Das Parteienverbot


Hausarbeit, 2000

13 Seiten, Note: 1,7


Leseprobe


Inhalt

1. Hintergrund

2. Rechtslage

3. Juristisch

4. Probleme

5. Verbotspraxis

6. Kontroversen

7. Schlußfolgerung

1. Hintergrund

Die Bestimmung des Grundgesetzes in Artikel 21, Abs. 2, wonach Parteien, die die freiheitliche demokratische Grundordnung zu beeinträchtigen oder zu beseitigen versuchen, verboten werden können, läßt sich nur vor dem Hintergrund der spezifischen Erfahrungen aus der Weimarer Republik verstehen.[i]

Die Verfassung des Deutschen Reiches vom 11. August 1919[ii] (sogenannte Weimarer Reichsverfassung – WRV -) enthielt keine Regelung über die Stellung und Aufgaben der Parteien im Staat.[iii] Lediglich in Art. 130 WRV, wonach die Beamten Diener der Gesamtheit, nicht einer Partei sind, werden die politischen Parteien in einem eher negativen Sinn erwähnt.[iv] Der Verfassungsgeber und der einfache Gesetzgeber der Weimarer Zeit haben die Parteien weitgehend ignoriert.[v] Auf diese Tatsache hat schon in der Weimarer Zeit Gustav Radbruch hingewiesen. Die Vernachlässigung der Entwicklung der politischen Parteien in der Reichsverfassung entspreche nicht den wirklichen Gegebenheiten im Verfassungsleben.[vi] In der Tat hat die Weimarer Reichsverfassung durch die Einführung des parlamentarischen Regierungssystem[vii] und des Verhältniswahlrechts[viii] die konstitutionellen Voraussetzungen für ein politisches System geschaffen, das auf der Wirksamkeit der Parteien beruhte. Die Weimarer Verfassung enthielt darüber hinaus auch keine spezielle Regelung was das Parteienverbot betraf.

Von 1933 an bis zum Ende des Zweiten Weltkriegs gab es keine legalen Parteitätigkeit in Deutschland mehr. Die politischen Parteien wurden entweder verboten[ix] oder hatten sich selbst aufgelöst.[x] Die NSDAP, die danach die einzige in Deutschland bestehende Partei war, kann nicht als politische Partei im eigentlichen Sinn bezeichnet werden.

2. Rechtslage

Mit dem Grundgesetz folgte dann in Art. 21 GG die verfassungsrechtliche Verankerung der politischen Parteien. Durch diesen Artikel erfolgte die ausdrückliche Anerkennung der politischen Parteien im Verfassungsrecht.[xi] Das Grundgesetz regelt in Art. 21 Abs.2 GG auch ausdrücklich die Voraussetzungen der Verfassungswidrigkeit.

Die Möglichkeit des Parteiverbots ist das letzte Mittel der „streitbaren[xii]“ oder „ wehrhaften Demokratie[xiii]“ , zu der sich das Grundgesetz in Art 21 Abs. 2 bekennt.[xiv]. Diese Norm ist seit Inkrafttreten des Grundgesetzes bis heute unverändert geblieben. Der Sachverhalt hat durch die Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts schärfere Konturen bekommen[xv].

Darüber, ob eine Partei verfassungswidrige Ziele verfolgt, darf nicht die Regierung, sondern allein das Bundesverfassungsgericht entscheiden. Dies dient allein dem Schutz der Parteien, damit eine unbequeme und mißliebige Kraft nicht einfach ausgeschaltet werden kann, denn bis zur endgültigen Entscheidung des Bundesverfassungsgerichts darf niemand die Verfassungswidrigkeit einer Partei rechtlich geltend machen, oder diese in ihren Tätigkeiten behindern.

Damit wird dem Mißbrauch eines des Artikels 21 II GG vorgebeugt.

3. Juristisch

Eine Partei ist nicht schon dann verfassungswidrig, wenn sie die obersten Prinzipien einer freiheitlichen demokratischen Grundordnung nicht anerkennt; es muß vielmehr eine aktiv kämpferische, aggressive Haltung gegenüber der bestehenden Ordnung vorliegen. Allerdings verlangt der Art. 21 II GG, nicht wie das Strafgesetz, eine konkrete Handlung; es genügt, wenn der politische Kurs der Partei durch eine Absicht bestimmt ist, die grundsätzlich und dauernd auf die Bekämpfung der freiheitlichen demokratischen Grundordnung ausgerichtet ist.

Die eindeutig bestimmbare Grenze zwischen wissenschaftlicher Theorie, die durch Art. 5 III Satz 1 GG[xvi] geschützt ist, und politischen Zielen einer Partei, die der Beurteilung nach Art. 21 II GG unterliegen, ist laut Bundesverfassungsgericht dort, wo die gewonnenen Erkenntnisse über eine politische Partei, in ihren Willen aufgenommen und zu Bestimmungsgründen ihres

politischen Handelns gemacht werden.

Ein solches Verbot gilt vom Tag der Urteilsverkündung an und hat Gesetzeskraft. Wenn die Karlsruher Richter eine Partei verboten haben, ist es ihren Mitgliedern nicht erlaubt, eine Ersatzorganisation zu schaffen.

Gemäß § 43 BvG kann ein Verbot von der Bundesregierung, dem Bundesrat, dem Bundestag oder, wenn die Partei auf das Gebiet eines Bundeslandes beschränkt ist, von der Landesregierung beantragt werden.

Das Bundesverfassungsgericht entscheidet dann, ob die Partei tatsächlich verfassungswidrig ist. Ist dies der Fall, wird die Auflösung der Partei und das Verbot der Bildung von Ersatzorganisationen gemäß § 46 Abs. 2 BvG ausgesprochen. Das Verbotsverfahren in Karlsruhe unterliegt dem größtmöglichen Rechtsschutz. Aus diesem Grunde hat die Partei keine weiteren Möglichkeiten dagegen vorzugehen[xvii].

Die Parteien sind dem Zugriff der Exekutive entzogen.Ein solches Verbotsverfahren kann Jahre dauern.

4. Probleme

Das Problem, das sich daraus ergibt, ist leicht erkennbar. Die Verfassungswidrigkeit einer Partei läßt sich oft nicht ohne weiteres aus ihrem Programm ablesen, weil die Parteien tunlichst darauf bedacht sind, genau dies zu vermeiden.

Daher obliegt es den Innenministern von Bund und Ländern, beziehungsweise den Verfassungsschutzbehörden, Aktivitäten und Aussagen der Partei beziehungsweise ihrer Mitglieder zu überwachen. Allerdings reicht auch das konkrete Verhalten von Mitgliedern oder Parteigruppierungen allein nicht aus. Auch die Feststellung einer Verfassungsfeindlichkeit - gewissermaßen die Vorstufe zur Verfassungswidrigkeit - genügt nicht. Dies läßt den Parteien eine Grauzone, in der sie sich betätigen können. Außerdem können sich Parteien, bei denen verfassungswidriges Handeln vermutet wird, hinter dem Art. 5 III GG schützen.

5. Verbotspraxis

Von der Möglichkeit des Parteiverbots ist in der Geschichte der Bundesrepublik Deutschland äußerst sparsam Gebrauch gemacht worden. Die ersten beiden Anträge fallen in die Frühphase der neu gegründeten Bundesrepublik Deutschland.

Die Sozialistische Reichspartei (SRP) wurde 1952[xviii] und die Kommunistische Partei Deutschlands (KPD) im Jahre 1956[xix] verboten.

a. Verbot der Sozialistische Reichspartei (SRP)

Die Sozialistische Reichspartei (SRP) ist am 2. Oktober 1949 gegründet worden. Vorausgegangen waren mehrere Versuche, die Mitglieder früherer Rechtsparteien politisch neu zu organisieren. Einer dieser Versuche hatte zur Gründung der Deutschen Rechtspartei geführt. Bei ihr kam es im Laufe des Jahres 1949 zu inneren Auseinandersetzungen. Diese war der unmittelbare Anlaß zur

Gründung der SRP.

Den Anstoß zur Gründung der SRP gab der bei der Bundestagswahl im August 1949 auf der Liste der Deutschen Rechtspartei gewählte Abgeordnete Dr. Fritz Dorls. Führend beteiligt waren bei der Gründung des weiteren der ehemalige Generalmajor Otto Ernst Remer, Dr. Gerhard Krüger, August Finke und Dr. Bernhard Gericlie. Sie spielen auch in der weiteren Entwicklung als "Parteigründer" eine besondere Rolle in der SRP.

[...]


[i] Siehe dazu: Werner Matz, Entstehungsgeschichte der Artikel des Grundgesetzes, in: Jahrbuch des Öffentlichen Rechts, Band 1 (1951), S.171f.

[ii] RGB1 1919, S. 1383 ff. Text: Dokumente III, 1966, S. 129 – 156.

[iii] E.R. Huber, Verfassungsgeschichte VI, 1981, S. 139; Inge Schlieper, Demokratie, 1967, S. 217.

[iv] Hans- Justus Rinck, Status der politischen Parteien, 1966, s. 305 in Fußnote 1; Sigmund Neumann, Parteien, 1977, S. 116 in Fußnote 2; Walter Schön,Verbot politischer Parteien, 1972, S. 26 in Fußnote 1; Christian- Friedrich Menger, Verfassungsrechtliche Stellung, 1952/53, S. 150.

[v] C.-F Menger, Verfassungsrechtliche Stellung, 1952/53, S. 150; Walter Schön, Verbot politischer Parteien, 1972, S. 66 in Fußnote 2 – 7 auf S. 66.

[vi] Gustav Radbruch, Handbuch I, 1930, S. 290 – 294.

[vii] Art. 54 und Art. 17 Abs. 1 Satz 3 WRV.

[viii] Art. 22 Abs. 1 Satz 1 WRV.

[ix] SPD am 22.06.1933, KPD am 05.03.1933.

[x] BVP am 03.07.1933, BB 03.04.1933, CSVD am 01.07.1933, DDP (DSTP) am 28.06.1933, DVP am 04.07.1933, DHP am 01.07.1933, DNVP am 27.06.1933, Reichspartei des deutschen Mittelstandes am 13.04.1933, Zentrum am 05.07.1933.

[xi] Günter Olzog/ Hans-J. Liese: Politische Parteien, 1983, S. 9.

[xii] Das Grundgesetz kennt den Begriff der „streitbaren Demokratie“ nicht. Er wurde vom Bundesverfassungsgericht erstmals im KPD- Urteil eingeführt und hat sich in der Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts etabliert.

[xiii] Der Begriff „wehrhafte Demokratie“ ist nur einmal vom Bundesverfassungsgericht verwendet worden: BverfGE 39, 334, 349.

[xiv] BverfGE 5, 85, 139.

[xv] Hartmut Maurer, Das Verbot politischer Parteien, 1971, S. 210 und Fußnote 23; BverfGE 5, 85, 112; Maunz-Dürig- Herzog: Grundgesetzkommentar, 1986, Art. 21, Anm. VII 5, RZ 105.

[xvi]Art 5 III Satz 1: Kunst und Wissenschaft, Forschung und Lehre sind frei.

[xvii] Wiebke Wietschel, Der Parteibegriff, Zur verfassungsrechtlichen und verfassungspolitischen Funktionen des Parteibegriffs unter besonderer Berücksichtigung der Verbotsproblematik, Baden- Baden, 1996, S. 135.

[xviii] BverfGE 2, 1ff.

[xix] BverfGE 5, 85 ff.

Ende der Leseprobe aus 13 Seiten

Details

Titel
Das Parteienverbot
Hochschule
Rheinische Friedrich-Wilhelms-Universität Bonn  (Institut der politischen Wissenschaft)
Veranstaltung
Propädeutikum
Note
1,7
Autor
Jahr
2000
Seiten
13
Katalognummer
V24274
ISBN (eBook)
9783638271875
Dateigröße
473 KB
Sprache
Deutsch
Anmerkungen
Diese Arbeit bewasst sich mit der politischen Dimension des Artikels 21Absatz 2 GG: " Parteien, die nach ihren Zielen oder nach dem Verhalten ihrer Anhänger darauf ausgehen, die freiheitliche demokratische Grundordnung zu beeinträchtigen oder zu beseitigen oder den Bestand der Bundesrepublik Deutschland zu gefährden, sind verfassungswidrig. Über die Frage der Verfassungswidrigkeit entscheidet das Bundesverfassungsgericht."
Schlagworte
Parteienverbot, Propädeutikum
Arbeit zitieren
Luca Bonsignore (Autor:in), 2000, Das Parteienverbot, München, GRIN Verlag, https://www.grin.com/document/24274

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