebnisse der Beobachtung eingegangen wird, müssen einige Begriffe geklärt werden, die von verschiedenen Personen durchaus unterschiedlich aufgefasst werden könnten.
Unter Unruhe werden nicht nur Geräusche, die durch Gespräche entstehen, sondern auch jede Art von Bewegung und Gestik, die als störend empfunden wird zusammengefasst. So fallen z.B. auch das Zuspätkommen eines Schülers oder die Beschäftigung mit dem Handy unter diese Definition. In dieser Hinsicht könnte man Unruhe allgemeiner auch als Störverhalten seitens der Schüler bezeichnen. „Was als Störung zu betrachten ist und was nicht, steht [...] nicht ein für alle mal fest. Es wird im Sozialisationsprozess erlernt, es muss zum Teil aber auch jeweils neu zwischen Lehrer und Schülern ausgehandelt werden.“ 3 Natürlich ist eine solche Bewertung immer stark vom Beobachter und seinen „institutionell verankerten gesellschaftlich anerkannten Verhaltenserwartungen“ 4 abhängig. Auch ist darauf zu achten, dass es bei einer produktiven Partner- oder Gruppenarbeit durchaus einmal laut sein kann. Man muss also themenbezogene Unruhe von störender Unruhe abgrenzen.
Inhaltsverzeichnis
- 1. Vorstellung des Themas
- 2. Begriffsklärung
- 3. Forschungsmethodik
- 3.1. Grundlagen der Forschungsmethode „Beobachtung“
- 3.2. Konzeption des Beobachtungsschemas
- 4. Auswertung der Beobachtung
- 4.1. Arten des Störverhaltens
- 4.2. Unterrichtsformen
- 4.2.1. Anwendung der Unterrichtsformen
- 4.2.2. Intensität des Unruhegrads nach Unterrichtsformen
- 4.2.3. Themenbezogene Unruhe nach Unterrichtsformen
- 4.3. Intensitätsverteilung der Unruhe im Zeitablauf der Unterrichtsstunde
- 4.4. Weitere Einflussfaktoren auf den Unruhegrad
- 4.5. Zusammenfassung
- 5. Bewertung und Kritik
- 6. Literaturverzeichnis
Zielsetzung und Themenschwerpunkte
Die Arbeit untersucht den Zusammenhang zwischen der Intensität von Unruhe im Unterricht und der Wahl von Unterrichtsformen. Ziel ist es, die Beziehung zwischen dem von Lehrkräften angewandten Unterrichtsformat und der im Unterricht auftretenden Unruhe zu erforschen. Die Analyse erfolgt anhand von Beobachtungen in zwei Klassen einer Wirtschaftsschule.
- Beobachtung von Unruhe und Störverhalten im Unterricht
- Untersuchung der Intensität der Unruhe in Abhängigkeit von Unterrichtsformen
- Analyse von Einflussfaktoren auf den Unruhegrad
- Bewertung und Kritik der beobachteten Zusammenhänge
- Entwicklung von Schlussfolgerungen für die Unterrichtspraxis
Zusammenfassung der Kapitel
- Kapitel 1: Einführung in das Thema und Darlegung der Problemstellung. Analyse der Relevanz von Unruhe im Unterricht und die Auswahl der Forschungsmethode.
- Kapitel 2: Klärung von Schlüsselbegriffen, wie „Unruhe“ und „Unterrichtsformen“. Abgrenzung verschiedener Arten von Unruhe und Definition von Unterrichtsformen.
- Kapitel 3: Vorstellung der Forschungsmethodik, insbesondere der „Beobachtung“ als Grundlage für die Untersuchung. Beschreibung des Beobachtungsschemas und der methodischen Herangehensweise.
- Kapitel 4: Analyse und Auswertung der erhobenen Daten. Darstellung der beobachteten Arten von Störverhalten, der Intensität von Unruhe in Abhängigkeit von Unterrichtsformen und weiterer Einflussfaktoren.
Schlüsselwörter
Die Arbeit beschäftigt sich mit dem Thema der Unterrichtsstörungen, insbesondere der Unruhe im Unterricht, in Abhängigkeit von der Wahl der Unterrichtsformen. Der Fokus liegt auf der empirischen Erforschung dieser Beziehung durch Beobachtungen in Wirtschaftsschulklassen. Dabei werden Schlüsselbegriffe wie „Störverhalten“, „Unterrichtsformen“, „Aktions- und Sozialformen“, „Intensität der Unruhe“ und „Beobachtungsmethodik“ analysiert. Die Arbeit beleuchtet die Komplexität von Unterrichtssituationen und deren Einfluss auf die Entstehung und Intensität von Unruhe.
- Quote paper
- Monika Urlberger (Author), 2002, Beobachtung an der Wirtschaftsschule - Unruhe im Unterricht in Abhängigkeit der Unterrichtsformenwahl, Munich, GRIN Verlag, https://www.grin.com/document/24268