Die Bedeutung der Aussage "Geboren von der Jungfrau Maria"


Seminararbeit, 2004

12 Seiten, Note: 1,0


Leseprobe


Inhaltsverzeichnis

1. Problemstellung

2. Sachanalyse
2.1. Biblische Quellen zum Thema
2.2. Theologiegeschichtlicher Blick auf die Fragestellung
2.3. Neuzeitliche theologische Stimmen zum Thema
2.4. Religionswissenschaftliche Stimmen zum Thema

3. Systematisch-theologische Betrachtung der Fragen
3.1. Frage nach der physischen Jungfräulichkeit
3.2. Frage nach der symbolischen Jungfräulichkeit
3.3. Frage nach der Heilsnotwendigkeit der Jungfräulichkeit

4. Schlussfolgerung

Literaturverzeichnis

1. Problemstellung

Jahrhundertelang wurde die jungfräuliche Geburt nicht von Christen angezweifelt. Seit der Aufklärung des 18./ 19. Jahrhunderts fällt es den Menschen zunehmend schwerer, das Dogma von der jungfräulichen Geburt Jesu Christi als Glaubenswahrheit anzuerkennen.[1] Heute wirkt es auf Atheisten und auch auf viele Christen, vor allem Junge und Neuhinzugekommene, sogar absurd und lächerlich, da es den Menschen aus eigener Erfahrung völlig irreal erscheint. Der Satz wird im Credo zwar meist mitgesprochen, oft geschieht das jedoch nur noch formelhaft aus Tradition und immer seltener aus Glaubensüberzeugung. Kritische Stimmen sehen in dieser Aussage eine moralisierende, frauen- und sexualfeindliche und weltfremde Lüge, mit der die Gläubigen der Vergangenheit für dumm verkauft werden sollten.

Was ist nun aber wirklich mit der Jungfrauengeburt[2] gemeint? Wird hier ein biologisches Wunder beschrieben oder hat es eine symbolische Bedeutung? Und was bedeutet die jungfräuliche Geburt des Messias für die Menschheit – ist Marias Jungfräulichkeit überhaupt wichtig und heilsnotwendig?

2. Sachanalyse

2.1. Biblische Quellen zum Thema

Die Geburt Jesu von der jungfräulichen Maria findet im Neuen Testament nur sehr spärlich Erwähnung.

Paulus spricht in Gal 4,4 nur von Jesu Geburt durch eine Frau - deren Namen er nicht einmal erwähnenswert findet - , seine Absicht ist es lediglich, die menschliche Begrenztheit und Geburt Jesu zu betonen – was die Vorstellung von einer Jungfrauengeburt bei Paulus ausschließt – auf die sich auch in seinen Briefen keinerlei Hinweis findet.[3]

Auch im Markus – Evangelium ist wenig und nur beiläufig und eher negativ von Maria die Rede, eine Jungfräulichkeit erwähnt der Evangelist nicht. Wohl spricht er aber von Jesu Geschwistern (Mk 6,3), was zumindest gegen eine immerwährende Jungfräulichkeit Marias spräche, von der die katholische Kirche ausgeht.[4] Im Matthäus – Evangelium wird Maria bereits im Stammbaum Jesu erwähnt, sie schließt dort eine lange Generationenkette des Volkes Israel ab und steht am Wendepunkt der Glaubensgeschichte. Der Stammbaum erwähnt Maria als Mutter Jesu Christi, aber Josef nicht als seinen Vater (Mt. 1, 16).

Matthäus stellt sie als schwangere Verlobte Josefs vor, wobei die eheliche Gemeinschaft der beiden jedoch noch nicht aufgenommen wurde. Ihre Schwangerschaft wird dem Heiligen Geist zugeschrieben, durch den Gottes schöpferisches Tun wirksam wird und sich die Verheißung Jesajas erfüllt (Jes 7, 14): „Siehe, eine Jungfrau ist schwanger und wird einen Sohn gebären, den wird sie nennen Immanuel.“

Im hebräischen Text ist allerdings von einer jungen Frau und nicht von einer Jungfrau die Rede, erst in der Septuaginta, die Matthäus als Vorlage diente, ist daraus eine Jungfrau geworden. Den Schwerpunkt der Kindheitsgeschichten Jesu legt Matthäus auf Josef, dem die Geburt im Traum durch einen Engel angekündigt wird.[5] Erwähnt wird außerdem noch, dass während der Schwangerschaft (zumindest) bis zur Geburt kein Verkehr zwischen den Eheleuten stattgefunden hat ( Mt 1, 25).

Bei Lukas dagegen ergeht die Verkündigung durch einen Engel an Maria selbst; Maria wird als Jungfrau, welche mit Josef verlobt ist, beschrieben (Lk 1, 27). Der Engel verkündet Maria ihre zukünftige Schwangerschaft, deren genauer Beginn (bzw. Zeitpunkt der Empfängnis) nicht deutlich wird (Lk 1, 31) und klärt sie über die Stellung ihres zukünftigen Sohnes auf (V 32-33). Maria reagiert mit Überraschung/ Verwirrung, da sie keinen Geschlechtsverkehr hat/hatte , wie sie sagt (Lk 1, 34). Aufgabe diesen Verses ist es jedoch nur, den Hörern die Jungfräulichkeit in diesem Moment aufzuzeigen. Der Engel erklärt ihr daraufhin, dass die Schwangerschaft (ohne Zutun eines Mannes) durch den Heiligen Geist zustande kommt, er sagt nicht direkt, dass sie als Jungfrau schwanger werden wird – wenn es auch eine logische Schlussfolgerung zu sein scheint.

Widersprüchlich zu den Vorgeschichten der Evangelien nach Matthäus und Lukas mit ihrem Motiv der Jungfrauengeburt erscheint jedoch, dass sie an anderer Stelle deutlich auf Maria und Josef als Eltern hinweisen (z.B. Lk 2; 27, 41, 43, 48), bzw. Jesus als Josefs Sohn bezeichnet wird (z.B. Mt 13, 55).[6]

Auch im Johannes – Evangelium findet sich kein Hinweis auf eine jungfräuliche Geburt –

„ ... man könnte sogar erwägen, ob der Prolog (vgl. Joh 1, 1-3) die Vorstellung von einer ‚Jungfrauengeburt’ ausschließen soll “[7], was sich durch die von Johannes vertretene Vorstellung von der Präexistenz Christi erklären ließe.[8]

Im Neuen Testament lässt sich also die Überlieferung der Jungfrauengeburt genauso wie die Tradition der „normalen“ Elternschaft Marias und Josefs bzw. der menschlich - davidischen Abstammung finden.[9]

2.2. Theologiegeschichtlicher Blick auf die Fragestellung

Bereits in den frühchristlichen Kirchen wurde an die jungfräuliche Mutterschaft geglaubt. „Ignatius von Antiochien (gest. um 110) erwähnt sie als eines der ‚Geheimnisse, die im Schweigen Gottes geschehen und doch im Zeugnis laut vernehmbar sind’ (Empfängnis, Geburt und Tod Jesu).“[10]

Die Kirchenväter des 2. Jahrhunderts betonten dagegen vor allem den Gesichtspunkt der Erfüllung der Weissagung Jesajas (Justin) und die Aufhebung der durch Eva in die Welt gekommenen Sünden durch den Gehorsam der Jungfrau Maria und ihrer Christus-Geburt (Irenäus). Im 2. Jh. tauchte auch der Gedanke der schmerzlosen Geburt und der Jungfräulichkeit während des Geburtsvorgangs auf. In den östlichen Kirchen fasste der Gedanke einer immerwährenden Jungfräulichkeit Fuß, die Geschwister Jesu wurden als Kinder aus Josefs erster Ehe erklärt.

„Am Ende der Zeit der Kirchenväter hatte sich das dreifache ante partum, in partu und post partum[11] in Ost und West durchgesetzt. ; gegensätzliche; Meinungen wurden hart bekämpft.“[12]

Obwohl der Glaubenssatz „Geboren von der Jungfrau Maria“ eigentlich in das Apostolische Glaubensbekenntnis eingefügt wurde, um die Menschlichkeit und Natur Jesu zu betonen, wurde er später dazu missbraucht, den Wert der Jungfräulichkeit zu überhöhen,[13] was verheerende Folgen für Generationen von Frauen zur Folge hatte: Um dem übersteigerten Wert der Jungfräulichkeit zu entsprechen, mussten sie die Willkür der Männer, Einschränkungen und Freiheitsentzug in Kauf nehmen.[14]

Besonders in der antiochenischen Christologie[15] entwickelte sich eine denkerische Trennung von menschlicher Geburt und göttlicher Zeugung Jesu Christi[16], was später auch zum Thema des Konzils von Chalcedon (451) wurde, welches dogmatisch festhielt , dass Christus sowohl wahrer Gott als auch wahrer Mensch sei.[17]

[...]


[1] Vgl. Betz, 1025 und vgl. Beinert, 87/ 88.

[2] Im Folgenden auch als „J.“ abgekürzt.

[3] Vgl. Beinert, 21.

[4] Vgl. Beinert, 21/ 22; Vgl. Halkes, 268.

[5] Vgl. Heister, 14-16.

[6] Vgl. Beinert, 89.

[7] Barth, 356.

[8] Vgl. Radl, 707.

[9] Vgl. Beinert, 90.

[10] Williams, 907.

[11] Jungfräulichkeit/ intaktes Hymnen vor der Geburt (in der Schwangerschaft), während und nach der Geburt.

[12] Williams, 908.

[13] Vgl. Williams, 908.

[14] Das Vorbild der Jungfrau Maria blieb ein immer unerreichbares Ideal für Frauen, gegenüber dem sie immer nur ungenügend bleiben konnten: Entweder blieben sie Jungfrau – und konnten dann aber nicht dem Gebot der Fruchtbarkeit nachkommen – oder sie heirateten und wurden Mutter – und waren dann nicht länger mehr ‚reine’ Jungfrauen.

[15] „Bei der antiochenischen Theologie handelt es sich um ein Logos-Mensch-Schema zur Beschreibung der erlösung des Menschen durch den souveränen und streng monotheistisch gedachten Gott. Durch die Natur des Logos wird in der Natur des Menschen bei Christus die Schöpfungswirklichkeit wiederhergestellt, und daher gilt es für die Menschen, eine stark ethisch geprägte Form der Erlösung zu vertreten.“ (Wischmeyer, 90.)

[16] Vgl. Williams, 908.

[17] Vgl. Sieben, 1161.

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Details

Titel
Die Bedeutung der Aussage "Geboren von der Jungfrau Maria"
Hochschule
Evangelische Hochschule Berlin  (Religionspädagogik)
Note
1,0
Autor
Jahr
2004
Seiten
12
Katalognummer
V24311
ISBN (eBook)
9783638272148
ISBN (Buch)
9783656205388
Dateigröße
504 KB
Sprache
Deutsch
Schlagworte
Bedeutung, Aussage, Geboren, Jungfrau, Maria
Arbeit zitieren
Ulrike Tschirner (Autor:in), 2004, Die Bedeutung der Aussage "Geboren von der Jungfrau Maria", München, GRIN Verlag, https://www.grin.com/document/24311

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